L 16 AL 232/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 3593/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 232/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2006 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Zahlung von Vermittlungsvergütung.

Der Kläger betrieb ab 1. September 2003 gewerbsmäßig private Arbeitsvermittlung und schloss mit dem Beigeladenen am 20. November 2003 einen Vermittlungsvertrag. In § 4 dieses Vertrages heißt es: "Die Vermittlungstätigkeiten der Vermittlerin sind für den Auftraggeber kostenlos. Die Bundesanstalt für Arbeit zahlt der Vermittlerin nach § 42 eine Vermittlungsgebühr. Weitere Informationen können sie auch unter www.arbeitsamt.de ersehen.". Vom 24. November 2003 bis 26. Dezember 2003 war der Beigeladene bei dem Zeitarbeitsunternehmen S S D & T G (im Folgenden: S-GmbH) aufgrund eines vom Kläger vermittelten und für die Zeit vom 24. November 2003 bis 31. Dezember 2003 geschlossenen Arbeitsvertrags beschäftigt. Nach Angaben des Klägers wurde der Beigeladene ab 17. Mai 2005 in ein Arbeitsverhältnis bei der S-GmbH vermittelt, das nach dem Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2005 für die Zeit vom 17. Mai 2005 bis 16. November 2005 bestehen sollte, jedoch von der Arbeitgeberin zum 31. Oktober 2005 gekündigt wurde. Unter dem 5. August 2005 beantragte der Kläger die Auszahlung eines am 9. Mai 2005 ausgestellten und für den Zeitraum vom 9. Mai 2005 bis 8. August 2005 gültigen Vermittlungsgutscheins über 2.000,- EUR in Höhe von zunächst 1.000,- EUR für die Vermittlung des Beigeladenen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. August 2005 ab, da der Vermittlungsvertrag nicht wirksam geschlossen worden sei, insbesondere sei die Vermittlungsvergütung nicht beziffert worden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2005 als unbegründet zurück. Unter dem 8. November 2005 beantragte der Kläger die "Zweitauszahlung" des Vermittlungsgutscheins in Höhe von 1.000,- EUR.

Mit der am 15. November 2005 unter Bezugnahme auf seine Anträge vom 5. August 2005 und vom 8. November 2005 sowie die angeführten Bescheide erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Zahlung von zweimal 1000,- EUR nebst Zinsen begehrt. Auf den Hinweis des Sozialgerichts (SG) Berlin in der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2006, dass Streitgegenstand (lediglich) der Bescheid vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2005 sei, hat der Kläger sein Klagebegehren auf die Aufhebung dieser Bescheide sowie Zahlung von 1.000,- EUR nebst Zinsen beschränkt (vgl. zu dem weiteren die "Zweitauszahlung" des Vermittlungsgutscheins betreffenden Verfahren die Gerichtsakte S 80 AL 1322/06). Der Kläger hat vorgetragen: Der Vermittlungsvertrag entspreche allen Erfordernissen nach § 296 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III).

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 6. April 2006 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die Auszahlung eines Vermittlungsgutscheines setze voraus, dass der Vermittler gegenüber dem Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch habe. Nach dem Wortlaut des Vermittlungsvertrages habe der Kläger keinen Anspruch auf Vergütung gegen den Beigeladenen, denn es sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Vermittlungstätigkeiten für den Auftraggeber kostenlos seien. Darüber hinaus sei mangels einer Regelung über eine konkrete nachprüfbare Zahlung kein wirksamer Vermittlungsvertrag nach § 296 Abs. 1 Satz 2 SGB III abgeschlossen worden.

Mit der Berufung, mit der Zinsen nicht mehr geltend gemacht werden, verfolgt der Kläger sein übriges Begehren weiter und trägt vor: Im Zeitraum vom 15. November 2003 bis 12. Mai 2005 sei die Vermittlungstätigkeit nie abgebrochen und schließlich mit der Einstellung des Beigeladenen von Erfolg gekrönt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2005 zu verurteilen, ihm 1.000,- EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Die Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins setze voraus, dass der Vermittler gegenüber dem Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch habe. Ferner sei die Vergütung gemäß § 296 Abs. 1 Satz 2 SGB III in dem schriftlichen Vermittlungsvertrag zwischen dem Vermittler und dem Arbeitsuchenden anzugeben. Das bedeute, dass der Betrag, den der Arbeitsuchende im Fall einer erfolgreichen Vermittlung zahlen soll, zu beziffern sei. In dem Vertrag zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen sei jedoch überhaupt keine Vergütung vereinbart worden.

