Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
30
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 62 EG 18/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 EG 1000/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu Erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Erziehungsgeld für die Zeit vom 1. bis 6. Lebensmonat (3. Februar 2004 bis 2. August 2004) für ihre am 3. Februar 2004 geborene Tochter AF.
Die geborene Klägerin, verheiratet mit U F, ist die Mutter der Kinder L F, geboren M, J F, geboren A, und A F, geboren F. Ausweislich einer Bescheinigung ihres Arbeitgebers, des B B, vom 15. Februar 2004 war die Klägerin im Anschluss an die Mutterschutzfrist vom 8. bis 21. April 2004 im Erholungsurlaub; im Anschluss daran wurde Elternzeit/Erziehungsurlaub für die Zeit vom 22. April 2004 bis 2. Februar 2006 vereinbart.
Der Ehemann der Klägerin war bei der S und LW GmbH beschäftigt; laut Verdienstbescheinigung der S und L W GmbH betrug das gesamte steuerpflichtige Bruttoeinkommen des Jahres 2003 53.546,82 EUR; für das Jahr 2004 bezifferte die Arbeitgeberin des Ehemannes der Klägerin das monatliche Bruttoeinkommen des Klägers für Januar 2004 mit 4.036,68 EUR und für die Zeit von Februar 2004 bis Dezember 2004 gleich bleibend mit 4.127,78 EUR monatlich. Als steuerpflichtige Sonderzuwendungen für das laufende Jahr 2004 bezifferte die S und L W GmbH das Weihnachtsgeld mit 1.783,85 EUR, das Urlaubsgeld mit 3.348,82 EUR und sonstige Leistungen mit 600,- EUR. Werbungskosten für den Ehemann der Klägerin wurden in einer Bestätigung des Lohnsteuerhilfevereins Q e. V. vom 24. März 2004 für das Jahr 2003 mit 3.414,- EUR beziffert. Für die Kinder L und J erhielt der Ehemann der Klägerin Kindergeld.
Am 16. März 2004 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für das erste Lebensjahr ihrer Tochter A.
Mit Bescheid vom 21. April 2004 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erziehungsgeld für ihr Kind A ab. Das gemäß § 6 BErzGG zu berücksichtigende Einkommen des Ehemannes der Klägerin in Höhe von 38.100,94 EUR überschreite die gemäß § 5 Abs. 3 BErzGG geltende Einkommensgrenze von 36.280,- EUR.
Mit ihrem hiergegen am 29. April 2004 eingelegten Widerspruch vertrat die Klägerin - unter Beifügung der Durchschrift eines an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gerichteten Schreibens vom 28. April 2004 - die Auffassung, in der Rechnungsführung des Beklagten seien die steuerlichen Abzugsbeträge insbesondere bei nunmehr 3 Kindern nicht hinreichend berücksichtigt. Die Regelungen des BErzGG verstießen insoweit gegen Verfassungsrecht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Mit der Einführung des neuen BErzGG für 2004 geborene Kinder und die damit verbundene Minderung der Einkommensgrenze für den 1. bis 6. Lebensmonat habe eine Stichtagsregelung durch den Gesetzgeber herbeigeführt werden müssen. Die der Berechnung des Erziehungsgeldanspruchs zu Grunde gelegte Einkommensgrenze von 36.280,- EUR sei gesetzlich vorgeschrieben, Abweichungen hiervon seien unzulässig.
Am 24. September 2004 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Die von dem Beklagten für die Ablehnung des Antrags auf Erziehungsgeld gegebene Begründung sei nach den Buchstaben des BErzGG nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe bei Erlass des BErzGG, hier bei der Festlegung der entscheidungserheblichen Einkommensgrenzen für Verheiratete bzw. in eheähnlicher Gemeinschaft oder in eingetragener Partnerschaft lebender Eltern, diese gegenüber Alleinerziehenden benachteiligt und hiermit Art. 6 und Art. 3 des Grundgesetzes (GG) in nicht ausreichendem Maße berücksichtigt. Im Ergebnis führe dies dazu, dass Verheiratete bzw. andere nicht Alleinerziehende erst dann in den Genuss von Erziehungsgeld kämen, wenn das Einkommen verteilt auf die im Haushalt lebenden Erwachsenen 13.430,- EUR nicht überschreite, während diese Grenze bei Alleinerziehenden 19.860,- EUR, mithin 6.430,- EUR höher liege. Dies sei eine Ungleichbehandlung ohne erkennbaren sachlichen Grund und stelle außerdem auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG dar, der die Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen verbiete.
Mit Urteil vom 6. Juli 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die Kammer folge den Gründen der angefochtenen Bescheide, die sie für zutreffend und richtig erachte. Im Übrigen sei insbesondere die Stichtagsregelung über die Absenkung der Freibeträge nach § 24 Abs. 2 BErzGG verfassungsrechtlich unbedenklich. Bereits bei der Einführung des BErzGG am 1. Januar 1986 habe eine Stichtagsregelung gegolten, die das Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erachtet habe. Sei eine Stichtagsregelung aber verfassungsgemäß, bei der es um den Anspruch an sich gehe, bedürfe es keiner weiteren Ausführungen dazu, dass dies bei einer Absenkung von Freibeträgen um so mehr gelte und die verfassungsrechtlichen Bedenkungen der Klägerin insoweit nicht durchgriffen. Auch die Differenzierung der Freibeträge in § 5 Abs. 3 BErzGG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Differenzierung für Ehegatten und sonstige Berechtigte sei dem Umstand geschuldet, dass Ehegatten an dem Einkommen eines Partners teilhaben könnten, denn sie hätten Anspruch auf Unterhalt in Form eines finanziellen Beitrages zur angemessenen Haushaltsführung, während der allein erziehende Erziehungsgeldberechtigte zumindest teilweise auf eine Erwerbstätigkeit verzichten müsse, um überhaupt anspruchsberechtigt zu sein.
