Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 2 U 120/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 U 402/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird ihren Anerkenntnissen entsprechend verurteilt bei dem Kläger eine posttraumatische Femoropatellagelen-karthrose sowie eine umschriebene Hypästhesie im Ausbreitungs-gebiet des Nervus genu inferior rechts ohne Funktionseinschrän-kungen anzuerkennen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Januar 2007 zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente unter Anerken-nung weiterer und Höherbewertung der bereits als Folgen seines Arbeitsunfalls vom 28. Ok-tober 2001 anerkannten Unfallfolgen.
Der am 13. Februar 1966 geborene Kläger ist selbstständiger Malermeister. Am 28. Oktober 2001 verletzte sich der Kläger beim Treppensteigen am rechten Knie.
Laut Durchgangsarztbericht des Arztes für Unfallchirurgie Prof. Dr. R vom 6. November 2001 wurde die Behandlung des Klägers am 29. Oktober 2001 um 10:15 Uhr aufgenommen. Prof. Dr. R stellte die Diagnose einer Kniebinnenverletzung rechts. Als Befund nahm er eine leichte Schwellung des rechten Kniegelenkes, eine verstrichene Kontur sowie einen mäßigen Erguss im oberen Rezessus auf und führte weiter aus, bei eingeschränkter klinischer Beurteil-barkeit seien die Kreuzbänder und Seitenbänder stabil. Das Meniskuszeichen sei positiv. Es liege keine knöcherne Beteiligung vor. Die Durchblutung und die peripheren Nerven seien intakt.
Nach Auswertung von Zwischenberichten der den Kläger behandelnden Ärzten gewährte die Beklagte dem Kläger bis 2. August 2002 sowie vom 14. August 2002 bis einschließlich 20. September 2002 Verletztengeld wegen der Folgen des Versicherungsfalls.
Nach Auswertung weiterer Behandlungsunterlagenveranlasste die Beklagte die Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. E. Dieser führte in seinem Gutachten vom 1. Juli 2003 unter an-derem aus, als Unfallfolgen lägen eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes mit einer Streckhemmung von 15° im Vergleich zur Gegenseite, eine posttraumatische Go-narthrose rechts, eine Weichteilschwellung im Bereich des rechten Kniegelenkes, eine Mus-kelminderung im Bereich des rechten Ober- und Unterschenkels, reizlose Operationsnarben am rechten Kniegelenk sowie ein dezent rechtshinkendes Gangbild vor. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er für die Zeit vom 3. August 2002 (Tag der Arbeitsfähigkeit) bis zum Ablauf des 3. Jahres nach dem Unfall mit 20 v.H. ein. Nach Aus-wertung dieses Gutachtens, insbesondere der darin enthaltenen Bewegungsmaße des rechten Knies, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2003 die Gewährung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Erwerbsfähigkeit sei nicht in rentenberechtigendem Grade über das Ende des Anspruchs auf Verletztengeld hinaus gemindert. Als Folgen des Versicherungsfalles würden eine leichte Muskelminderung am rechten Ober- und Unterschenkel sowie eine geringe Verdickung um das rechte Knie nach vorderer Kreuzbandruptur rechts mit anschließender Kreuzbandersatzplastik und Ruptur des Außenbandes des rechten Kniegelenkes anerkannt.
Mit dem hiergegen am 9. September 2003 erhobenen Widerspruch führte der Kläger unter anderem aus, seine berufliche Beeinträchtigung sei erheblich. Aus dem Gutachten des Prof. Dr. E gehe eine MdE von 20 v. H. hervor. Diese sei auch zutreffend. Besonders hinderlich wirke sich für ihn das verbliebene Streckdefizit im rechten Knie aus. Mit dem hinkenden Gangbild sei seine Gehstrecke deutlich eingeschränkt. Arbeiten im Knien und das Tragen von Lasten könne er nicht mehr bewältigen. Das Treppensteigen sei ihm erschwert. Dies alles ha-be Auswirkungen auf seine selbstständige Tätigkeit als Malermeister. Eine MdE von 10 v. H., wie von der Beklagten angenommen, könne er nicht nachvollziehen. Mit Widerspruchsbe-scheid vom 29. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Be-gründung u.a. aus, bei dem Arbeitsunfall vom 28. Oktober 2001 habe der Kläger eine Knie-binnenverletzung rechts mit vorderer Kreuzbandruptur erlitten. Diese sei zutreffend mit einer MdE unter 20 v. H. zu bewerten. Der Gutachter Prof. Dr. E habe im Rahmen der Funktions-begutachtung ein dezent rechtshinkendes Gangbild festgestellt. Der Einbeinstand sowie der Zehenspitzen- und Hackengang seien beidseits sicher vorgeführt worden. Es hätten sich achs-gerechte Verhältnisse im Bereich beider Beine gezeigt. Optisch habe sich eine leichte Mus-kelatrophie der rechtsseitigen Oberschenkelmuskulatur gefunden. Bei der Bewegungsprüfung im Bereich der Kniegelenke habe Prof. Dr. E ein Streckdefizit im Bereich des rechten Kniege-lenkes von 0/10/150° festgestellt. Nach den Erfahrungswerten ergäbe sich eine MdE in Höhe von 10 v. H. bei einer Bewegungseinschränkung von 0/0/120°. Die röntgenologisch nachge-wiesene Retropatellaarthrose mit verschmälertem Gelenkspalt und Sklerosierung der Patella-gelenkfläche führe zu keiner Funktionsbeeinträchtigung, die in rentenberechtigendem Grade liegen würde. Die Weichteilschwellung im Bereich des rechten Kniegelenkes sei nach dem beigefügten Messblatt des Gutachtens als gering einzustufen.
Mit der hiergegen am 11. November 2003 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung führte er u. a. aus, seit 14. Oktober 2003 sei er erneut ar-beitsunfähig. Am 15. Januar 2004 habe er operiert werden müssen. Das rechte Bein sei durch die eingeschränkte Streckfähigkeit funktionell verkürzt, es liege weder eine seitengleiche Beinlänge noch ein Beckengeradstand vor. Er leide auch unter einer Valgusinstabilität sowie einem Knorpelschaden und einer unfallbedingten Arthrose, was zu einer Belastungsminde-rung mit Schwellneigung führe. Ergänzend hat der Kläger dem Gericht Röntgenbilder über-sandt.
Das Sozialgericht hat Befundberichte des Facharztes für Orthopädie Dr. R vom 20. Februar 2004 und des Facharztes für Chirurgie Dr. T vom 25. Februar 2004 eingeholt.
Der als Sachverständiger bestellte Chirurg und Sozialmediziner Dr. B hat in seinem Gutach-ten vom 26. März 2004 unter anderem ausgeführt, ursächlich auf das Unfallereignis vom 28. Oktober 2001 zurückzuführen seien eine Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenkes bei der Beugung und Streckung bei Zustand nach erlittener und operativ behandelter vorderer Kreuzbandruptur mit jetzt stabilen Kreuzbandverhältnissen und stabilen Verhältnissen der Seitenbandführung des Kniegelenkes sowie eine posttraumatische Arthrose bei Zustand nach durchgeführter Abrasionsplastik wegen eines Kniegelenkknorpelschadens. Die unfallbedingte MdE sei mit 15 v. H. anzugeben. Dies gelte nach Beendigung der stationären Behandlung am 19. Januar 2004. Die MdE von 20 v. H., die im ersten Rentengutachten von Prof. Dr. E vor-geschlagen worden sei, sei nicht nachvollziehbar, da die Beugefähigkeit des Kniegelenkes zwar endgradig gegenüber links eingeschränkt sei, aber dennoch im unteren Normbereich liege.
Mit Urteil vom 25. Januar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, im Anschluss an das Gutachten des Sachverständigen Dr. B sei die MdE mit 15 v. H. anzusetzen, da im rechten Knie nach wie vor eine schmerzhaft knackende Krepitation und eine eindeutige Streckhemmung von 10° sowie eine Beugebehinderung, die im unteren Normbereich angesiedelt sei, aber ein deutliches Defizit gegenüber dem linken gesunden Knie aufweise, vorliege.
Gegen das ihm am 13. Juni 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Juni 2007 eingeleg-te Berufung des Klägers. Zur Begründung führt er unter anderem aus, die von dem Sachver-ständigen Dr. B vorgenommene Einschätzung der Unfallfolgen wirke unter Berücksichtigung der Einschätzung des Prof. Dr. E willkürlich und nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Januar 2007 aufzuhe-ben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Au-gust 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2003 zu verurteilen, bei ihm eine MdE in rentenberechtigendem Grade festzustellen und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen soweit sie über das eben abgegebene Anerkenntnis hinausgeht.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils und sieht sich sowohl durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. B als auch durch das im Be-rufungsverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. W in ihrer Einschätzung der MdE bestätigt.
