Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 886/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1516/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. August 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hat.
Der 1951 geborene Kläger absolvierte nach der Schulausbildung von 1969 bis 1971 eine Lehre als Dreher und war dann ab dem 16. November 1972 in verschiedenen Funktionen bei dem Bahnbetriebswerk C der D R, später D B AG, tätig. Seit dem 01. April 1989 arbeitete er als Triebfahrzeugführer B (Rangierlokführer), übte diese Tätigkeit aber ab Juli 2002 nicht mehr aus, da er nach Einsatz in anderen Tätigkeitsbereichen ab Juli 2003 unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige außerordentliche Kündigung zum 31. März 2006. Seit dem 01. November 2006 bezieht er von der Beklagten eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Bescheid vom 15. Mai 2007).
Am 06. November 2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation. Die Beklagte holte einen Befundbericht der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. S u. a. vom 02. April 2004 ein, die bei dem Kläger ein vertebragenes Schmerzsyndrom, eine chronische Bronchitis und eine chronische Gastritis diagnostizierten.
Mit Bescheid vom 04. Mai 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht erforderlich seien. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Voraussetzungen sehr wohl zu erfüllen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. S. Dort werde ausgeführt, dass er wegen seiner psychischen Probleme nicht mehr als Lokführer arbeiten dürfe.
Die Beklagte zog die Ergebnismitteilung zur psychologischen Entwicklungsuntersuchung am 21. August 2002 durch Dr. S bei. Danach erfülle der Kläger die erforderlichen Leistungsvoraussetzungen für die Tätigkeit als Lokführer wegen Einschränkungen der Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit derzeit nicht. Er sei derzeit nicht geeignet als Triebfahrzeugführer. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und nach der Stellungnahme des Leitenden Arztes der Beklagten sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers weder gemindert noch erheblich gefährdet.
Dagegen hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Cottbus erhoben, mit der er im Wesentlichen geltend gemacht hat, aufgrund erheblicher sozialer Probleme im privaten Lebensbereich und aufgrund des erhöhten Arbeitsaufkommens mit zahlreichen Nachtschichtdiensten sei er mit seinen Kräften am Ende. Die Betriebsleitung habe ihn daraufhin sofort aus dem Dienst als Lokführer entfernt. Dr. S habe bei ihm einen Alkoholmissbrauch festgestellt, was sich aber als falsch erwiesen habe. Trotzdem beharre sein Arbeitgeber auf der Durchführung einer Kur und mache die Weiterbeschäftigung von dem Ergebnis der Kur abhängig. Die Beklagte habe aber zu Recht erkannt, dass eine Kur nicht nötig sei. Im Weiteren hat der Kläger von seinen Schwierigkeiten mit dem ehemaligen Vermieter sowie von einem Verfahren bei dem Verwaltungsgericht Cottbus über die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung ausführlich berichtet.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht ein Verzeichnis der Vorerkrankungen des Klägers von der Bahn-BKK vom 20. Juli 2005, eine Auskunft der DB R AG, Regionalbereich B-B, vom 03. August 2005 zu dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger, einen Befundbericht von Dr. S u. a. vom 24. August 2005 und eine weitere Ergebnismitteilung einer psychologischen Entwicklungsuntersuchung durch Dr. S vom 07. Februar 2005 beigezogen. Dieser hat davon abgeraten hat, einen betrieblichen Einsatz des Klägers zu erwägen. Dann hat das Sozialgericht den Facharzt für Allgemeinmedizin und Diplompsychologen B mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten von 10. Juli 2006 festgestellt, der Kläger leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Dabei handele es sich um einen nicht mehr besserungsfähigen gesundheitlichen Dauerzustand. Die Einschränkungen der Hirnleistung seien klinisch manifest im Jahre 2002 geworden anlässlich der psychologischen Begutachtung. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei zumindest in Bezug auf die Tätigkeit als Lokführer aufgehoben. Hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Erwerbsfähigkeit qualitativ gemindert. Medizinische Leistungen der Rehabilitation könnten weder die Minderung der Erwerbsfähigkeit abwenden noch wesentlich bessern oder wiederherstellen. Der Sachverständige hat sich bei seiner Einschätzung auf eine Zusatzuntersuchung durch Dr. G vom Institut für Psychosomatik, Verhaltens- und Verkehrstherapie gestützt.
Durch Urteil vom 24. August 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach dem Ergebnis der Begutachtung durch den Sachverständigen B leide der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, zwanghaften und vermeidenden Anteilen. Zusätzlich hätten sich Zeichen hirnorganischer Veränderungen mit kognitiven Einschränkungen gefunden. Die Anforderungen, die an einen Lokführer zu stellen seien, könne der Kläger nicht mehr erfüllen. Es sei auch nicht zu erwarten, dass durch eine ambulante Behandlungsmaßnahme oder ein stationäres Heilverfahren eine Besserung eintrete.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Außerdem wendet der Kläger ein, ohne die Anwesenheit eines Anwalts seines Vertrauens untersucht worden zu sein. Darauf habe er aber einen Anspruch gehabt. Da dies versäumt worden sei, sehe er das Gutachten als einen rechtswidrigen Vorgang an.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 24. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2004 zu verurteilen, ihm Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine weitere Begutachtung durch den Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. B veranlasst, der sein Gutachten am 14. Juli 2007 nach Aktenlage erstattet hat, da der Kläger der Aufforderung zur Untersuchung nicht Folge geleistet hat. Der Sachverständige hat ebenfalls eine kombinierte Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und die Einschätzung des Sachverständigen B zur Besserungsfähigkeit bzw. Möglichkeit der Wiederherstellung des Leistungsvermögens in vollem Umfang bestätigt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 19. Juli, 07. August und 08. Oktober 2007 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs des Klägers sind die §§ 9, 10 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - in der ab dem 01. Juli 2001 geltenden Fassung (Artikel 67 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX -). Nach § 9 Abs. 2 SGB VI kann der Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe sowie ergänzende Leistungen erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Welche Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht werden können mit dem vorrangigen Ziel, Versicherte möglichst dauerhaft wieder in das Erwerbsleben einzugliedern, bestimmt sich seit Inkrafttreten des SGB IX nach § 15 SGB VI in Verbindung mit §§ 26 bis 31 SGB IX. Nur diesbezüglich steht der Beklagten ein Auswahlermessen zu. Hinsichtlich der hier streitigen Frage, ob Leistungen zu erbringen sind, hat die Beklagte jedoch keinen Ermessensspielraum (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2000 - B 5 RJ 8/99 R -).
Der Kläger erfüllt zumindest die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, denn er bezieht eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die ihm mit Bescheid vom 15. Mai 2007 ab dem 01. November 2006 gewährt worden ist. Die Leistungen sind auch nicht gemäß § 12 Abs. 1 SGB VI von vorneherein ausgeschlossen.
Allerdings erfüllt der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SGB VI. Danach haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei denen voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgewendet oder bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 a und b SGB VI).
Die vorgenannten persönlichen Voraussetzungen erfüllt der Kläger nur insoweit, als seine Erwerbsfähigkeit erheblich gemindert ist. Eine geminderte Erwerbsfähigkeit liegt dann vor, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben. Die Minderung hat im Gegensatz zur Gefährdung bereits zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt (vgl. Kasseler Kommentar/Niesel, Stand April 2008, § 10 SGB VI Rdnr. 6).
Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, denn nach dem Ergebnis der medizinischen Begutachtung durch die Sachverständigen B und Dr. B ist das Leistungsvermögen des Klägers qualitativ so weit gemindert, dass er seinen bisher ausgeübten Beruf als Triebfahrzeugführer dauerhaft nicht mehr ausüben kann. Aus diesem Grund bezieht er nunmehr eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Der Kläger leidet nach den Feststellungen der Sachverständigen an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit kognitiven Einschränkungen, die sowohl bei der psychologischen Begutachtung für die D B AG durch Dr. S als auch mit den von dem Sachverständigen B angeordneten Tests bestätigt werden konnten. So sind die Aufmerksamkeit, die Reaktionsfähigkeit und die Stresstoleranz nicht mehr ausreichend vorhanden mit der Folge, dass der Kläger nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu führen, und damit erst recht nicht ein Triebfahrzeug. Diese Defizite im motorischen Bereich sind zur Zeit nicht kompensierbar und auch nur begrenzt trainierbar. Im Weiteren ist das formale Denken des Klägers erheblich eingeengt, die Affekte sind starr, die Grundstimmung indifferent und der Antrieb mäßig herabgesetzt. Der Sachverständige B erklärt, der Kläger habe offensichtlich den Verlust der Wohnung und nachfolgend die Entbindung von der Tätigkeit als Lokführer als schwere narzisstische Kränkung erlebt. Der Kampf gegen das vermeintlich erlittene Unrecht habe für ihn einen identitätsstiftenden Charakter angenommen und sei in den Lebensmittelpunkt getreten. Auffällig sei eine ausgeprägte Externalisierungsneigung, Ursachen und Verantwortlichkeiten würden nach außen verlagert, eigene Anteile würden durchgehend negiert. Eine Introspektionsfähigkeit sei praktisch nicht vorhanden, so dass auch Behandlungsansätze derzeit nicht erkennbar seien. Diese Einschätzung hat der Sachverständige B vollumfänglich bestätigt. Die Schlussfolgerung der Sachverständigen, die eingeschränkte Leistungsfähigkeit könne durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation weder gebessert noch wiederhergestellt werden, ist schlüssig und nachvollziehbar begründet. Es wird ein Dauerzustand festgestellt, der angesichts des seit zumindest zehn Jahren bestehenden Konflikts, des Alters des Klägers sowie der fehlenden Kooperation und Einsichtsfähigkeit keine Änderung erwarten lässt.