Gegen das dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11. August 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. September 2005 bei dem Sozialgericht Berlin Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts begegne die Stichtagsregelung verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie habe während ihrer Schwangerschaft davon ausgehen können, dass sie auf Grund des hier zu berücksichtigenden Einkommens die Einkommensgrenze des § 5 BErzGG unterschreiten und damit zu dem bezugsberechtigten Personenkreis gehören würde. Die Absenkung der Einkommensgrenze sei damit verfassungswidrig. Im Übrigen würden die Beträge für Alleinerziehende einerseits und Verheiratete und eheähnliche Lebensgemeinschaften andererseits dem verfassungsrechtlichen Differenzierungsgebot nicht gerecht, wesentlich unterschiedliche Sachverhalte auch entsprechend ihrer Eigenart unterschiedlich zu behandeln. Damit liege zumindest eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Auch der Erhöhungsbetrag für jedes weitere Kind des Berechtigten gemäß § 5 Abs. 3 Satz 4 BErzGG begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Erhöhungsbetrag von 3.140,- EUR unterschreite das steuerrechtlich anerkannte Existenzminimum. Hier liege eine Verletzung des Grundrechts auf besonderen Schutz von Ehe und Familie und des elterlichen Erziehungsrechts des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vor. Die von dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in dem Beschluss 10. November 1998 aufgestellten Grundsätze zum Steuerrecht gelten entsprechend für die Gewährung von Sozialleistungen wie dem Erziehungsgeld. Dem Gesetzgeber stehe für die Gewährung von Sozialleistungen, soweit sie nicht der Sicherung des Existenzminimums dienten, zwar grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sozialleistungen seien aber nach den Grundsätzen der Leistungs-, Bedarfs- und der Besitzstandsgerechtigkeit zu verteilen. An das Vorhandensein von weiteren Kindern habe der Gesetzgeber daher angemessene Folgen zu knüpfen. Die Bemessung des Erhöhungsbetrages für weitere Kinder müsse daher in realistischer Weise den tatsächlichen wirtschaftlichen Erfordernissen gerecht werden. Unter Beachtung dieser Grundsätze sei für ihre beiden weiteren Kinder jeweils ein Betrag in Höhe des Steuerfreibetrages von 3.648,- EUR und weiterer 2.160,- EUR (Betreuungsunterhalt) zu berücksichtigen. Der hinter dem steuerrechtlichen Existenzminimums zurückbleibende Erhöhungsbetrag von 3.140,- EUR habe zur Folge, dass sie wegen der bereits vorhandenen Kinder gegenüber bis dahin kinderlosen Berechtigten schlechter gestellt werde. Im Übrigen verweise sie auf den 5. Existenzminimumsbericht für das Jahr 2005. Das sozialhilferechtliche Existenzminimum ohne Berücksichtigung eines Betreuungsunterhalts betrage danach je Kind 3.635,60 EUR jährlich und übersteige damit ebenfalls den Erhöhungsbetrag gemäß § 5 Abs. 3 Satz 4 BErzGG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juli 2005 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den 1. bis 6. Lebensmonat ihrer 2004 geborenen Tochter A Bundeserziehungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Klägerin hat den Bescheid für 2003 über Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes Treptow/Köpenick vom 8. April 2004 zu den Gerichtsakten übersandt; wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Blatt 80 bis 83 der Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,- EUR übersteigt.
Die Berufung der Klägerin ist indessen nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Erziehungsgeld nach dem BErzGG sowohl für den 1. bis 6. Lebensmonat ihrer Tochter A als auch für deren 7. Lebensmonat und folgende. Nach § 1 Abs. 1 BErzGG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) hat Anspruch auf Erziehungsgeld, wer
1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, 2. mit einem Kind, für das in die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt, 3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Diese Voraussetzungen des § 1 BErzGG sind im Falle der Klägerin unzweifelhaft für das 1. Lebensjahr des Kindes A erfüllt. Die Klägerin hatte und hat ihren Wohnsitz in Deutschland (Nr. 1), sie lebt mit einem Kind, für das ihr die Personensorge zusteht, in einem Haushalt (die Klägerin lebte und lebt mit ihrem Kind A in einem Haushalt zusammen), sie betreute dieses Kind selbst und erzog bzw. erzieht es (Nr. 3) und übte – jedenfalls im streitbefangenen Zeitraum – keine oder keine volle Erwerbstätigkeit aus (Nr. 4).
Die Höhe des Erziehungsgeldes betrug nach § 5 Abs. 1 BErzGG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats 450,- EUR (Budget – Abs. 1 Nr. 1) und danach bis zum 24. Lebensmonat 300,- EUR monatlich (Abs. 1 Nr. 2).
Nach § 5 Abs. 3 BErzGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) entfällt das Erziehungsgeld in den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes, wenn das Einkommen nach § 6 bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, 30.000,- EUR und bei anderen Berechtigten 23.000,- EUR übersteigt (Abs. 3 Satz 1). Vom Beginn des 7. Lebensmonats an verringert sich das Erziehungsgeld, wenn das Einkommen nach § 6 bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, 16.500,- EUR und bei anderen Berechtigten 13.500,- EUR übersteigt (Abs. 3 Satz 2). Die Beträge dieser Einkommensgrenzen erhöhen sich um 3.140,- EUR für jedes weitere Kind des Berechtigten oder seines nicht dauernd von ihn getrennt lebenden Ehegatten für Geburten ab dem Jahr 2003 (Abs. 3 Satz 3). Für Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelten die Vorschriften zur Einkommensgrenze für Verheiratete, die nicht dauernd getrennt leben (Abs. 3 Satz 5).
Diese ab dem 1. Januar 2004 geltende Regelung des § 5 BErzGG ist hinsichtlich des hier streitbefangenen Anspruchs auf Erziehungsgeld der Klägerin für den 1. bis 6. Lebensmonat ihrer Tochter gemäß § 24 Abs. 2 BEerzGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) anzuwenden, da die Tochter der Klägerin A am F, mithin nach den 1. Januar 2004, geboren ist.
Hiernach hat die Klägerin wegen des Einkommens ihres Ehemannes keinen Anspruch auf Erziehungsgeld, da dieses die Einkommensgrenzen des § 5 Abs. 3 BErzGG in Verbindung mit § 6 BErzGG überschritten hat. Dies wird nach den Ausführungen der Klägerin von dieser auch nicht bestritten.
