L 12 R 1506/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 1 RJ 91/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 R 1506/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der 1951 geborene Kläger absolvierte in der ehemaligen DDR in den Jahren von 1968 bis 1971 zunächst eine dreijährige Ausbildung zum Kessel- und Behälterbauer. Anschließend diente er in der NVA. Im Juli 1976 schloss er eine Ausbildung als Schlosser ab, im Januar 1979 erwarb er die Berufsqualifikation als Transport- und Lagerfacharbeiter, die eine zweijährige Ausbildung voraussetzte. Er war als Maschinenarbeiter, Lagerist, Produktionsarbeiter, Lagerarbeiter, Heizer und Kraftfahrer beschäftigt. Sein letztes Arbeitsverhältnis bestand ab dem 18. April 1996, er war als Kommissionierer beim LDZ (Logistisches Dienstleistungszentrum) F beschäftigt und unterfiel dem Tarifvertrag des Verbandes des Nahrungs- und Genussmittelgroßhandels Berlin und Brandenburg e.V. Seit Januar 2002 war das Beschäftigungsverhältnis krankheitsbedingt unterbrochen. Vom 14. August 2002 bis 4. September 2002 gewährte ihm die Beklagte eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme. Der Entlassungsbericht verweist auf schmerzhafte Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks, der Kläger sei in seiner letzten mittelschweren Tätigkeit als Lagerarbeiter nicht mehr einsetzbar.

Am 24. September 2002 reichte der Kläger bei der Beklagten einen Formantrag auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ein. Er gab an, dass er sich wegen seiner rechten Schulter und dem Halswirbel für berufs- bzw. erwerbsunfähig halte. Durch Bescheid vom 7. November 2002 lehnte die Beklagte – nach Auswertung des Rehabilitationsentlassungsberichts - den Rentenantrag ab. Die Erwerbsfähigkeit sei zwar beeinträchtigt durch eine Cervicobrachialgie rechts, Impingement-Syndrom rechte Schulter, Hypertonus und Adipositas. Damit könne zwar nicht mehr der angelernte Beruf als Transport- und Lagerarbeiter, wohl aber eine Beschäftigung ausgeübt werden, die unter Berücksichtigung des bisherigen Berufes zumutbar sei. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei nicht mehr in der Lage, sechs Stunden täglich zu arbeiten. Die Beklagte wies den Widerspruch - nach Auswertung der von dem Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen – zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. März 2003). Der Kläger sei noch in der Lage, eine zumutbare Verweisungstätigkeit - etwa als Pförtner - sechs Stunden täglich auszuüben.

Mit der am 24. März 2003 bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter, nach teilweiser Klagerücknahme am 23. Juni 2005 ausschließlich im Hinblick auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Das Sozialgericht hat bei dem letzten Arbeitgeber eine Auskunft sowie bei den behandelnden Ärzten Befundberichte eingeholt. Anschließend hat es den Arzt Dr. M B mit der Erstattung eines chirurgisch/sozialmedizinischem Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 20. April 2004 folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:

• Geringfügige degenerative Veränderungen und Fehlhaltungen der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Neigung zu Reizerscheinungen • Zustand nach Teilamputation der Zehen rechts • Wiederkehrende Reizerscheinungen im Bereich des rechten Schultergelenkes bei rezidivierendem Impingementsyndrom • Arterielles Bluthochdruckleiden.

Der Kläger könne körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen unter Witterungsschutzbedingungen und ohne Zwangshaltungen noch vollschichtig ausüben.

Weiter hat das Sozialgericht ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten bei Dr. J C eingeholt. Dr. C hat in seinem Gutachten vom 2. Oktober 2004 berichtet, dass bei dem Kläger vorlägen

• eine chronische Lumbalgie ohne neurologische Mitbeteiligung, • ein leichtes Schulter-Arm-Syndrom rechts, • arterieller Hypertonus • sowie psychiatrischerseits eine mäßiggradige depressiv-dysphorische Reaktion.

Bei Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen sei das Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten quantitativ noch uneingeschränkt vorhanden.

