Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 86 KR 1758/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 B 522/07 KR NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache i. S. d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann nicht aus der bloßen Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer vom Sozialgericht angewandten Norm in bestimmten Fällen abgeleitet werden. Vielmehr muss aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers oder aus den Umständen des Falles zumindest erkennbar werden, dass schon durch die Norm selbst und nicht erst durch ihre Anwendung, insbesondere durch die Auslegung ihrer Tatbestandsmerkmale, die in der Beschwerde genannten Grundrechte tatsächlich verletzt werden.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juli 2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juli 2007 ist gem. § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach § 144 Abs. 1 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I 2008, 444) am 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall, weil die Klage auf die Erstattung von Kosten für das Computertomogramm in Höhe von 325,16 Euro gerichtet ist.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
1.) Die Rechtssache hat nicht die von dem Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn von ihrer Entscheidung erwartet werden kann, dass sie zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Das ist der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige (entscheidungserhebliche) konkrete Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Dies ist hier aber nicht der Fall.
a.) Der Kläger hält in diesem Sinne zum einen für klärungsbedürftig, ob erforderliche Untersuchungen bei Patienten, die an Krebs leiden oder bei denen Krebsverdacht besteht, immer bzw. grundsätzlich unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) sind. Als "Rechtsfrage" ist aber im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG regelmäßig nur eine solche des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts anzusehen, die mit den Mitteln der juristischen Methodik beantwortet werden kann. Die Zulassung der Berufung ist nicht eröffnet, wenn die Beurteilung einer Sache ausschlaggebend von der Würdigung der Umstände des konkreten Falls abhängt und sie infolgedessen gerade nicht auf eine Rechtsfrage führt, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise klären lässt (grundlegend BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 7; BVerwG Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 193).
So liegt der Fall hier. Denn der Frage, ob eine Krebstherapie unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V ist, ist wegen der Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall und dem hierfür maßgeblichen Tatsachenstoff, insbesondere angesichts der Therapiemöglichkeiten und verschiedenartigen Krankheitsbilder von Krebserkrankungen sowie dem darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch nicht der Charakter einer Rechtsfrage, sondern einer Tatfrage beizumessen. Die Klärung von Tatsachenfragen, auch wenn sie verallgemeinerungsfähige Auswirkungen besitzen, genügt nicht, um einem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zu verleihen (vgl. Meyer-Ladewig, in Meyer-Ladewig u. a., Kommentar zum SGG, 8. Auflage, Rn. 29 zu § 144).
b.) Soweit der Kläger zum anderen meint, die grundsätzliche Bedeutung folge aus der Rechtsfrage, ob § 13 Abs. 3 SGB V mit Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar sei, hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg. Denn die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann nicht aus der bloßen Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer vom Sozialgericht angewandten Norm in bestimmten Fällen (hier: Kostenerstattung in "Sondersituationen" von Patienten, die an Krebs leiden oder bei denen Krebsverdacht besteht) abgeleitet werden. Vielmehr muss aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers oder aus den Umständen des Falles zumindest erkennbar werden, dass schon durch die Norm selbst und nicht erst durch ihre Anwendung, insbesondere durch die Auslegung ihrer Tatbestandsmerkmale, die in der Beschwerde genannten Grundrechte tatsächlich verletzt werden. Anderenfalls wäre nicht zu verhindern, dass durch die bloße Behauptung einer Verletzung von Grundrechten unmittelbar durch die vom Sozialgericht zu Grunde gelegte Rechtsvorschrift die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG auch in den Fällen erreicht werden könnte, in denen der Kläger - wie hier - sich in der Sache nur gegen die Anwendung des einfachen Gesetzesrechts im konkreten Fall wehrt, worauf eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache - wie bereits
dargelegt - auch dann nicht gestützt werden kann, wenn die Verletzung von Grundrechten im Streit ist.