Der als Sachverständiger bestellte Facharzt für Orthopädie Dr. W hat in seinem Gutachten vom 2. Juni 2008 unter anderem ausgeführt, bei dem Kläger liege ein Zustand nach vorderer Kreuzbandersatzoperation rechts, die stabil verheilt sei, eine posttraumatische Femoropatella-gelenkarthrose und eine umschriebene Hypästhesie im Ausbreitungsgebiet des Nervus genu inferior rechts ohne Funktionseinschränkungen vor. Diese genannten Veränderungen des rechten Kniegelenkes seien im Sinne der erstmaligen Entstehung auf das Ereignis vom 28. Oktober 2001 zurückzuführen. Anlagebedingte Vorschäden seien nicht feststellbar gewesen. Bei dem Unfallereignis seien keine weiteren äußeren Einflüsse hinzu gekommen. Es habe eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vom 12. Dezember 2001 bis zum 2. August 2002 be-standen. Die MdE betrage ab 3. August 2002 durchgehend bis auf weiteres 15 v. H.
Mit Schreiben vom 06. August 2008 hat die Beklagte eine posttraumatische Femoropatellage-lenkarthrose und in der mündlichen Verhandlung eine umschriebene Hypästhesie im Ausbrei-tungsgebiet des Nervus genu inferior rechts ohne Funktionseinschränkungen als weitere Folge des Versicherungsfalles vom 28. Oktober 2001 anerkannt. Der unvertretene Kläger, der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, hat dieses Anerkenntnis nicht angenommen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Az. 3/09264/01-1) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein werden.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nur im Um-fang der durch die Beklagte mit Schreiben vom 06. August 2008 bzw. in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Anerkenntnisse begründet. Er hat zwar einen Anspruch auf Aner-kennung weiterer Unfallfolgen, jedoch - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - we-gen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. Oktober 2001 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente, denn die MdE beträgt nicht wenigstens 20 v. H ...
Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 SGB VII. Danach ha-ben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die sechsund-zwanzigste Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Unstreitig hat der Kläger am 28. Oktober 2001 einen Arbeitsunfall erlitten, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid anerkannt hat. Außerdem erkannte die Beklagte in diesem Bescheid als Arbeitsunfallfolge eine leichte Muskelminderung am rechten Ober- und Unter-schenkel und eine geringe Verdickung um das rechte Knie nach vorderer Kreuzbandruptur rechts mit anschließender Kreuzbandersatzplastik und Teilruptur des Außenbandes des rech-ten Kniegelenkes an. Mit Schreiben vom 06. August 2008 bzw. in der mündlichen Verhand-lung vom 28. August 2008 erkannte sie darüber hinaus eine posttraumatische Femoropatella-gelenkarthrose sowie eine umschriebene Hypästhesie im Ausbreitungsgebiet des Nervus genu inferior rechts ohne Funktionseinschränkungen als weitere Arbeitsunfallfolge an. Damit hat die Beklagte dem Klagebegehren materiell-rechtlich teilweise stattgegeben. Da der Kläger die Anerkenntnisse nicht angenommen hat – er war in der mündlichen Verhandlung vom 28. Au-gust 2008 nicht anwesend und auch nicht vertreten – ist die Verurteilung der Beklagten nach dem gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren § 307 Abs. 1 der Zivilprozessordnung geboten, ohne dass es der Prüfung des Klageanspruchs bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2007, B 10 EG 2/06 R; ausführlich hierzu: BSG, Urteil vom 12. Juli 1988, Az. 4/11a RA 16/87; beide zitiert nach iuris).
Trotz dieser weiteren Arbeitsunfallfolgen ist die MdE nicht in rentenberechtigendem Grade eingeschränkt.
Weitergehende Gesundheitsstörungen sind ausweislich des 1. Rentengutachtens des Prof. Dr. E, des Sachverständigengutachtens des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Bsowie des or-thopädischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. W nicht festzustellen; der Kläger hat auch keine weitergehenden Arbeitsunfallfolgen geltend gemacht.
