L 19 B 2000/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 509/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 2000/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 25. September 2007 aufgehoben. Das Verfahren wird entsprechend § 572 Abs. 3 Zivilprozessordnung i.V.m. § 202 Sozialgerichtsgesetz zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe an das Sozialgericht zurückverwiesen. Eine Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren erfolgt nicht.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig.

Dem steht die Regelung des § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO - nicht entgegen. Danach ist eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe - PKH - nicht möglich, wenn der Streitwert der Hauptsache (wie hier - siehe § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ein Berufungsverfahren nicht eröffnet. Ob diese Regelung aufgrund der Verweisung in § 73a Abs. 1 SGG auch entsprechend für das sozialgerichtliche Verfahren gilt, war bisher umstritten (für eine entsprechende Anwendung beispielsweise LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Januar 2008, L 20 B 1778/07 AS PKH; dagegen der 10. Senat des gleichen Gerichts, Beschluss vom 14. Mai 2007, L 10 B 217/07 AS PKH; beide Entscheidungen - hier zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de - mit weiteren Nachweisen zur uneinheitlichen Rechtsprechung). Der erkennende Senat, der die streitige Rechtsfrage noch nicht entschieden hat, geht davon aus, dass durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I Seite 444), mit dem eine Neufassung des § 172 SGG durch Anfügung eines dritten Absatzes mit Wirkung zum 1. April 2008 erfolgte, nunmehr eine Rechtslage entstanden ist, nach der die Auffassung, die - mit guten Gründen - eine entsprechende Anwendung von § 127 ZPO befürwortete, nicht mehr haltbar ist. Mit der Rechtsänderung wurde nämlich durch § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG die Beschwerde ausdrücklich ausgeschlossen gegen die Ablehnung von PKH, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint. Da der Gesetzgeber mithin im SGG eine ausdrückliche Regelung über die beschränkte Anfechtbarkeit von erstinstanzlichen Prozesskostenhilfeentscheidungen getroffen hat, fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, eine weitere Beschränkung der Statthaftigkeit der Beschwerde ergebe sich aufgrund der entsprechenden Anwendung von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO über § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. ausführlich dazu LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 6. Mai 2008, L 6 B 48/08 AS). Dieses Ergebnis wird durch die Gesetzesbegründung bestätigt, in der ausdrücklich und ohne jede Einschränkung die Anfechtbarkeit von Prozesskostenhilfeentscheidungen bei Verneinung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache angeführt wird (BT-Drs. 16/7716 Seite 27 zu Buchstabe b).

Die nach alledem zulässige Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. September 2007 den Antrag auf Gewährung von PKH zu Unrecht wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt. Eine derartige hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn es aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zumindest möglich erscheint, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses für im Mai 2006 entstandene Reparaturkosten in Höhe von 388,83 Euro wegen der Instandsetzung der zur selbst genutzten Eigentumswohnung des Antragstellers gehörenden Heiztherme - Austausch eines defekten Drei-Wege-Umschaltventils mit Stellantrieb - ist § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -. Danach werden Leistungen für die Unterkunft und die Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Dadurch, dass das Gesetz die tatsächlichen Kosten der Unterkunft bezeichnet, wird deutlich, dass der Gesetzgeber bei Mietwohnungen nicht nur die reine Miete (so genannte Kaltmiete), sondern auch die dazugehörigen üblichen Nebenkosten mit erfassen wollte. Wird nicht zur Miete gewohnt, sondern eine im Eigentum des Arbeitslosengeld II-Empfängers stehende Wohngelegenheit (Eigenheim oder Eigentumswohnung) genutzt, gehört nach allgemeiner Ansicht zu den Unterkunftskosten zusätzlich zu den üblichen und auch bei Mietwohnungen entstehenden Nebenkosten der Erhaltungsaufwand (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 26; Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 22,26; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31. März 2006 - L 7 AS 343/05 ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2007 - L 9 B 136/07 AS ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. November 2005 - L 2 B 68/05 AS ER - Rechtsprechungszitate nach juris). Dies ist gerechtfertigt, weil die grundsätzlich vom Vermieter zu tragenden Kosten für die Erhaltung einer Mietwohnung kalkulativer Bestandteil der Miete sind. Es würde eine ungerechtfertigte Benachteiligung von im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Wohneigentümern darstellen, müssten sie diese Kosten im Unterschied zu Mietern aus der Regelleistung bestreiten. Erhaltungsaufwand in diesem Sinne sind jedoch nur regelmäßig anfallende Wartungsarbeiten sowie notwendige Klein- (Ausbesserungs-)Reparaturen. Dem gegenüber zählen nicht dazu größere Reparatur-, Erneuerungs- und Modernisierungsarbeiten, die zu einer Aufwertung der Unterkunft führen. In diesem Zusammenhang wird zu Recht darauf hingewiesen, es sei nicht Aufgabe der aus öffentlichen Steuermitteln finanzierten Transferleistungen nach dem SGB II oder SGB XII, grundlegende Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten zu finanzieren, die zu einer Wertsteigerung des Wohneigentums führen.

Bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung erscheint der Austausch eines defekten Umschaltventils mit Stellmotor (Gerätepreis 196,70 Euro) als eine zum notwendigen Erhaltungsaufwand zählende Kleinreparatur. Maßgeblich dafür ist, dass sich durch den Austausch des defekten Teils die Qualität der Heizungsanlage nicht erhöht haben dürfte, sondern mit der Reparatur lediglich der Zustand wieder hergestellt wurde, der vor dem Ausfall des Ventils bestand.

Die Auffassung des Sozialgerichts, die geltend gemachten Kosten beträfen Aufwendungen der Warmwasseraufbereitung, die nicht Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II seien, ist unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers, das durch die Rechnung und die zuvor eingeholten Kostenanschläge der Handwerksbetriebe bestätigt wird, nicht haltbar. Die vorliegenden Unterlagen belegen, dass die Reparatur an der Heizungsanlage erfolgte. Diese dient zwar offenbar auch zur Erzeugung von Warmwasser zu anderen als zu Heizzwecken. Ob wegen dieser Kombination nur eine anteilige Gewährung der Reparaturkosten im Wege eines Zuschusses zu erfolgen hat, kann im PKH-Verfahren aber offen bleiben, weil dies einer teilweisen Erfolgsaussicht nicht entgegensteht.

Eine Prozesskostenhilfebewilligung hat der Senat nicht vorgenommen, weil vom Sozialgericht in eigener Zuständigkeit noch zu prüfen ist, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine Bewilligung rechtfertigen. Da wegen dieser Entscheidung eine Beschwerde nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der seit 1. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen ist, erscheint es sachgerecht, diese Beurteilung dem SG zu überlassen, zumal wegen der Erzielung nicht nur völlig unbedeutender Einkünfte bei Antragstellung die Bedürftigkeit des Antragstellers eine nähere Betrachtung erfordert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved