Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 51 SO 3548/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 26/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das Rechtsschutzbedürfnis einer Beschwerde gegen eine stattgebende einstweilige Anordnung des Sozialgerichts entfällt nicht, wenn die beschwerdeführende Behörde für den Leistungsempfänger erkennbar der Anordnung nur zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung nachgekommen ist.
2. Dem erstangegangenem Rehabilitationsträger, der seine Zuständigkeit gegenüber dem Leistungsempfänger zunächst - wenn auch zu Unrecht - bejaht hat, ist eine Revision dieser Entscheidung gegenüber dem Leistungsempfänger und eine Weiterleitung des Antrages verwehrt, selbst wenn diese in der Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfolgen könnte.
3. Stellt der zuerst angegangene Rehabilitationsträger nach Bewilligung der Leistung fest, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, verbleibt es bei der einmal bejahten Zuständigkeit und erfolgt ein Ausgleich der gewährten Leistungen ausschließlich nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX auf dem Wege der Erstattung.
2. Dem erstangegangenem Rehabilitationsträger, der seine Zuständigkeit gegenüber dem Leistungsempfänger zunächst - wenn auch zu Unrecht - bejaht hat, ist eine Revision dieser Entscheidung gegenüber dem Leistungsempfänger und eine Weiterleitung des Antrages verwehrt, selbst wenn diese in der Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfolgen könnte.
3. Stellt der zuerst angegangene Rehabilitationsträger nach Bewilligung der Leistung fest, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, verbleibt es bei der einmal bejahten Zuständigkeit und erfolgt ein Ausgleich der gewährten Leistungen ausschließlich nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX auf dem Wege der Erstattung.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2008 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2008, mit dem er im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, darlehensweise die Kosten für Unterbringung und Betreuung der Antragstellerin in der ambulant betreuten Wohngruppe in der Nachsorgeeinrichtung des Trägers DV ab 4. Dezember 2007 bis zum Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch vom 13. Dezember 2007 gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2007, längstens für 6 Monate gerechnet ab dem 4. Dezember 2007, zu übernehmen.
Die Antragstellerin war drogenabhängig und hatte sich seit Juli 2007 in einer Einrichtung der DV (A – gemeinnützige Gesellschaft zur Integration von benachteiligten Menschen GmbH) zur stationären Rehabilitation befunden. Mit Schreiben vom 20. November 2007 stellte sie zunächst beim Sozialamt der Stadt B einen Antrag auf "Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im Sinne des § 67/68 SGB XII". Zur Begründung hatte sie vorgetragen, sie werde die stationäre Therapie voraussichtlich am 4. Dezember 2007 beenden und sei mit Ende der Therapie von Obdachlosigkeit bedroht. Die Nachsorgeeinrichtung der A gGmbH biete die Möglichkeit, nach erfolgreichem Abschluss der stationären Therapie den Übergang zur Selbstständigkeit in einem drogenabstinenten Rahmen zu vollziehen. Mit Bescheid vom 27. November 2007 hatte die Stadt B zunächst zugesagt, ab dem 4. Dezember 2007 die Kosten der ambulanten Betreuung der Antragstellerin in der Wohngemeinschaft der A zu übernehmen. Mit Bescheid vom 30. November 2007, gegen den die Antragstellerin Widerspruch eingelegt hat, nahm die Oberbürgermeisterin der Stadt B den Bescheid über die Kostenübernahme vom 27. November 2007 mit der Begründung zurück, dass die Zuständigkeit der beantragten Hilfen nach §§ 67,68 SGB XII beim überörtlichen Träger liege. Mit Fax vom selben Tage leitete sie die Antragsunterlagen der Antragstellerin dem Antragsgegner zu und teilte diesem mit, sie sei irrtümlicherweise der Meinung gewesen, die Nachsorgeeinrichtung der A arbeite nach §§ 53,54 SGB XII; die ambulante Nachsorge beginne am 4. Dezember 2007. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 teilte der Antragsgegner der Stadt B mit, dass keine Übernahme des Hilfefalles erfolge, weil die Antragstellerin vorrangig Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 SGB XII habe, für die die Stadt B zuständiger Leistungsträger sei.
Mit bei dem Antragsgegner am 4. Dezember 2007 eingegangenem Schreiben vom 3. Dezember 2007 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner "die Kostenübernahme für Betreutes Gruppenwohnen gemäß SGB XII § 67/68".
