Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 193/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 131/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. September 2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger den Beigeladenen zu 5) in der Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Juli 1996 versicherungspflichtig beschäftigt hat.
Der Kläger, der aus Kroatien kommt, betrieb in der Form des Einzelunternehmens die gewerbliche Unterbringung von Personen, insbesondere von Familien aus dem ehemaligen Jugoslawien. Für diesen Personenkreis mietete er hierfür einzelne Wohnungen in Miethäusern, insbesondere in Neukölln, an, die er den Unterzubringenden zur Verfügung stellte, wofür er Leistungen vom Land Berlin erhielt. Bei der von ihm betreuten Personengruppe handelte es sich häufig um Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, die ihren Lebensunterhalt aus Mitteln der Sozialhilfe bestritten. Sie waren im Umgang mit den deutschen Behörden unerfahren, bedurften der Hilfe beim Kontakt mit öffentlichen Stellen sowie bei Streitigkeiten mit den Vermietern der von ihnen bewohnten Räume (den Vertragspartnern des Klägers) und der Polizei. Hierfür bediente sich der Kläger u.a. der Hilfe des Beigeladenen zu 5), der eine Ausbildung zum Sozialpädagogen besitzt. Dieser unterstützte die vom Kläger untergebrachten Personen unter Zuhilfenahme privater Dolmetscher (z.T. Familienangehöriger) u.a. bei ihren Behördengängen, gegenüber den Vermietern und den Nachbarn der von ihnen bewohnten Wohnungen sowie bei Polizeieinsätzen, mit dem Ziel, sie zu einem eigenständigen, die eigene Situation reflektierenden Verhalten anzuleiten. Die hierfür erforderlichen Arbeiten leistete er überwiegend in den Wohnungen der Betreuten, auf den zu besuchenden Ämtern, z.T. auch im Büro des Klägers und seiner eigenen Wohnung.
Als Grundlage der Arbeit des Beigeladenen zu 5) für den Kläger schlossen diese Beteiligten am 1. Dezember 1994 eine als "Honorarvertrag" bezeichnete Vereinbarung, nach der der Beigeladenen zu 5) als freier Mitarbeiter vom 1. Dezember 1994 an die sozialpädagogische Betreuung der untergebrachten Personen übernehmen sollte. Die methodische Ausgestaltung der konkreten Betreuungsarbeit der untergebrachten Personen sollte dem Beigeladenen zu 5) obliegen, der neben dieser Aufgabe weitere geeignete Objekte für betreute Wohngruppen erkunden sollte. Hierfür erhielt der Beigeladene zu 5) ein monatliches Honorar von 1.900,00 DM, wobei die Vertragspartner monatlich 60 Stunden Arbeitszeit zu Grunde legten. Weiter wurde vereinbart, dass der Beigeladene zu 5) Steuern und anfallende Sozialabgaben selbst entrichten sollte. Nachdem sich die Betreuungsarbeit des Beigeladenen zu 5) auf Grund des von ihm verfolgten Frankeln`schen Ansatzes nicht verwirklichen ließ, schlossen der Kläger und der Beigeladene zu 5) unter dem 29. Juli 1996 für die Zeit ab dem 1. August 1996 einen "Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte" nach dem der Beigeladene zu 5) die sozialpädagogische Betreuung von Bewohnern übernehmen und hierfür bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden ein Entgelt von 1.350,00 monatlich brutto erhalten sollte. Dieses von den Beteiligten unstreitig als Beschäftigungsverhältnis eingestufte Arbeitsverhältnis kündigte der Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 1997 zum 28. Februar 1997.
