L 18 B 1785/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 130 AS 17004/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 1785/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin aufgehoben, soweit das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antragsteller zu 2. abgelehnt hat. Dem Antragsteller zu 2. wird für das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 2. im gesamten Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde, mit der (nur) die Antragsteller zu 1. und 2. ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgen, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) zu gewähren, und mit der sie sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren bei dem Sozialgericht (SG) wenden, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet und war zurückzuweisen.

Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Von einer Zurückverweisung der Sache in entsprechender Anwendung von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG hat der Senat abgesehen, obwohl das SG den Anspruch der Antragsteller auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 62 SGG) in eklatanter Weise verletzt hat, indem es trotz der mitgeteilten Urlaubsabwesenheit der Verfahrensbevollmächtigten vom 2. Juni 2008 bis 22. Juni 2008 den Schriftsatz des Antragsgegners vom 4. Juni 2006 der Bevollmächtigten mit der Auflage (ohne Fristsetzung) übersandt hatte, Stellung zu nehmen, und sodann bereits am 11. Juni 2008 – noch während des Urlaubs der Bevollmächtigten - seine instanzbeendende Entscheidung getroffen hat. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und angesichts der "Entscheidungsreife" der Sache erschien eine Zurückverweisung jedoch untunlich.

Einem Anordnungsanspruch der Antragstellerin zu 1. steht, wie sie in der Beschwerdeschrift vom 28. August 2008 selbst einräumt, der gesetzliche Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II entgegen. Denn die Antragstellerin zu 1. befindet sich derzeit im 10. Fachsemester ihres dem Grunde nach im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderungsfähigen Medizinstudiums. Dass wegen des Elternunterhalts tatsächlich BAföG-Leistungen nicht bewilligt worden sind, ändert hieran nichts. Denn maßgebend ist allein die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007 – B 14/7b AS 36/06 R – veröffentlicht in juris). Die tatsächlichen Voraussetzungen eines besonderen Härtefalls sind nicht dargetan. Bei dem Antragsteller zu 2. liegt hingegen ein Anordnungsgrund im Sinne eines unaufschiebbar eiligen Regelungsbedürfnisses nach Erteilung des Bescheides vom 2. Juni 2006 nicht (mehr) vor. Für Zeiträume bis zum Eingang des Rechtsschutzantrags bei Gericht (26. Mai 2008) gilt dies bereits deshalb, weil insoweit die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig nicht in Betracht kommt. Ein besonderer Nachholbedarf oder eine Fortwirkung der Nichtgewährung von Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart sind nicht ersichtlich.

Auch für die Zeit ab 26. Mai 2008 fehlt es jedoch an einem Anordnungsgrund. Dem Antragsteller zu 2. sind bislang zwar nur SGB II-Leistungen in Höhe von 170,73 EUR monatlich bzw. – ab 1. Juli 2008 – 173,73 EUR monatlich bewilligt worden. Sein Gesamtbedarf (einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung) von 465,28 EUR monatlich bzw. – ab 1. Juli 2008 – 468,28 EUR und erst recht sein Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts können jedoch im Übrigen einstweilen im Wesentlichen durch die Einkünfte der Antragstellerin zu 1. gedeckt werden. Diese bezieht Unterhalt von ihrem Vater (monatlich 486,- EUR), Kindergeld (monatlich 154,- EUR), Witwenrente (monatlich 9,53 EUR) und Elterngeld (monatlich 300,- EUR). Diese monatlichen Gesamteinkünfte der Antragstellerin zu 1. decken zuzüglich der dem Antragsteller zu 2. zwischenzeitlich bewilligten Leistungen (Gesamtbetrag = 949,53 EUR bzw. – ab 1. Juli 2008 – 952,53 EUR) den derzeitigen Gesamtbedarf der von den Antragstellern gebildeten Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.070,- EUR bzw. – ab 1. Juli 2008 – 1.076,- EUR zwar nicht ganz. In Anbetracht dessen, dass der Lebensgefährte der Antragstellerin zu 1. und – grundsätzlich unterhaltspflichtige - Vater des Antragstellers zu 2., der sich nach dem Vorbringen der Antragsteller bei ihnen per Urlaubsschein aufhält, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält und zudem seit 1. Mai 2008 auf 400,- EUR-Basis eine Beschäftigung in Berlin ausübt, ist von einer einstweiligen Existenzsicherung des Antragstellers zu 2. aber schon deshalb auszugehen, weil für die Bewilligung von Unterkunftskosten jedenfalls derzeit ein eiliges Regelungsbedürfnis ohnehin nicht erkennbar ist. Weder eine Wohnungs- noch gar eine Obdachlosigkeit des Antragstellers zu 2. sind derzeit zu besorgen. Der vorrangige Einsatz des Elterngeldes als nicht anrechenbares Einkommen (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 3a SGB II) kann nach einer gegebenenfalls zusprechenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren ausgeglichen werden (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 30. März 2007 – 1 BvR 535/07 -).

Das SG hat den PKH- Antrag der Antragstellerin zu 1. im Hinblick auf den dargelegten gesetzlichen Leistungsausschluss im Ergebnis wegen mangelnder Erfolgsaussichten zu Recht abgelehnt (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. mit § 114 Zivilprozessordnung) Der angefochtene Beschluss war hingegen auf die Beschwerde aufzuheben, soweit das SG die Bewilligung von PKH auch für den Antragsteller zu 2. abgelehnt hat. Dessen Rechtsschutzantrag hatte – wie sich an der letztlich erfolgten Bewilligung von SGB II-Leistungen auch gezeigt hat – ausreichende Erfolgsaussichten. Eine Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kam hingegen nach Erteilung des Bescheides vom 2. Juni 2008 wegen fehlender Erfolgsaussichten nicht in Betracht. Eine Gewährung von PKH für das PKH- Beschwerdeverfahren ist ohnehin ausgeschlossen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Auflage 2005, § 114 Rz. 3)

Die Kostenentscheidung für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Im PKH-Beschwerdeverfahren sind Kosten kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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