L 17 RA 112/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 4395/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 112/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die (erneute) Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen sowie die Gewährung einer höheren Regelaltersrente.

Die 1935 in W geborene jüdische Klägerin wanderte im September 1936 mit ihren Eltern (beide Apotheker in W) nach P aus. Sie erhielt 1967 für ihren Schaden in der Ausbildung eine Kapitalentschädigung in Höhe 5.238 DM nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) in der Fassung vom 14. September 1965 (BGBl. I S. 1315 - BEG-Schlussgesetz). Die Klägerin ist israelische Staatsangehörige und hat ihre Kinder S (geb. 1960), T (geb. 1961) und E (geb.1971) in I erzogen. Sie und ihre Kinder haben mit Aushändigung der am 9. Oktober 1975 ausgestellten Einbürgerungsurkunden die deutsche Staatsangehörigkeit - wieder - erworben.

Mit Bescheid vom 22. Juni 1976 ließ die Beklagte die Klägerin antragsgemäß zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur Angestelltenversicherung und Teilzahlung nach Artikel 2 § 49 a Abs. 3 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) für die Jahre 1956 bis 1972 (204 Beiträge, Klasse 400 zu 72 DM, zusammen 14.668 DM) zu und wies im Bescheid darauf hin, dass die Nachentrichtung spätestens innerhalb von fünf Jahren nach Zustellung des Bescheides abgeschlossen sein muss und es dem Versicherten überlassen bleibt, wie die Teilzahlung gestaltet wird. Der Bescheid wurde dem damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 25. Juni 1976 zugestellt. Eine Einzahlung von Beiträgen erfolgte nicht. Einen Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10 a des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Mai 1982 ab. Im Jahr 1988 nahm die Klägerin die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung auf und zahlte insgesamt 23.125 DM für freiwillige Beiträge ein.

Mit Bescheid vom 22. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente ab 1. Dezember 2000 nach einem monatlichen Zahlbetrag von 136,29 DM aus Ersatzzeiten vom 10. November 1949 bis 31. Dezember 1949 (NS-Verfolgung), Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (teilweise ohne Anrechnung) sowie freiwilligen Beiträgen vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1999. Die Klägerin habe aufgrund der deutschen und israelischen Staatsangehörigkeit aus sämtlichen berücksichtigungsfähigen deutschen Zeiten die zuerkannte Rente in voller Höhe erhalten. Dagegen hat die Klägerin am 1. Juli 2002 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin Klage erhoben mit der Begründung, dass sie 23.125 DM freiwillig eingezahlt habe und nur 136 DM als monatliche Rente erhalte. Am Ende werde sie nicht einmal den Wert ihrer Einzahlung erhalten. Hätte die Beklagte sie darauf aufmerksam gemacht, hätte sie natürlich nicht all die Jahre ab 1988 freiwillig gezahlt. Die Zeit ihrer Verfolgung durch den Nationalsozialismus sei in Rechnung zu nehmen. Sie sei 1976 bereit gewesen, die Summe von 14.688 DM aus dem Bescheid vom 22. Juni 1976 nachzuentrichten. Sie habe damals eine Erlaubnis des israelischen Finanzministeriums gebraucht, um eine Zahlung nach Deutschland durchzuführen. Diese Erlaubnis sei ihr verweigert worden. Sie mache nicht länger Ersatzzeiten vor dem 14. Lebensjahr und die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten geltend. Die Klägerin hat ihre Erklärung vom 21. September 1976 über eine Zuteilung von Devisen für die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Deutschland, eine Mittelung ihres damaligen Bevollmächtigten über die Angemessenheit einer Zahlung in Höhe von DM 4.320 auf die Gesamtsumme in Höhe von DM 14.688 vom 19. Oktober 1976 sowie die Antwort des Finanzministeriums des Staates Israel vom 26. Oktober 1976 im Original vorgelegt. Das SG hat die Schreiben übersetzen lassen. Mit Bescheid vom 4. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 hat die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 11. Mai 2003 auf erneute Zulassung zur Nachentrichtung nach Art. 2 § 49 a Abs. 2 AnVNG bzw. die Verlängerung der mit Bescheid vom 22. Juni 1976 eingeräumten Zahlungsfrist von höchstens fünf Jahren abgelehnt mit der Begründung, dass die Zahlungsfrist eine Ausschlussfrist sei. Mit Fristablauf sei die Nachentrichtungsberechtigung erloschen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch (SHA) sei nicht gegeben, da das Verhalten der Beklagten rechtmäßig gewesen sei und ihr das Handeln einer ausländischen Behörde nicht zugerechnet werden könne. Eine erneute Antragstellung sei nicht möglich, da die Antragsfrist bereits am 31. Dezember 1975 abgelaufen sei. Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 3. November 2003 im anhängigen Verfahren Klage erhoben.

