L 3 R 307/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 105 R 6518/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 307/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte im Wege des Überprüfungsverfahrens Zeiten der Zugehörigkeit der Klägerin zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech, Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG -) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.

Die 1935 geborene Klägerin, der im Beitrittsgebiet nach einem Fachschulstudium an der Ingenieurschule für Bauwesen B in der Fachrichtung Betriebswirtschaft am 30. Juli 1971 die Berechtigung verliehen wurde, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen, war ausweislich der Eintragungen im Sozialversicherungsausweis bereits ab dem 01. Juli 1971 zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin und ab dem 01. Januar 1974 bis zum 13. August 1980 als Ingenieurökonomin bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) Berlin-Friedrichshain tätig. Zum 01. Januar 1973 trat sie der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei. Für den 25. November 1980 ist der Empfang von Sozialfürsorge von dem Rat des Stadtbezirks B-L eingetragen, ab dem 01. Dezember 1980 bezog die Klägerin eine Invalidenrente. Die Klägerin ist politisch Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes, die Verfolgungszeit dauerte vom 14. August 1961 bis zum 18. Oktober 1961 und vom 29. Juni 1973 bis zum 11. Juli 1973 (Rehabilitierungsbescheinigung des Landesamts für Gesundheit und Soziales Berlin vom 02. November 1998).

Mit Bescheid vom 19. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung von Beitragszeiten nach dem AAÜG ab, da die Klägerin weder eine Einbeziehungsurkunde besitze noch aufgrund ihrer Tätigkeit als Ingenieurökonomin zum Kreis der Versorgungsberechtigten der technischen Intelligenz gehöre. Die dagegen bei dem Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 18 RA 2160/99 geführte Klage nahm die Klägerin am 18. Dezember 2000 zurück.

Mit Bescheid vom 07. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2002 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 19. Novem-ber 1998 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab, da das Recht werde unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die im VEB KWV ausgeübte Beschäftigung habe zwar der technischen Quali-fikation entsprochen, jedoch sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Als wohnungswirtschaftliche Einrichtung sei der VEB KWV kein Betrieb der materiellen Produktion gewesen. Die dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage, Az.: S 19 RA 912/02, nahm die Klägerin am 21. November 2003 zurück.

Am 20. April 2007 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften in der AVItech. Sie habe seit 1971 nach Abschluss des Studiums auf Baustellen gearbeitet und dafür Grundrisszeichnungen für Um- und Ausbauten mit Veränderung der Grundrisse und Beachtung der Statik als Architekt gefertigt. Die von ihr besuchte Ingenieurschule sei eine rein technische Schule gewesen. Die Zeit vom 01. Juli 1971 bis 1980 sei als Anwartschaftszeit in dem Zusatzver-sorgungssystem der AVItech anzuerkennen.

Mit Bescheid vom 06. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2007 lehnte die Beklagte erneut die Rücknahme der vorhergehenden Entscheidungen ab. Eine Einbeziehung in die AVItech komme nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht in Betracht, denn die Klägerin habe am 30. Juni 1990 im Beitrittsgebiet keine abhängige Beschäftigung mehr ausgeübt.

Die Klägerin hatte bereits zuvor eine Untätigkeitsklage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2007 hat sie sich zur Begründung der Klage auf den Beschluss des 3. Beschwerdesenats für Rehabilitierungssachen des Kammergerichts Berlin vom 16. Juni 1993, Az.: 3 Ws 291/93 REHA, bezogen. Mit diesem Beschluss wurde die Einweisungsentscheidung des stellvertretenden Stadtbezirksarztes des Rates des Stadtbezirks B-L vom 02. März 1989 als rechtsstaatswidrig aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin in der Zeit vom 14. März bis zum 25. April 1989 zu Unrecht Freiheitsentziehung erlitten hat, sowie dass die aufgrund der für rechtsstaatswidrig erklärten Einweisungsentscheidung des Amtsarztes des Stadtbezirks L vom 22. Juni 1973 erlittene Freiheitsentziehung vom 26. Juni bis zum 11. Juli 1973 dauerte. Die Klägerin meint, die Zwangsinvalidisierung und die ständigen Freiheitsberaubungen hätten sie in der ehemaligen DDR zum Opfer gemacht. Sie habe deshalb nicht bis 1990 arbeiten können.