§ 6 BErzGG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 09. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) lautet u. a. wie folgt:
(1) Als Einkommen gilt die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes abzüglich 24 vom Hundert, bei Personen im Sinne des § 10c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes abzüglich 19 vom Hundert und der Entgeltersatzleistungen, gemindert um folgende Beträge:
1. Unterhaltsleistungen an andere Kinder, für die die Einkommensgrenze nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 4 erhöht worden ist, bis zu dem durch Unterhaltstitel oder durch Vereinbarung festgelegten Betrag,
2. Unterhaltsleistungen an sonstige Personen, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 oder § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt werden,
3. Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes wegen der Behinderung eines Kindes, für das die Eltern Kindergeld erhalten oder ohne die Anwendung des § 65 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes oder des § 4 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes erhalten würden, oder wegen der Behinderung der berechtigten Person, ihres Ehegatten, ihres Lebenspartners oder des anderen Elternteils im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erster Halbsatz.
Als Einkommen gelten nicht Einkünfte, die gemäß §§ 40 bis 40b des Einkommensteuergesetzes pauschal versteuert werden können. Entgeltersatzleistungen im Sinne von Satz 1 sind Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Eingliederungshilfe für Spätaussiedler, Krankengeld, Verletztengeld oder eine vergleichbare Entgeltersatzleistung des Dritten, Fünften, Sechsten oder Siebten Buches Sozialgesetzbuch, des Bundesversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgesetzes oder einer aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierten vergleichbaren Entgeltersatzleistung.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BErzGG ist für die Berechnung des Erziehungsgeldes im ersten Lebensjahr des Kindes das Einkommen im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes maßgebend. Hier sind somit die Einkünfte des Jahres 2003 maßgebend.
Zu berücksichtigen ist nach § 6 Abs. 3 BErzGG das Einkommen der berechtigten Person und ihres Ehegatten oder Lebenspartners, soweit sie nicht dauernd getrennt leben. Leben die Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft, ist auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen; dabei reicht die formlose Erklärung über die gemeinsame Elternschaft und das Zusammenleben aus.
Ist die berechtigte Person während des Erziehungsgeldbezugs nicht erwerbstätig, bleiben nach § 6 Abs. 6 Satz 1 BErzGG ihre Einkünfte aus einer vorherigen Erwerbstätigkeit unberücksichtigt. Ist sie während des Erziehungsgeldbezugs erwerbstätig, sind ihre voraussichtlichen Erwerbseinkünfte in dieser Zeit maßgebend (Abs. 6 Satz 2). Sonderzuwendungen bleiben unberücksichtigt (Abs. 6 Satz 3). Entgeltersatzleistungen der berechtigten Person werden nur während des Erziehungsgeldbezugs berücksichtigt (Abs. 6 Satz 4). Für die anderen Einkünfte gelten die übrigen Vorschriften des § 6 (Abs. 6 Satz 5).
Vorliegend sind, da die Klägerin als berechtigte Person während des Erziehungsgeldbezugs nicht erwerbstätig war, allein die Einkünfte ihres Ehemannes aus dem Kalenderjahr 2003 heranzuziehen.
Hiernach ergibt sich aufgrund des Einkommens des Ehemannes der Klägerin im Jahre 2003 folgende Einkommensanrechnung gemäß § 6 BErzGG:
I. Einkommen gemäß § 6 Abs. 1 Satz1 BErzGG i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 ESt 53.546,82 EUR (lt. Verdienstbescheinigung der Stadt und Land Wohnbauten GmbH vom 16. Februar 2004 für den Ehemann der Klägerin für das Jahr 2003-Bl. 8 der Verwaltungsakten der Beklagten) abzügl. 3.414,00 EUR Werbungskosten (lt. Bescheinigung des Lohnsteuerhilfevereins Quadriga e.V. vom 22. April 2004 - Bl. 14 der Verwaltungsakten der Beklagten) 50.132,82 EUR Gesamteinkommen
II. abzüglich 12.031,88 EUR (Minderung um 24 % gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BErzGG).
Daraus ergibt sich ein insgesamt zu berücksichtigendes Einkommen des Ehemannes der Klägerin von 38.100,94 EUR (=50.132,82 EUR abzüglich 12.031,88 EUR).
Die Einkommensgrenze nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BErzGG betrug im Jahre 2004 30.000 EUR zuzüglich 3140 EUR für jedes weitere Kind des Berechtigten oder seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten (Abs. 3 Satz 3), d.h. 30.000 EUR zuzüglich 6.280 EUR (= 3.140 EUR mal 2 weitere Kinder der Klägerin), insgesamt 36.280 EUR; diese wurde somit mit dem Einkommen des Ehemannes der Klägerin von 38.100,94 EUR überschritten mit der Folge, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erziehungsgeld für ihr Kind A ab dem 1. Lebensmonat (3. Februar 2004) hat.
Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass der Beklagte die Regelungen des BErzGG in der ab dem 01. Januar 2004 geltenden Fassung, insbesondere § 24 Abs. 2 BErzGG zutreffend angewandt hat.
Diese ab 01. Januar 2004 geltenden Neuregelungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 09. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) verstoßen nicht gegen das Grundgesetz. Für eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG verbunden mit einer Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gibt es deshalb keine Grundlage. Eine Vorlage an das BVerfG ist nämlich nur zulässig, wenn das Gericht von der Ungültigkeit einer Norm überzeugt ist. Zweifel oder Bedenken reichen nicht aus. Erlangt das Gericht diese sichere Überzeugung nicht, so ist es nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Norm ungeachtet eventueller Zweifel und Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit anzuwenden (s. dazu Maunz, in Maunz-Dürig, Komm. z. GG, Art. 100 Rz. 35).
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt zur Überzeugung des Senats nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. u. a. BVerfGE 100, 59 m.w.N.).
Die der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegende Stichtagsregelung des § 24 Abs. 2 BErzGG in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung ist unter diesem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist es dem Gesetzgeber durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die verfassungsrechtliche Prüfung beschränkt sich dann darauf, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt und die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat; die gefundene Lösung muss sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lassen und darf nicht als willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG erscheinen.
Hiernach ist § 24 Abs. 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung im Hinblick auf die Anknüpfung des ab 01. Januar 2004 geltenden gesetzlichen Leistungsrechts an den Tag der Geburt eines Kindes sachlich vertretbar. Der Tag der Geburt fällt in aller Regel mit dem Beginn der Lebens- und Erziehungsfähigkeit eines Kindes zusammen und stellt ein objektives Kriterium dar, dessen Anwendung generell die Betroffenen gleichbehandelt, mag es auch im Einzelfall ausnahmsweise einmal zu einer Benachteiligung der Betroffenen führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1987, 1 BvR 1233/87, in SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.). Auch die konkrete Wahl des Stichtages (01. Januar 2004) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn der Gesetzgeber hat diesen für die erforderliche Haushaltskonsolidierung aus sachlichen Gründen gewählt (BSG Urteil vom 13. Oktober 2005 -B 10 EG 4/05 R- in SozR 4-7833 § 6 Nr. 3).
Mit der angegriffenen ab dem 1. Januar 2004 geltenden Regelung zu den Einkommensgrenzen des § 5 Abs. 3 BErzGG hat der Gesetzgeber auch Art. 6 Abs. 1 GG nicht verletzt. Danach hat der Staat zwar die Pflicht, Ehe und Familie nicht nur vor Beeinträchtigungen zu schützen, sondern auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern, insbesondere den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Familien zu gewährleisten. Dabei kann er aber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will. Insbesondere ist er nicht verpflichtet, jegliche die Familie treffende finanzielle Belastung auszugleichen. Regelmäßig erwachsen daher aus Art 6 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen; auch darf eine unterschiedliche Förderungsbedürftigkeit berücksichtigt werden (vgl. BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3 jeweils m.w.N.). Dem Gesetzgeber stand es hiernach unter dem Blickwinkel des Art. 6 GG nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung als ihn überzeugend anschließt, zur Verwirklichung eines Sparzieles (Haushaltskonsolidierung) frei, das Erziehungsgeld ggf. sogar ganz zu streichen oder im Wege einer schonenderen Lösung lediglich Kürzungen des Erziehungsgeldes vorzunehmen. Die Differenzierung zwischen anrechnungsfreiem niedrigerem Einkommen und anrechenbarem höherem Einkommen ist vergleichsweise das mildere Mittel gegenüber einer generellen Absenkung oder gar vollständigen Streichung des Erziehungsgeldes. Die 1985 getroffene grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers zur Einführung eines Erziehungsgeldes ist nämlich verfassungsrechtlich nicht geboten gewesen, sondern Ausdruck seiner im Bereich gewährender Sozialleistungen, vor allem bei fehlendem Bezug zu Einkommensrechten, besonders weiten Gestaltungsfreiheit. Daraus folgt, dass der Staat verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, das Erziehungsgeld - oder eine vergleichbare Sozialleistung - auf alle Zeiten beizubehalten (BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3 jeweils m.w.N.).
Der Gesetzgeber ging im Hinblick auf die Neuregelungen in § 5 Abs. 3 BErzGG zum 1. Januar 2004 von einer Herabsetzung der Einkommensgrenze "in vertretbarem Umfang" und im Übrigen auch davon aus, dass die bisherige - bis zum 31. Dezember 2003 geltende - Einkommensgrenze in den ersten sechs Lebensmonaten für den Regelbetrag so hoch (51 130 Euro/38 350 Euro) gewesen sei, dass auch gut verdienende Eltern Erziehungsgeld erhielten, was nicht der sozialen Zweckbestimmung des Erziehungsgeldes entsprochen habe (vgl. BT-Drucks. 15/1502 S. 35 zu § 5 Abs. 3).
Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzungen der ab 01. Januar 2004 geltenden Neuregelungen liegt es auf der Hand, dass auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 4 GG, nach dem jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, nicht vorliegt. Das Schutzgebot aus Art. 6 Abs. 4 GG hat u. a. das Ziel und die Tendenz, den Gesetzgeber zu verpflichten, wirtschaftliche Belastungen, die im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft stehen, auszugleichen. Insoweit schützt Art. 6 Abs. 4 GG die Mutter in vergleichbarer Weise wie Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie. Das gilt auch für das Gebiet der Sozialversicherung. Indessen bedeutet das nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung oder Härte auszugleichen (vgl. BVerfGE 60,74; 88, 259; BVerfG SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.).
Auch aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG lässt sich das Begehren der Klägerin auf höheres Erziehungsgeld nicht begründen. Dem Sozialstaatsgebot lässt sich lediglich die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen. Dieser Verfassungsauftrag lässt keinen Schluss auf eine konkrete gesetzliche Regelung in einzelnen Rechtsgebieten oder Teilsystemen zu, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist. Insoweit besteht vielmehr Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Im Übrigen darf das Sozialstaatsgebot nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG nicht dahin ausgelegt werden, dass hierdurch jede Einzelregelung modifiziert werden müsste, deren Anwendung sich im konkreten Fall nachteilig oder als Härte auswirken kann (BVerfG SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.). Eine "unechte" Rückwirkung ist bereits dann zulässig, wenn der Gesetzgeber - wie hier - aus sachlichen Gründen bei Leistungen der gewährenden Staatstätigkeit, denen keine vorherigen eigenen finanziellen Beiträge des Bürgers zu Grunde liegen, Änderungen vornimmt, insbesondere um das überragend wichtige Ziel der Haushaltskonsolidierung zu erreichen (vgl. BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3). Beim Erziehungsgeld geht es zudem nicht um die vom Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG erfassten "Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger", sondern um eine zusätzliche Sozialleistung zur Verhaltenssteuerung im Sinne der Entscheidung für das Kind (BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3 jeweils m.w.N.), sodass auch die Ausführungen der Klägerin zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum je Kind in deren Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 im Hinblick auf Art. 20 Abs. 1 GG einen Anspruch auf höheres Erziehungsgeld nicht begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Erziehungsgeld für die Zeit vom 1. bis 6. Lebensmonat (3. Februar 2004 bis 2. August 2004) für ihre am 3. Februar 2004 geborene Tochter AF.
Die geborene Klägerin, verheiratet mit U F, ist die Mutter der Kinder L F, geboren M, J F, geboren A, und A F, geboren F. Ausweislich einer Bescheinigung ihres Arbeitgebers, des B B, vom 15. Februar 2004 war die Klägerin im Anschluss an die Mutterschutzfrist vom 8. bis 21. April 2004 im Erholungsurlaub; im Anschluss daran wurde Elternzeit/Erziehungsurlaub für die Zeit vom 22. April 2004 bis 2. Februar 2006 vereinbart.
Der Ehemann der Klägerin war bei der S und LW GmbH beschäftigt; laut Verdienstbescheinigung der S und L W GmbH betrug das gesamte steuerpflichtige Bruttoeinkommen des Jahres 2003 53.546,82 EUR; für das Jahr 2004 bezifferte die Arbeitgeberin des Ehemannes der Klägerin das monatliche Bruttoeinkommen des Klägers für Januar 2004 mit 4.036,68 EUR und für die Zeit von Februar 2004 bis Dezember 2004 gleich bleibend mit 4.127,78 EUR monatlich. Als steuerpflichtige Sonderzuwendungen für das laufende Jahr 2004 bezifferte die S und L W GmbH das Weihnachtsgeld mit 1.783,85 EUR, das Urlaubsgeld mit 3.348,82 EUR und sonstige Leistungen mit 600,- EUR. Werbungskosten für den Ehemann der Klägerin wurden in einer Bestätigung des Lohnsteuerhilfevereins Q e. V. vom 24. März 2004 für das Jahr 2003 mit 3.414,- EUR beziffert. Für die Kinder L und J erhielt der Ehemann der Klägerin Kindergeld.
Am 16. März 2004 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für das erste Lebensjahr ihrer Tochter A.
Mit Bescheid vom 21. April 2004 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erziehungsgeld für ihr Kind A ab. Das gemäß § 6 BErzGG zu berücksichtigende Einkommen des Ehemannes der Klägerin in Höhe von 38.100,94 EUR überschreite die gemäß § 5 Abs. 3 BErzGG geltende Einkommensgrenze von 36.280,- EUR.
Mit ihrem hiergegen am 29. April 2004 eingelegten Widerspruch vertrat die Klägerin - unter Beifügung der Durchschrift eines an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gerichteten Schreibens vom 28. April 2004 - die Auffassung, in der Rechnungsführung des Beklagten seien die steuerlichen Abzugsbeträge insbesondere bei nunmehr 3 Kindern nicht hinreichend berücksichtigt. Die Regelungen des BErzGG verstießen insoweit gegen Verfassungsrecht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Mit der Einführung des neuen BErzGG für 2004 geborene Kinder und die damit verbundene Minderung der Einkommensgrenze für den 1. bis 6. Lebensmonat habe eine Stichtagsregelung durch den Gesetzgeber herbeigeführt werden müssen. Die der Berechnung des Erziehungsgeldanspruchs zu Grunde gelegte Einkommensgrenze von 36.280,- EUR sei gesetzlich vorgeschrieben, Abweichungen hiervon seien unzulässig.
Am 24. September 2004 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Die von dem Beklagten für die Ablehnung des Antrags auf Erziehungsgeld gegebene Begründung sei nach den Buchstaben des BErzGG nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe bei Erlass des BErzGG, hier bei der Festlegung der entscheidungserheblichen Einkommensgrenzen für Verheiratete bzw. in eheähnlicher Gemeinschaft oder in eingetragener Partnerschaft lebender Eltern, diese gegenüber Alleinerziehenden benachteiligt und hiermit Art. 6 und Art. 3 des Grundgesetzes (GG) in nicht ausreichendem Maße berücksichtigt. Im Ergebnis führe dies dazu, dass Verheiratete bzw. andere nicht Alleinerziehende erst dann in den Genuss von Erziehungsgeld kämen, wenn das Einkommen verteilt auf die im Haushalt lebenden Erwachsenen 13.430,- EUR nicht überschreite, während diese Grenze bei Alleinerziehenden 19.860,- EUR, mithin 6.430,- EUR höher liege. Dies sei eine Ungleichbehandlung ohne erkennbaren sachlichen Grund und stelle außerdem auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG dar, der die Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen verbiete.
Mit Urteil vom 6. Juli 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die Kammer folge den Gründen der angefochtenen Bescheide, die sie für zutreffend und richtig erachte. Im Übrigen sei insbesondere die Stichtagsregelung über die Absenkung der Freibeträge nach § 24 Abs. 2 BErzGG verfassungsrechtlich unbedenklich. Bereits bei der Einführung des BErzGG am 1. Januar 1986 habe eine Stichtagsregelung gegolten, die das Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erachtet habe. Sei eine Stichtagsregelung aber verfassungsgemäß, bei der es um den Anspruch an sich gehe, bedürfe es keiner weiteren Ausführungen dazu, dass dies bei einer Absenkung von Freibeträgen um so mehr gelte und die verfassungsrechtlichen Bedenkungen der Klägerin insoweit nicht durchgriffen. Auch die Differenzierung der Freibeträge in § 5 Abs. 3 BErzGG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Differenzierung für Ehegatten und sonstige Berechtigte sei dem Umstand geschuldet, dass Ehegatten an dem Einkommen eines Partners teilhaben könnten, denn sie hätten Anspruch auf Unterhalt in Form eines finanziellen Beitrages zur angemessenen Haushaltsführung, während der allein erziehende Erziehungsgeldberechtigte zumindest teilweise auf eine Erwerbstätigkeit verzichten müsse, um überhaupt anspruchsberechtigt zu sein.
Gegen das dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11. August 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. September 2005 bei dem Sozialgericht Berlin Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts begegne die Stichtagsregelung verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie habe während ihrer Schwangerschaft davon ausgehen können, dass sie auf Grund des hier zu berücksichtigenden Einkommens die Einkommensgrenze des § 5 BErzGG unterschreiten und damit zu dem bezugsberechtigten Personenkreis gehören würde. Die Absenkung der Einkommensgrenze sei damit verfassungswidrig. Im Übrigen würden die Beträge für Alleinerziehende einerseits und Verheiratete und eheähnliche Lebensgemeinschaften andererseits dem verfassungsrechtlichen Differenzierungsgebot nicht gerecht, wesentlich unterschiedliche Sachverhalte auch entsprechend ihrer Eigenart unterschiedlich zu behandeln. Damit liege zumindest eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Auch der Erhöhungsbetrag für jedes weitere Kind des Berechtigten gemäß § 5 Abs. 3 Satz 4 BErzGG begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Erhöhungsbetrag von 3.140,- EUR unterschreite das steuerrechtlich anerkannte Existenzminimum. Hier liege eine Verletzung des Grundrechts auf besonderen Schutz von Ehe und Familie und des elterlichen Erziehungsrechts des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vor. Die von dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in dem Beschluss 10. November 1998 aufgestellten Grundsätze zum Steuerrecht gelten entsprechend für die Gewährung von Sozialleistungen wie dem Erziehungsgeld. Dem Gesetzgeber stehe für die Gewährung von Sozialleistungen, soweit sie nicht der Sicherung des Existenzminimums dienten, zwar grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sozialleistungen seien aber nach den Grundsätzen der Leistungs-, Bedarfs- und der Besitzstandsgerechtigkeit zu verteilen. An das Vorhandensein von weiteren Kindern habe der Gesetzgeber daher angemessene Folgen zu knüpfen. Die Bemessung des Erhöhungsbetrages für weitere Kinder müsse daher in realistischer Weise den tatsächlichen wirtschaftlichen Erfordernissen gerecht werden. Unter Beachtung dieser Grundsätze sei für ihre beiden weiteren Kinder jeweils ein Betrag in Höhe des Steuerfreibetrages von 3.648,- EUR und weiterer 2.160,- EUR (Betreuungsunterhalt) zu berücksichtigen. Der hinter dem steuerrechtlichen Existenzminimums zurückbleibende Erhöhungsbetrag von 3.140,- EUR habe zur Folge, dass sie wegen der bereits vorhandenen Kinder gegenüber bis dahin kinderlosen Berechtigten schlechter gestellt werde. Im Übrigen verweise sie auf den 5. Existenzminimumsbericht für das Jahr 2005. Das sozialhilferechtliche Existenzminimum ohne Berücksichtigung eines Betreuungsunterhalts betrage danach je Kind 3.635,60 EUR jährlich und übersteige damit ebenfalls den Erhöhungsbetrag gemäß § 5 Abs. 3 Satz 4 BErzGG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juli 2005 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den 1. bis 6. Lebensmonat ihrer 2004 geborenen Tochter A Bundeserziehungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Klägerin hat den Bescheid für 2003 über Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes Treptow/Köpenick vom 8. April 2004 zu den Gerichtsakten übersandt; wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Blatt 80 bis 83 der Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,- EUR übersteigt.
Die Berufung der Klägerin ist indessen nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Erziehungsgeld nach dem BErzGG sowohl für den 1. bis 6. Lebensmonat ihrer Tochter A als auch für deren 7. Lebensmonat und folgende. Nach § 1 Abs. 1 BErzGG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) hat Anspruch auf Erziehungsgeld, wer
1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, 2. mit einem Kind, für das in die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt, 3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Diese Voraussetzungen des § 1 BErzGG sind im Falle der Klägerin unzweifelhaft für das 1. Lebensjahr des Kindes A erfüllt. Die Klägerin hatte und hat ihren Wohnsitz in Deutschland (Nr. 1), sie lebt mit einem Kind, für das ihr die Personensorge zusteht, in einem Haushalt (die Klägerin lebte und lebt mit ihrem Kind A in einem Haushalt zusammen), sie betreute dieses Kind selbst und erzog bzw. erzieht es (Nr. 3) und übte – jedenfalls im streitbefangenen Zeitraum – keine oder keine volle Erwerbstätigkeit aus (Nr. 4).
Die Höhe des Erziehungsgeldes betrug nach § 5 Abs. 1 BErzGG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats 450,- EUR (Budget – Abs. 1 Nr. 1) und danach bis zum 24. Lebensmonat 300,- EUR monatlich (Abs. 1 Nr. 2).
Nach § 5 Abs. 3 BErzGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) entfällt das Erziehungsgeld in den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes, wenn das Einkommen nach § 6 bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, 30.000,- EUR und bei anderen Berechtigten 23.000,- EUR übersteigt (Abs. 3 Satz 1). Vom Beginn des 7. Lebensmonats an verringert sich das Erziehungsgeld, wenn das Einkommen nach § 6 bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, 16.500,- EUR und bei anderen Berechtigten 13.500,- EUR übersteigt (Abs. 3 Satz 2). Die Beträge dieser Einkommensgrenzen erhöhen sich um 3.140,- EUR für jedes weitere Kind des Berechtigten oder seines nicht dauernd von ihn getrennt lebenden Ehegatten für Geburten ab dem Jahr 2003 (Abs. 3 Satz 3). Für Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelten die Vorschriften zur Einkommensgrenze für Verheiratete, die nicht dauernd getrennt leben (Abs. 3 Satz 5).
Diese ab dem 1. Januar 2004 geltende Regelung des § 5 BErzGG ist hinsichtlich des hier streitbefangenen Anspruchs auf Erziehungsgeld der Klägerin für den 1. bis 6. Lebensmonat ihrer Tochter gemäß § 24 Abs. 2 BEerzGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) anzuwenden, da die Tochter der Klägerin A am F, mithin nach den 1. Januar 2004, geboren ist.
Hiernach hat die Klägerin wegen des Einkommens ihres Ehemannes keinen Anspruch auf Erziehungsgeld, da dieses die Einkommensgrenzen des § 5 Abs. 3 BErzGG in Verbindung mit § 6 BErzGG überschritten hat. Dies wird nach den Ausführungen der Klägerin von dieser auch nicht bestritten.
§ 6 BErzGG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 09. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) lautet u. a. wie folgt:
(1) Als Einkommen gilt die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes abzüglich 24 vom Hundert, bei Personen im Sinne des § 10c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes abzüglich 19 vom Hundert und der Entgeltersatzleistungen, gemindert um folgende Beträge:
1. Unterhaltsleistungen an andere Kinder, für die die Einkommensgrenze nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 4 erhöht worden ist, bis zu dem durch Unterhaltstitel oder durch Vereinbarung festgelegten Betrag,
2. Unterhaltsleistungen an sonstige Personen, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 oder § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt werden,
3. Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes wegen der Behinderung eines Kindes, für das die Eltern Kindergeld erhalten oder ohne die Anwendung des § 65 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes oder des § 4 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes erhalten würden, oder wegen der Behinderung der berechtigten Person, ihres Ehegatten, ihres Lebenspartners oder des anderen Elternteils im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erster Halbsatz.
Als Einkommen gelten nicht Einkünfte, die gemäß §§ 40 bis 40b des Einkommensteuergesetzes pauschal versteuert werden können. Entgeltersatzleistungen im Sinne von Satz 1 sind Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Eingliederungshilfe für Spätaussiedler, Krankengeld, Verletztengeld oder eine vergleichbare Entgeltersatzleistung des Dritten, Fünften, Sechsten oder Siebten Buches Sozialgesetzbuch, des Bundesversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgesetzes oder einer aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierten vergleichbaren Entgeltersatzleistung.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BErzGG ist für die Berechnung des Erziehungsgeldes im ersten Lebensjahr des Kindes das Einkommen im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes maßgebend. Hier sind somit die Einkünfte des Jahres 2003 maßgebend.
Zu berücksichtigen ist nach § 6 Abs. 3 BErzGG das Einkommen der berechtigten Person und ihres Ehegatten oder Lebenspartners, soweit sie nicht dauernd getrennt leben. Leben die Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft, ist auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen; dabei reicht die formlose Erklärung über die gemeinsame Elternschaft und das Zusammenleben aus.
Ist die berechtigte Person während des Erziehungsgeldbezugs nicht erwerbstätig, bleiben nach § 6 Abs. 6 Satz 1 BErzGG ihre Einkünfte aus einer vorherigen Erwerbstätigkeit unberücksichtigt. Ist sie während des Erziehungsgeldbezugs erwerbstätig, sind ihre voraussichtlichen Erwerbseinkünfte in dieser Zeit maßgebend (Abs. 6 Satz 2). Sonderzuwendungen bleiben unberücksichtigt (Abs. 6 Satz 3). Entgeltersatzleistungen der berechtigten Person werden nur während des Erziehungsgeldbezugs berücksichtigt (Abs. 6 Satz 4). Für die anderen Einkünfte gelten die übrigen Vorschriften des § 6 (Abs. 6 Satz 5).
Vorliegend sind, da die Klägerin als berechtigte Person während des Erziehungsgeldbezugs nicht erwerbstätig war, allein die Einkünfte ihres Ehemannes aus dem Kalenderjahr 2003 heranzuziehen.
Hiernach ergibt sich aufgrund des Einkommens des Ehemannes der Klägerin im Jahre 2003 folgende Einkommensanrechnung gemäß § 6 BErzGG:
I. Einkommen gemäß § 6 Abs. 1 Satz1 BErzGG i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 ESt 53.546,82 EUR (lt. Verdienstbescheinigung der Stadt und Land Wohnbauten GmbH vom 16. Februar 2004 für den Ehemann der Klägerin für das Jahr 2003-Bl. 8 der Verwaltungsakten der Beklagten) abzügl. 3.414,00 EUR Werbungskosten (lt. Bescheinigung des Lohnsteuerhilfevereins Quadriga e.V. vom 22. April 2004 - Bl. 14 der Verwaltungsakten der Beklagten) 50.132,82 EUR Gesamteinkommen
II. abzüglich 12.031,88 EUR (Minderung um 24 % gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BErzGG).
Daraus ergibt sich ein insgesamt zu berücksichtigendes Einkommen des Ehemannes der Klägerin von 38.100,94 EUR (=50.132,82 EUR abzüglich 12.031,88 EUR).
Die Einkommensgrenze nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BErzGG betrug im Jahre 2004 30.000 EUR zuzüglich 3140 EUR für jedes weitere Kind des Berechtigten oder seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten (Abs. 3 Satz 3), d.h. 30.000 EUR zuzüglich 6.280 EUR (= 3.140 EUR mal 2 weitere Kinder der Klägerin), insgesamt 36.280 EUR; diese wurde somit mit dem Einkommen des Ehemannes der Klägerin von 38.100,94 EUR überschritten mit der Folge, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erziehungsgeld für ihr Kind A ab dem 1. Lebensmonat (3. Februar 2004) hat.
Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass der Beklagte die Regelungen des BErzGG in der ab dem 01. Januar 2004 geltenden Fassung, insbesondere § 24 Abs. 2 BErzGG zutreffend angewandt hat.
Diese ab 01. Januar 2004 geltenden Neuregelungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 09. Februar 2004 (BGBl. I S. 206) verstoßen nicht gegen das Grundgesetz. Für eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG verbunden mit einer Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gibt es deshalb keine Grundlage. Eine Vorlage an das BVerfG ist nämlich nur zulässig, wenn das Gericht von der Ungültigkeit einer Norm überzeugt ist. Zweifel oder Bedenken reichen nicht aus. Erlangt das Gericht diese sichere Überzeugung nicht, so ist es nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Norm ungeachtet eventueller Zweifel und Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit anzuwenden (s. dazu Maunz, in Maunz-Dürig, Komm. z. GG, Art. 100 Rz. 35).
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt zur Überzeugung des Senats nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. u. a. BVerfGE 100, 59 m.w.N.).
Die der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegende Stichtagsregelung des § 24 Abs. 2 BErzGG in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung ist unter diesem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist es dem Gesetzgeber durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die verfassungsrechtliche Prüfung beschränkt sich dann darauf, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt und die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat; die gefundene Lösung muss sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lassen und darf nicht als willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG erscheinen.
Hiernach ist § 24 Abs. 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung im Hinblick auf die Anknüpfung des ab 01. Januar 2004 geltenden gesetzlichen Leistungsrechts an den Tag der Geburt eines Kindes sachlich vertretbar. Der Tag der Geburt fällt in aller Regel mit dem Beginn der Lebens- und Erziehungsfähigkeit eines Kindes zusammen und stellt ein objektives Kriterium dar, dessen Anwendung generell die Betroffenen gleichbehandelt, mag es auch im Einzelfall ausnahmsweise einmal zu einer Benachteiligung der Betroffenen führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1987, 1 BvR 1233/87, in SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.). Auch die konkrete Wahl des Stichtages (01. Januar 2004) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn der Gesetzgeber hat diesen für die erforderliche Haushaltskonsolidierung aus sachlichen Gründen gewählt (BSG Urteil vom 13. Oktober 2005 -B 10 EG 4/05 R- in SozR 4-7833 § 6 Nr. 3).
Mit der angegriffenen ab dem 1. Januar 2004 geltenden Regelung zu den Einkommensgrenzen des § 5 Abs. 3 BErzGG hat der Gesetzgeber auch Art. 6 Abs. 1 GG nicht verletzt. Danach hat der Staat zwar die Pflicht, Ehe und Familie nicht nur vor Beeinträchtigungen zu schützen, sondern auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern, insbesondere den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Familien zu gewährleisten. Dabei kann er aber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will. Insbesondere ist er nicht verpflichtet, jegliche die Familie treffende finanzielle Belastung auszugleichen. Regelmäßig erwachsen daher aus Art 6 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen; auch darf eine unterschiedliche Förderungsbedürftigkeit berücksichtigt werden (vgl. BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3 jeweils m.w.N.). Dem Gesetzgeber stand es hiernach unter dem Blickwinkel des Art. 6 GG nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung als ihn überzeugend anschließt, zur Verwirklichung eines Sparzieles (Haushaltskonsolidierung) frei, das Erziehungsgeld ggf. sogar ganz zu streichen oder im Wege einer schonenderen Lösung lediglich Kürzungen des Erziehungsgeldes vorzunehmen. Die Differenzierung zwischen anrechnungsfreiem niedrigerem Einkommen und anrechenbarem höherem Einkommen ist vergleichsweise das mildere Mittel gegenüber einer generellen Absenkung oder gar vollständigen Streichung des Erziehungsgeldes. Die 1985 getroffene grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers zur Einführung eines Erziehungsgeldes ist nämlich verfassungsrechtlich nicht geboten gewesen, sondern Ausdruck seiner im Bereich gewährender Sozialleistungen, vor allem bei fehlendem Bezug zu Einkommensrechten, besonders weiten Gestaltungsfreiheit. Daraus folgt, dass der Staat verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, das Erziehungsgeld - oder eine vergleichbare Sozialleistung - auf alle Zeiten beizubehalten (BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3 jeweils m.w.N.).
Der Gesetzgeber ging im Hinblick auf die Neuregelungen in § 5 Abs. 3 BErzGG zum 1. Januar 2004 von einer Herabsetzung der Einkommensgrenze "in vertretbarem Umfang" und im Übrigen auch davon aus, dass die bisherige - bis zum 31. Dezember 2003 geltende - Einkommensgrenze in den ersten sechs Lebensmonaten für den Regelbetrag so hoch (51 130 Euro/38 350 Euro) gewesen sei, dass auch gut verdienende Eltern Erziehungsgeld erhielten, was nicht der sozialen Zweckbestimmung des Erziehungsgeldes entsprochen habe (vgl. BT-Drucks. 15/1502 S. 35 zu § 5 Abs. 3).
Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzungen der ab 01. Januar 2004 geltenden Neuregelungen liegt es auf der Hand, dass auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 4 GG, nach dem jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, nicht vorliegt. Das Schutzgebot aus Art. 6 Abs. 4 GG hat u. a. das Ziel und die Tendenz, den Gesetzgeber zu verpflichten, wirtschaftliche Belastungen, die im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft stehen, auszugleichen. Insoweit schützt Art. 6 Abs. 4 GG die Mutter in vergleichbarer Weise wie Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie. Das gilt auch für das Gebiet der Sozialversicherung. Indessen bedeutet das nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung oder Härte auszugleichen (vgl. BVerfGE 60,74; 88, 259; BVerfG SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.).
Auch aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG lässt sich das Begehren der Klägerin auf höheres Erziehungsgeld nicht begründen. Dem Sozialstaatsgebot lässt sich lediglich die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen. Dieser Verfassungsauftrag lässt keinen Schluss auf eine konkrete gesetzliche Regelung in einzelnen Rechtsgebieten oder Teilsystemen zu, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist. Insoweit besteht vielmehr Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Im Übrigen darf das Sozialstaatsgebot nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG nicht dahin ausgelegt werden, dass hierdurch jede Einzelregelung modifiziert werden müsste, deren Anwendung sich im konkreten Fall nachteilig oder als Härte auswirken kann (BVerfG SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.). Eine "unechte" Rückwirkung ist bereits dann zulässig, wenn der Gesetzgeber - wie hier - aus sachlichen Gründen bei Leistungen der gewährenden Staatstätigkeit, denen keine vorherigen eigenen finanziellen Beiträge des Bürgers zu Grunde liegen, Änderungen vornimmt, insbesondere um das überragend wichtige Ziel der Haushaltskonsolidierung zu erreichen (vgl. BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3). Beim Erziehungsgeld geht es zudem nicht um die vom Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG erfassten "Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger", sondern um eine zusätzliche Sozialleistung zur Verhaltenssteuerung im Sinne der Entscheidung für das Kind (BSG SozR 4-7833 § 6 Nr. 3 jeweils m.w.N.), sodass auch die Ausführungen der Klägerin zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum je Kind in deren Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 im Hinblick auf Art. 20 Abs. 1 GG einen Anspruch auf höheres Erziehungsgeld nicht begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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