Das SG hat ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 19. Oktober 2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Im Verfahren sei nur noch streitig, ob die Klägerin entweder erneut zur Nachentrichtung nach Art. 2 § 49 a Abs. 2 AnVNG zugelassen werden oder aber ihr die Verlängerung der versäumten Nachentrichtungsfrist aus dem Bescheid vom 22. Juni 1976 gestattet werden könne. Über diese Fragen habe die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 entschieden. Die Klägerin habe fristgerecht hiergegen Klage erhoben. Eine wirksame Klageänderung, der beide Seiten zugestimmt haben, liege vor. Sollte die Klägerin daneben noch ihr ursprüngliches Anliegen verfolgen, sie hätte bei sachgerechter Beratung über die zu erwartende Rente ab 1988 keine freiwilligen Beiträge gezahlt, sei dieses unbegründet. Die Beiträge könnten der Klägerin nicht erstattet werden, da sie wirksam gezahlt seien. Auch eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten sei nicht ersichtlich, weil die Klägerin seinerzeit bei der Beklagten nicht nachgefragt habe, wie hoch eine zu erwartende Rente sein würde. Ein Beratungsmangel aus der von ihr vorgelegten Broschüre (zur Entrichtung von freiwilligen Beiträgen) sei nicht zu erkennen. Auch nach der Klageänderung bleibe die Klage unbegründet, denn der Bescheid vom 4. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 sei rechtmäßig. Die erneute Zulassung zur Nachentrichtung sei unzulässig, weil die Antragsfrist im Dezember 1975 abgelaufen sei. Die Antragsfrist könne nicht verlängert werden. Es handele sich um eine Ausschlussfrist. Eine Hemmung der Beitragsentrichtungsfrist in entsprechender Anwendung des § 203 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestehe nicht. Vom Bundessozialgericht (BSG) sei in der Entscheidung vom 1. Februar 2001 (B 13 RJ 1/00 R) offen gelassen worden, ob eine Analogie überhaupt möglich sei. Selbst wenn dies der Fall sei, würden die Voraussetzungen der Hemmung nicht vorliegen. Denn es habe keine Verhinderung durch höhere Gewalt vorgelegen. Auch habe das israelische Finanzministerium den Antrag nur aufgrund der vorgelegten Unterlagen/Daten nicht bewilligt; der Antrag habe von der Klägerin erneut eingereicht werden sollen. Dies sei offensichtlich nicht erfolgt. Weiterhin hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, die israelischen Devisenvorschriften zu umgehen (Finanzierung der Nachentrichtung durch eine Bank). Auch sei eine Wiedereinsetzung in die versäumte Nachentrichtungsfrist nicht zu gewähren. Zu denken wäre an die Vorschriften § 197 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) oder § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Es sei jedoch eine Wiedereinsetzung nicht mehr möglich, weil (weit) mehr als ein Jahr seit Fristende verstrichen sei. Der SHA führe nicht zu dem von der Klägerin gewünschten Erfolg. Insoweit sei schon fraglich, ob dieses Rechtsinstitut überhaupt neben den besonderen Nachentrichtungsregelungen in Betracht kommen könne. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen nicht vor, denn es fehle an einer der Beklagten zuzurechnenden Pflichtverletzung durch einen Verwaltungsträger. Schon fraglich sei, ob das israelische Finanzministerium überhaupt seine Pflichten verletzt habe. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne die Pflichtverletzung nicht der Beklagten als deutschem Versicherungsträger zugerechnet werden. Weder sei das israelische Finanzministerium arbeitsteilig im Sinne einer Funktionseinheit mit der Ratenzahlung betraut gewesen noch sei eine Pflichtverletzung durch die Beklagte ersichtlich, die das israelische Finanzministerium zu einer Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin hätte veranlassen können. Solange die Nachentrichtung noch möglich war, habe die Klägerin der Beklagten nicht mitgeteilt, warum sie die Nachentrichtung nicht durchführe. Somit habe die Beklagte die Klägerin auch nicht beraten können.