Am 17. und am 26. Juli 2000 führte die Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen dieser Prüfung äußerte sich der Kläger auch zu den vom Beigeladenen zu 5) für ihn verrichteten Arbeiten: Der Beigeladene zu 5) sei kein Arbeitnehmer. Sein Status als freier Mitarbeiter ergebe sich aus dem Umstand, dass er keinen Weisungen unterworfen sei, da er – der Kläger – von der Arbeit des Beigeladenen zu 5) nach dem von diesem verfolgten logotherapeutischen und existenzanalytischen Ansatz nichts verstehe. Der Beigeladene zu 5) sei bis zum 31. Juli 1996 nicht in seinen Betrieb eingegliedert gewesen, weil er nicht in seinem Büro gearbeitet habe. Ein unternehmerisches Risiko des Beigeladenen zu 5) bei seiner Arbeit für ihn sei ebenfalls zu bejahen, weil dieser bei einem Erfolg seiner Arbeit seine Tätigkeit hätte ausdehnen sollen. Nachdem sich die vom Beigeladenen zu 5) avisierten Ziele nicht hätten realisieren lassen, sei das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis im Bereich der sozialpädagogischen Betreuung nach den allgemein üblichen methodischen Ansätzen fortgesetzt worden. Hierüber hinaus erklärte der Beigeladene zu 5): Die Bedingungen seiner Arbeit seien über den Vertragstext hinaus nicht näher geregelt gewesen, jedoch habe der allgemeine Rahmen festgestanden. Er habe dem Kläger gegenüber von Zeit zu Zeit mündlich berichtet und neben seiner Tätigkeit für diesen Vorträge an der Urania und anderen Institutionen gehalten.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2000, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 21. August 2002, stellte die Beklagte für die Arbeit des Beigeladenen zu 5) für den Kläger Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung fest und forderte hierfür Beiträge in Höhe von 15. 540, 29 DM für die streitige Zeit nach, weil der Beigeladene zu 5) im Betrieb des Klägers abhängig beschäftigt gewesen sei.
Die dagegen vom Kläger erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 8. September 2003 mit der Begründung abgewiesen, der Beigeladene zu 5) sei auch in der streitigen Zeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses vom Kläger beschäftigt worden. Denn er habe über einen langen Zeitraum ein vertraglich vorbestimmtes Festgehalt oberhalb des Existenzminimums für eine gleichbleibende, ausschließlich für den Kläger verrichtete Arbeit erhalten. Diese Arbeit habe er im Wesentlichen unverändert auch über den 31. Juli 1996 hinaus fortgesetzt, so dass eine unterschiedliche Bewertung in eine selbständige Tätigkeit vor dem 31. Juli 1996 und eine abhängige Beschäftigung ab 1. August 1996 nicht nachzuvollziehen sei.
Gegen diesen, ihm am 22. September 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. Oktober 2003 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, der Beigeladene zu 5) sei nicht abhängig im Sinne von § 7 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) beschäftigt gewesen: Die im Honorarvertrag vereinbarte Stundenzahl sei nicht verbindlich und der Beigeladene zu 5) hinsichtlich der Zeit, des Ortes sowie der Art und Weise seiner Arbeitserbringung den Weisungen des Klägers nicht unterworfen gewesen. Er habe auch kein vertraglich geschuldetes Festgehalt bezogen, wie sich schon aus der Tatsache ergebe, dass er im Falle urlaubsbedingter Abwesenheit kein Honorar erhalten habe. Außerdem habe er seine vertraglichen Verpflichtungen nicht persönlich erbringen müssen und sei in der methodischen Ausgestaltung seiner Arbeit völlig frei gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2002 insoweit aufzuheben, als darin eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen zu 5) für den Kläger in der Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Juli 1996 festgestellt und für diesen Zeitraum Sozialversicherungsbeiträge i. H. v. 15.540,29 DM nachgefordert werden. Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
1.) Der Senat hat über die Berufung gemäß § 136 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Besetzung durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entschieden, weil das Sozialgericht über die Klage durch Gerichtsbescheid entschieden und der Senat durch Beschluss vom 15. Mai 2008 die Berufung dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen hat.
2.) Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das sozialgerichtliche Urteil ist rechtsfehlerfrei, der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
a.) Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach sind die Träger der Rentenversicherung befugt, im Rahmen der ihnen nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 bis 4 SGB IV obliegenden Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern zu erlassen. Gemäß §§ 28 d Satz 1 und 2, 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hatte der Kläger für den gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches/ Fünftes Buch in der gesetzlichen Krankenversicherung, § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches/Sechstes Buch in der gesetzlichen Rentenversicherung, §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches/Drittes Buch in der Arbeitslosenversicherung und § 20 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches/Elftes Buch in der gesetzlichen Pflegeversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht unterliegenden entgeltlich beschäftigten Beigeladenen zu 5) als sein Arbeitgeber an die zuständige Einzugsstelle Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abzuführen. Denn er hat den Beigeladenen zu 5) während des hier streitigen Zeitraumes abhängig beschäftigt. Dieser kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht als selbständige und damit nicht versicherungspflichtige "Honorarkraft" angesehen werden. Unter einer Beschäftigung im Sinne der genannten Vorschrift ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen.