Durch Gerichtsbescheid vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit oder anderer versorgungsspezifischer Daten im geltend gemachten Zeitraum, da das AAÜG auf sie keine Anwendung finde. Eine bindende Einzelentscheidung über die Einbeziehung in ein Versorgungssystem liege nicht vor. Auch eine Rehabilitierungsbescheinigung, die die Einbeziehung in ein Versorgungssystem vorsehe, fehle hier. Die Anlage der Rehabilitierungsbescheinigung vom 02. November 1998 enthalte unter Ziffer 6 gerade keine Eintragung bzw. Rehabilitierung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach dem AAÜG. Die Klägerin habe schließlich keine fiktive Versorgungsanwartschaft aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 AAÜG, denn sie habe am Stichtag, dem 30. Juni 1990, keine Beschäftigung mehr ausgeübt, da sie ab Dezember 1980 eine Invalidenrente bezogen habe.

Zur Begründung ihrer dagegen eingelegten Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, da man ihr aus politischen Gründen gekündigt habe, habe sie auch nicht bis zum Stichtag, der im Übrigen willkürlich festgelegt worden sei, arbeiten können. Die übrigen Voraussetzungen einer Einbeziehung in die AVItech erfülle sie, denn sie besitze die Berufsbezeichnung "Ing" und "Ökonom" im Bauwesen, sie habe die Tätigkeit auf ingenieurtechnischem Gebiet in einem VEB ausgeführt und sei auch in einem Konstruktionsbüro als Architekt mit Grundrissveränderungen im Hochbau tätig gewesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2008 und den Bescheid vom 06. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheids vom 19. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 1999 zu verurteilen, die Zeit vom 14. August 1961 bis zum 18. Oktober 1961, 01. Juli 1971 bis zum 13. August 1980 und 14. März 1989 bis zum 25. April 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Verfahrensakten des Sozialgerichts Berlin zu den Aktenzeichen S 18 RA 2160/99 und S 19 RA 912/02 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte. Der Verwaltungsakt vom 19. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 1999 hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hat bei seinem Erlass weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen (§ 44 SGB X).

Zwar bezieht sich die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 06. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2007 auf den ebenfalls bereits bindend gewordenen Bescheid vom 07. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2002. Mit diesem ist aber lediglich der erstmals gestellte Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 19. November 1998 abgelehnt worden. Die Rechtmäßigkeit der Rücknahmeablehnung hat die Beklagte, wie sich aus der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheids ergibt, aber nicht überprüft, sondern nur die mit dem Bescheid vom 19. November 1998 erfolgte Ablehnung, Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech anzuerkennen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Benennung des Bescheids vom 07. August 2001 irrtümlich erfolgte. Der Klageantrag der Klägerin war somit, um ihr Begehren zutreffend zu erfassen, entsprechend auszulegen. Das Begehren hat aber in der Sache keinen Erfolg.

In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den von der Klägerin begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn diese dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob sie Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der AVItech, zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt; er hätte vorausgesetzt, dass die Klägerin in der DDR zunächst durch einen staatlichen Akt in ein Versorgungssystem (hier: in die AVItech) einbezogen und dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend den Regelungen des Systems ausgeschieden wäre. Sie war aber zu keinem Zeitpunkt auf Grund eines staatlichen Akts oder einer einzelvertraglichen Zusage in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Eine Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech war – wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht aufgrund einer späteren Rehabilitierungsentscheidung erfolgt.