Denn Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit des § 13 Abs. 3 SGB V hat der Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst erkennbar, zumal nicht einmal im Ansatz ersichtlich ist, warum eine auf Kostenerstattung gerichtete Norm die Grundrechte der Versicherten auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit verletzten soll, solange sie die begehrten Leistungen in den vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen Fällen zur Sicherung dieser Grundrechte mit den Mitteln des vorläufigen Rechtsschutzes als Sachleistung oder im Wege der Kostenübernahme erhalten könnten (vgl. hierzu BVerfG, 1. Senat 3. Kammer, Beschluss vom 29. November 2007, - 1 BvR 2496/07 -, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum ganzen Problemkreis, zitiert nach juris).
2.) Für eine Abweichung des Urteils des Sozialgerichts von einer höherinstanzlichen Entscheidung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
3.) Soweit der Kläger schließlich mit der Beschwerde geltend macht, das Sozialgericht habe seine Amtsermittlungspflicht dadurch verletzt, dass es eine Vermutung der Kassenärztlichen Vereinigung über die Verfügbarkeit eines Vertragsarztes zur zeitnahen Durchführung einer Computertomographie zur Grundlage seines Urteils gemacht und keine Ermittlungen darüber angestellt habe, wie dringlich die Untersuchung bei dem Kläger wegen seiner Vorerkrankungen gewesen sei, reicht dies nicht aus, gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden, tatsächlich vorliegenden Verfahrensmangel geltend zu machen, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten die Kosten einer selbst beschafften Leistung in der entstandenen Höhe dann zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte (erste Fallgruppe) oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte (zweite Fallgruppe). Die Voraussetzungen beider Fallgruppen liegen nur dann vor, wenn sich der Versicherte vor Inanspruchnahme einer privatärztlichen Leistung mit seiner Krankenkasse in Verbindung gesetzt und sich über die Möglichkeiten einer Behandlung als Sachleistung
unter Verwendung seiner Krankenversichertenkarte informiert hat. Für den Kostenerstattungsanspruch der ersten Fallgruppe wird neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte, wovon im Regelfall nur ausgegangen werden kann, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22). Hierfür hat der Versicherte allerdings alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel der modernen Kommunikation, insbesondere auch die Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme auszuschöpfen, bevor er eine privatärztliche Leistung in Anspruch nimmt.
Das Sozialgericht hat sein Urteil, mit dem es den von dem Kläger auf § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V gestützten Kostenerstattungsanspruch verneint hat, auf mehrere tragende Gründe gestützt; es hat seinen Anspruch auch deshalb verneint, weil er den erforderlichen Antrag auf Kostenerstattung erst nach Durchführung der Computertomographie gestellt hat und sich damit auf die vorstehend dargestellte Rechtsprechung des BSG bezogen. Da das Sozialgericht festgestellt hat, dass es bereits an einem Antrag des Klägers bei der Beklagten vor Durchführung der Computertomographie gefehlt hat, musste es Ermittlungen in dem vom Kläger geltend gemachten Umfang nicht mehr anstellen. Denn ausgehend von der für das vorliegende Beschwerdeverfahren maßgeblichen rechtlichen Beurteilung des Sozialgerichts war die Klage auch ohne die Feststellung des Tatbestandsmerkmales der Unaufschiebbarkeit der Leistung abzuweisen. Es bedurfte deshalb aus der maßgeblichen Sicht des Sozialgerichts keiner weiteren Ermittlungen, ob die umstrittenen Behandlungen im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich waren, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand. Deshalb kann das Urteil des Sozialgerichts nicht auf den von dem Kläger geltend gemachten Verfahrensfehlern beruhen.