b.) Das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist typologisch unter Berücksichtigung aller Merkmale des Einzelfalls zu bestimmen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob der Dienstleistende im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann oder ob er hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeitsleistung dem Weisungsrecht des Auftraggebers unterliegt. Letzteres spricht für eine unselbständige Tätigkeit (vgl. BSG SozR 3-4100 § 4 AFG Nr. 1 mit weiteren Nachweisen). Der Arbeitnehmer übernimmt eine fremdgeplante, fremdnützige und von fremder Risikobereitschaft getragene Arbeit und ist in eine übergeordnete Arbeitsorganisation eingegliedert; er ist zur Erbringung seiner Dienste auf die Organisation und betrieblichen Mittel des Dienstberechtigten angewiesen. Die selbständige Tätigkeit andererseits wird durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitszeit und die im Wesentlichen freigestellte Tätigkeit und Arbeitsweise gekennzeichnet. Im Gegensatz zum Arbeitnehmer kommt dem Unternehmer das Ergebnis der Arbeit unmittelbar zugute. Für den Dienstleistenden ist die Tätigkeit demgegenüber fremdnützig und damit abhängig; dies begründet seine Schutzbedürftigkeit als Arbeitnehmer (Urteil des LSG Berlin, 15. Senat, vom 1. November 1995 - L 15 Kr 63/94 -). Maßgebend für die Bewertung ist insoweit eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Beachtung der Verkehrsanschauung; danach ist festzustellen, ob der Betreffende dem Typus des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, wobei nicht alle Kriterien vorliegen müssen und die vorhandenen unterschiedlich ausgeprägt sein können (BSG a.a.O.; SozR 2200 § 165 RVO Nr. 51).
c.) Nach dem Gesamtbild der von dem Beigeladenen zu 5) verrichteten Arbeiten sprechen die nachstehend aufgeführten, die Arbeit des Klägers prägenden und damit entscheidungserheblichen Tatsachen für das für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses:
- Die Betreuungsarbeiten mussten fast ausschließlich in den Wohnungen der Betreuten ausgeübt werden, - die zu erledigenden Aufgaben und der Zeitpunkt der Leistungserbringung waren über-wiegend durch die Bedürfnisse der Betreuten bestimmt und unterlagen damit nicht der freien Verfügung des Beigeladenen zu 5), - der Beigeladene zu 5) unterlag einer mündlichen Berichtspflicht und damit einer - wenn auch sehr lockeren - Überwachung seiner Arbeit durch den Kläger, - dem vom Kläger verfolgten sozialpädagogischen Ansatz kam im Hinblick auf die Hilfe bei der Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse der Betreuten eine nur untergeord-nete Bedeutung zu, weshalb der Beigeladene zu 5) mit diesem Ansatz auch scheiterte, - der Beigeladene zu 5) war neben unbedeutenden Vortragstätigkeiten nur für den Kläger tätig und deckte seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen aus dem ihm von diesem gewährten Entgelt, - die Berechnung des Entgeltes war auf der Grundlage einer Arbeitszeit von 60 Stunden monatlich kalkuliert und wurde dem Kläger grundsätzlich ohne Abrechnung einzelner Stunden pauschal gezahlt, - für den Kläger bestand deshalb im Hinblick auf die zu erbringenden Betreuungsleistun-gen kein unternehmerisches Risiko, er setzte kein eigenes Kapital ein, trat am Markt nicht werbend in Erscheinung und besaß keine eigenen Betriebsstätte, Erfolge seiner Arbeit kamen wirtschaftlich nur dem Kläger zu Gute, - die als selbständige Tätigkeit vereinbarte Leistungen des Klägers wurde vom 1. August 1996 an auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages erbracht, obwohl sich außer dem hier aus den bereits genannten Gründen rechtlich unbedeutenden sozialpädagogischen Ansatz bei den vom Kläger zu erbringenden Leistungen nichts geändert hatte.
d.) Hat der Beigeladene zu 5) danach in der streitigen Zeit seine Arbeit für den Kläger in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis verrichtet, war die Beklagte auch zur Nachforderung der streitigen Beiträge berechtigt, deren Höhe der Kläger nicht bestritten hat und an deren rechnerischer Richtigkeit auch sonst keine Bedenken bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwal- tungsgerichtsordnung und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil hierfür kein Grund nach § 160 Abs. 2 SGG vorlag.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger den Beigeladenen zu 5) in der Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Juli 1996 versicherungspflichtig beschäftigt hat.
