Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 130 AS 16001/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 B 1463/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juni 2008 wird geändert. Dem Antragsteller wird für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Berlin mit Wirkung vom 4. Juni 2008 und für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt beigeordnet. Kosten für das Beschwerdeverfahren, soweit es sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe richtet, sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Nachdem die Beteiligten wegen der streitig gewesenen Übernahme von Miet- und Energieschulden das Verfahren in der Hauptsache durch Vergleich beendet haben, war vom Senat noch über die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 2. Juni 2008, soweit hierin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, sowie über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu entscheiden.
Die zulässige Beschwerde, soweit sie sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe richtet, ist begründet. Dem Antragsteller ist für das Verfahren vor dem SG Berlin Prozesskostenhilfe nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.
Nach den genannten Vorschriften ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ist gegeben, wenn im Ergebnis dieser Prüfung eine "reale Chance zum Obsiegen" besteht, während sie bei einer "nur entfernten Erfolgschance" abzulehnen ist. Für eine hinreichende Erfolgsaussicht genügt, dass jedenfalls ein Teilerfolg des Antragstellers mit seinem Antrag wahrscheinlich erscheint.
An diesen Grundsätzen gemessen hatte das Antragsverfahren, mit dem der Antragsteller die Übernahme von Miet- und Energieschulden begehrt hat, hinreichende Aussicht auf Erfolg. Soweit das SG dargelegt hat, der Antragsteller habe seine Lage selbst verschuldet, so dass Leistungen nicht zu gewähren seien, ist unbeachtet geblieben, dass – wovon auch der Antragsgegner mittlerweile ausgeht – der Antragsteller die Schulden durch pathologisches Spielen (im Sinne des ICD 10 F63.0) hat auflaufen lassen und gerade die Selbsthilfemöglichkeiten, die § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II als allgemeine Auslegungshilfe für die Anwendung leistungsrechtlicher Regelungen normiert, nur noch eingeschränkt vorhanden waren. Die Betroffenheit von einer Suchterkrankung hätte in die Ermessensentscheidung nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II mit einfließen und zur Vermeidung von Obdachlosigkeit (im konkreten Einzelfall) hätten von dem Antragsgegner von Amts wegen weitergehende Hilfen angeboten werden müssen. Wegen möglicher Ratenvereinbarungen mit den Energieversorgern kann der Senat schließlich (ungeachtet der wegen der Spielsucht nur eingeschränkt verbliebenen Selbsthilfemöglichkeiten) nicht erkennen, welcher finanzielle Spielraum neben einer (nunmehr auch teilweise realisierten) Vereinbarung mit dem Vermieter wegen der Abzahlung der Mietschulden noch für die Abzahlung der Energieschulden bestanden haben sollte. Zumindest ein Teilerfolg des Antrages war damit hinreichend wahrscheinlich.
Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht nach den §§ 117, 119 ZPO i. V. m. § 73a SGG erst ab dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. nur Philippi in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 119 Rn. 39; Hartmann in Baumbach, ZPO, 60. Aufl., § 119 Rn. 11 f.), vorliegend mit Wirkung vom 4. Juni 2008. Die vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lag an diesem Tag (und damit einen Tag vor Aufgabe des Beschlusses des SG zur Post) vor.
Aus den genannten Gründen war auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich, § 121 Abs. 2 ZPO. Der Rechtsstreit ist für den Antragsteller von erheblicher Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Nachdem die Beteiligten wegen der streitig gewesenen Übernahme von Miet- und Energieschulden das Verfahren in der Hauptsache durch Vergleich beendet haben, war vom Senat noch über die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 2. Juni 2008, soweit hierin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, sowie über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu entscheiden.
Die zulässige Beschwerde, soweit sie sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe richtet, ist begründet. Dem Antragsteller ist für das Verfahren vor dem SG Berlin Prozesskostenhilfe nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.
Nach den genannten Vorschriften ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ist gegeben, wenn im Ergebnis dieser Prüfung eine "reale Chance zum Obsiegen" besteht, während sie bei einer "nur entfernten Erfolgschance" abzulehnen ist. Für eine hinreichende Erfolgsaussicht genügt, dass jedenfalls ein Teilerfolg des Antragstellers mit seinem Antrag wahrscheinlich erscheint.
An diesen Grundsätzen gemessen hatte das Antragsverfahren, mit dem der Antragsteller die Übernahme von Miet- und Energieschulden begehrt hat, hinreichende Aussicht auf Erfolg. Soweit das SG dargelegt hat, der Antragsteller habe seine Lage selbst verschuldet, so dass Leistungen nicht zu gewähren seien, ist unbeachtet geblieben, dass – wovon auch der Antragsgegner mittlerweile ausgeht – der Antragsteller die Schulden durch pathologisches Spielen (im Sinne des ICD 10 F63.0) hat auflaufen lassen und gerade die Selbsthilfemöglichkeiten, die § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II als allgemeine Auslegungshilfe für die Anwendung leistungsrechtlicher Regelungen normiert, nur noch eingeschränkt vorhanden waren. Die Betroffenheit von einer Suchterkrankung hätte in die Ermessensentscheidung nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II mit einfließen und zur Vermeidung von Obdachlosigkeit (im konkreten Einzelfall) hätten von dem Antragsgegner von Amts wegen weitergehende Hilfen angeboten werden müssen. Wegen möglicher Ratenvereinbarungen mit den Energieversorgern kann der Senat schließlich (ungeachtet der wegen der Spielsucht nur eingeschränkt verbliebenen Selbsthilfemöglichkeiten) nicht erkennen, welcher finanzielle Spielraum neben einer (nunmehr auch teilweise realisierten) Vereinbarung mit dem Vermieter wegen der Abzahlung der Mietschulden noch für die Abzahlung der Energieschulden bestanden haben sollte. Zumindest ein Teilerfolg des Antrages war damit hinreichend wahrscheinlich.
Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht nach den §§ 117, 119 ZPO i. V. m. § 73a SGG erst ab dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. nur Philippi in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 119 Rn. 39; Hartmann in Baumbach, ZPO, 60. Aufl., § 119 Rn. 11 f.), vorliegend mit Wirkung vom 4. Juni 2008. Die vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lag an diesem Tag (und damit einen Tag vor Aufgabe des Beschlusses des SG zur Post) vor.
Aus den genannten Gründen war auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich, § 121 Abs. 2 ZPO. Der Rechtsstreit ist für den Antragsteller von erheblicher Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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