Gegen das am 27. Oktober 2004 zur Post gegebene Urteil richtet sich die am 22. November 2004 eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung führt sie aus: Ihr Antrag auf Nachentrichtung sei aufgrund der Daten - nicht der Unterlagen - vom israelischen Finanzministerium abgelehnt worden. Es sei ihr mündlich erklärt worden, dass keine weiteren Unterlagen bestehen könnten, welche die Entscheidung ändern könnten. Für die erste Überweisung von 4.360 DM habe sie eine Frist von sechs Monaten gehabt. Die Devisenvorschriften konnte und wollte sie nicht umgehen. Sie sei NS-Verfolgte und können nicht verstehen, wieso Viele in Israel, die niemals verfolgt gewesen seien, aufgrund von Summen, die ähnlich ihrer Einzahlungssumme seien, erheblich höhere Altersrenten erhielten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2004 aufzuheben

sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 zu verpflichten, sie, die Klägerin, zur Nachentrichtung von Beiträgen gemäß dem Bescheid vom 22. Juni 1976 zuzulassen

und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 22. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2002 zu verurteilen, ihr eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung der nachzuentrichtenden Beiträge zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihren bisherigen Vortrag.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Gerichts- und Verwaltungsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist rechtmäßig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf (erneute) Zulassung zur Nachentrichtung aus dem Bescheid vom 22. Juni 1976 und die Gewährung einer höheren Regelaltersrente.

Der Bescheid vom 4. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2003 über die Ablehnung der (erneuten) Zulassung zur Nachentrichtung nach Art. 2 § 49a Abs. 2 AnVNG bzw. die Verlängerung der mit Bescheid vom 22. Juni 1976 eingeräumten Zahlungsfrist ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahren geworden. Denn der ursprünglich angefochtene Rentenbescheid vom 22. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2002 verlautbart allein Art, Beginn und Höhe der gewährten Rente. Die Klägerin hat mit der am 3. November 2003 bei dem SG eingegangen Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2003 jedoch innerhalb der Frist des § 87 SGG ihre ursprüngliche Klage in nach § 99 Abs. 1 und 2 SGG zulässiger Weise geändert (erweitert). Die Beklagte hat der Klageänderung mit Schriftsatz vom 26. November 2003 ausdrücklich zugestimmt.

Der Bescheid vom 4. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.Oktober 2003 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (erneute) Zulassung zur Nachentrichtung nach Art. 2 § 49a Abs. 2 AnVNG. Die damalige Entscheidung vom 22. Juni 1976, mit der die Klägerin zur Nachentrichtung zugelassen worden ist, war nicht rechtswidrig. Bereits deshalb könnte der Bescheid vom 22. Juni 1976 auch nicht im Wege eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X korrigiert werden. Als deutsche Staatsangehörige war die Klägerin zur freiwilligen Versicherung nach § 10 Angestelltenversicherungsgesetz berechtigt (siehe Art. 2 § 49a Abs. 2 Satz 1 AnVNG). Die Antragsfrist nach Art. 2 § 49a Abs. 3 Satz 1 AnVNG war jedoch am 31. Dezember 1975 abgelaufen. Nachdem die Beklagte dem Antrag vom 24. Oktober 1975 (Bl. 1 Verwaltungsakte) stattgegeben hatte und der Bescheid vom 22. Juni 1976 in Bindung erwachsen war, war das aufgrund dieses Antrags begonnene Verwaltungsverfahren abgeschlossen. Aus dem Antrag vom 22. Juni 1976 können danach keine Rechte mehr hergeleitet werden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 1995, 12 RK 65/94 = SozR 3-5750 Art. 2 § 51a Nr. 9). Nachdem die Klägerin von ihrem Nachentrichtungsrecht innerhalb der ihr gesetzten Frist keinen Gebrauch gemacht hatte, hatte sich dieser begünstigende Verwaltungsakt durch Zeitablauf im Sinne des § 39 SGB X erledigt.

Schon deshalb kann die mit Bescheid vom 22. Juni 1976 eingeräumte Zahlungsfrist von höchstens fünf Jahren (siehe Art. 2 § 49a Abs. 3 Satz 3 AnVNG) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlängert werden. Der gesetzlich zulässige Zeitraum für (Teil)Zahlungen (maximal fünf Jahre) wurde im Bescheid vollständig - zu Gunsten der Klägerin - ausgeschöpft. Es bedarf keiner Beurteilung, ob die Zahlungsfrist eine Ausschlussfrist ist (dies bejahend BSG, Urteil vom 27. September 1983 - 12 RK 7/82 - SozR 5750 Art. 2 § 51a Nr. 55). Denn die Frist war bereits abgelaufen und kann auch nicht rückwirkend verlängert werden. Der Lauf der Frist war weder gehemmt noch ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich. Der Senat folgt insoweit den Gründen des angefochtenen Urteils vom 19. Oktober 2004 (Seite 7 erster bis letzter Absatz) und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Auch hatte die Klägerin keinen Antrag auf Verlängerung der Zahlungsfrist gestellt. Ein entsprechender Antrag hätte nach dem entsprechend anzuwendenden § 27 Abs. 3 SGB X innerhalb eines Jahres gestellt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 1995, 12 RK 65/94, aaO).

Die - erneute - Berechtigung der Klägerin zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen kann auch nicht aus anderen gesetzlichen Grundlagen folgen, die Art. 2 § 49a Abs. 2 AnVNG in Bezug nehmen (insb. Art. 12 der Durchführungsvereinbarung vom 20. November 1978 [BGBl II 1980 S 575] zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit vom 17. Dezember 1973 - DISVA). Denn die Vorschrift des Art. 2 § 49a AnVNG ist zum Ablauf des 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten. Die zum 1. Januar 1992 in Kraft getretene Härtefallregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI - die die Zulassung zur nachträglichen Entrichtung von Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen regelt - ist für Zeiträume vor Inkrafttreten der Norm nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2001, B 13 RJ 73/99 = SozR 3-2600 § 197 Nr. 4).