Der Senat hat den Beigeladenen, der keinen Antrag gestellt hat, in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. April 2008 Bezug genommen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Die den Beigeladenen betreffenden Leistungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens S 80 AL 1322/06 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 1.000,- EUR.

Nach § 421 g Abs. 1 Satz 4 SGB III verpflichtet sich die Agentur für Arbeit mit einem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines von einem Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, zu erfüllen. Der Arbeitsuchende ist zur Zahlung der Vergütung nur verpflichtet, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zustande gekommen ist (§ 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Eine Vermittlung im Sinne dieser Vorschriften liegt nur dann vor, wenn der Vermittler in Kontakt mit dem Arbeitsuchenden und dem Arbeitgeber gestanden und durch seine Tätigkeit aktiv die Abschlussbereitschaft beider derart gefördert hat, dass ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde (siehe LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. April 2006 – L 1 AL 21/05 -, veröffentlicht in juris; ferner: Urmersbach, in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand: August 2007, § 421 g Rdnr. 41 m.w.N.). Nicht ausreichend ist hingegen eine Tätigkeit als so genannter Nachweismakler (siehe die Bezugnahme des BSG auf den Vermittlungsmaklervertrag im Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 R -, veröffentlicht in juris; a.A.: Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 2. Dezember 2004 – L 3 AL 319/03-, veröffentlicht in juris) oder die Unterstützung des Arbeitsuchenden bei seiner Selbstsuche (Bewerbercoaching). Dementsprechend ist ein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des privaten Vermittlers und dem Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses (vgl. Urmersbach, ebenda; Rademacher, in GK-SGB III, Stand: Februar 2008, § 421g Rdnr. 37) in dem Sinne erforderlich, dass die Vermittlungstätigkeit eine wesentliche Bedingung für das Zustandekommen des Arbeitsvertrages ist. Hieran fehlt es jedoch regelmäßig, wenn der Kontakt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits aufgrund einer früheren Vermittlung des Vermittlers hergestellt worden ist und es mithin für Anschlussarbeitsverträge keiner aktiven Förderung der Abschlussbereitschaft mehr bedarf.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, das der Arbeitsvertrag des Beigeladenen mit der S-GmbH vom 12. Mai 2005 nicht infolge der Vermittlungstätigkeit des Klägers (zu der erforderlichen Kausalität vgl. den Gesetzeswortlaut des § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III) zustande gekommen ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beigeladene nämlich angegeben, dass er nach dem Ende seiner vom Kläger vermittelten kurzzeitigen Beschäftigung im November/Dezember 2003 bei der S- GmbH, derentwegen der Kläger bereits die Beklagte wegen Zahlung einer Vermittlungsvergütung - vergeblich - in Anspruch genommen hatte, weiterhin mehrfach Kontakt zu diesem Zeitarbeitsunternehmen gehabt habe und zunächst erfolglos im Sommer 2004 wegen eines Projekts in L Bewerbungsgespräche geführt habe. Im Jahr 2005 habe ihm dann die S-GmbH mitgeteilt, dass er aufgrund dieser zuvor geführten Bewerbungsgespräche im Rahmen des angeführten Projekts beschäftigt werden solle. Damit war die wesentliche Ursache für die Begründung des Arbeitsverhältnisses des Beigeladenen mit der S-GmbH der weiter bestehende Kontakt des Beigeladenen mit diesem Zeitarbeitsunternehmen. Das ergibt sich daraus, dass der Beigeladene nach seiner Beschäftigung bei der S-GmbH weiterhin als Planungsingenieur in den Listen für in Betracht zu ziehende Mitarbeiter geführt wurde. Diese bereits bestehende Beziehung zwischen dem Beigeladenen und der S-GmbH hatte allein wesentlich zu dem Erfolg, nämlich dem Abschluss des Arbeitsvertrages vom 12. Mai 2005, beigetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gehören in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben. Die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung, die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Kläger und Beklagte gehören nicht dem in § 183 SGG genannten Personenkreis an. Gemäß § 197 a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen gemäß § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO entspricht nicht der Billigkeit, denn der Beigeladene hat weder erfolgreich Anträge gestellt noch hat er gemeinsam mit dem Kläger gesiegt oder das Verfahren wesentlich gefördert (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage, 2005 § 197 a Rdnr. 29).

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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