Zutreffend hat die Beklagte die MdE für die anerkannten Arbeitsunfallfolgen mit unter 20 v. H. bewertet, wie bereits das Sozialgericht überzeugend dargelegt hat. Die Minderung der Er-werbsfähigkeit (MdE) bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Ge-biet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Steht die unfallbedingte Leistungseinbuße fest, so ist zu bewerten, wie sie sich im allgemeinen Erwerbsleben auswirkt (BSG, Urteil vom 29. November 1956, Az: 2 RU 121/56, BSGE 4, 147, 149; Urteil vom 27. Juni 2000, Az: B 2 U 14/99 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 7; Urteil vom 02. Mai 2001, Az: B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Dabei sind die medizinischen und sonstigen Erfahrungssätze ebenso zu beachten wie die Gesamtumstände des Einzelfalles (vgl. BSG Urteil vom 02. Mai 2001 SozR 3-2200 § 581 Nr. 8).
Wie weit die Unfallfolgen die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten beein-trächtigen, beurteilt sich in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Um die MdE einzuschätzen sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versi-cherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Auch wenn diese Erfahrungssätze das Gericht im Einzelfall nicht binden, so bilden sie doch die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985, Az: 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23; Urteil vom 26. November 1987, Az: 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27; Urteil vom 30. Juni 1998, Az: B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzli-che Unfallversicherung, § 56 SGB VII Rn. 10.3). Sie sind in Rententabellen oder Empfehlun-gen zusammengefasst und bilden die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sach-verständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffe-nen nach einheitlichen Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein ge-eignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, Az: B 2 U 49/99 R, HVBG-INFO 2001, 499, 500 ff.).
Die Erfahrungswerte bei Funktionseinschränkungen der Knie sind wiedergegeben in Schön-berger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, (7. Auflage, Berlin 2003, Kapi-tel 8.10.4.5, S. 685). Danach bedingt eine endgradige Behinderung der Beugung/Streckung mit muskulär kompensierbaren instabilen Bandverhältnissen eine MdE von 10 v. H ... Eine MdE von 20 v. H. ist nur dann gegeben, wenn eine muskulär nicht kompensierbare Seiten-bandinstabilität vorliegt. Eine MdE von 30 v. H. ist erst bei einer mittelgradigen Behinderung der Bewegung (nur bis 90 Grad bewegbar) und der Streckung (bis 20 Grad) und muskulär nicht kompensierbarer Seitenbandinstabilität gegeben.
Bei dem Kläger liegt eine endgradige Behinderung der Streckung des rechten Kniegelenkes vor, wobei gleichzeitig eine stabile Bandsituation nachgewiesen wurde, wie sich sowohl aus den Gutachten des Dr. W, des Dr. B als auch des Prof. Dr. E ergibt. Dem würde nach den o-ben dargelegten Grundsätzen eine MdE von 10 v. H. entsprechen. Zutreffend haben aber die Sachverständigen Dr. B und Dr. W ab dem 03. August 2002 eine MdE von 15 v. H. vorge-schlagen, da zusätzlich eine Femoropatellagelenkarthrose vorliegt, die zu weiteren Beschwer-den des Klägers führt. Diese wirken sich erhöhend auf die MdE aus.
Eine MdE von 20 v. H. wie sie Prof. Dr. Ertel vorgeschlagen hat, ist für den Senat dagegen nicht nachvollziehbar, da sie den von Prof. Dr. E erhobenen Befunden, insbesondere den er-hobenen Messdaten, nicht entspricht.
Insoweit ist es unzutreffend, wenn der Kläger dem Sachverständigen Dr. Wim Schriftsatz vom 10. Juli 2008 vorwirft, dieser habe sich im Wesentlichen auf die im Zeitpunkt der Unter-suchung vom 02. Juni 2008 feststellbaren Gesundheitsschäden bezogen. Der Sachverständige hat auf Seite 13 seines Gutachtens dargelegt, dass die von Prof. Dr. E erhobenen Befunde, für die Dr. W ausdrücklich auf das damals angefertigte Messblatt verweist, eine MdE von 20 v. H. nicht rechtfertigen und dass Prof. Dr. E die MdE für die von ihm festgestellten Gesund-heitsschäden zu hoch bewertet hat.
Die Berufung ist zurückzuweisen, denn eine MdE im rentenberechtigenden Grad ergibt sich nach alledem nicht.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung. Es erscheint trotz der von der Beklagten anerkann-ten weiteren Unfallfolgen nicht gerechtfertigt, die Beklagte auch nur mit einem Teil der Kos-ten zu belasten. Der Kläger erstrebt die Gewährung einer Verletztenrente. Dem gegenüber ist die Anerkennung weiterer Unfallfolgen hinsichtlich der Kostenentscheidung zu vernachlässi-gen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genann-ten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente unter Anerken-nung weiterer und Höherbewertung der bereits als Folgen seines Arbeitsunfalls vom 28. Ok-tober 2001 anerkannten Unfallfolgen.
Der am 13. Februar 1966 geborene Kläger ist selbstständiger Malermeister. Am 28. Oktober 2001 verletzte sich der Kläger beim Treppensteigen am rechten Knie.
Laut Durchgangsarztbericht des Arztes für Unfallchirurgie Prof. Dr. R vom 6. November 2001 wurde die Behandlung des Klägers am 29. Oktober 2001 um 10:15 Uhr aufgenommen. Prof. Dr. R stellte die Diagnose einer Kniebinnenverletzung rechts. Als Befund nahm er eine leichte Schwellung des rechten Kniegelenkes, eine verstrichene Kontur sowie einen mäßigen Erguss im oberen Rezessus auf und führte weiter aus, bei eingeschränkter klinischer Beurteil-barkeit seien die Kreuzbänder und Seitenbänder stabil. Das Meniskuszeichen sei positiv. Es liege keine knöcherne Beteiligung vor. Die Durchblutung und die peripheren Nerven seien intakt.
Nach Auswertung von Zwischenberichten der den Kläger behandelnden Ärzten gewährte die Beklagte dem Kläger bis 2. August 2002 sowie vom 14. August 2002 bis einschließlich 20. September 2002 Verletztengeld wegen der Folgen des Versicherungsfalls.
Nach Auswertung weiterer Behandlungsunterlagenveranlasste die Beklagte die Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. E. Dieser führte in seinem Gutachten vom 1. Juli 2003 unter an-derem aus, als Unfallfolgen lägen eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes mit einer Streckhemmung von 15° im Vergleich zur Gegenseite, eine posttraumatische Go-narthrose rechts, eine Weichteilschwellung im Bereich des rechten Kniegelenkes, eine Mus-kelminderung im Bereich des rechten Ober- und Unterschenkels, reizlose Operationsnarben am rechten Kniegelenk sowie ein dezent rechtshinkendes Gangbild vor. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er für die Zeit vom 3. August 2002 (Tag der Arbeitsfähigkeit) bis zum Ablauf des 3. Jahres nach dem Unfall mit 20 v.H. ein. Nach Aus-wertung dieses Gutachtens, insbesondere der darin enthaltenen Bewegungsmaße des rechten Knies, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2003 die Gewährung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Erwerbsfähigkeit sei nicht in rentenberechtigendem Grade über das Ende des Anspruchs auf Verletztengeld hinaus gemindert. Als Folgen des Versicherungsfalles würden eine leichte Muskelminderung am rechten Ober- und Unterschenkel sowie eine geringe Verdickung um das rechte Knie nach vorderer Kreuzbandruptur rechts mit anschließender Kreuzbandersatzplastik und Ruptur des Außenbandes des rechten Kniegelenkes anerkannt.
Mit dem hiergegen am 9. September 2003 erhobenen Widerspruch führte der Kläger unter anderem aus, seine berufliche Beeinträchtigung sei erheblich. Aus dem Gutachten des Prof. Dr. E gehe eine MdE von 20 v. H. hervor. Diese sei auch zutreffend. Besonders hinderlich wirke sich für ihn das verbliebene Streckdefizit im rechten Knie aus. Mit dem hinkenden Gangbild sei seine Gehstrecke deutlich eingeschränkt. Arbeiten im Knien und das Tragen von Lasten könne er nicht mehr bewältigen. Das Treppensteigen sei ihm erschwert. Dies alles ha-be Auswirkungen auf seine selbstständige Tätigkeit als Malermeister. Eine MdE von 10 v. H., wie von der Beklagten angenommen, könne er nicht nachvollziehen. Mit Widerspruchsbe-scheid vom 29. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Be-gründung u.a. aus, bei dem Arbeitsunfall vom 28. Oktober 2001 habe der Kläger eine Knie-binnenverletzung rechts mit vorderer Kreuzbandruptur erlitten. Diese sei zutreffend mit einer MdE unter 20 v. H. zu bewerten. Der Gutachter Prof. Dr. E habe im Rahmen der Funktions-begutachtung ein dezent rechtshinkendes Gangbild festgestellt. Der Einbeinstand sowie der Zehenspitzen- und Hackengang seien beidseits sicher vorgeführt worden. Es hätten sich achs-gerechte Verhältnisse im Bereich beider Beine gezeigt. Optisch habe sich eine leichte Mus-kelatrophie der rechtsseitigen Oberschenkelmuskulatur gefunden. Bei der Bewegungsprüfung im Bereich der Kniegelenke habe Prof. Dr. E ein Streckdefizit im Bereich des rechten Kniege-lenkes von 0/10/150° festgestellt. Nach den Erfahrungswerten ergäbe sich eine MdE in Höhe von 10 v. H. bei einer Bewegungseinschränkung von 0/0/120°. Die röntgenologisch nachge-wiesene Retropatellaarthrose mit verschmälertem Gelenkspalt und Sklerosierung der Patella-gelenkfläche führe zu keiner Funktionsbeeinträchtigung, die in rentenberechtigendem Grade liegen würde. Die Weichteilschwellung im Bereich des rechten Kniegelenkes sei nach dem beigefügten Messblatt des Gutachtens als gering einzustufen.