Schließlich hat das Sozialgericht bei dem Sachverständigen K R ein arbeitsmarkt- und berufskundliches Gutachten eingeholt. Nach der am 24. Januar 2005 abgegebenen Einschätzung des Sachverständigen hat der Kläger seine höchste berufliche Qualifikation als Schlosser erreicht. Der Abschluss als Transport- und Lagerfacharbeiter (ehemaliger DDR-Beruf) sei dem Abschluss des Handelsfachpackers gleichzustellen. Die Ausbildung zum Handelsfachpacker dauere zwei Jahre, es handele sich um eine Anlerntätigkeit des oberen Bereiches. Der Kläger könne weder als Schlosser noch in seinem Hauptberuf als Transport- und Lagerfacharbeiter weiter arbeiten, da es sich jeweils um körperlich mittelschwere bis schwere Tätigkeiten handele, häufig unter Zeitdruck und Belastung durch Kälte und Zugluft. Der Kläger könne aber auf eine Tätigkeit als Pförtner oder Versandfertigmacher verwiesen werden. Letztere sei eine ungelernte Tätigkeit mit einer Einarbeitungszeit von zwei bis vier Wochen, die nur geringe Anforderungen stelle.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. Juni 2005). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger nicht berufsunfähig sei. Zwar könne er nicht mehr als Kommissionierer, wohl aber noch als Versandfertigmacher mindestens 6 Stunden täglich arbeiten. Nach den Ausführungen der gehörten Gutachter sei er noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, solange Versicherte noch eine Tätigkeit ausüben könnten, deren Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehe. Nach dem Bundessozialgericht - BSG – (Hinweis auf BSG SozR 3-220 § 1246 Nr 46 und 50) bestimme sich die Wertigkeit eines Berufes nach seiner Einordnung in ein aus vier Gruppen zu bildendem Schema. Die erste Gruppe sei die des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, die zweite die des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren) die dritte die des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildung von 3 Monaten bis zu 2 Jahren) und die vierte die des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung bzw. Einweisung in weniger als 3 Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürften Versicherte jeweils auf die nächstniedrigere Stufe verwiesen werden. Auf der Stufe des angelernten Arbeiters sei zwischen den Angelernten des oberen Bereiches (mit einer Anlernzeit von mehr als 12 Monaten) und denen des unteren Bereiches (mit einer Anlernzeit von 3 Monaten bis zu 12 Monaten) zu unterscheiden. Angelernten des oberen Bereichs sei mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu benennen. Der Kläger sei mit der von ihm zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kommissionierer der Gruppe der Angelernten des oberen Bereiches zuzuordnen. Diese Tätigkeit entspreche dem Beruf eines Handelsfachpackers, für den eine Ausbildungsdauer von zwei Jahren vorgesehen sei. Daran habe sich durch die Neuordnung des Berufsbildes und seine Umbenennung zum Fachlageristen nichts geändert. Trotz Facharbeiterentlohnung sei der Kläger nicht als Facharbeiter einzuordnen. Er habe zwar in der ehemaligen DDR den Facharbeiterstatus erlangt, könne daraus jedoch keine Rechte ableiten, weil er diesen Status nach Bundesrecht nicht habe. Auf die Bezeichnung durch den Arbeitgeber oder in Tarifverträgen komme es nicht an, wenn die Kriterien der Einstufung objektiv nicht vorlägen. Auch eine Anerkennung des Ausbildungsberufes eines Fachpackers im Jahr 1956 sei nicht erheblich, weil die heutige qualitative Bewertung der Tätigkeit maßgeblich sei. Für eine Tätigkeit als Versandfertigmacher benötige der Kläger einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten. Es würden nur körperlich leichte Arbeiten in verschiedenen Branchen verlangt. Die Tätigkeit sei dem Kläger sozial zumutbar, nach den Feststellungen der Gutachter sei er zudem in der Lage, sie zu verrichten

Gegen das ihm am 13. August 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 26. September 2005. Das Sozialgericht habe seinen Hauptberuf "Transport- und Lagerfacharbeiter" nicht richtig gewertet. Dieser Beruf entspreche dem bis August 2004 in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt gewesenen Ausbildungsberuf Handelsfachpacker und dem jetzigen Beruf Fachlageristen. Der Status eines "echten Facharbeiters" sei gegeben, wenn in der DDR erlernte Berufe im alten Bundesgebiet Facharbeiterstatus haben oder hatten, auch wenn nur eine zweijährige Ausbildung vorgeschrieben gewesen sei. Der Ausbildungsberuf Handelsfachpacker sei durch Erlass des Bundesministers für Wirtschaft vom 17. April 1956 anerkannt worden. Auch die Facharbeiterentlohnung und die im Tarifvertrag vorgesehene Entlohnung sprächen für den Facharbeiterstatus. Für die Beurteilung der Wertigkeit des bisherigen Berufes sei der Zeitpunkt der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. der davor liegende Eintritt des Versicherungsfalles maßgeblich. Für ihn - den Kläger - sei der Versicherungsfall auf jeden Fall vor dem 1. August 2004 eingetreten. Eine Verweisung auf die Tätigkeit eines Pförtners oder Versandfertigmacher sei aber auch dann nicht möglich, wenn man ihn als Angelernten des oberen Bereiches einordne. In Bezug auf die Tätigkeit eines Versandfertigmachers sei die Wertigkeit des bisherigen Berufs wesentlich höher, weil die maximale Einarbeitungszeit für die Verweisungstätigkeit nur 2 bis 4 Wochen betrage. Als Pförtner könne er wegen seiner leichten Erregbarkeit nicht arbeiten, die eine Tätigkeit mit Publikumsverkehr ausschließe. Auch liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Das BSG habe eine solche angenommen, "wenn sich das Leistungsvermögen auf Arbeiten ohne Zeitdruck zur Tageszeit auf ebener Erde und Rücksichtnahme auf die Arbeitsumgebung in Verbindung mit einer Beschränkung auf Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit abwechselnden Arm- und Handbewegungen beschränke" (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1246 Nr 75). Diese Einschränkungen bestünden bei ihm gleichermaßen. Der Verweis auf die Tätigkeit eines Versandfertigmachers sei eine unzulässige Härte. Auch habe sich sein Gesundheitszustand verschlechtert.