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2007 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Drogenabhängigkeit vorrangig Anspruch auf Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII habe; ein Hilfebedarf nach § 67 SGB XII sei nicht geltend gemacht worden, die angeführten Probleme basierten auf der Suchtproblematik. Hilfe nach § 67 S. 2 SGB XII greife nur, soweit der Bedarf nicht durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten Buches gedeckt sei. Der Bedarf der Antragstellerin sei jedoch durch die Leistungsgewährung durch die Stadt B aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 27. November 2007 gedeckt. Die Rücknahme dieses Bescheides sei rechtswidrig und unbegründet. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 13. Dezember 2007 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Bereits am 10. Dezember 2007 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Dem Antrag beigefügt war ein Schreiben des A Nachsorgebüros vom 4. Dezember 2007, wonach die A gGmbH zur Verhinderung der drohenden Obdachlosigkeit bereit sei, die Antragstellerin vorübergehend aufzunehmen, jedoch nicht länger als 4 Wochen. Die Unterbringung in einer Wohnung der A sei nur vorübergehend, um zu verhindern, dass der Kontakt der Antragstellerin zu ihrer vierjährigen Tochter durch ungeklärte Wohnverhältnisse erneut unterbrochen werde. Es sei beabsichtigt, schrittweise eine Zusammenführung von Mutter und Kind in der hierfür geeigneten Einrichtung F/S/Z herbeizuführen.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich vorgetragen, dass die Antragstellerin nicht die Anforderungen des § 67 SGB XII erfülle. Nach Lage der Akten sei die" Besonderheit" ihrer Situation ausschließlich durch die behinderungsbedingte Sucht- bzw. Drogensuchtproblematik gekennzeichnet. Hierfür sei vorrangig Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII zu gewähren. Die Antragstellerin könne nicht darauf verweisen, dass keine tatsächlich präsente Alternative zu einer Leistung nach § 67 SGB XII bestünde. Die Stadt B habe die "Alternativlosigkeit" erst durch die nachträgliche Rücknahme ihres Bewilligungsbescheides künstlich geschaffen. Es könne nicht akzeptiert werden, dass ein Träger der Sozialhilfe, hier die Stadt B, durch Rückgängigmachen einer Leistung erst besondere Lebensverhältnisse verbunden mit sozialen Schwierigkeiten für einen Antragsteller künstlich herbeiführe. Die Stadt B hätte den Antrag nach § 67 SGB XII nicht gem. § 14 SGB IX weiterleiten dürfen. Bei eigener offensichtlich erkannter Zuständigkeit nach § 53 SGB XII, wie es durch den Bescheid vom 27. November 2007 dokumentiert werde, könne keine Weiterleitung nach § 14 SGB IX stattfinden. Die bloße Rücknahme der Kostenzusage sei nicht geeignet, die Möglichkeit der Weiterleitung des Antrages nach § 14 SGB IX zu öffnen.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 11. Januar 2008 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten für Unterbringung und Betreuung der Antragstellerin in der ambulant betreuten Wohngruppe in der Nachsorgeeinrichtung des Trägers A ab 4. Dezember 2007 bis zum Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch vom 13. Dezember 2007 gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2007, längstens für 6 Monate gerechnet ab dem 4. Dezember 2007, darlehensweise zu übernehmen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, es könne dahingestellt bleiben, ob sich der Leistungsanspruch aus §§ 53 ff SGB XII oder §§ 67 ff. SGB XII ergebe. Die Kostenübernahme für Betreutes Gruppenwohnen als Nachsorgemaßnahme im Anschluss an eine Suchttherapie komme gleichermaßen auf der Grundlage der §§ 53 und 67 SGB XII in Betracht. Die Nachrangregelung des § 67 S. 2 SGB XII komme nur zum Tragen, wenn die Leistung nach anderen Bestimmungen tatsächlich gewährt oder konkret angeboten werden, dies sei mit der Rücknahme der Kostenzusage durch die Stadt B nicht mehr der Fall. Die Zuständigkeit des Antragsgegners zur Leistungserbringung folge aus § 14 SGB IX. Die Antragstellerin gehöre als Suchtkranke zum Personenkreis des § 2 Abs. 1 SGB IX; die Voraussetzungen des § 14 SGB IX seien gegenüber dem Antragsgegner erfüllt. An die Abgabe des Antrags an ihn mit Fax vom 30. November 2007 durch die Stadt B sei der Antragsgegner gebunden und dürfe den Antrag weder an einen Dritten Träger weiterleiten noch an den abgebenden Träger zurückgeben.
Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 21. Januar 2008 zugestellten Beschluss am 28. Januar 2008 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen macht er geltend, das Sozialgericht habe die Nachrang- Regelung des § 67 Abs. 1 S. 2 SGB XII falsch ausgelegt. Die Hilfeempfängerin habe unstreitig die tatsächliche Möglichkeit gehabt, in der gewählten Einrichtung Leistungen nach § 53 SGB XII wahrzunehmen. Die Stadt B habe durch die Rücknahme ihrer Kostenzusage die "Alternativlosigkeit" der Hilfeempfängerin erst geschaffen. Weiterhin begründe § 14 SGB IX keine Zuständigkeit im Bereich des § 67 SGB XII, weil es sich bei der Stadt B und dem Antragsgegner nicht um Reha-Träger handele. Das betreute Gruppenwohnen für substituierte Personen sei die richtige Wohnform für die Antragstellerin; Eingliederungshilfe im Rahmen des § 53 SGB XII wäre folglich die richtige Hilfeform gewesen. Unter dem 19. März 2008 hat der Antragsgegner einen Ausführungsbescheid erlassen und "zur Vermeidung der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen" darlehensweise die Betreuungskosten in der Nachsorgeeinrichtung des Trägers A vom 04.12.2007 bis 24.02.2008 und ab dem 25.02.2008 bis zum 03.06.2008 beim Träger FSZ, in dessen Nachsorge-WG die Antragstellerin am 25. Februar 2008 verzogen war, übernommen.
Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin haben vorgetragen, dass die Antragstellerin in der Einrichtung der A keine Hilfe nach § 53 SGB XII hätte wahrnehmen können. Ein Hilfeangebot nach § 53 SGB XII gebe es bei A lediglich im Rahmen von Betreutem Gruppenwohnen für substituierte Drogenabhängige; zu diesem Personenkreis gehöre die Antragstellerin nicht. Alle weiteren Angebote von A im Rahmen des betreuten Wohnens basierten ausschließlich auf Leistungsvereinbarungen gemäß §§ 67/68 SGB XII bzw. §§ 27 ff. SGB VIII, die mit den zuständigen Berliner Fachverwaltungen abgeschlossen worden seien. Die Aufnahme in das betreute Gruppenwohnen nach §§ 67/68 SGB XII sei die einzig mögliche geeignete und auch kurzfristig real verfügbare Wohn- und Betreuungsform für die Antragstellerin gewesen, nachdem diese nach einer Fehlgeburt nicht mehr in das ursprünglich geplante Mutter-Kind-Wohnen nach § 19 SGB VIII habe aufgenommen werden können. Nur so habe sich die drohende Obdachlosigkeit abwenden und die mit den besonderen Lebensverhältnissen verbundenen sozialen Schwierigkeiten bearbeiten lassen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2008 ist zulässig. Insbesondere fehlt es im vorliegenden Fall nicht etwa deswegen an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens, weil der Antragsgegner seiner Verpflichtung aus der einstweiligen Anordnung mit Ausführungsbescheid vom 19. März 2008 nachgekommen ist und die Kosten für die Betreuung der Antragstellerin in der Einrichtung der A übernommen hat, ohne einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zu stellen.
In Fällen, wie dem vorliegenden, in dem der Antragsgegner mit dem ausführenden Bescheid nicht über seine Verpflichtung aus der erstinstanzlichen einstweiligen Anordnung hinaus gehen wollte, sondern für den Empfänger ausdrücklich erkennbar, lediglich seiner vom Sozialgericht auferlegten Verpflichtung nachkommen wollte, um eine Zwangsvollstreckung abzuwenden bzw. zu vermeiden, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde nicht; (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2007 - L 32 B 1565/07 AS ER – Juris; a.A.: LSG Berlin-Brandenburg, 14. Senat, Beschluss vom 04. November 2005 - L 14 B 1147/05 AS ER – Juris; 1. Senat, Beschluss vom 18. April 2006 - L 1 B 1210/05 KR ER – m.w.N.; 10. Senat, Beschluss vom 04. Oktober 2006 - L 10 B 654/06 AS ER – Juris; 9. Senat, Beschluss vom 07. November 2007 - L 9 B 572/07 KR ER – Juris). Insoweit hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 9. Juli 2007 – L 23 B 127/07 SO ER) nicht mehr fest.
Die Möglichkeit der Durchsetzung eines Erstattungsanspruches bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens ist grundsätzlich ausreichend, um ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners für die Beschwerde zu bejahen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2007 – L 12 B 49/07 AS ER -, www.Sozialgerichtsbarkeit. de).
Dass der Antragsgegner mit seinem Ausführungsbescheid in der Sache über die Verpflichtung aus dem sozialgerichtlichen Beschluss hinausgegangen ist, kann für die Frage des Vorliegens eines Rechtsschutzbedürfnisses außer Acht bleiben. Soweit der Antragsgegner nämlich mit dem Bescheid vom 19. März 2008 auch die Übernahme der Kosten für die Betreuung der Antragstellerin in der Nachsorgewohngemeinschaft des Trägers FSZ ab dem 25. Februar 2008 erklärt hat, ist er hierzu vom Sozialgericht nicht verpflichtet worden. Die vorläufige Verpflichtung richtete sich ausschließlich auf die Übernahme der für die Betreuung der Antragstellerin beim Träger A entstandenen Kosten. Nur hiergegen richtet sich die Beschwerde und nur hierüber hat der Senat zu entscheiden. Soweit der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 19. März 2008 auch die Übernahme der Kosten beim Träger FSZ erklärt hat, handelt es sich tatsächlich nicht mehr um einen so genannten Ausführungsbescheid, sondern um einen vom gerichtlichen Verfahren unabhängigen Bescheid.
Die danach streitgegenständliche Beschwerde gegen die Verpflichtung zur vorläufigen Leistungsgewährung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht zur vorläufigen Gewährung von Sozialhilfe in Form der Übernahme der Kosten für das betreute Gruppenwohnen beim Träger A verpflichtet.
Die Antragstellerin kann die von ihr begehrte Sozialleistung - unabhängig von der Frage der Zuständigkeit - von dem örtlichen Träger der Sozialhilfe erhalten (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Dieser hat mit Bescheid vom 27. November 2007 eine Kostenzusage erteilt. Gegen die Rücknahme dieser Kostenübernahmeerklärung mit Bescheid vom 30. November 2007 hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt, der aufschiebende Wirkung (§ 86 a Abs. 1 SGG) hat, weshalb der örtliche Träger der Sozialhilfe derzeit zur Leistungserbringen verpflichtet ist. Dieser hat sich, da er von der Antragstellerin dazu bisher nicht aufgefordert worden ist, gegenüber der Antragstellerin auch nicht ausdrücklich geweigert, aufgrund des Bescheides vom 27. November 2007 Leistungen zu erbringen; die Beiladung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe und die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 a Abs. 1 SGG war danach nicht erforderlich.
Eine (vorläufige) Verpflichtung des Antragsgegners folgt auch nicht aus § 14 SGB IX. Die Weiterleitung eines Antrages an einen anderen Träger (hier den Antragsgegner) nach einer Leistungsbewilligung gem. § 14 SGB IX (hier der Bescheid der Stadt B vom 27. November 2007) ist ausgeschlossen.
Mit § 14 SGB IX als verfahrensrechtlicher Grundsatznorm ist ein Zuständigkeits-klärungsverfahren geschaffen worden, um den Nachteilen, die sich aus dem gegliederten Sozialleistungssystem ergeben, für den Hilfebedürftigen zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 16/04 R - BSGE 93, 283; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09. Oktober 2005 – L 9 B 268/05 SO ER, Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Juli 2006 – L 15 B 125/06 SO ER, Juris jeweils mit weiteren Nachweisen).
Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Nach § 14 Abs. 2 SGB IX muss der erstangegangene Träger, wenn er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet hat, über diesen unverzüglich, spätestens drei Wochen nach Antragseingang entscheiden und ist dann auch für die Leistungsgewährung zuständig (vgl. Welti, in: Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX, 2. Auflage 2005, § 14 Rdnr. 34 unter Berufung auf VGH Bayern, br 2004, 87; Götze, in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 14 Rdnr. 17).
Hat der erstangegangene Rehabilitationsträger seine eigene Zuständigkeit zunächst – wenn auch möglicherweise zu Unrecht – bejaht, ist ihm eine Revision dieser Entscheidung gegenüber dem betroffenen Leistungsempfänger und eine anschließende Weiterleitung des Antrags verwehrt (arg. e § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX), mag sie auch wie hier innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfolgt sein. Der zuerst angegangene Rehabilitationsträger hat nur die Möglichkeit, entweder seine Zuständigkeit innerhalb von 2 Wochen festzustellen und sodann die Leistung zu erbringen oder den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zuzuleiten. Stellt der zuerst angegangene Rehabilitationsträger nach Bewilligung der Leistung fest, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, verbleibt es bei der einmal bejahten Zuständigkeit und erfolgt nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX ein Ausgleich der gewährten Leistungen ausschließlich auf dem Wege der Erstattung.
Anderenfalls wäre die Zielsetzung, im Interesse behinderter Menschen eine rasche Klärung der Zuständigkeit zu bewirken und somit eine möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern, nicht erreicht. Hauptanliegen des SGB IX ist es aber, die Koordination der Leistungen und die Kooperation der Leistungsträger durch wirksame Instrumente wie das des § 14 SGB IX sicherzustellen (BT-Drucks. 14/5074, S. 95). Die konkrete Zielsetzung des § 14 SGB IX ist dabei, dass Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfragen bei ungeklärter Zuständigkeit nicht mehr zu Lasten der Leistungsempfängers bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen.
Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll dem behinderten Menschen gerade eine Fallgestaltung wie die vorliegende erspart bleiben, in der dieser gezwungen ist, sich mit der Frage der Zuständigkeit für die beantragte Leistung gegenüber zwei verschiedenen Leistungsträgern in - sich materiellrechtlich ausschließenden - Rechtsmittelverfahren auseinander zusetzen. Die endgültige Klärung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit bleibt – unter Ausschluss des Leistungsempfängers - dem Erstattungsverfahren nach § 106 SGB XII vorbehalten. Die Zuständigkeit der gegliederten Sozialversicherung bleibt hierdurch unberührt, lediglich das Verfahren wird durch eine rasche Zuständigkeitserklärung verkürzt (vgl. BSG a.a.O.).
Nach alledem bestand für die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistungserbringung keine Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2008, mit dem er im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, darlehensweise die Kosten für Unterbringung und Betreuung der Antragstellerin in der ambulant betreuten Wohngruppe in der Nachsorgeeinrichtung des Trägers DV ab 4. Dezember 2007 bis zum Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch vom 13. Dezember 2007 gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2007, längstens für 6 Monate gerechnet ab dem 4. Dezember 2007, zu übernehmen.
Die Antragstellerin war drogenabhängig und hatte sich seit Juli 2007 in einer Einrichtung der DV (A – gemeinnützige Gesellschaft zur Integration von benachteiligten Menschen GmbH) zur stationären Rehabilitation befunden. Mit Schreiben vom 20. November 2007 stellte sie zunächst beim Sozialamt der Stadt B einen Antrag auf "Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im Sinne des § 67/68 SGB XII". Zur Begründung hatte sie vorgetragen, sie werde die stationäre Therapie voraussichtlich am 4. Dezember 2007 beenden und sei mit Ende der Therapie von Obdachlosigkeit bedroht. Die Nachsorgeeinrichtung der A gGmbH biete die Möglichkeit, nach erfolgreichem Abschluss der stationären Therapie den Übergang zur Selbstständigkeit in einem drogenabstinenten Rahmen zu vollziehen. Mit Bescheid vom 27. November 2007 hatte die Stadt B zunächst zugesagt, ab dem 4. Dezember 2007 die Kosten der ambulanten Betreuung der Antragstellerin in der Wohngemeinschaft der A zu übernehmen. Mit Bescheid vom 30. November 2007, gegen den die Antragstellerin Widerspruch eingelegt hat, nahm die Oberbürgermeisterin der Stadt B den Bescheid über die Kostenübernahme vom 27. November 2007 mit der Begründung zurück, dass die Zuständigkeit der beantragten Hilfen nach §§ 67,68 SGB XII beim überörtlichen Träger liege. Mit Fax vom selben Tage leitete sie die Antragsunterlagen der Antragstellerin dem Antragsgegner zu und teilte diesem mit, sie sei irrtümlicherweise der Meinung gewesen, die Nachsorgeeinrichtung der A arbeite nach §§ 53,54 SGB XII; die ambulante Nachsorge beginne am 4. Dezember 2007. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 teilte der Antragsgegner der Stadt B mit, dass keine Übernahme des Hilfefalles erfolge, weil die Antragstellerin vorrangig Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 SGB XII habe, für die die Stadt B zuständiger Leistungsträger sei.
Mit bei dem Antragsgegner am 4. Dezember 2007 eingegangenem Schreiben vom 3. Dezember 2007 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner "die Kostenübernahme für Betreutes Gruppenwohnen gemäß SGB XII § 67/68".