Mit der hiergegen am 11. November 2003 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung führte er u. a. aus, seit 14. Oktober 2003 sei er erneut ar-beitsunfähig. Am 15. Januar 2004 habe er operiert werden müssen. Das rechte Bein sei durch die eingeschränkte Streckfähigkeit funktionell verkürzt, es liege weder eine seitengleiche Beinlänge noch ein Beckengeradstand vor. Er leide auch unter einer Valgusinstabilität sowie einem Knorpelschaden und einer unfallbedingten Arthrose, was zu einer Belastungsminde-rung mit Schwellneigung führe. Ergänzend hat der Kläger dem Gericht Röntgenbilder über-sandt.
Das Sozialgericht hat Befundberichte des Facharztes für Orthopädie Dr. R vom 20. Februar 2004 und des Facharztes für Chirurgie Dr. T vom 25. Februar 2004 eingeholt.
Der als Sachverständiger bestellte Chirurg und Sozialmediziner Dr. B hat in seinem Gutach-ten vom 26. März 2004 unter anderem ausgeführt, ursächlich auf das Unfallereignis vom 28. Oktober 2001 zurückzuführen seien eine Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenkes bei der Beugung und Streckung bei Zustand nach erlittener und operativ behandelter vorderer Kreuzbandruptur mit jetzt stabilen Kreuzbandverhältnissen und stabilen Verhältnissen der Seitenbandführung des Kniegelenkes sowie eine posttraumatische Arthrose bei Zustand nach durchgeführter Abrasionsplastik wegen eines Kniegelenkknorpelschadens. Die unfallbedingte MdE sei mit 15 v. H. anzugeben. Dies gelte nach Beendigung der stationären Behandlung am 19. Januar 2004. Die MdE von 20 v. H., die im ersten Rentengutachten von Prof. Dr. E vor-geschlagen worden sei, sei nicht nachvollziehbar, da die Beugefähigkeit des Kniegelenkes zwar endgradig gegenüber links eingeschränkt sei, aber dennoch im unteren Normbereich liege.
Mit Urteil vom 25. Januar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, im Anschluss an das Gutachten des Sachverständigen Dr. B sei die MdE mit 15 v. H. anzusetzen, da im rechten Knie nach wie vor eine schmerzhaft knackende Krepitation und eine eindeutige Streckhemmung von 10° sowie eine Beugebehinderung, die im unteren Normbereich angesiedelt sei, aber ein deutliches Defizit gegenüber dem linken gesunden Knie aufweise, vorliege.
Gegen das ihm am 13. Juni 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Juni 2007 eingeleg-te Berufung des Klägers. Zur Begründung führt er unter anderem aus, die von dem Sachver-ständigen Dr. B vorgenommene Einschätzung der Unfallfolgen wirke unter Berücksichtigung der Einschätzung des Prof. Dr. E willkürlich und nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Januar 2007 aufzuhe-ben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Au-gust 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2003 zu verurteilen, bei ihm eine MdE in rentenberechtigendem Grade festzustellen und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen soweit sie über das eben abgegebene Anerkenntnis hinausgeht.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils und sieht sich sowohl durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. B als auch durch das im Be-rufungsverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. W in ihrer Einschätzung der MdE bestätigt.