Der Senat hat keine Bedenken, den gut begründeten Schlussfolgerungen der Sachverständigen zur fehlenden Besserungsfähigkeit der geminderten Erwerbsfähigkeit des Klägers zu folgen. Gegen die Verwertbarkeit der Gutachten spricht insbesondere nicht, dass zur Untersuchung kein Bevollmächtigter des Klägers (mit)anwesend war. Es ist dem Kläger nicht verwehrt worden, eine Person seines Vertrauens oder einen Bevollmächtigten zur Untersuchung mitzubringen. Ob der Sachverständige die Untersuchung in Anwesenheit einer dritten Person durchgeführt hätte, ist spekulativ. Jedenfalls gibt es keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch darauf, nur in Anwesenheit eines Vertrauten untersucht zu werden. Der Kläger kann seine Auffassung auch nicht auf den Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Februar 2006 - L 4 B 33/06 SB - stützen, denn dort wird in dem Beschwerdeverfahren zur Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit lediglich ausgeführt, dass ein genereller Ausschluss von Vertrauenspersonen des zu Untersuchenden weder dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit noch dem des fairen Verfahrens entspreche. Daraus kann im Umkehrschluss aber kein Anspruch auf Beiziehung einer Vertrauensperson abgeleitet werden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hat.
Der 1951 geborene Kläger absolvierte nach der Schulausbildung von 1969 bis 1971 eine Lehre als Dreher und war dann ab dem 16. November 1972 in verschiedenen Funktionen bei dem Bahnbetriebswerk C der D R, später D B AG, tätig. Seit dem 01. April 1989 arbeitete er als Triebfahrzeugführer B (Rangierlokführer), übte diese Tätigkeit aber ab Juli 2002 nicht mehr aus, da er nach Einsatz in anderen Tätigkeitsbereichen ab Juli 2003 unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige außerordentliche Kündigung zum 31. März 2006. Seit dem 01. November 2006 bezieht er von der Beklagten eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Bescheid vom 15. Mai 2007).
Am 06. November 2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation. Die Beklagte holte einen Befundbericht der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. S u. a. vom 02. April 2004 ein, die bei dem Kläger ein vertebragenes Schmerzsyndrom, eine chronische Bronchitis und eine chronische Gastritis diagnostizierten.
Mit Bescheid vom 04. Mai 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht erforderlich seien. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Voraussetzungen sehr wohl zu erfüllen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. S. Dort werde ausgeführt, dass er wegen seiner psychischen Probleme nicht mehr als Lokführer arbeiten dürfe.
Die Beklagte zog die Ergebnismitteilung zur psychologischen Entwicklungsuntersuchung am 21. August 2002 durch Dr. S bei. Danach erfülle der Kläger die erforderlichen Leistungsvoraussetzungen für die Tätigkeit als Lokführer wegen Einschränkungen der Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit derzeit nicht. Er sei derzeit nicht geeignet als Triebfahrzeugführer. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und nach der Stellungnahme des Leitenden Arztes der Beklagten sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers weder gemindert noch erheblich gefährdet.