Dem Anwendungsbereich des AAÜG konnte die Klägerin daher nur unterfallen, wenn sie eine fiktive Versorgungsanwartschaft i. S. der vom BSG vorgenommenen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R - m. w. N., zitiert nach juris) auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01. August 1991, dem Inkrafttreten des AAÜG, an. Dies folge aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrags (EV). So untersage der EV primärrechtlich in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Neueinbeziehungen ab dem 03. Oktober 1990. Darüber hinaus ordne der EV in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 - wenn auch mit Modifikationen - die sekundärrechtliche Weitergeltung des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG-DDR) an, das Neueinbeziehungen ab dem 01. Juli 1990 untersagt habe (§ 22 Abs. 1 S. 1 RAnglG-DDR). Da letztlich auf Grund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab dem 01. Juli 1990 nicht mehr zulässig gewesen seien, sei darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Bei dieser Bewertung sei auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der VO-AVItech (Gbl. S 844) und der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (2. DB, Gbl. Nr. 62 S. 487) ergäben. Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hänge ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell sei gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich 1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Maßgeblich sei hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2).

Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei der Klägerin zum Stichtag, also am 30. Juni 1990, nicht vollständig vorgelegen. Der Senat kann deshalb ausdrücklich offen lassen, ob er der oben zitierten Rechtsprechung des BSG folgt. Denn nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (- 1 BvR 1921/04 -, - 1 BvR 203/05 -, - 1 BvR 445/05 - und - 1 BvR 1144/05 - vom 26. Oktober 2005, veröffentlicht in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) ist die Gleichbehandlung mit Inhabern einer Versorgungszusage verfassungsrechtlich nicht geboten.

Der bereits für die Zeit vom 14. August bis zum 18. Oktober 1961 und ab dem 01. September 1971 geltend gemachte Anspruch der Klägerin besteht schon deshalb nicht, weil sie die persönliche Voraussetzung erst ab dem 30. Juli 1971 erfüllt. Erst zu diesem Zeitpunkt ist ihr die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen, verliehen worden. Ein Ingenieurökonom erfüllte die sachliche Voraussetzung, wenn er im Rahmen seines Berufsbildes beschäftigt und nicht berufsfremd eingesetzt war; eine ingenieurtechnische Beschäftigung war nicht erforderlich (so BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 12). Der Senat hat keine Zweifel, dass die Klägerin ihrem Berufsbild entsprechend eingesetzt war. Allerdings erfüllt die Klägerin die sachliche Voraussetzung nicht am Stichtag, dem 30. Juni 1990, denn zu diesem Zeitpunkt hat sie keine ihrer Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit mehr ausgeübt, da sie bereits ab dem 01. Dezember 1980 eine Invalidenrente bezogen hat. Eine (tatsächliche) Arbeit verrichtete sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr (vgl. zur sachlichen Voraussetzung bei Invalidenrentnern BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 8 m. w. N.). Auf die Frage, ob der Klägerin die Invalidenrente rechtmäßig bewilligt wurde, kommt es hier nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R – m. w. N., zitiert nach juris).

Der geltend gemachte Anspruch scheitert außerdem daran, dass die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Bei dem VEB KWV, bei dem die Klägerin bis zum Eintritt der Invalidität beschäftigt war, handelt es sich zwar um einen volkseigenen Betrieb. Der Senat hat aber keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem VEB KWV um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt hat. Auch die Klägerin hat dies nicht behauptet. Bei kommunalen Wohnungsverwaltungen wie dem VEB KWV handelte es sich vielmehr um volkseigene Betriebe der nichtproduktiven Sphäre, die Wohnhäuser zu verwalten und zu bewirtschaften hatten (vgl. dazu Herbst/Ranke/Winkler, So funktionierte die DDR, Band 1, Stichwort "Kommunale Wohnungsverwaltung" und Ökonomisches Lexikon der DDR, Verlag Die Wirtschaft2. Aufl. 1970, Stichwort "Kommunale Wohnungsverwaltung").

Der Senat hat auch keine Bedenken, an dem Stichtagserfordernis festzuhalten. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung bestand, die Personen, die - wie der Klägerin - nach den Regelungen des Zusatzversorgungssys-tems der AVItech am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine fiktive Versorgungsanwartschaft nicht erfüllten, den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen. Dies gilt unbeschadet dessen, dass die Anwendung des Stichtags 30. Juni 1990 mit erheblichen Härten verbunden ist (so BVerfG in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1).

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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