Der als Sachverständiger bestellte Facharzt für Orthopädie Dr. W hat in seinem Gutachten vom 2. Juni 2008 unter anderem ausgeführt, bei dem Kläger liege ein Zustand nach vorderer Kreuzbandersatzoperation rechts, die stabil verheilt sei, eine posttraumatische Femoropatella-gelenkarthrose und eine umschriebene Hypästhesie im Ausbreitungsgebiet des Nervus genu inferior rechts ohne Funktionseinschränkungen vor. Diese genannten Veränderungen des rechten Kniegelenkes seien im Sinne der erstmaligen Entstehung auf das Ereignis vom 28. Oktober 2001 zurückzuführen. Anlagebedingte Vorschäden seien nicht feststellbar gewesen. Bei dem Unfallereignis seien keine weiteren äußeren Einflüsse hinzu gekommen. Es habe eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vom 12. Dezember 2001 bis zum 2. August 2002 be-standen. Die MdE betrage ab 3. August 2002 durchgehend bis auf weiteres 15 v. H.
Mit Schreiben vom 06. August 2008 hat die Beklagte eine posttraumatische Femoropatellage-lenkarthrose und in der mündlichen Verhandlung eine umschriebene Hypästhesie im Ausbrei-tungsgebiet des Nervus genu inferior rechts ohne Funktionseinschränkungen als weitere Folge des Versicherungsfalles vom 28. Oktober 2001 anerkannt. Der unvertretene Kläger, der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, hat dieses Anerkenntnis nicht angenommen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Az. 3/09264/01-1) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein werden.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nur im Um-fang der durch die Beklagte mit Schreiben vom 06. August 2008 bzw. in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Anerkenntnisse begründet. Er hat zwar einen Anspruch auf Aner-kennung weiterer Unfallfolgen, jedoch - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - we-gen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. Oktober 2001 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente, denn die MdE beträgt nicht wenigstens 20 v. H ...
Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 SGB VII. Danach ha-ben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die sechsund-zwanzigste Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Unstreitig hat der Kläger am 28. Oktober 2001 einen Arbeitsunfall erlitten, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid anerkannt hat. Außerdem erkannte die Beklagte in diesem Bescheid als Arbeitsunfallfolge eine leichte Muskelminderung am rechten Ober- und Unter-schenkel und eine geringe Verdickung um das rechte Knie nach vorderer Kreuzbandruptur rechts mit anschließender Kreuzbandersatzplastik und Teilruptur des Außenbandes des rech-ten Kniegelenkes an. Mit Schreiben vom 06. August 2008 bzw. in der mündlichen Verhand-lung vom 28. August 2008 erkannte sie darüber hinaus eine posttraumatische Femoropatella-gelenkarthrose sowie eine umschriebene Hypästhesie im Ausbreitungsgebiet des Nervus genu inferior rechts ohne Funktionseinschränkungen als weitere Arbeitsunfallfolge an. Damit hat die Beklagte dem Klagebegehren materiell-rechtlich teilweise stattgegeben. Da der Kläger die Anerkenntnisse nicht angenommen hat – er war in der mündlichen Verhandlung vom 28. Au-gust 2008 nicht anwesend und auch nicht vertreten – ist die Verurteilung der Beklagten nach dem gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren § 307 Abs. 1 der Zivilprozessordnung geboten, ohne dass es der Prüfung des Klageanspruchs bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2007, B 10 EG 2/06 R; ausführlich hierzu: BSG, Urteil vom 12. Juli 1988, Az. 4/11a RA 16/87; beide zitiert nach iuris).
Trotz dieser weiteren Arbeitsunfallfolgen ist die MdE nicht in rentenberechtigendem Grade eingeschränkt.
Weitergehende Gesundheitsstörungen sind ausweislich des 1. Rentengutachtens des Prof. Dr. E, des Sachverständigengutachtens des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Bsowie des or-thopädischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. W nicht festzustellen; der Kläger hat auch keine weitergehenden Arbeitsunfallfolgen geltend gemacht.