Dagegen hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Cottbus erhoben, mit der er im Wesentlichen geltend gemacht hat, aufgrund erheblicher sozialer Probleme im privaten Lebensbereich und aufgrund des erhöhten Arbeitsaufkommens mit zahlreichen Nachtschichtdiensten sei er mit seinen Kräften am Ende. Die Betriebsleitung habe ihn daraufhin sofort aus dem Dienst als Lokführer entfernt. Dr. S habe bei ihm einen Alkoholmissbrauch festgestellt, was sich aber als falsch erwiesen habe. Trotzdem beharre sein Arbeitgeber auf der Durchführung einer Kur und mache die Weiterbeschäftigung von dem Ergebnis der Kur abhängig. Die Beklagte habe aber zu Recht erkannt, dass eine Kur nicht nötig sei. Im Weiteren hat der Kläger von seinen Schwierigkeiten mit dem ehemaligen Vermieter sowie von einem Verfahren bei dem Verwaltungsgericht Cottbus über die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung ausführlich berichtet.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht ein Verzeichnis der Vorerkrankungen des Klägers von der Bahn-BKK vom 20. Juli 2005, eine Auskunft der DB R AG, Regionalbereich B-B, vom 03. August 2005 zu dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger, einen Befundbericht von Dr. S u. a. vom 24. August 2005 und eine weitere Ergebnismitteilung einer psychologischen Entwicklungsuntersuchung durch Dr. S vom 07. Februar 2005 beigezogen. Dieser hat davon abgeraten hat, einen betrieblichen Einsatz des Klägers zu erwägen. Dann hat das Sozialgericht den Facharzt für Allgemeinmedizin und Diplompsychologen B mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten von 10. Juli 2006 festgestellt, der Kläger leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Dabei handele es sich um einen nicht mehr besserungsfähigen gesundheitlichen Dauerzustand. Die Einschränkungen der Hirnleistung seien klinisch manifest im Jahre 2002 geworden anlässlich der psychologischen Begutachtung. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei zumindest in Bezug auf die Tätigkeit als Lokführer aufgehoben. Hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Erwerbsfähigkeit qualitativ gemindert. Medizinische Leistungen der Rehabilitation könnten weder die Minderung der Erwerbsfähigkeit abwenden noch wesentlich bessern oder wiederherstellen. Der Sachverständige hat sich bei seiner Einschätzung auf eine Zusatzuntersuchung durch Dr. G vom Institut für Psychosomatik, Verhaltens- und Verkehrstherapie gestützt.
Durch Urteil vom 24. August 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach dem Ergebnis der Begutachtung durch den Sachverständigen B leide der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, zwanghaften und vermeidenden Anteilen. Zusätzlich hätten sich Zeichen hirnorganischer Veränderungen mit kognitiven Einschränkungen gefunden. Die Anforderungen, die an einen Lokführer zu stellen seien, könne der Kläger nicht mehr erfüllen. Es sei auch nicht zu erwarten, dass durch eine ambulante Behandlungsmaßnahme oder ein stationäres Heilverfahren eine Besserung eintrete.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Außerdem wendet der Kläger ein, ohne die Anwesenheit eines Anwalts seines Vertrauens untersucht worden zu sein. Darauf habe er aber einen Anspruch gehabt. Da dies versäumt worden sei, sehe er das Gutachten als einen rechtswidrigen Vorgang an.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 24. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2004 zu verurteilen, ihm Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine weitere Begutachtung durch den Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. B veranlasst, der sein Gutachten am 14. Juli 2007 nach Aktenlage erstattet hat, da der Kläger der Aufforderung zur Untersuchung nicht Folge geleistet hat. Der Sachverständige hat ebenfalls eine kombinierte Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und die Einschätzung des Sachverständigen B zur Besserungsfähigkeit bzw. Möglichkeit der Wiederherstellung des Leistungsvermögens in vollem Umfang bestätigt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 19. Juli, 07. August und 08. Oktober 2007 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs des Klägers sind die §§ 9, 10 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - in der ab dem 01. Juli 2001 geltenden Fassung (Artikel 67 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX -). Nach § 9 Abs. 2 SGB VI kann der Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe sowie ergänzende Leistungen erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Welche Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht werden können mit dem vorrangigen Ziel, Versicherte möglichst dauerhaft wieder in das Erwerbsleben einzugliedern, bestimmt sich seit Inkrafttreten des SGB IX nach § 15 SGB VI in Verbindung mit §§ 26 bis 31 SGB IX. Nur diesbezüglich steht der Beklagten ein Auswahlermessen zu. Hinsichtlich der hier streitigen Frage, ob Leistungen zu erbringen sind, hat die Beklagte jedoch keinen Ermessensspielraum (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2000 - B 5 RJ 8/99 R -).
Der Kläger erfüllt zumindest die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, denn er bezieht eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die ihm mit Bescheid vom 15. Mai 2007 ab dem 01. November 2006 gewährt worden ist. Die Leistungen sind auch nicht gemäß § 12 Abs. 1 SGB VI von vorneherein ausgeschlossen.
Allerdings erfüllt der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SGB VI. Danach haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei denen voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgewendet oder bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 a und b SGB VI).
Die vorgenannten persönlichen Voraussetzungen erfüllt der Kläger nur insoweit, als seine Erwerbsfähigkeit erheblich gemindert ist. Eine geminderte Erwerbsfähigkeit liegt dann vor, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben. Die Minderung hat im Gegensatz zur Gefährdung bereits zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt (vgl. Kasseler Kommentar/Niesel, Stand April 2008, § 10 SGB VI Rdnr. 6).
Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, denn nach dem Ergebnis der medizinischen Begutachtung durch die Sachverständigen B und Dr. B ist das Leistungsvermögen des Klägers qualitativ so weit gemindert, dass er seinen bisher ausgeübten Beruf als Triebfahrzeugführer dauerhaft nicht mehr ausüben kann. Aus diesem Grund bezieht er nunmehr eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Der Kläger leidet nach den Feststellungen der Sachverständigen an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit kognitiven Einschränkungen, die sowohl bei der psychologischen Begutachtung für die D B AG durch Dr. S als auch mit den von dem Sachverständigen B angeordneten Tests bestätigt werden konnten. So sind die Aufmerksamkeit, die Reaktionsfähigkeit und die Stresstoleranz nicht mehr ausreichend vorhanden mit der Folge, dass der Kläger nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu führen, und damit erst recht nicht ein Triebfahrzeug. Diese Defizite im motorischen Bereich sind zur Zeit nicht kompensierbar und auch nur begrenzt trainierbar. Im Weiteren ist das formale Denken des Klägers erheblich eingeengt, die Affekte sind starr, die Grundstimmung indifferent und der Antrieb mäßig herabgesetzt. Der Sachverständige B erklärt, der Kläger habe offensichtlich den Verlust der Wohnung und nachfolgend die Entbindung von der Tätigkeit als Lokführer als schwere narzisstische Kränkung erlebt. Der Kampf gegen das vermeintlich erlittene Unrecht habe für ihn einen identitätsstiftenden Charakter angenommen und sei in den Lebensmittelpunkt getreten. Auffällig sei eine ausgeprägte Externalisierungsneigung, Ursachen und Verantwortlichkeiten würden nach außen verlagert, eigene Anteile würden durchgehend negiert. Eine Introspektionsfähigkeit sei praktisch nicht vorhanden, so dass auch Behandlungsansätze derzeit nicht erkennbar seien. Diese Einschätzung hat der Sachverständige B vollumfänglich bestätigt. Die Schlussfolgerung der Sachverständigen, die eingeschränkte Leistungsfähigkeit könne durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation weder gebessert noch wiederhergestellt werden, ist schlüssig und nachvollziehbar begründet. Es wird ein Dauerzustand festgestellt, der angesichts des seit zumindest zehn Jahren bestehenden Konflikts, des Alters des Klägers sowie der fehlenden Kooperation und Einsichtsfähigkeit keine Änderung erwarten lässt.
Der Senat hat keine Bedenken, den gut begründeten Schlussfolgerungen der Sachverständigen zur fehlenden Besserungsfähigkeit der geminderten Erwerbsfähigkeit des Klägers zu folgen. Gegen die Verwertbarkeit der Gutachten spricht insbesondere nicht, dass zur Untersuchung kein Bevollmächtigter des Klägers (mit)anwesend war. Es ist dem Kläger nicht verwehrt worden, eine Person seines Vertrauens oder einen Bevollmächtigten zur Untersuchung mitzubringen. Ob der Sachverständige die Untersuchung in Anwesenheit einer dritten Person durchgeführt hätte, ist spekulativ. Jedenfalls gibt es keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch darauf, nur in Anwesenheit eines Vertrauten untersucht zu werden. Der Kläger kann seine Auffassung auch nicht auf den Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Februar 2006 - L 4 B 33/06 SB - stützen, denn dort wird in dem Beschwerdeverfahren zur Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit lediglich ausgeführt, dass ein genereller Ausschluss von Vertrauenspersonen des zu Untersuchenden weder dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit noch dem des fairen Verfahrens entspreche. Daraus kann im Umkehrschluss aber kein Anspruch auf Beiziehung einer Vertrauensperson abgeleitet werden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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