Der Kläger, der aus Kroatien kommt, betrieb in der Form des Einzelunternehmens die gewerbliche Unterbringung von Personen, insbesondere von Familien aus dem ehemaligen Jugoslawien. Für diesen Personenkreis mietete er hierfür einzelne Wohnungen in Miethäusern, insbesondere in Neukölln, an, die er den Unterzubringenden zur Verfügung stellte, wofür er Leistungen vom Land Berlin erhielt. Bei der von ihm betreuten Personengruppe handelte es sich häufig um Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, die ihren Lebensunterhalt aus Mitteln der Sozialhilfe bestritten. Sie waren im Umgang mit den deutschen Behörden unerfahren, bedurften der Hilfe beim Kontakt mit öffentlichen Stellen sowie bei Streitigkeiten mit den Vermietern der von ihnen bewohnten Räume (den Vertragspartnern des Klägers) und der Polizei. Hierfür bediente sich der Kläger u.a. der Hilfe des Beigeladenen zu 5), der eine Ausbildung zum Sozialpädagogen besitzt. Dieser unterstützte die vom Kläger untergebrachten Personen unter Zuhilfenahme privater Dolmetscher (z.T. Familienangehöriger) u.a. bei ihren Behördengängen, gegenüber den Vermietern und den Nachbarn der von ihnen bewohnten Wohnungen sowie bei Polizeieinsätzen, mit dem Ziel, sie zu einem eigenständigen, die eigene Situation reflektierenden Verhalten anzuleiten. Die hierfür erforderlichen Arbeiten leistete er überwiegend in den Wohnungen der Betreuten, auf den zu besuchenden Ämtern, z.T. auch im Büro des Klägers und seiner eigenen Wohnung.
Als Grundlage der Arbeit des Beigeladenen zu 5) für den Kläger schlossen diese Beteiligten am 1. Dezember 1994 eine als "Honorarvertrag" bezeichnete Vereinbarung, nach der der Beigeladenen zu 5) als freier Mitarbeiter vom 1. Dezember 1994 an die sozialpädagogische Betreuung der untergebrachten Personen übernehmen sollte. Die methodische Ausgestaltung der konkreten Betreuungsarbeit der untergebrachten Personen sollte dem Beigeladenen zu 5) obliegen, der neben dieser Aufgabe weitere geeignete Objekte für betreute Wohngruppen erkunden sollte. Hierfür erhielt der Beigeladene zu 5) ein monatliches Honorar von 1.900,00 DM, wobei die Vertragspartner monatlich 60 Stunden Arbeitszeit zu Grunde legten. Weiter wurde vereinbart, dass der Beigeladene zu 5) Steuern und anfallende Sozialabgaben selbst entrichten sollte. Nachdem sich die Betreuungsarbeit des Beigeladenen zu 5) auf Grund des von ihm verfolgten Frankeln`schen Ansatzes nicht verwirklichen ließ, schlossen der Kläger und der Beigeladene zu 5) unter dem 29. Juli 1996 für die Zeit ab dem 1. August 1996 einen "Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte" nach dem der Beigeladene zu 5) die sozialpädagogische Betreuung von Bewohnern übernehmen und hierfür bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden ein Entgelt von 1.350,00 monatlich brutto erhalten sollte. Dieses von den Beteiligten unstreitig als Beschäftigungsverhältnis eingestufte Arbeitsverhältnis kündigte der Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 1997 zum 28. Februar 1997.