Zutreffend hat die Beklagte die MdE für die anerkannten Arbeitsunfallfolgen mit unter 20 v. H. bewertet, wie bereits das Sozialgericht überzeugend dargelegt hat. Die Minderung der Er-werbsfähigkeit (MdE) bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Ge-biet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Steht die unfallbedingte Leistungseinbuße fest, so ist zu bewerten, wie sie sich im allgemeinen Erwerbsleben auswirkt (BSG, Urteil vom 29. November 1956, Az: 2 RU 121/56, BSGE 4, 147, 149; Urteil vom 27. Juni 2000, Az: B 2 U 14/99 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 7; Urteil vom 02. Mai 2001, Az: B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Dabei sind die medizinischen und sonstigen Erfahrungssätze ebenso zu beachten wie die Gesamtumstände des Einzelfalles (vgl. BSG Urteil vom 02. Mai 2001 SozR 3-2200 § 581 Nr. 8).
Wie weit die Unfallfolgen die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten beein-trächtigen, beurteilt sich in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Um die MdE einzuschätzen sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versi-cherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Auch wenn diese Erfahrungssätze das Gericht im Einzelfall nicht binden, so bilden sie doch die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985, Az: 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23; Urteil vom 26. November 1987, Az: 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27; Urteil vom 30. Juni 1998, Az: B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzli-che Unfallversicherung, § 56 SGB VII Rn. 10.3). Sie sind in Rententabellen oder Empfehlun-gen zusammengefasst und bilden die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sach-verständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffe-nen nach einheitlichen Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein ge-eignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, Az: B 2 U 49/99 R, HVBG-INFO 2001, 499, 500 ff.).
Die Erfahrungswerte bei Funktionseinschränkungen der Knie sind wiedergegeben in Schön-berger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, (7. Auflage, Berlin 2003, Kapi-tel 8.10.4.5, S. 685). Danach bedingt eine endgradige Behinderung der Beugung/Streckung mit muskulär kompensierbaren instabilen Bandverhältnissen eine MdE von 10 v. H ... Eine MdE von 20 v. H. ist nur dann gegeben, wenn eine muskulär nicht kompensierbare Seiten-bandinstabilität vorliegt. Eine MdE von 30 v. H. ist erst bei einer mittelgradigen Behinderung der Bewegung (nur bis 90 Grad bewegbar) und der Streckung (bis 20 Grad) und muskulär nicht kompensierbarer Seitenbandinstabilität gegeben.
Bei dem Kläger liegt eine endgradige Behinderung der Streckung des rechten Kniegelenkes vor, wobei gleichzeitig eine stabile Bandsituation nachgewiesen wurde, wie sich sowohl aus den Gutachten des Dr. W, des Dr. B als auch des Prof. Dr. E ergibt. Dem würde nach den o-ben dargelegten Grundsätzen eine MdE von 10 v. H. entsprechen. Zutreffend haben aber die Sachverständigen Dr. B und Dr. W ab dem 03. August 2002 eine MdE von 15 v. H. vorge-schlagen, da zusätzlich eine Femoropatellagelenkarthrose vorliegt, die zu weiteren Beschwer-den des Klägers führt. Diese wirken sich erhöhend auf die MdE aus.
Eine MdE von 20 v. H. wie sie Prof. Dr. Ertel vorgeschlagen hat, ist für den Senat dagegen nicht nachvollziehbar, da sie den von Prof. Dr. E erhobenen Befunden, insbesondere den er-hobenen Messdaten, nicht entspricht.
Insoweit ist es unzutreffend, wenn der Kläger dem Sachverständigen Dr. Wim Schriftsatz vom 10. Juli 2008 vorwirft, dieser habe sich im Wesentlichen auf die im Zeitpunkt der Unter-suchung vom 02. Juni 2008 feststellbaren Gesundheitsschäden bezogen. Der Sachverständige hat auf Seite 13 seines Gutachtens dargelegt, dass die von Prof. Dr. E erhobenen Befunde, für die Dr. W ausdrücklich auf das damals angefertigte Messblatt verweist, eine MdE von 20 v. H. nicht rechtfertigen und dass Prof. Dr. E die MdE für die von ihm festgestellten Gesund-heitsschäden zu hoch bewertet hat.
Die Berufung ist zurückzuweisen, denn eine MdE im rentenberechtigenden Grad ergibt sich nach alledem nicht.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung. Es erscheint trotz der von der Beklagten anerkann-ten weiteren Unfallfolgen nicht gerechtfertigt, die Beklagte auch nur mit einem Teil der Kos-ten zu belasten. Der Kläger erstrebt die Gewährung einer Verletztenrente. Dem gegenüber ist die Anerkennung weiterer Unfallfolgen hinsichtlich der Kostenentscheidung zu vernachlässi-gen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genann-ten Gründe vorliegt.
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