L 23 B 160/08 SO ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 50 SO 1415/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 160/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2008 werden zurückgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I:

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Kosten eines "gesonderten Betreuungsaufwands" über die Hilfebedarfgruppe V hinaus für eine 1: 1 - Betreuung.

Der Antragsteller befindet sich seit dem 1. November 2006 in der Betreuungsheimeinrichtung R im E- in der Gstraße in B. Die Antragsgegnerin bewilligte ihm zuletzt mit Bescheid vom 24. Januar 2008 gemäß §§ 53 Abs. 3, 54 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGG XII) die Kosten für die Betreuung in der Einrichtung in Höhe der jeweils nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe vereinbarten Kostensätze in der Hilfebedarfsgruppe 5 – interne TSt. Die Bewilligung war auf die Zeit vom 1. November 2007 bis vorläufig 31. Oktober 2008 befristet. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.

Einen Antrag auf "behindertenbedingten Mehrbedarf" für eine 1:1 Betreuung vom 12. Januar 2007 hatte die Beklagte zuvor bereits mit Bescheid vom 8. Februar 2007 abgelehnt, den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2007 zurückgewiesen. Auch dieser Bescheid ist bestandskräftig. Einen auf Überprüfung des Bescheides vom 8. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2007 gerichteten Überprüfungsantrag vom 21. Februar 2008 hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. April 2008 zurückgewiesen. Soweit ersichtlich, ist dieser Bescheid nicht mit dem Widerspruch angegriffen worden.

Mit Rechnungen vom 24. April 2008 forderte die R vom Antragsteller einen "gesonderten Betreuungsaufwand" in Höhe von 3.468,00 Euro für den Monat Januar 2008, 7.260,84 Euro für den Monat Februar 2008 und 4.326,82 Euro für den Monat März 2008. Mit Schreiben vom 7. Mai 2008 mahnte die R diese Beträge an: "Wir fordern Sie auf, die Rechnungsbeträge bis zum 15. Juni 2008 zu überweisen. Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, sehen wir uns gezwungen von unserer Möglichkeit der Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 8 Abs. 2 Satz 4 ff, Abs. 3 und Abs. 4 Heimgesetz) Gebrauch zu machen".

Soweit ersichtlich ohne zuvor die Rechnungen bzw. die Mahnung bei dem Antragsgegner einzureichen, beantragte der Antragsteller am 19. Mai 2008 bei dem Sozialgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 11. Juni 2008 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen und Prozesskostenhilfe nicht gewährt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass ein Rechtschutzbedürfnis nicht bestehe, weil dem Antragsteller ein Verlust seines Heimplatzes nicht drohe. Das Verhalten der R verstoße gegen vertragliche Bestimmungen und im Übrigen gegen die guten Sitten. Eine Kündigung des Heimvertrages sei nicht möglich, denn die R habe keinen Anspruch auf die mit den Rechnungen geltend gemachten Beträge. Gemäß § 3 des Heimvertrages vom 21. November 2006 sei Grundlage für die Festlegung der Vergütung für das Wohnen und die Betreuung in der Wohnstätte der jeweils gültige Entgeltsatz, der bei Sozialhilfeempfängern direkt mit dem Sozialhilfeträger verrechnet werde. Die Höhe des Leistungsentgeltes orientiere sich nach Maßgabe der mit dem Sozialhilfeträger vereinbarten Vergütung (entsprechend dem Leistungstyp oder der Einstufung in die jeweilige Hilfebedarfgruppe des Bewohners). Nach § 4 des Vertrages könne die R durch einseitige Erklärung eine Erhöhung des Entgeltes verlangen, die Erhöhung sei jedoch nur wirksam, wenn die Erhöhung des Entgeltes der zwischen der R und den Sozialleistungsträgern geschlossenen Vergütungsvereinbarung entspreche (§ 7 Abs. 3 Heimgesetz). Die Vergütungsvereinbarung zwischen der R und der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales im Rahmen der Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGG XII sehe den in Rechnung gestellten Mehrbedarf jedoch nicht vor. Somit liege keine wirksame Erhöhung des Entgeltes und damit kein Vergütungsrückstand gemäß § 14 des Heimvertrages vor. Mangels Erfolgsaussichten des einstweiligen Rechtschutzverfahrens sei deshalb auch keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Gegen den am 17. Juni 2008 seinem Betreuer zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 14. Juli 2008 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund bei Zahlungsverzug gemäß § 8 Heimgesetz möglich sei. Gleichzeitig hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Sozialhilfeakten (4522.1.0731, Band VII und VIII) des Antragsgegners sowie der Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