Am 17. und am 26. Juli 2000 führte die Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen dieser Prüfung äußerte sich der Kläger auch zu den vom Beigeladenen zu 5) für ihn verrichteten Arbeiten: Der Beigeladene zu 5) sei kein Arbeitnehmer. Sein Status als freier Mitarbeiter ergebe sich aus dem Umstand, dass er keinen Weisungen unterworfen sei, da er – der Kläger – von der Arbeit des Beigeladenen zu 5) nach dem von diesem verfolgten logotherapeutischen und existenzanalytischen Ansatz nichts verstehe. Der Beigeladene zu 5) sei bis zum 31. Juli 1996 nicht in seinen Betrieb eingegliedert gewesen, weil er nicht in seinem Büro gearbeitet habe. Ein unternehmerisches Risiko des Beigeladenen zu 5) bei seiner Arbeit für ihn sei ebenfalls zu bejahen, weil dieser bei einem Erfolg seiner Arbeit seine Tätigkeit hätte ausdehnen sollen. Nachdem sich die vom Beigeladenen zu 5) avisierten Ziele nicht hätten realisieren lassen, sei das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis im Bereich der sozialpädagogischen Betreuung nach den allgemein üblichen methodischen Ansätzen fortgesetzt worden. Hierüber hinaus erklärte der Beigeladene zu 5): Die Bedingungen seiner Arbeit seien über den Vertragstext hinaus nicht näher geregelt gewesen, jedoch habe der allgemeine Rahmen festgestanden. Er habe dem Kläger gegenüber von Zeit zu Zeit mündlich berichtet und neben seiner Tätigkeit für diesen Vorträge an der Urania und anderen Institutionen gehalten.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2000, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 21. August 2002, stellte die Beklagte für die Arbeit des Beigeladenen zu 5) für den Kläger Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung fest und forderte hierfür Beiträge in Höhe von 15. 540, 29 DM für die streitige Zeit nach, weil der Beigeladene zu 5) im Betrieb des Klägers abhängig beschäftigt gewesen sei.
Die dagegen vom Kläger erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 8. September 2003 mit der Begründung abgewiesen, der Beigeladene zu 5) sei auch in der streitigen Zeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses vom Kläger beschäftigt worden. Denn er habe über einen langen Zeitraum ein vertraglich vorbestimmtes Festgehalt oberhalb des Existenzminimums für eine gleichbleibende, ausschließlich für den Kläger verrichtete Arbeit erhalten. Diese Arbeit habe er im Wesentlichen unverändert auch über den 31. Juli 1996 hinaus fortgesetzt, so dass eine unterschiedliche Bewertung in eine selbständige Tätigkeit vor dem 31. Juli 1996 und eine abhängige Beschäftigung ab 1. August 1996 nicht nachzuvollziehen sei.
Gegen diesen, ihm am 22. September 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. Oktober 2003 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, der Beigeladene zu 5) sei nicht abhängig im Sinne von § 7 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) beschäftigt gewesen: Die im Honorarvertrag vereinbarte Stundenzahl sei nicht verbindlich und der Beigeladene zu 5) hinsichtlich der Zeit, des Ortes sowie der Art und Weise seiner Arbeitserbringung den Weisungen des Klägers nicht unterworfen gewesen. Er habe auch kein vertraglich geschuldetes Festgehalt bezogen, wie sich schon aus der Tatsache ergebe, dass er im Falle urlaubsbedingter Abwesenheit kein Honorar erhalten habe. Außerdem habe er seine vertraglichen Verpflichtungen nicht persönlich erbringen müssen und sei in der methodischen Ausgestaltung seiner Arbeit völlig frei gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2002 insoweit aufzuheben, als darin eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen zu 5) für den Kläger in der Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Juli 1996 festgestellt und für diesen Zeitraum Sozialversicherungsbeiträge i. H. v. 15.540,29 DM nachgefordert werden. Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
1.) Der Senat hat über die Berufung gemäß § 136 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Besetzung durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entschieden, weil das Sozialgericht über die Klage durch Gerichtsbescheid entschieden und der Senat durch Beschluss vom 15. Mai 2008 die Berufung dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen hat.
2.) Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das sozialgerichtliche Urteil ist rechtsfehlerfrei, der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
a.) Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach sind die Träger der Rentenversicherung befugt, im Rahmen der ihnen nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 bis 4 SGB IV obliegenden Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern zu erlassen. Gemäß §§ 28 d Satz 1 und 2, 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hatte der Kläger für den gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches/ Fünftes Buch in der gesetzlichen Krankenversicherung, § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches/Sechstes Buch in der gesetzlichen Rentenversicherung, §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches/Drittes Buch in der Arbeitslosenversicherung und § 20 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches/Elftes Buch in der gesetzlichen Pflegeversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht unterliegenden entgeltlich beschäftigten Beigeladenen zu 5) als sein Arbeitgeber an die zuständige Einzugsstelle Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abzuführen. Denn er hat den Beigeladenen zu 5) während des hier streitigen Zeitraumes abhängig beschäftigt. Dieser kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht als selbständige und damit nicht versicherungspflichtige "Honorarkraft" angesehen werden. Unter einer Beschäftigung im Sinne der genannten Vorschrift ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen.