Die Berechtigung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen aus dem Bescheid vom 22. Juni 1976 folgt auch nicht aus einem SHA. Dieses richterrechtlich aus den sozialen Rechten entwickelte verschuldensunabhängige "sekundäre Recht" knüpft u.a. an die Verletzung "behördlicher" Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten im Sozialversicherungsverhältnis an. Der 4. Senat des BSG hat unter Hinweis auf frühere Entscheidungen zu den Voraussetzungen dieses Herstellungsrechts ausgeführt (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, B 4 RA 13/03 = SozR 4-1200 § 46 Nr. 1): (1) Es müsse eine sich aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis ergebende Pflicht des Sozialleistungsträgers oder eines anderen Organs oder Leistungsträgers (sofern dieser mit der Erfüllung der Pflicht für den Sozialleistungsträger beauftragt gewesen ist) bestehen, diese Pflicht müsse (2) dem Sozialleistungsträger gerade dem Versicherten gegenüber obliegen und (3) objektiv rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt worden sein, ferner (4) müsse die Pflichtverletzung zumindest gleichwertig einen dem Sozialleistungsträger zurechenbaren sozialrechtlichen Nachteil verursacht haben. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist grundsätzlich und soweit notwendig sowie rechtlich und tatsächlich möglich der Zustand wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre und der Sozialleistungsträger sich rechtmäßig verhalten hätte. Unabhängig davon, ob die Frist für die (Teil)Zahlung nach Art. 2 § 49a Abs. 3 AnVNG überhaupt im Wege des SHA durchbrochen werden kann (vgl. KassKomm-Peters, § 197 SGB VI Rn. 3a), fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Nach Erlass des Bescheides vom 22. Juni 1976 hatte die Klägerin im Jahre 1976 nur noch fehlende Unterlagen übersandt und dann erstmals wieder im Jahre 1982 mit der Beklagten korrespondiert (Eingang des Antrags auf Nachentrichtung nach § 10 a WGSVG am 5. Januar 1982). Es bestand somit keine Pflicht für die Beklagte, hinsichtlich der Aufbringung der Nachzahlungsbeträge beratend tätig zu werden. Jegliches Verhalten des Finanzministeriums des Staates Israel im Zusammenhang mit dem Antrag der Klägerin auf Zuteilung von Devisen zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen muss sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Das israelische Finanzministerium als Behörde eines ausländischen Staates war nicht arbeitsteilig im Sinne einer Funktionseinheit mit der Beklagten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 10. Oktober 2000, B 2 U 10/02 R, veröffentlicht in juris, unter Bezugnahme auf BSGE 71, 217, 218 ff) mit der Ratenzahlung betraut und hatte auch nicht Aufgaben der Aufklärung oder Beratung für die Beklagte übernommen. Daher bedarf es keiner Beurteilung, ob überhaupt eine Pflichtverletzung durch das israelische Finanzministerium vorgelegen hat. Lediglich ergänzend weist der Senat - wie auch das SG - darauf hin, dass nach der Mitteilung vom 26. Oktober 1976 der Antrag auf Zuteilung von Devisen nicht endgültig abgelehnt worden war. Vielmehr wurde die Klägerin gebeten, den Antrag erneut unter Beifügung der Unterlagen und den erbetenen Ergänzungen einzureichen. Ob die Klägerin seinerzeit ohne Ausfuhrgenehmigung die Beiträge in anderer und rechtlich zulässiger Weise hätte aufbringen können (z.B. Finanzierung durch eine ausländische Bank - siehe Schriftsatz der Beklagten vom 3. April 2002), bedarf keiner Beurteilung.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Regelaltersrente nach § 35 SGB VI. Der angefochtene Rentenbescheid vom 22. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Hinsichtlich der Ersatz- und Kindererziehungszeiten hat die Klägerin ihr Begehren bereits im Klageverfahren nicht mehr aufrechterhalten. Denn gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI sind Ersatzzeiten vor Vollendung des 14. Lebensjahres der Klägerin (10. November 1949) bzw. nach dem 31. Dezember 1949 nicht zu berücksichtigen. Für die nach dem 31. Dezember 1949 in Israel geborenen und erzogenen Kinder der Klägerin können Kindererziehungszeiten (§§ 249, 56 SGB VI) bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die Erziehung der Kinder im Ausland vor dem 1. Januar 1986 und außerhalb der sogn. "Vertreibungsgebiete" erfolgte. Eine Gleichstellung der Erziehung in Israel mit der Erziehung im Inland (Bundesrepublik Deutschland) ergibt sich auch nicht aus dem DISVA (vgl. BSG, Urteil vom 15. November 1988, 4/11a RA 58/87, veröffentlicht in juris). Aus den von der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1999 entrichteten freiwilligen Beiträgen (insgesamt 23.125 DM) hat die Beklagte entsprechend den Regelungen der §§ 70 ff SGB VI Entgeltpunkte für Beitragszeiten ermittelt. Die von der Klägerin erwähnte deutlich höhere Rentabilität dürfte nur für Beiträge bestehen, die aufgrund von Sondernachentrichtungsmöglichkeiten (z.B. nach dem WGSVG) gezahlt wurden. Die Klägerin hatte ab 1988 jedoch nur "normale" freiwillige Beiträge entrichtet. Eine Erstattung zu Recht entrichteter Beiträge aufgrund nicht erfüllter Erwartungen in die Rentabilität ist nicht möglich. Das Gesetz sieht lediglich die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge vor (§§ 26 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch, 210 SGB VI). Zudem hat die Klägerin bereits eine Geldleistung aus den freiwilligen Beiträgen in Anspruch genommen (siehe § 210 Abs. 5 SGB VI). Auch kann die Klägerin die der Beitragsentrichtung zugrunde liegenden Willenserklärung nicht wegen Irrtums nach § 119 BGB anfechten (vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 23. Februar 2005, L 16 R 239/04, veröffentlicht in juris, mwN). Die Erstattung der Beiträge im Wege des SHA kommt - unbeschadet eines bislang hierzu fehlenden Verwaltungsaktes der Beklagten - nicht in Betracht. Denn es liegt keine Verletzung einer Beratungspflicht vor, weil für die Beklagte kein Beratungsersuchen der Klägerin hinsichtlich der Optimierung ihrer Rentenanwartschaft durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen zu erkennen war. Zwar hatte die Klägerin unter dem 9. September 1988 einen Antrag auf bargeldlose Beitragsentrichtung bei der Beklagten gestellt und 1996 um eine Rentenauskunft sowie um Informationen zur Zahlung des halben Regelbeitrages gebeten. Im Schreiben vom 9. August 1996 hatte die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine Rentenauskunft erst nach der vollständigen Klärung des Versicherungskontos erteilt werden könne. Selbst wenn aber ein Beratungsfehler bejaht würde, käme es dennoch nicht zu einer Beitragsrückgewähr, da eine Erstattung rechtmäßig entrichteter Beiträge im Wege eines SHA nicht möglich ist (vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 23. Februar 2005, aaO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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