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2007 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Drogenabhängigkeit vorrangig Anspruch auf Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII habe; ein Hilfebedarf nach § 67 SGB XII sei nicht geltend gemacht worden, die angeführten Probleme basierten auf der Suchtproblematik. Hilfe nach § 67 S. 2 SGB XII greife nur, soweit der Bedarf nicht durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten Buches gedeckt sei. Der Bedarf der Antragstellerin sei jedoch durch die Leistungsgewährung durch die Stadt B aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 27. November 2007 gedeckt. Die Rücknahme dieses Bescheides sei rechtswidrig und unbegründet. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 13. Dezember 2007 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Bereits am 10. Dezember 2007 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Dem Antrag beigefügt war ein Schreiben des A Nachsorgebüros vom 4. Dezember 2007, wonach die A gGmbH zur Verhinderung der drohenden Obdachlosigkeit bereit sei, die Antragstellerin vorübergehend aufzunehmen, jedoch nicht länger als 4 Wochen. Die Unterbringung in einer Wohnung der A sei nur vorübergehend, um zu verhindern, dass der Kontakt der Antragstellerin zu ihrer vierjährigen Tochter durch ungeklärte Wohnverhältnisse erneut unterbrochen werde. Es sei beabsichtigt, schrittweise eine Zusammenführung von Mutter und Kind in der hierfür geeigneten Einrichtung F/S/Z herbeizuführen.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich vorgetragen, dass die Antragstellerin nicht die Anforderungen des § 67 SGB XII erfülle. Nach Lage der Akten sei die" Besonderheit" ihrer Situation ausschließlich durch die behinderungsbedingte Sucht- bzw. Drogensuchtproblematik gekennzeichnet. Hierfür sei vorrangig Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII zu gewähren. Die Antragstellerin könne nicht darauf verweisen, dass keine tatsächlich präsente Alternative zu einer Leistung nach § 67 SGB XII bestünde. Die Stadt B habe die "Alternativlosigkeit" erst durch die nachträgliche Rücknahme ihres Bewilligungsbescheides künstlich geschaffen. Es könne nicht akzeptiert werden, dass ein Träger der Sozialhilfe, hier die Stadt B, durch Rückgängigmachen einer Leistung erst besondere Lebensverhältnisse verbunden mit sozialen Schwierigkeiten für einen Antragsteller künstlich herbeiführe. Die Stadt B hätte den Antrag nach § 67 SGB XII nicht gem. § 14 SGB IX weiterleiten dürfen. Bei eigener offensichtlich erkannter Zuständigkeit nach § 53 SGB XII, wie es durch den Bescheid vom 27. November 2007 dokumentiert werde, könne keine Weiterleitung nach § 14 SGB IX stattfinden. Die bloße Rücknahme der Kostenzusage sei nicht geeignet, die Möglichkeit der Weiterleitung des Antrages nach § 14 SGB IX zu öffnen.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 11. Januar 2008 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten für Unterbringung und Betreuung der Antragstellerin in der ambulant betreuten Wohngruppe in der Nachsorgeeinrichtung des Trägers A ab 4. Dezember 2007 bis zum Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch vom 13. Dezember 2007 gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2007, längstens für 6 Monate gerechnet ab dem 4. Dezember 2007, darlehensweise zu übernehmen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, es könne dahingestellt bleiben, ob sich der Leistungsanspruch aus §§ 53 ff SGB XII oder §§ 67 ff. SGB XII ergebe. Die Kostenübernahme für Betreutes Gruppenwohnen als Nachsorgemaßnahme im Anschluss an eine Suchttherapie komme gleichermaßen auf der Grundlage der §§ 53 und 67 SGB XII in Betracht. Die Nachrangregelung des § 67 S. 2 SGB XII komme nur zum Tragen, wenn die Leistung nach anderen Bestimmungen tatsächlich gewährt oder konkret angeboten werden, dies sei mit der Rücknahme der Kostenzusage durch die Stadt B nicht mehr der Fall. Die Zuständigkeit des Antragsgegners zur Leistungserbringung folge aus § 14 SGB IX. Die Antragstellerin gehöre als Suchtkranke zum Personenkreis des § 2 Abs. 1 SGB IX; die Voraussetzungen des § 14 SGB IX seien gegenüber dem Antragsgegner erfüllt. An die Abgabe des Antrags an ihn mit Fax vom 30. November 2007 durch die Stadt B sei der Antragsgegner gebunden und dürfe den Antrag weder an einen Dritten Träger weiterleiten noch an den abgebenden Träger zurückgeben.
Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 21. Januar 2008 zugestellten Beschluss am 28. Januar 2008 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen macht er geltend, das Sozialgericht habe die Nachrang- Regelung des § 67 Abs. 1 S. 2 SGB XII falsch ausgelegt. Die Hilfeempfängerin habe unstreitig die tatsächliche Möglichkeit gehabt, in der gewählten Einrichtung Leistungen nach § 53 SGB XII wahrzunehmen. Die Stadt B habe durch die Rücknahme ihrer Kostenzusage die "Alternativlosigkeit" der Hilfeempfängerin erst geschaffen. Weiterhin begründe § 14 SGB IX keine Zuständigkeit im Bereich des § 67 SGB XII, weil es sich bei der Stadt B und dem Antragsgegner nicht um Reha-Träger handele. Das betreute Gruppenwohnen für substituierte Personen sei die richtige Wohnform für die Antragstellerin; Eingliederungshilfe im Rahmen des § 53 SGB XII wäre folglich die richtige Hilfeform gewesen. Unter dem 19. März 2008 hat der Antragsgegner einen Ausführungsbescheid erlassen und "zur Vermeidung der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen" darlehensweise die Betreuungskosten in der Nachsorgeeinrichtung des Trägers A vom 04.12.2007 bis 24.02.2008 und ab dem 25.02.2008 bis zum 03.06.2008 beim Träger FSZ, in dessen Nachsorge-WG die Antragstellerin am 25. Februar 2008 verzogen war, übernommen.
Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin haben vorgetragen, dass die Antragstellerin in der Einrichtung der A keine Hilfe nach § 53 SGB XII hätte wahrnehmen können. Ein Hilfeangebot nach § 53 SGB XII gebe es bei A lediglich im Rahmen von Betreutem Gruppenwohnen für substituierte Drogenabhängige; zu diesem Personenkreis gehöre die Antragstellerin nicht. Alle weiteren Angebote von A im Rahmen des betreuten Wohnens basierten ausschließlich auf Leistungsvereinbarungen gemäß §§ 67/68 SGB XII bzw. §§ 27 ff. SGB VIII, die mit den zuständigen Berliner Fachverwaltungen abgeschlossen worden seien. Die Aufnahme in das betreute Gruppenwohnen nach §§ 67/68 SGB XII sei die einzig mögliche geeignete und auch kurzfristig real verfügbare Wohn- und Betreuungsform für die Antragstellerin gewesen, nachdem diese nach einer Fehlgeburt nicht mehr in das ursprünglich geplante Mutter-Kind-Wohnen nach § 19 SGB VIII habe aufgenommen werden können. Nur so habe sich die drohende Obdachlosigkeit abwenden und die mit den besonderen Lebensverhältnissen verbundenen sozialen Schwierigkeiten bearbeiten lassen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2008 ist zulässig. Insbesondere fehlt es im vorliegenden Fall nicht etwa deswegen an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens, weil der Antragsgegner seiner Verpflichtung aus der einstweiligen Anordnung mit Ausführungsbescheid vom 19. März 2008 nachgekommen ist und die Kosten für die Betreuung der Antragstellerin in der Einrichtung der A übernommen hat, ohne einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zu stellen.
In Fällen, wie dem vorliegenden, in dem der Antragsgegner mit dem ausführenden Bescheid nicht über seine Verpflichtung aus der erstinstanzlichen einstweiligen Anordnung hinaus gehen wollte, sondern für den Empfänger ausdrücklich erkennbar, lediglich seiner vom Sozialgericht auferlegten Verpflichtung nachkommen wollte, um eine Zwangsvollstreckung abzuwenden bzw. zu vermeiden, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde nicht; (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2007 - L 32 B 1565/07 AS ER – Juris; a.A.: LSG Berlin-Brandenburg, 14. Senat, Beschluss vom 04. November 2005 - L 14 B 1147/05 AS ER – Juris; 1. Senat, Beschluss vom 18. April 2006 - L 1 B 1210/05 KR ER – m.w.N.; 10. Senat, Beschluss vom 04. Oktober 2006 - L 10 B 654/06 AS ER – Juris; 9. Senat, Beschluss vom 07. November 2007 - L 9 B 572/07 KR ER – Juris). Insoweit hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 9. Juli 2007 – L 23 B 127/07 SO ER) nicht mehr fest.
Die Möglichkeit der Durchsetzung eines Erstattungsanspruches bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens ist grundsätzlich ausreichend, um ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners für die Beschwerde zu bejahen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2007 – L 12 B 49/07 AS ER -, www.Sozialgerichtsbarkeit. de).
Dass der Antragsgegner mit seinem Ausführungsbescheid in der Sache über die Verpflichtung aus dem sozialgerichtlichen Beschluss hinausgegangen ist, kann für die Frage des Vorliegens eines Rechtsschutzbedürfnisses außer Acht bleiben. Soweit der Antragsgegner nämlich mit dem Bescheid vom 19. März 2008 auch die Übernahme der Kosten für die Betreuung der Antragstellerin in der Nachsorgewohngemeinschaft des Trägers FSZ ab dem 25. Februar 2008 erklärt hat, ist er hierzu vom Sozialgericht nicht verpflichtet worden. Die vorläufige Verpflichtung richtete sich ausschließlich auf die Übernahme der für die Betreuung der Antragstellerin beim Träger A entstandenen Kosten. Nur hiergegen richtet sich die Beschwerde und nur hierüber hat der Senat zu entscheiden. Soweit der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 19. März 2008 auch die Übernahme der Kosten beim Träger FSZ erklärt hat, handelt es sich tatsächlich nicht mehr um einen so genannten Ausführungsbescheid, sondern um einen vom gerichtlichen Verfahren unabhängigen Bescheid.
Die danach streitgegenständliche Beschwerde gegen die Verpflichtung zur vorläufigen Leistungsgewährung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht zur vorläufigen Gewährung von Sozialhilfe in Form der Übernahme der Kosten für das betreute Gruppenwohnen beim Träger A verpflichtet.