Der Kläger beantragt (nach dem Sinn seines schriftlichen Vorbringens),

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Juni 2005 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein Beruf, der nur eine zweijährige Ausbildung voraussetze, könne keinen Facharbeiterstatus begründen. Zwar sei bei Berufen, für die in der DDR nur eine zweijährige Ausbildung vorausgesetzt worden sei, die Zuerkennung eines Facharbeiterstatus möglich, wenn der Beruf in den alten Bundesländern so eingeordnet war. Die von dem Kläger erlernte Tätigkeit entspreche aber nur dem bundesdeutschen Beruf des Handelsfachpackers mit einer Ausbildungsdauer von zwei Jahren. Ausgehend davon könne der Kläger noch als Versandfertigmacher arbeiten, Arbeitsplätze für diese Tätigkeit seien in nennenswerter Anzahl vorhanden. Dafür und für das Anforderungsprofil der Tätigkeit werde zudem auf den Inhalt der übersandten (in einem anderen Rechtsstreit erstatteten) Aussage des arbeitsmarkt- und berufskundigen Sachverständigen M L vom 20. Januar 2002 verwiesen.

Der Senat hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten des Klägers Dr. R K, Dr. I G und Herrn T F eingeholt und bei dem letzten Arbeitgeber des Klägers wegen des anzuwendenden Tarifvertrages nachgefragt. Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes werden auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts erweist sich als zutreffend. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger ist zwar nicht mehr in der Lage, seine letzte Tätigkeit als Kommissionierer weiter auszuüben. Er ist deswegen aber noch nicht berufsunfähig, weil er auf die Tätigkeit eines Versandfertigmachers verwiesen werden kann.

Nach § 43 des Sozialgesetzbuchs, Sechstes Buch – SGB VI – haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 240 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).

Zu der Frage, welche Tätigkeiten dem Kläger unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden kann, hat bereits das Sozialgericht, auf dessen Ausführungen der Senat insoweit entsprechend § 153 Abs. 2 SGG verweist, ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts über die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit auf der Grundlage einer Einordnung des bisherigen Berufs in ein Vier-Stufen-Schema zu entscheiden ist, das zwischen Vorarbeitern mit Vorgesetztenfunktion bzw. besonders hoch qualifizierten Facharbeitern (1. Stufe), Facharbeitern mit einem anerkannten Ausbildungsberuf und einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren (2. Stufe), angelernten Arbeitern mit einem sonstigen Ausbildungsberuf und einer Ausbildung von 3 Monaten bis zu 2 Jahren (3. Stufe) und ungelernten Arbeiters mit einer Einarbeitung bzw. Einweisung von weniger als 3 Monaten (4. Stufe) unterscheidet ...

Der Kläger ist nicht als "echter" Facharbeiter – zweite Gruppe nach dem Berufsgruppenschema , sondern als Angelernter des oberen Bereiches – dritte Gruppe nach dem Berufsgruppenschema - einzustufen. Als bisheriger Beruf, der über die Zumutbarkeit einer Verweisung bestimmt, ist seine Tätigkeit als Kommissionierer beim Logistischen Dienstleistungszentrum Fanzusehen. Diese Tätigkeit hat er vom 18. April 1996 bis zum 31. Januar 2002 und damit zuletzt vor der Rentenantragstellung ausgeübt. Sie entspricht auch der von ihm zuletzt (im Januar 1979) erworbenen Berufsqualifikation als Transport- und Lagerfacharbeiter. Seit dem Erwerb dieser Berufsqualifikation war er überwiegend als Lagerarbeiter tätig. Soweit er früher eine Ausbildung zum Schlosser absolvierte, hat er sich von diesem Beruf gelöst, da er ihn jedenfalls seit Januar 1978 nicht mehr ausgeübt hat.