b.) Das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist typologisch unter Berücksichtigung aller Merkmale des Einzelfalls zu bestimmen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob der Dienstleistende im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann oder ob er hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeitsleistung dem Weisungsrecht des Auftraggebers unterliegt. Letzteres spricht für eine unselbständige Tätigkeit (vgl. BSG SozR 3-4100 § 4 AFG Nr. 1 mit weiteren Nachweisen). Der Arbeitnehmer übernimmt eine fremdgeplante, fremdnützige und von fremder Risikobereitschaft getragene Arbeit und ist in eine übergeordnete Arbeitsorganisation eingegliedert; er ist zur Erbringung seiner Dienste auf die Organisation und betrieblichen Mittel des Dienstberechtigten angewiesen. Die selbständige Tätigkeit andererseits wird durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitszeit und die im Wesentlichen freigestellte Tätigkeit und Arbeitsweise gekennzeichnet. Im Gegensatz zum Arbeitnehmer kommt dem Unternehmer das Ergebnis der Arbeit unmittelbar zugute. Für den Dienstleistenden ist die Tätigkeit demgegenüber fremdnützig und damit abhängig; dies begründet seine Schutzbedürftigkeit als Arbeitnehmer (Urteil des LSG Berlin, 15. Senat, vom 1. November 1995 - L 15 Kr 63/94 -). Maßgebend für die Bewertung ist insoweit eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Beachtung der Verkehrsanschauung; danach ist festzustellen, ob der Betreffende dem Typus des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, wobei nicht alle Kriterien vorliegen müssen und die vorhandenen unterschiedlich ausgeprägt sein können (BSG a.a.O.; SozR 2200 § 165 RVO Nr. 51).
c.) Nach dem Gesamtbild der von dem Beigeladenen zu 5) verrichteten Arbeiten sprechen die nachstehend aufgeführten, die Arbeit des Klägers prägenden und damit entscheidungserheblichen Tatsachen für das für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses:
- Die Betreuungsarbeiten mussten fast ausschließlich in den Wohnungen der Betreuten ausgeübt werden, - die zu erledigenden Aufgaben und der Zeitpunkt der Leistungserbringung waren über-wiegend durch die Bedürfnisse der Betreuten bestimmt und unterlagen damit nicht der freien Verfügung des Beigeladenen zu 5), - der Beigeladene zu 5) unterlag einer mündlichen Berichtspflicht und damit einer - wenn auch sehr lockeren - Überwachung seiner Arbeit durch den Kläger, - dem vom Kläger verfolgten sozialpädagogischen Ansatz kam im Hinblick auf die Hilfe bei der Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse der Betreuten eine nur untergeord-nete Bedeutung zu, weshalb der Beigeladene zu 5) mit diesem Ansatz auch scheiterte, - der Beigeladene zu 5) war neben unbedeutenden Vortragstätigkeiten nur für den Kläger tätig und deckte seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen aus dem ihm von diesem gewährten Entgelt, - die Berechnung des Entgeltes war auf der Grundlage einer Arbeitszeit von 60 Stunden monatlich kalkuliert und wurde dem Kläger grundsätzlich ohne Abrechnung einzelner Stunden pauschal gezahlt, - für den Kläger bestand deshalb im Hinblick auf die zu erbringenden Betreuungsleistun-gen kein unternehmerisches Risiko, er setzte kein eigenes Kapital ein, trat am Markt nicht werbend in Erscheinung und besaß keine eigenen Betriebsstätte, Erfolge seiner Arbeit kamen wirtschaftlich nur dem Kläger zu Gute, - die als selbständige Tätigkeit vereinbarte Leistungen des Klägers wurde vom 1. August 1996 an auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages erbracht, obwohl sich außer dem hier aus den bereits genannten Gründen rechtlich unbedeutenden sozialpädagogischen Ansatz bei den vom Kläger zu erbringenden Leistungen nichts geändert hatte.
d.) Hat der Beigeladene zu 5) danach in der streitigen Zeit seine Arbeit für den Kläger in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis verrichtet, war die Beklagte auch zur Nachforderung der streitigen Beiträge berechtigt, deren Höhe der Kläger nicht bestritten hat und an deren rechnerischer Richtigkeit auch sonst keine Bedenken bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwal- tungsgerichtsordnung und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil hierfür kein Grund nach § 160 Abs. 2 SGG vorlag.
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