Ob das Sozialgericht den Rechtsstreit richtig entschieden hat, namentlich die festgestellten Tatsachen richtig gewürdigt und unter die von ihm seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Rechtsnormen zutreffend subsumiert hat, was von dem Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde außerdem in Abrede gestellt wird, ist dagegen im vorliegenden
Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Die sachliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung stellt nach § 144 Abs. 2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Vielmehr soll es gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei Verfahren mit geringem Streitwert - wie hier - grundsätzlich mit einer gerichtlichen sachlichen Überprüfung des Klagebegehrens sein Bewenden haben.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG). Nach § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juli 2007 ist gem. § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach § 144 Abs. 1 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I 2008, 444) am 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall, weil die Klage auf die Erstattung von Kosten für das Computertomogramm in Höhe von 325,16 Euro gerichtet ist.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
1.) Die Rechtssache hat nicht die von dem Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn von ihrer Entscheidung erwartet werden kann, dass sie zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Das ist der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige (entscheidungserhebliche) konkrete Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Dies ist hier aber nicht der Fall.
a.) Der Kläger hält in diesem Sinne zum einen für klärungsbedürftig, ob erforderliche Untersuchungen bei Patienten, die an Krebs leiden oder bei denen Krebsverdacht besteht, immer bzw. grundsätzlich unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) sind. Als "Rechtsfrage" ist aber im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG regelmäßig nur eine solche des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts anzusehen, die mit den Mitteln der juristischen Methodik beantwortet werden kann. Die Zulassung der Berufung ist nicht eröffnet, wenn die Beurteilung einer Sache ausschlaggebend von der Würdigung der Umstände des konkreten Falls abhängt und sie infolgedessen gerade nicht auf eine Rechtsfrage führt, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise klären lässt (grundlegend BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 7; BVerwG Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 193).
So liegt der Fall hier. Denn der Frage, ob eine Krebstherapie unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V ist, ist wegen der Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall und dem hierfür maßgeblichen Tatsachenstoff, insbesondere angesichts der Therapiemöglichkeiten und verschiedenartigen Krankheitsbilder von Krebserkrankungen sowie dem darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch nicht der Charakter einer Rechtsfrage, sondern einer Tatfrage beizumessen. Die Klärung von Tatsachenfragen, auch wenn sie verallgemeinerungsfähige Auswirkungen besitzen, genügt nicht, um einem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zu verleihen (vgl. Meyer-Ladewig, in Meyer-Ladewig u. a., Kommentar zum SGG, 8. Auflage, Rn. 29 zu § 144).
b.) Soweit der Kläger zum anderen meint, die grundsätzliche Bedeutung folge aus der Rechtsfrage, ob § 13 Abs. 3 SGB V mit Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar sei, hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg. Denn die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann nicht aus der bloßen Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer vom Sozialgericht angewandten Norm in bestimmten Fällen (hier: Kostenerstattung in "Sondersituationen" von Patienten, die an Krebs leiden oder bei denen Krebsverdacht besteht) abgeleitet werden. Vielmehr muss aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers oder aus den Umständen des Falles zumindest erkennbar werden, dass schon durch die Norm selbst und nicht erst durch ihre Anwendung, insbesondere durch die Auslegung ihrer Tatbestandsmerkmale, die in der Beschwerde genannten Grundrechte tatsächlich verletzt werden. Anderenfalls wäre nicht zu verhindern, dass durch die bloße Behauptung einer Verletzung von Grundrechten unmittelbar durch die vom Sozialgericht zu Grunde gelegte Rechtsvorschrift die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG auch in den Fällen erreicht werden könnte, in denen der Kläger - wie hier - sich in der Sache nur gegen die Anwendung des einfachen Gesetzesrechts im konkreten Fall wehrt, worauf eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache - wie bereits
dargelegt - auch dann nicht gestützt werden kann, wenn die Verletzung von Grundrechten im Streit ist.
Denn Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit des § 13 Abs. 3 SGB V hat der Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst erkennbar, zumal nicht einmal im Ansatz ersichtlich ist, warum eine auf Kostenerstattung gerichtete Norm die Grundrechte der Versicherten auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit verletzten soll, solange sie die begehrten Leistungen in den vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen Fällen zur Sicherung dieser Grundrechte mit den Mitteln des vorläufigen Rechtsschutzes als Sachleistung oder im Wege der Kostenübernahme erhalten könnten (vgl. hierzu BVerfG, 1. Senat 3. Kammer, Beschluss vom 29. November 2007, - 1 BvR 2496/07 -, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum ganzen Problemkreis, zitiert nach juris).
2.) Für eine Abweichung des Urteils des Sozialgerichts von einer höherinstanzlichen Entscheidung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
3.) Soweit der Kläger schließlich mit der Beschwerde geltend macht, das Sozialgericht habe seine Amtsermittlungspflicht dadurch verletzt, dass es eine Vermutung der Kassenärztlichen Vereinigung über die Verfügbarkeit eines Vertragsarztes zur zeitnahen Durchführung einer Computertomographie zur Grundlage seines Urteils gemacht und keine Ermittlungen darüber angestellt habe, wie dringlich die Untersuchung bei dem Kläger wegen seiner Vorerkrankungen gewesen sei, reicht dies nicht aus, gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden, tatsächlich vorliegenden Verfahrensmangel geltend zu machen, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten die Kosten einer selbst beschafften Leistung in der entstandenen Höhe dann zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte (erste Fallgruppe) oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte (zweite Fallgruppe). Die Voraussetzungen beider Fallgruppen liegen nur dann vor, wenn sich der Versicherte vor Inanspruchnahme einer privatärztlichen Leistung mit seiner Krankenkasse in Verbindung gesetzt und sich über die Möglichkeiten einer Behandlung als Sachleistung
unter Verwendung seiner Krankenversichertenkarte informiert hat. Für den Kostenerstattungsanspruch der ersten Fallgruppe wird neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte, wovon im Regelfall nur ausgegangen werden kann, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22). Hierfür hat der Versicherte allerdings alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel der modernen Kommunikation, insbesondere auch die Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme auszuschöpfen, bevor er eine privatärztliche Leistung in Anspruch nimmt.
Das Sozialgericht hat sein Urteil, mit dem es den von dem Kläger auf § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V gestützten Kostenerstattungsanspruch verneint hat, auf mehrere tragende Gründe gestützt; es hat seinen Anspruch auch deshalb verneint, weil er den erforderlichen Antrag auf Kostenerstattung erst nach Durchführung der Computertomographie gestellt hat und sich damit auf die vorstehend dargestellte Rechtsprechung des BSG bezogen. Da das Sozialgericht festgestellt hat, dass es bereits an einem Antrag des Klägers bei der Beklagten vor Durchführung der Computertomographie gefehlt hat, musste es Ermittlungen in dem vom Kläger geltend gemachten Umfang nicht mehr anstellen. Denn ausgehend von der für das vorliegende Beschwerdeverfahren maßgeblichen rechtlichen Beurteilung des Sozialgerichts war die Klage auch ohne die Feststellung des Tatbestandsmerkmales der Unaufschiebbarkeit der Leistung abzuweisen. Es bedurfte deshalb aus der maßgeblichen Sicht des Sozialgerichts keiner weiteren Ermittlungen, ob die umstrittenen Behandlungen im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich waren, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand. Deshalb kann das Urteil des Sozialgerichts nicht auf den von dem Kläger geltend gemachten Verfahrensfehlern beruhen.
Ob das Sozialgericht den Rechtsstreit richtig entschieden hat, namentlich die festgestellten Tatsachen richtig gewürdigt und unter die von ihm seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Rechtsnormen zutreffend subsumiert hat, was von dem Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde außerdem in Abrede gestellt wird, ist dagegen im vorliegenden
Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Die sachliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung stellt nach § 144 Abs. 2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Vielmehr soll es gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei Verfahren mit geringem Streitwert - wie hier - grundsätzlich mit einer gerichtlichen sachlichen Überprüfung des Klagebegehrens sein Bewenden haben.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG). Nach § 145 Abs. 4 Satz 5 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.
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