II.

Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren abgelehnt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Absatz 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO -).

Hier ist schon fraglich, ob ein "vorläufiger Zustand" im Sinne des § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG noch vorliegt, nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 24. Januar 2008 die Leistungen für die Kosten der Betreuung in der Einrichtung R vom 1. November 2007 bis 31. Oktober 2008 bestandskräftig geregelt hat. Der Antragsteller hat hiergegen keinen Widerspruch erhoben.

Darüber hinaus ist der Antrag auf "behinderungsbedingten Mehrbedarf" für eine 1:1 Betreuung vom 12. Januar 2007 mit Bescheid vom 8. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2007 bestandskräftig abgelehnt worden. Damit hat der Antragsgegner den Sozialhilfefall diesbezüglich für einen längeren Zeitraum regeln wollen, wozu er rechtlich auch befugt war (BVerwG vom 19. Januar 1972, V C 10.71, BVerwGE 39, 261, 265; vom 26. September 1991, 5 C 14/87). Trifft der Sozialhilfeträger in einem Sozialhilfefall eine Regelung zur Höhe der Leistung nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum, sondern darüber hinaus für einen längeren Zeitraum, muss er sich einerseits daran festhalten lassen, andererseits ist es dem Leistungsempfänger damit verwehrt, entsprechende Einwendungen gegen jeden neuen Bewilligungsbescheid zu erheben. Dies sieht offensichtlich auch der Betreuer des Antragstellers so, denn dieser hat hinsichtlich des Bescheides vom 8. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2007 einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestellt, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. April 2008 abgelehnt hat. Soweit ersichtlich, hat der Antragsteller hiergegen keinen Widerspruch erhoben, sodass auch der Überprüfungsbescheid bestandskräftig geworden sein dürfte. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, liegt jedoch bis zur Aufhebung des zu überprüfenden Bescheides ein "vorläufiger Zustand" im Sinne des § 86 b Absatz 2 Satz 2 SGG nicht vor.

Dies – und die Tatsache, dass der Antragsteller die nunmehr begehrten Leistungen bei dem Antragsgegner soweit ersichtlich vor Beantragung einer einstweiligen Anordnung nicht geltend gemacht hat – kann letztlich dahingestellt bleiben, da der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat. Insoweit kann auf die Begründung des Sozialgerichts verwiesen werden, mit dem dieses das Rechtschutzbedürfnis verneint hat. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem Antragsteller ein Verlust seines Heimplatzes nicht droht. Auch wenn sich die R in ihrem Schreiben vom 7. Mai 2008 so geriert, steht ihr ein Kündigungsrecht aufgrund des von ihr in Rechnung gestellten "gesonderten Betreuungsaufwandes" nicht zu. Das Sozialgericht geht deshalb zutreffend davon aus, dass ein Vergütungsrückstand, der allein Grundlage einer Kündigung sein könnte, nicht besteht. Die der R zustehende Vergütung wird auf Grund der Bewilligung von Leistungen durch den Antragsgegner und die Direktzahlung an die R vollständig ausgeglichen.

Das Sozialgericht hat aus diesem Grunde auch zutreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Mangels Erfolgsaussichten des Beschwerdeverfahrens war auch für dieses Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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