Die Antragstellerin kann die von ihr begehrte Sozialleistung - unabhängig von der Frage der Zuständigkeit - von dem örtlichen Träger der Sozialhilfe erhalten (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Dieser hat mit Bescheid vom 27. November 2007 eine Kostenzusage erteilt. Gegen die Rücknahme dieser Kostenübernahmeerklärung mit Bescheid vom 30. November 2007 hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt, der aufschiebende Wirkung (§ 86 a Abs. 1 SGG) hat, weshalb der örtliche Träger der Sozialhilfe derzeit zur Leistungserbringen verpflichtet ist. Dieser hat sich, da er von der Antragstellerin dazu bisher nicht aufgefordert worden ist, gegenüber der Antragstellerin auch nicht ausdrücklich geweigert, aufgrund des Bescheides vom 27. November 2007 Leistungen zu erbringen; die Beiladung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe und die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 a Abs. 1 SGG war danach nicht erforderlich.
Eine (vorläufige) Verpflichtung des Antragsgegners folgt auch nicht aus § 14 SGB IX. Die Weiterleitung eines Antrages an einen anderen Träger (hier den Antragsgegner) nach einer Leistungsbewilligung gem. § 14 SGB IX (hier der Bescheid der Stadt B vom 27. November 2007) ist ausgeschlossen.
Mit § 14 SGB IX als verfahrensrechtlicher Grundsatznorm ist ein Zuständigkeits-klärungsverfahren geschaffen worden, um den Nachteilen, die sich aus dem gegliederten Sozialleistungssystem ergeben, für den Hilfebedürftigen zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 16/04 R - BSGE 93, 283; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09. Oktober 2005 – L 9 B 268/05 SO ER, Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Juli 2006 – L 15 B 125/06 SO ER, Juris jeweils mit weiteren Nachweisen).
Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Nach § 14 Abs. 2 SGB IX muss der erstangegangene Träger, wenn er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet hat, über diesen unverzüglich, spätestens drei Wochen nach Antragseingang entscheiden und ist dann auch für die Leistungsgewährung zuständig (vgl. Welti, in: Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX, 2. Auflage 2005, § 14 Rdnr. 34 unter Berufung auf VGH Bayern, br 2004, 87; Götze, in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 14 Rdnr. 17).
Hat der erstangegangene Rehabilitationsträger seine eigene Zuständigkeit zunächst – wenn auch möglicherweise zu Unrecht – bejaht, ist ihm eine Revision dieser Entscheidung gegenüber dem betroffenen Leistungsempfänger und eine anschließende Weiterleitung des Antrags verwehrt (arg. e § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX), mag sie auch wie hier innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX erfolgt sein. Der zuerst angegangene Rehabilitationsträger hat nur die Möglichkeit, entweder seine Zuständigkeit innerhalb von 2 Wochen festzustellen und sodann die Leistung zu erbringen oder den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zuzuleiten. Stellt der zuerst angegangene Rehabilitationsträger nach Bewilligung der Leistung fest, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, verbleibt es bei der einmal bejahten Zuständigkeit und erfolgt nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX ein Ausgleich der gewährten Leistungen ausschließlich auf dem Wege der Erstattung.
Anderenfalls wäre die Zielsetzung, im Interesse behinderter Menschen eine rasche Klärung der Zuständigkeit zu bewirken und somit eine möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern, nicht erreicht. Hauptanliegen des SGB IX ist es aber, die Koordination der Leistungen und die Kooperation der Leistungsträger durch wirksame Instrumente wie das des § 14 SGB IX sicherzustellen (BT-Drucks. 14/5074, S. 95). Die konkrete Zielsetzung des § 14 SGB IX ist dabei, dass Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfragen bei ungeklärter Zuständigkeit nicht mehr zu Lasten der Leistungsempfängers bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen.
Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll dem behinderten Menschen gerade eine Fallgestaltung wie die vorliegende erspart bleiben, in der dieser gezwungen ist, sich mit der Frage der Zuständigkeit für die beantragte Leistung gegenüber zwei verschiedenen Leistungsträgern in - sich materiellrechtlich ausschließenden - Rechtsmittelverfahren auseinander zusetzen. Die endgültige Klärung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit bleibt – unter Ausschluss des Leistungsempfängers - dem Erstattungsverfahren nach § 106 SGB XII vorbehalten. Die Zuständigkeit der gegliederten Sozialversicherung bleibt hierdurch unberührt, lediglich das Verfahren wird durch eine rasche Zuständigkeitserklärung verkürzt (vgl. BSG a.a.O.).
Nach alledem bestand für die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistungserbringung keine Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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