Der von dem Kläger erworbene Abschluss als Transport- und Lagerarbeiter hat eine Ausbildung von zwei Jahren Dauer vorausgesetzt, entspricht damit einem Angelernten des oberen Bereiches. Der Kläger ist auch nicht deswegen wie ein "echter" Facharbeiter zu behandeln, weil seine noch in der DDR erworbene Ausbildung einer dreijährigen Berufsausbildung gleichstehen würde. Die Qualifikationsstufen des BSG sind vor dem Hintergrund des Berufsbildungssystems der alten Bundesländer entwickelt worden. Deswegen reicht für die Zuordnung zum "echten" Facharbeiter der zweiten Stufe nicht aus, dass in der DDR ein Abschluss erworben wurde, der nach dem dortigen Berufsbildungssystem die Bezeichnung "Facharbeiter" beinhaltete. Die erreichte Qualifikation muss auch nach dem in die Gegenwart fortgesetzten und deswegen maßgeblichen System der alten Bundesrepublik so eingestuft werden können. Erst die Gleichstellung eines in der DDR erworbenen Abschlusses mit einem Ausbildungsberuf in den alten Bundesländern entscheidet somit über die Anerkennung als "echter" Facharbeiter im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Ein in der DDR erlernter Beruf begründet den Facharbeiterstatus, wenn die dort abgeschlossene Berufsausbildung einem Ausbildungsberuf des alten Bundesgebiets entspricht, der die vom BSG für maßgeblich erachteten Kriterien erfüllt, insbesondere also eine dreijährige Ausbildung voraussetzt, auch wenn die tatsächlich in der DDR absolvierte Ausbildung nur zwei Jahre dauerte (Niesel in Kasseler Kommentar § 240 SGB VI Rdnr 31, vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 23. August 2007 – L 3 RJ 878/07 -, Sächsisches LSG, Urteil v. 14. März 2006 – L 4 R 144/05 -). Weil aber die aktuelle Wertigkeit eines Berufs entscheidend ist, kann nicht jede in der DDR absolvierte Berufsausbildung mit einer vorgesehenen Dauer von zwei Jahren auch ohne Gleichstellung ausreichen, eine Zugehörigkeit zur Gruppe der Facharbeiter im Sinne der 2. Stufe nach der Rechtsprechung des BSG zu begründen.

Die von dem Kläger 1979 in der DDR abgeschlossene Ausbildung zum Transport- und Lagerfacharbeiter ist gleichzustellen mit dem in der alten Bundesrepublik anerkannten Berufsabschluss eines Handelsfachpackers. Das ergibt sich aus dem vom Sozialgericht bei dem berufskundlichen Sachverständigen Rohr eingeholtem Gutachten und wird von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt. Der Handelsfachpacker war bis 2004 ein anerkannter Ausbildungsberuf, der seitdem durch den Ausbildungsberuf "Fachkraft für Lagerwirtschaft" ersetzt ist. Der Abschluss als Handelsfachpacker setzte nach dem Erlass des Bundesministers für Wirtschaft – II A 4 - vom 17. April 1956 jedoch nur eine zweijährige Ausbildung voraus und ist demnach im Sinne der Qualifikationsgruppen des BSG eine Anlerntätigkeit des oberen Bereiches. Die in der DDR erworbene Qualifikation als Transport- und Lagerarbeiter begründet für den Kläger daher keinen Berufsschutz wie ein Facharbeiter.

