Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 156 AS 8278/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 AS 813/08 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf Antrag des Beschwerdeführers wird die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2008 - Az.: S 156 AS 8278/08 ER- bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Beschwerdeinstanz ausgesetzt (§ 199 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Kosten für das Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Gründe:
Der Antrag des Beschwerdeführers, die Vollziehung des Beschlusses auszusetzen, der nach Nichtabhilfe der Sache als Antrag gemäß § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verstehen ist, ist zulässig und begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts hat einen vollstreckungsfähigen Inhalt und die Beschwerde des Antragsgegners hat keine aufschiebende Wirkung. Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, so kann der Vorsitzende des Gerichtes, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen (§ 199 Abs. 2 Satz 1 SGG). Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichtes (Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 8. Auflage, § 199 Rdnr. 8). Es findet eine Interessenabwägung statt. Zu berücksichtigen ist einerseits das Interesse der Beschwerdegegner an der Vollziehung, andererseits das Interesse des Beschwerdeführers daran, dass nicht vor Klärung der Rechtslage geleistet wird. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes sind zu berücksichtigen (LSG Niedersachsen, Breithaupt 1960, Seite 87). Vorliegend ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass hier die Erstattung von Leistungen des Beschwerdeführers an die Beschwerdegegner in Rede steht, die er in Ausführung eines später ggf. aufgehobenen Beschlusses erbracht hat (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16. Dezember 2004, L 18 SB 132/04 ER, SGb 2005, 285). Einstweiliger Rechtsschutz nach § 199 Abs. 2 SGG kommt auch bei Würdigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen zum Rechtsschutz im Eilverfahren nach dem SGB II (NVwZ 2005, 927) in den Fällen in Betracht, in denen die einem Beschwerdegegner in der erstinstanzlichen Entscheidung zugesprochene Leistung im Rechtsbehelfsverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Bestand haben wird (a.A. wohl Bayerisches Landessozialgericht, Breithaupt 2006, 418-419). Nach den vorgenannten Grundsätzen ist die Aussetzung der Vollstreckung hier anzuordnen, da der Beschluss des Sozialgerichts voraussichtlich keinen Bestand wird haben können. Die Beschwerdegegner dürften nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Auslegung des besonderen Härtefalls nach § 7 Abs. 5 SGB II (Beschluss vom 21. Januar 2008, L 20 B 1947/07 AS ER) keinen Anspruch auf eine darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II haben, weil kein besonderer Härtefall vorliegen dürfte und dem Beschwerdeführer daher kein Ermessen eingeräumt ist. Ob ein besonderer Härtefall gegeben ist und ein Ermessen des Leistungsträgers überhaupt eröffnet ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Ein besonderer Härtefall liegt nach der zu § 26 Satz 2 BSHG ergangenen Rechtsprechung des BVerwG, die wegen derselben Zielrichtung der Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II übertragbar ist, nur dann vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses der Vorschrift über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für eine Ausbildung verbunden ist, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen (BVerwGE 94, 224). Konsequenz des Leistungsausschlusses für Ausbildungen kann regelmäßig sein, dass die Ausbildung ggf. nicht begonnen oder gar abgebrochen werden muss, so dass diese mögliche Folge allein mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck nicht bereits die Annahme eines besonderen Härtefalls im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zu begründen vermag, auch wenn ein Abbruch der Ausbildung "hart" erscheint und von den Beschwerdegegnerin zu 1. gerade auch unter Berücksichtigung der von ihr bisher zur Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschlusses zur Führung eines von staatlichen Hilfeleistungen unabhängigen Lebens geleisteten Anstrengungen nicht anzustreben ist.
Eine mit den "eine besondere Härte" begründenden Sachverhaltskonstellationen (vgl. hierzu: Spellbrink in: SGB II, Kommentar, 2. Auflage, § 7 Rn. 100 ff.; Brühl/Schoch in: LPK-SGB II, Kommentar, § 7 Rn. 102, jeweils mit Nachw. aus der Rechtspr.) vergleichbare Situation der Beschwerdegegner dürfte jedoch nicht vorliegen. Durch die Nichtgewährung von Leistungen nach dem SGB II entfällt vorliegend nicht eine - zuvor gesicherte - finanzielle Grundlage für die Ausbildung. Zwar dürfte die Beschwerdegegnerin zu 1. bereits den wesentlichen Teil der Ausbildung absolviert haben (16 Semester Studiendauer bei einer Förderungshöchstdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von 9 Semestern), jedoch ist ein bevorstehender Abschluss, der an unverschuldeter Mittellosigkeit zu scheitern droht, nicht erkennbar, weshalb auch unter diesen Gesichtspunkten die Annahme einer "besonderen Härte" nicht in Betracht kommen dürfte. Nach der Auskunft der H-U zu B vom 07. Februar 2008 brauchte die Beschwerdegegnerin zu 1. selbst zu diesem Zeitpunkt noch drei Monate um sich überhaupt zur Abschlussprüfung anmelden zu können, für die dann ein weiteres Jahr einzuplanen war.
Kosten für das Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Gründe:
Der Antrag des Beschwerdeführers, die Vollziehung des Beschlusses auszusetzen, der nach Nichtabhilfe der Sache als Antrag gemäß § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verstehen ist, ist zulässig und begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts hat einen vollstreckungsfähigen Inhalt und die Beschwerde des Antragsgegners hat keine aufschiebende Wirkung. Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, so kann der Vorsitzende des Gerichtes, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen (§ 199 Abs. 2 Satz 1 SGG). Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichtes (Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 8. Auflage, § 199 Rdnr. 8). Es findet eine Interessenabwägung statt. Zu berücksichtigen ist einerseits das Interesse der Beschwerdegegner an der Vollziehung, andererseits das Interesse des Beschwerdeführers daran, dass nicht vor Klärung der Rechtslage geleistet wird. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes sind zu berücksichtigen (LSG Niedersachsen, Breithaupt 1960, Seite 87). Vorliegend ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass hier die Erstattung von Leistungen des Beschwerdeführers an die Beschwerdegegner in Rede steht, die er in Ausführung eines später ggf. aufgehobenen Beschlusses erbracht hat (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16. Dezember 2004, L 18 SB 132/04 ER, SGb 2005, 285). Einstweiliger Rechtsschutz nach § 199 Abs. 2 SGG kommt auch bei Würdigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen zum Rechtsschutz im Eilverfahren nach dem SGB II (NVwZ 2005, 927) in den Fällen in Betracht, in denen die einem Beschwerdegegner in der erstinstanzlichen Entscheidung zugesprochene Leistung im Rechtsbehelfsverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Bestand haben wird (a.A. wohl Bayerisches Landessozialgericht, Breithaupt 2006, 418-419). Nach den vorgenannten Grundsätzen ist die Aussetzung der Vollstreckung hier anzuordnen, da der Beschluss des Sozialgerichts voraussichtlich keinen Bestand wird haben können. Die Beschwerdegegner dürften nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Auslegung des besonderen Härtefalls nach § 7 Abs. 5 SGB II (Beschluss vom 21. Januar 2008, L 20 B 1947/07 AS ER) keinen Anspruch auf eine darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II haben, weil kein besonderer Härtefall vorliegen dürfte und dem Beschwerdeführer daher kein Ermessen eingeräumt ist. Ob ein besonderer Härtefall gegeben ist und ein Ermessen des Leistungsträgers überhaupt eröffnet ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Ein besonderer Härtefall liegt nach der zu § 26 Satz 2 BSHG ergangenen Rechtsprechung des BVerwG, die wegen derselben Zielrichtung der Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II übertragbar ist, nur dann vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses der Vorschrift über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für eine Ausbildung verbunden ist, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen (BVerwGE 94, 224). Konsequenz des Leistungsausschlusses für Ausbildungen kann regelmäßig sein, dass die Ausbildung ggf. nicht begonnen oder gar abgebrochen werden muss, so dass diese mögliche Folge allein mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck nicht bereits die Annahme eines besonderen Härtefalls im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zu begründen vermag, auch wenn ein Abbruch der Ausbildung "hart" erscheint und von den Beschwerdegegnerin zu 1. gerade auch unter Berücksichtigung der von ihr bisher zur Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschlusses zur Führung eines von staatlichen Hilfeleistungen unabhängigen Lebens geleisteten Anstrengungen nicht anzustreben ist.
Eine mit den "eine besondere Härte" begründenden Sachverhaltskonstellationen (vgl. hierzu: Spellbrink in: SGB II, Kommentar, 2. Auflage, § 7 Rn. 100 ff.; Brühl/Schoch in: LPK-SGB II, Kommentar, § 7 Rn. 102, jeweils mit Nachw. aus der Rechtspr.) vergleichbare Situation der Beschwerdegegner dürfte jedoch nicht vorliegen. Durch die Nichtgewährung von Leistungen nach dem SGB II entfällt vorliegend nicht eine - zuvor gesicherte - finanzielle Grundlage für die Ausbildung. Zwar dürfte die Beschwerdegegnerin zu 1. bereits den wesentlichen Teil der Ausbildung absolviert haben (16 Semester Studiendauer bei einer Förderungshöchstdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von 9 Semestern), jedoch ist ein bevorstehender Abschluss, der an unverschuldeter Mittellosigkeit zu scheitern droht, nicht erkennbar, weshalb auch unter diesen Gesichtspunkten die Annahme einer "besonderen Härte" nicht in Betracht kommen dürfte. Nach der Auskunft der H-U zu B vom 07. Februar 2008 brauchte die Beschwerdegegnerin zu 1. selbst zu diesem Zeitpunkt noch drei Monate um sich überhaupt zur Abschlussprüfung anmelden zu können, für die dann ein weiteres Jahr einzuplanen war.
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