Der Kläger ist auch nicht von seinem Arbeitgeber oder nach dem auf ihn anzuwendenden Tarifvertrag wie ein "echter" Facharbeiter eingestuft worden. Zwar hat der Arbeitgeber in der vom Sozialgericht eingeholten Arbeitgeberauskunft angegeben, dass die Bezahlung des Klägers der eines Facharbeiters entsprochen habe. Daraus lässt sich aber nichts ableiten, weil das Sozialgericht bei seiner Anfrage nicht näher erläutert hat, wodurch sich ein Facharbeiter auszeichnet. An anderer Stelle in derselben Auskunft hat der Arbeitgeber mitgeteilt, dass für den Erwerb der für die Ausübung der Tätigkeit des Klägers notwendigen Kenntnisse eine Anlernzeit von drei Monaten erforderlich, aber auch ausreichend sei. Dies entspräche lediglich einer Anlerntätigkeit des unteren Bereiches. Konkret verweist die Arbeitgeberauskunft für die Entlohnung auf den Tarifvertrag des Verbandes des Nahrungs- und Genussmittelsgroßhandels Berlin und Brandenburg e.V., der Kläger sei in die Lohngruppe L 3 eingruppiert worden. Die Tätigkeitsmerkmale dieser Lohngruppe werden wie folgt umschrieben: "Arbeiten, die nach einer jeweils erforderlichen Anlernzeit ausgeführt werden". Bei den Anwendungsbeispielen wird der Kommissionierer mit der Einschränkung genannt, dass bei ihm keine Waren- bzw. Artikelkenntnisse erforderlich sind. Tätigkeiten, die einem "echten" Facharbeiter im Sinne der Rechtsprechung des BSG entsprechen würden, sind in dem auf den Kläger angewandten Tarifvertrag erst ab der Lohngruppe 5 beschrieben (Tätigkeiten, die entsprechende Prüfungen oder Kenntnisse voraussetzen, die denen von Facharbeitern gleichzusetzen sind). Dies deutet darauf hin, dass der Kläger in seiner letzten Beschäftigung wie ein Angelernter des unteren Bereiches behandelt worden ist. Lediglich mit Rücksicht auf die Qualität seiner Berufsausbildung ist er als Angelernter des oberen Bereiches (Ausbildung mehr als ein Jahr, aber nicht mehr als zwei Jahre) einzuordnen. Da der Abstieg um eine Stufe als zumutbar angesehen wird, kann er grundsätzlich auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Allerdings muss – da er Angelernter des oberen Bereiches ist – zumindest eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret benannt werden, bei der es sich auch nicht um eine allereinfachste Tätigkeit handeln darf, für die keinerlei Ausbildung erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil v. 5. April 2001 – B 13 RJ 61/00 R -).

Der Kläger kann auf die Tätigkeit eines Versandfertigmachers verwiesen werden. Er ist in der Lage, diese Tätigkeit auszuführen. Sie ist ihm auch sozial zumutbar. Der Gegenstand der Verweisungstätigkeit "Versandfertigmacher" und die von ihr ausgehenden Anforderungen an das gesundheitliche Leistungsvermögen ergeben sich aus dem vom Sozialgericht eingeholten berufskundlichen Gutachten und der von der Beklagten vorgelegten Berufsinformationskarte des Arbeitsamtes und zudem aus dem in einem anderen Verfahren erstatteten Sachverständigengutachten von M L, das verwertet werden kann, weil es dem Kläger bekannt gegeben worden ist. Danach ist davon auszugehen, dass es in nennenswerter Zahl Arbeitsplätze gibt, auf denen Waren für den Versand oder Verkauf verschönert oder aufbereitet werden, wobei es sich um leichte Tätigkeiten mit der Möglichkeit zu Haltungswechseln handelt, für die eine Anlernzeit von 2 bis 4 Wochen erforderlich aber auch ausreichend ist.

Das körperliche Leistungsvermögen des Klägers reicht nach den vom Sozialgericht eingeholten Gutachten für eine solche Tätigkeit aus. Für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ergibt sich aus den während des Berufungsverfahrens noch eingeholten Befundberichten keinerlei Anhaltspunkt. Es liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Zu Unrecht bezieht sich der Kläger insoweit auf das Urteil des BSG v. 18. Februar 1981 – 1 RJ 124/79 -. Im Gegensatz zu der dortigen Klägerin ist er durchaus noch in der Lage, gleichförmige Bewegungen der Hände und Arme wiederholt auszuführen.

Die Verweisung eines Angelernten des oberen Bereiches auf eine Tätigkeit als Versandfertigmacher ist auch sozial zulässig (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14. Juni 2006 – L 22 R 190/05 –; vgl auch BSG, Urteil v. 19. Juni 1997 – 13 RJ 101/96 - ). Es handelt sich nicht um eine einfachste Tätigkeit, weil nach Auskunft des vom Sozialgericht gehörten berufskundlichen Sachverständigen Rohr Einarbeitungszeiten von 2 bis 4 Wochen erforderlich sind, die diese Tätigkeiten aus dem gänzlich ungelernten Bereich herausheben. Im Übrigen wird diese Tätigkeit in dem bisher auf den Kläger angewandten Tarifvertrag in der Lohngruppe 2 (Pack-, Sortier- und Zubringertätigkeit) erfasst, gehört also auch nach der Bewertung der Tarifvertragsparteien nicht zu den "Arbeiten einfacher Art, für die keine Einarbeitung erforderlich ist", die von der Lohngruppe 1 erfasst werden.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved