Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 89 KR 1546/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 346/08 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege tritt nicht gegenüber der Grundpflege zurück, wenn eine besondere Pflege geleistet wird, die besondere Qualifikationen voraussetzt, auch wenn dabei normale (Grund-) Pflegeleistungen miterbracht werden.
Der vom 3. Senat des BSG aufgestellte Grundsatz des regelmäßigen Zurücktretens der Behandlungspflege gegenüber der Grundpflege ist weder ein Rechtsatz zur Auslegung des einfachen Rechts, noch gibt er eine allgemeinkundige Tatsache wieder.
Der vom 3. Senat des BSG aufgestellte Grundsatz des regelmäßigen Zurücktretens der Behandlungspflege gegenüber der Grundpflege ist weder ein Rechtsatz zur Auslegung des einfachen Rechts, noch gibt er eine allgemeinkundige Tatsache wieder.
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juli 2008 wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird als Krankenkasse im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab 1. November 2008 bis 30. April 2009 Beatmungspflege als Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden täglich als Sachleistung so zu gewähren, dass der Antragsteller nicht - wie bisher - gegenüber dem oder den die Pflege konkret leistenden Pflegeunternehmen zur Zahlung eines Eigenanteiles bzw. eines weiteren Kostendeckungsbeitrages hierfür und/oder für Grundpflege im Sinne des Sozialgesetzbuches 11. Buch verpflichtet ist oder wird. Weist die Antragsgegnerin dem Antragsteller nicht bis 31. Oktober 2008 die Sicherstellung dieser Verpflichtung durch Übersendung der Vereinbarung mit dem Pflegedienst oder den Pflegediensten nach, hat sie ab 1. November 2008 bis 30. April 2009 den Antragsteller von den diesem für 24h-Behandlungspflege entstehenden Kosten in Höhe von bis zu 28,50 EUR pro Stunde einstweilen freizustellen. Dies gilt auch, soweit mit der Behandlungspflege gleichzeitig Grundpflege verbunden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller dreiviertel seiner außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Gründe:
I. Der 1934 geborene Antragsteller begehrt im Wege einstweiliger Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden täglich für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 bzw. Erstattung der ihm insoweit bislang entstandenen und Freistellung von noch entstehenden Behandlungskosten.
Er leidet unter anderem an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) mit motorischer Tetraplegie und wird seit über einem Jahr tracheotomiert und überwiegend maschinell beatmet. Eine ständige Beatmung ist erforderlich, wobei allerdings Phasen der Spontanatmung bestehen. Er bedarf ständiger sogenannter Beatmungspflege. Dabei sind die Vitalparameter zu erheben und zu überwachen, die Beatmungsmaschine und die Spontanatmung zu überwachen um Störungen und Problemsituationen zu erkennen und notfalls bei Ausfall der Maschine und anderen Komplikationen die Beatmung von Hand vorzunehmen. Der Pflegedienst muss ferner das Tracheostoma pflegen und versorgen, Bronchialsekret abzusaugen, Trachealsekret gewinnen zur toxikologischen Kontrolle. Schließlich muss die Trachealkanüle gepflegt und gewechselt werden. Dass die Überwachung und Sicherstellung der Atemfunktion erforderlich ist, hat der Medizinische Dienst der Krankenkasse (MDK) gutachterlich festgestellt. Der MDK hat auch festgestellt, dass der Antragsteller Leistungen der Grundpflege im zeitlichen Umfang von 441 Minuten am Tag benötigt (Pflegestufe III und Härtefall).
Der Pflegedienst igGmbH schrieb unter Übersendung des Antrages an die Antragsgegnerin unter dem Datum 20. Juni 2007, entsprechend der Vereinbarung mit dieser entstünden für die Betreuung Kosten in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde, wobei ein durch das Gutachten des MDK bestimmter Anteil (501 Minuten/täglich) durch die Pflegekasse bzw. den Patienten zu übernehmen wäre. Die Antragsgegnerin beschied den Antrag auf Kostenübernahme für eine 24-Stunden-Behandlung zunächst mit Bescheid vom 11. Juli 2007. Vom Kostenträger Krankenkasse sei die Leistung Behandlungspflege kalendertäglich in Höhe der anfallenden Kosten von 444,72 EUR voll zu übernehmen, vom Kostenträger Pflegekasse die Leistung Grundpflege und hauswirtschaftliche Verrichtungen von den anfallenden 239,52 EUR Kosten pro Tag oder 7.185,60 EUR monatlich jedoch nur "bis zu 1.918,00" EUR. Eine Rechtsmittelbelehrung enthielt der Bescheid nicht.
Zwischen dem Antragsteller und dem Pflegedienst i gGmbH besteht der Vertrag vom 31. Juli 2007 über "Leistungen der Pflege-, der hauswirtschaftlichen Versorgung sowie über ergänzende Leistungen". Als Leistungsumfang ist dort (lediglich) häusliche Krankenpflege nach § 37 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) gemäß aktueller ärztlicher Verordnung und Krankenkassengenehmigung vereinbart. Unter § 6 Abs. 3 heißt es: "Zahlt die Pflegekasse, Krankenkasse oder ein anderer Kostenträger nicht oder nur einen Teilbetrag, so verpflichtet sich der Leistungsnehmer/Leistungsnehmerin zur Privatzahlung der verbleibenden Kosten in Höhe der zwischen (dem Pflegedienst) und dem jeweiligen Kostenträger für diese Leistung vereinbarten Vergütung." Ferner weist der Pflegedienst in einem Nachsatz zu § 6 ausdrücklich darauf hin, dass die Höhe der zu übernehmenden Eigenbeteiligung von der noch ausstehenden Entscheidung der Krankenkasse über den Umfang der Grundpflege und dem Umfang der Behandlungspflege abhänge. Die Krankenkasse ermittle durch den MDK den zeitlichen Umfang der Grundpflege und den zeitlichen Umfang der Behandlungspflege an dem gesamten Zeitbedarf. Die Krankenkasse übernehme jedoch nur die Kosten für den zeitlichen Umfang der Behandlungspflege. Die Pflegekasse trage die Kosten der Grundpflege nur in Höhe der jeweils auf Antrag durch die Leistungsnehmer bewilligten Pflegestufe, jedoch nicht höher als den Höchstbetrag der Pflegestufe III (Härtefallregelung) im Wert von 1.918,00 EUR. Der Leistungsnehmer/Leistungsnehmerin verpflichte sich ausdrücklich, den noch verbleibenden Differenzbetrag aus eigenen Mitteln gegenüber (dem Pflegedienst) zu tragen. Der aktuelle Stundensatz für die Pflege betrage 28,50 EUR.
Mit Bescheid vom 14. März 2008 teilte die Antragsgegnerin (ohne Differenzierung ob als Krankenkasse und/oder als Pflegekasse) dem Antragssteller mit, rückwirkend ab 1. Dezember 2007 einen Kostenzuschuss in Höhe von 19,77 EUR stündlich oder 444,60 EUR täglich zu leisten, weil die hauswirtschaftlichen Verrichtungen (als Pflegeleistung) ausschließlich von seiner Ehefrau verrichtet würden. Die Aufteilung der Kosten auf die Kranken- und Pflegeversicherung sei aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung festgeschrieben. Für die Grundpflege und die hauswirtschaftlichen Verrichtungen stelle die Pflegeversicherung 1.980,- EUR pro Monat zur Verfügung. Eine darüber hinausgehende Kostenübernahme sei nicht möglich.
Für den Zeitraum vom 1.April 2008 bis zum 30. Juni 2008 war zwischen den Beteiligten bereits ein Eilverfahren anhängig, welches mit Beschluss des 24. Senates vom 4. Juli 2008 (Az: L 24 B 273/08 KR ER) endgültig ohne Erfolg für den Antragsteller endete. Auf die Sachverhaltsdarstellung in diesem Beschluss und die Begründung (veröffentlicht bei Juris und bei www.sozialgerichtsbarkeit.de) wird ergänzend verwiesen. Ein Anordnungsgrund für eine ausnahmsweise rückwirkende Entscheidung liege nicht vor. Im Übrigen scheide hier ein zivilrechtlicher Anspruch des Pflegedienstes gegen den Antragsteller aus. Dieser habe sich nämlich der Antragsgegnerin gegenüber verpflichtet, zum Stundensatz von 19,77 EUR die gesamte erforderliche Behandlungspflege zu erbringen. Er könne deshalb dem Antragsteller gegenüber keine abrechenbaren Behandlungspflegeleistungen erbringen. Dass die Leistungen der Pflegekasse für Grundpflegeleistungen nicht die gesamten Kosten der Grundpflege abdeckten, habe der Antragsteller hinzunehmen. Die Kostendeckelung träfe alle Pflegebedürftigen.
Der den Antragsteller behandelnde Facharzt für Innere Krankheiten P G verordnete dem Antragsteller am 24. Juni 2008 für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 auf einem dafür vorgesehenen Formular 24 Stunden-Behandlungspflege. Auf demselben Formular wird ferner als Grundpflege ebenfalls 24 Stunden-Behandlungspflege sowie Hilfe für Ausscheidungen, Ernährung, Körperpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im Umfang von dreimal täglich bzw. hauswirtschaftliche Versorgung täglich verordnet. Die Antragsgegnerin hat den Antrag auf Behandlungspflege bislang nicht förmlich beschieden.
Mit Schreiben vom 28. Mai 2008 legte der Antragsteller gegen alle bisherigen Bescheide Widerspruch ein.
Die Antragsgegnerin erklärte mit Schreiben vom 27. Juni 2008 gegenüber dem Pflegedienst, aufgrund der Verordnung vom 24. Juni 2008 durch die Praxis PG übernehme sie "bis zu 24 Stunden täglich zur Abgeltung sämtlicher behandlungspflegerischen Maßnahmen je Stunde einen Betrag von 19,77 EUR.
Der Antragsteller hat am 7. Juli 2008 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Berlin (SG) gestellt. Mit Schreiben vom 13. Juli 2008 hat der Pflegedienst dem Antragsteller gegenüber erklärt, die Erbringung zukünftiger Behandlungspflegeleistungen davon abhängig zu machen, dass der nach Abzug der Zahlungen der Barmer Ersatzkasse verbleibende Eigenanteil fristgerecht bezahlt werde. Bei Nichtzahlung müssten Leistungen eingeschränkt werden.
Die Antragsgegnerin hat vorgebracht, der Antragsteller begehre die Freistellung von Kosten in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde im Umfang von 24 Stunden täglich. Sie sei jedoch in Anwendung des sogenannten Drachenfliegerurteils des Bundessozialgerichtes (BSG) gehalten, den Anteil der Grundpflege herauszurechnen da diese Leistungen durch die Pflegekasse zu übernehmen seien (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28. Januar 1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254) sowie Urteil vom 10.11.2005 - B 3 KR 38/04 R -). Sie schulde nur einen prozentualen Anteil von 69,34 % bzw. 19,77 EUR pro Stunde.
Das SG hat mit Beschluss vom 18. Juli 2008 den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller stehe zwar ein Anspruch auf Behandlungssicherungspflege gegen die Antragsgegnerin im Umfang von 24 Stunden täglich zu. Der Zeit- und Kostenaufwand der 24-stündigen Behandlungspflege werde jedoch durch die parallel durch den gleichen Pflegedienst von der Pflegekasse zu erbringende Grundpflege begrenzt. Nach der Rechtssprechung des BSG sei davon auszugehen, dass während der Erbringung der Leistungen der Grundpflege die Behandlungspflege im Regelfall in den Hintergrund trete. Es sei deshalb gerechtfertigt, den Kostenaufwand für diese Zeit allein der sozialen Pflegeversicherung zuzurechnen. Für die ggf. den Wert des Pflegesachleistungsanspruches übersteigenden Kosten müsse der Versicherte selbst aufkommen, erforderlichenfalls sei die Sozialhilfe eintrittspflichtig. Hier erbringe der Pflegedienst die Behandlungspflege im Verhältnis zur Antragsgegnerin auf der Grundlage der zwischen Pflegedienst und Antragsgegnerin bestehenden Vereinbarungen und des Schreibens der Antragsgegnerin an den Pflegedienst vom 27. Juni 2008. Der Antragsteller könne auch keine Kostenfreistellung hinsichtlich des über die Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin hinaus gehenden Betrages in Höhe von 209,52 EUR täglich verlangen. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Ein Kostenfreistellungsanspruch als Vorstufe eines Erstattungsanspruches nach § 13 Abs. 3 SGB V setze u. a. voraus, dass der Antragsteller wirksam zivilrechtlich verpflichtet sei. Hier jedoch sei nicht glaubhaft gemacht und sonst auch nicht ersichtlich, dass dem Pflegedienst ein wirksamer Zahlungsanspruch gegen den Antragsteller zustehe. Insbesondere folge aus dem Schreiben des Pflegedienstes vom 13. Juli 2008 keine wirksame zivilrechtliche Zahlungsverpflichtung. Der dort verbleibende Eigenanteil sei erwähnt ohne dass näher ausgeführt sei, für welche Leistungen dieser in welcher Höhe und auf welcher vertraglichen Grundlage entstanden sein solle. Im Übrigen bestünden nach Auffassung der Kammer auch Bedenken hinsichtlich eines Anordnungsgrundes. Da weder gegenwärtige Zahlungsrückstände angegeben seien noch die erwähnten Leistungseinschränkungen näher konkretisiert seien, sei nicht ersichtlich, dass die künftige Erbringung der 24-stündlichen Behandlungspflege konkret gegenwärtig ernsthaft gefährdet sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 11. August 2008, in welcher er seine Rechtsauffassung wiederholt.
Er beantragt,
die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juli 2008 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bis zum 30. Juni 2009 Beatmungspflege als Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden (ohne Abzug von Grundpflegezeiten) täglich zu gewähren und ihn insoweit von den Kosten dieser Leistungen in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde freizustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend und wiederholt ihre Rechtsauffassung. Sie müsse hier konkret nur die Kosten des Pflegedienstes in Höhe von 506,40 EUR (= 21,10 EUR pro Stunde) täglich übernehmen. Eine verbindliche zivilrechtliche Verpflichtung des Antragsstellers bestehe ungeachtet des Vertrages vom 31. Juli 2007 nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2008 hat die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin - ohne Differenzierung, ob als Krankenkasse und/oder Pflegekasse - (nur) den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. März 2008 zurückgewiesen, gleichzeitig jedoch festgestellt, dass kein Anspruch auf Erstattung oder Freistellung von den Kosten der häuslichen Krankenpflege über 24 Stunden bestehe. Sie hat ferner die bisherige Kostenbeteiligung auf den Zeitraum bis 31. Dezember 2008 erstreckt.
II. Die Beschwerde hat in der Sache weitgehend Erfolg. Dem Antragsteller steht gegenüber der Antragsgegnerin vorläufig ein Anspruch auf Erbringung von 24 Stunden-Behandlungspflege als Sachleistung (im Wert von 28,50 EUR pro Stunde) und nicht lediglich eine Kostenbeteiligung (von derzeit im Wert von 19,77 EUR pro Stunde) zu.
1. Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Hierfür sind grundsätzlich das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erforderlich. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird, die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -). Ganz allgemein ist ein Zuwarten umso eher unzumutbar, je größer die Erfolgschancen in der Sache einzuschätzen sind (ständige Rechtsprechung des Senats, insbesondere als 32. Senat, vgl. z. B. Beschluss vom 25.September 2007 - L 32 B 1565/07 AS ER -, vom 3. Juli 2007 - L 32 B 723/07 AS ER -; vom 5. September 2007 - L 32 AS 1423/07 AS ER -).
Hier bestehen - soweit stattzugeben war - ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund. Es ist dem Antragsteller gerade angesichts der bestehenden Erfolgschancen in der Sache nicht zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Dies gilt hier umso mehr, weil die Antragsgegnerin das Verfahren nicht ordnungsgemäß führt: Der Widerspruch gegen den Bescheid 11. Juli 2007 ist noch nicht beschieden, auch nicht der hier gegenständliche Antrag vom 24. Juni 2008. Hingegen erstreckt sich der Widerspruchsbescheid vom 19. September 2008 teilweise auf diesen Verordnungszeitraum, ohne dass insoweit Widerspruch erhoben gewesen wäre. Schließlich hat sich die Widerspruchsstelle für berechtigt gehalten, eine Feststellung zu treffen, die über die Bewilligung oder Ablehnung der Anträge hinausgeht, was selbst als Ausgangsentscheidung fragwürdig ist.
2. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Behandlungssicherungspflege für 24 Stunden täglich. Nach § 37 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zu Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem § 14 und 15 des 11. Buches zu berücksichtigen ist (so § 37 Abs. 2 S. 1). Hier hält auch die Antragsgegnerin die ärztlich verordnete 24 Stunden-Behandlungspflege mit den unter dem Oberbegriff "Beatmungspflege" zusammengefassten Überwachungen und Verrichtungen für erforderlich. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob es sich um spezielle Krankenbeobachtung nach den Nummern 8 und/oder 24 der häusliche Krankenpflege-Richtlinien (Stand 11. Juli 2008) handelt oder (teilweise) nur um allgemeine Krankenbeobachtung, welche nach diesen Richtlinien nicht gesondert verordnungsfähig ist. Für letztere hat das BSG klargestellt, dass ein Ausschluss einer im Einzelfall gebotenen Krankenbeobachtung aus dem Katalog der verordnungsfähigen Leistungen gegen höherrangiges Recht verstoße und die Gerichte insoweit nicht binde (Urteil vom 10.November 2005, a.a.O., RdNr. 19).
Der Antragsteller hat jedenfalls im Eilverfahren auch glaubhaft gemacht, dass der Sachleistungsanspruch 24 Stunden täglich besteht, also auch in den Zeiten, in welchen (zusätzlich, parallel hierzu oder primär) Leistungen der Grundpflege durchgeführt werden.
Die erforderliche Überwachung der Atmung, Kontrolle des Beatmungsgerätes und die manuelle Beatmung kann hier nicht durch eine im Haushalt des Antragstellers lebende Person gemäß § 37 Abs. 3 SGB V durchgeführt werden. Der Sachverhalt hier liegt in dieser Hinsicht weitgehend anders als in dem, welcher dem Urteil des BSG vom 10. November 2005 (a.a.O.) zugrunde liegt. Dort ist die Mutter des versicherten Klägers examinierte Krankenschwester gewesen.
Nach der Rechtsprechung des BSG, auf der sich die Antragsgegnerin ausschließlich beruft, soll während der Erbringung von Grundpflege die Behandlungspflege grundsätzlich in den Hintergrund treten (BSG, a.a.O. Rdnr. 21 mit Bezugnahme auf BSGE 83, 254, 262 f). Allerdings kann der 3. Senat des BSG für diese Auffassung nur auf seine Entscheidung vom 28. Januar 1999 verweisen. Es handelt sich dabei - wie weiter unten näher auszuführen sein wird - weder um Gesetzesauslegung noch um die Wiedergabe einer allgemeinkundigen Tatsache. Selbst nach dieser Rechtsprechung soll es jedoch auch Ausnahmen geben. Eine solche liegt hier vor: Es ist jedenfalls hier im Eilverfahren nicht davon auszugehen, dass die Behandlungspflege hinter der Grundpflege zurücktritt. Hier ist rund um die Uhr nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen des Antragstellers, an dessen Richtigkeit nach Maßstäben summarischer Prüfung im Eilverfahren zur Überzeugung des Senats nicht zu zweifeln ist, eine besondere Pflege zu leisten, welche besondere Qualifikationen voraussetzt und die nicht von einer "normalen" Pflegekraft leistbar ist (ebenso LSG Bayern, Beschluss vom 17. November 2006 - L 4 B 817/06 KR ER - Juris Rdnr. 23, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. November 2006 - L 2 KN 108/06 KR - Juris Rdnr. 29). Höherwerte Pflegedienstleistungen treten nicht zurück, auch wenn dabei normale Pflegeleistungen mitgeleistet werden. Das BSG ist im Drachenfliegerurteil in seinem Erläuterungsbeispiel davon ausgegangen, dass die Behandlungspflege und die Grundpflege zum jeweils selben Stundensatz erfolgen (Urteil vom 28. Januar 1999, a.a.O. S. 262: jeweils [nur] 30,00 DM pro Stunde). Der Pflegedienst fordert zu Recht vom Antragsteller eine adäquate Bezahlung. Leistungsgerecht ist hier in summarischer Betrachtung der derzeit geforderte Stundensatz von 28,50 EUR.
Soweit sich die Antragsgegnerin auf den Standpunkt stellt - und dieser vom SG hier in erster Instanz und vom 24. Senat im Hause im vorangegangenen Eilverfahren geteilt wurde -, sie erbringe dem Antragsteller gegenüber als Sachleistung 24h-Stunden-Behandlungspflege, weil dies für sie der Pflegedienst aufgrund vertraglicher Vereinbarung zu dem Stundensatz von 19,77 EUR übernommen habe, ist dies kein tragfähiger Standpunkt. Die Antragstellerin unterstellt nämlich einfach, dass nicht wirklich 24h-Stunden-Behandlungspflege geleistet werden muss, sondern vielmehr nur für den um die Grundpflegezeiten reduzierten Stunden- und Minutenanteil. Damit übernimmt sie nur für 1440 Minuten/täglich abzüglich 441 Minuten/täglich = 991 Minuten/täglich die Sachleistung in voller Höhe. Für die restlichen 441 Minuten/täglich steht sie auf dem Standpunkt, als Krankenkasse gar nicht und als Pflegekasse nur bis maximal 1.918,00 EUR monatlich einstehen zu müssen. Wie sich aus dem Schreiben des Pflegedienstes vom 20. Juni 2007 und der Kostenübernahmeerklärung der Antragsgegnerin vom 27. Juni 2007 ergibt, waren sich Pflegedienst und Kranken- und Pflegekasse einig, dass die Behandlungspflege (einschließlich Grundpflege) zu 28,50 EUR pro Stunde erbracht werde, dass jedoch die Behandlungspflege nur in Höhe von 13.341,60 EUR pro Monat erbracht, und weiter (als Pflegekasse) nur 1.981,00 EUR monatlich erstattet würden, so dass sich also der Antragssteller dem Pflegedienst gegenüber zur Bezahlung der Differenz zu 19,77 EUR pro Stunde verpflichten musste. Zutreffend nennt der Antragsteller dies eine Einigung zu Lasten Dritter. Da die Behandlungspflege hier nicht in den Hintergrund tritt, erbringt die Antragsgegnerin bislang die von ihr geschuldete Sachleistung nicht.
3. Dem Antragsteller stünde jedoch Behandlungspflege als Sachleistung in Höhe von 24 Stunden ohne den üblichen Eigenanteil zu den Leistungen der Grundpflege zu, selbst wenn auch hier - wovon wie ausgeführt nicht auszugehen ist - während der Leistung von Grundpflege die Behandlungspflege zurückträte.
Die Antragsgegnerin versteht den Grundsatz vom Zurücktreten der Behandlungspflege als eine den § 37 III SGB V (kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege, soweit ein Haushaltsangehöriger pflegen und versorgen kann) ergänzende Vorschrift, welche den Anspruch auch einschränkt, soweit Grundpflege geleistet werden kann. Sie meint deshalb, die Sachleistung der 24h-Stunden-Pflege entweder durch eine Kostenerstattung in Höhe der Quote leisten zu können oder zu 100% nur hinsichtlich der Zeit, die sich durch Subtraktion der für die Grundpflege erforderlichen Zeit ergibt.
Eine solche Regelung könnte allerdings allenfalls der Gesetzgeber selbst einführen. Derzeit ist sie nicht geltendes Recht. Es gibt keine Regelung im SGB V, welche die Sachleistung häuslicher Krankenpflege von einer Gebühr (wie beispielsweise bei der Rezeptgebühr hinsichtlich der Versorgung mit Medikamenten) oder einer den Sachleistungsanspruch begrenzenden Eigenleistung (wie beispielsweise beim Wunsch nach höherwertiger Zahnfüllung nach § 28 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB V) abhängig macht. Es gibt auch keine Kostendeckelung wie bei der Grundpflege nach dem SGB XI. § 37 IV SGB V betrifft schließlich singuläre Fälle, bei welchen die Krankenkasse entweder keine Pflegekraft stellen kann - wofür hier nichts ersichtlich ist -, oder aus anderen Gründen die Pflege sinnvollerweise nicht als Sachleistung der Krankenkasse zu erbringen ist (vgl. die Beispiele bei KK-Höfler, § 37 SGB V Rdnr. 27: selbst gewählte Pflegekraft billiger, Versicherte akzeptiert krankheitsbedingt nur eine bestimmte Person) (ebenso - § 37 Abs. 4 SGB nicht einschlägig -: BSG, Urteil vom 28. Januar1999, a.a.O. S. 261).
Damit sind nach dem Gesetz alle notwendigen Kosten häuslicher Krankenpflege zu übernehmen, selbst wenn der Pflegedienst auch die Grundpflege mitleisten kann oder könnte. Der Antragssteller verweist nämlich im Einklang mit dem BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 10. März 2008 - 1 BvR 2925/07 -, Rdnr. 6) zutreffend darauf hin, dass nach § 13 Abs. 2 SGB XI die Leistungen der häuslichen Krankenpflege unberührt bleiben. § 37 SGB V seinerseits verbietet nur die Erbringung von Leistungen der Grundpflege durch die Krankenkasse. Nach § 37 Abs. 2 Satz 4 bis 6 SGB V darf nämlich nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI Grundpflege nicht als häusliche Krankenpflege geleistet werden, auch wenn dies ansonsten nach Maßgabe der Satzung möglich wäre. Umgekehrt ruht schließlich der Anspruch auf Leistungen der häuslichen Pflege nach § 34 Abs. 2 S. 1 SGB XI, soweit Grundpflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erfolgt.
Die Antragsstellerin kann sich für ihre Haltung auch nicht auf das BSG berufen. Aus der Grundsatzentscheidung des BSG vom 28. Januar 1999 ergibt sich eine solche Einschränkung des Sachleistungsanspruches nicht. Im dortigen Verfahren hatte die beklagte Krankenkasse gerade anerkannt, dem dortigen Kläger die Behandlungspflege in der Zukunft als Sachleistung zu gewähren. Der klagende Versicherte hatte lediglich mit seiner Revision keinen Erfolg, soweit er die Krankenkasse darüber hinaus zu Leistungen der Grundpflege verurteilt wissen wollte. Alleine hierfür gibt es nach Auffassung des 3. Senats des BSG in diesem Urteil keine Rechtsgrundlage. Im Verfahren B 3 KR 38/04 R (Urteil vom 10. November 2005) stand von vornherein nur ein Anspruch auf 9,5 Stunden täglich als Sachleistung im Streit. Auch das BVerfG betont, der Rechtssprechung des BSG könne kein allgemein geltender Rechtsatz in dem Sinne entnommen werden, dass für die Zeiten, welche in die Leistungspflicht der Pflegekasse fielen, kein Anspruch auf Leistungen der Sicherstellungspflege bestehe (Beschluss vom 10. März 2008, RdNr. 5).
Der vom 3. Senat des BSG aufgestellte Topos des "Regelmäßigen Zurücktretens" begründet keine die Behandlungspflege einschränkende gesetzliche Regelung. Es handelt sich vielmehr um eine in einer einzigen Entscheidung (Urteil vom 28. Januar 1999, a.a.O. S. 262 f) des BSG aufgestellte Behauptung, welche in einer weiteren Entscheidung bereits als Rechtsprechung bezeichnet wird (Urteil vom 10. November 2005, a.a.O. Rdnr. 21). Ein Rechtsatz zur Auslegung des einfachen Rechts scheidet aus. Es geht nicht um die Abgrenzung von Behandlungs- und Grundpflege im Einzelfall (ebenso jedenfalls im Ergebnis auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. Rdnr. 27; vgl. zu Abgrenzungsfragen ausführlich KK-Höfler, § 37 SGB V Nr. 23c ff). Dass es sich bei dem Vorrang der Grundpflege alternativ um eine allgemeinkundige Tatsache handelt, welche das BSG als Revisionsgericht ohne Weiteres zu Grunde legen durfte, lässt sich den beiden (einzigen) bereits zitierten Entscheidungen ebenfalls nicht entnehmen. Da schließlich nicht davon auszugehen ist, dass sich das BSG über das geltende Recht hinwegsetzen wollte, kann es sich bei dem Satz, dass während der Erbringung der Leistungen der Grundpflege die Behandlungspflege grundsätzlich in den Hintergrund träte, nur um eine bloße Meinungsäußerung des Senats handeln, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse regelmäßig wohl zeigen werden. In einer Vielzahl von Fällen bestehe nicht die Erforderlichkeit von häuslicher Krankenpflege, soweit Grundpflege geleistet werde.
Jedenfalls in der Interpretation der beiden Entscheidungen des BSG, wie sie die Antragsgegnerin vornimmt, wäre der Grundsatz des Zurücktretens dagegen nicht mit dem Gesetz in Einklang. Diese verstößt gegen Art. 20 Abs. 3 GG, indem sie eigenmächtig die Kostendeckelung der sozialen Pflegeversicherung ohne gesetzliche Grundlage auf die gesetzliche Krankenversicherung überträgt. Dem Versicherten steht vielmehr gegenüber der Krankenversicherung nach wie vor der volle Sachleistungsanspruch zur Verfügung, ohne dass dieser zur Leistung eines Eigenanteiles verpflichtet wäre. Soweit die entsprechende Leistung nach dem SGB V sich auch als Grundleistung nach dem SGB XI darstellt, kann die Krankenkasse von der Pflegekasse entsprechend Erstattung verlangen. Eine Beiladung der Pflegekasse im Eilverfahren erscheint aber nicht opportun. Ob diese ihrerseits im Hinblick auf die Deckelung (§ 36 Abs. 3 SGB XI) vom Antragsteller oder subsidiär vom Sozialhilfeträger Erstattung verlangen könnte, braucht hier nicht geklärt zu werden. Es braucht auch nicht darauf eingegangen werden, ob eine gesetzliche Kostendeckelung für die Behandlungspflege mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, wie dies der Antragssteller problematisiert. Die Antragsgegnerin sei nur darauf hingewiesen, dass es sich auch ihre Pflegekasse zu einfach machen dürfte, indem sie nur einen Kostenanteil zum privat abzuschließenden Pflegevertrag leisten will. Es ist nämlich noch nicht geklärt, ob es sein kann, dass mangels Pflegevereinbarung zwischen Versichertem und Pflegedienst die Pflegekasse überhaupt nicht leisten muss bzw. ob - umgekehrt gedacht - der Versicherte nicht einen Anspruch auf Pflegeleistungen in vollem Umfang hat, bis die Kosten aufgezehrt sind, bevor er selbst verpflichtet werden kann (von letzterem geht KK-Leitherer § 36 SGB XI Rdnr. 50 aus).
4. Dem Antragsteller steht über einen Anspruch auf "echte 100%-ige" Sachleistung für die Zukunft ein Anspruch auf Freistellung von ihm künftig entstehenden Kosten derzeit nicht zu. Wie ausgeführt, kann er von der Antragsgegnerin (nur) Sachleistung verlangen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin den heutigen Beschluss des Senates beachtet, so dass eine vorläufige Freistellung von Kosten nicht erforderlich ist. Sollte allerdings die Antragsgegnerin auch künftig keine Sachleistung in diesem Sinne erbringen, so dass sich der Antragsteller die Leistung weiterhin selbst beschaffen muss, steht ihm ein solcher Anspruch ohne weiteres zu.
Der Anspruch auf einstweilige Verpflichtung zur Sachleistung war für den Zeitraum eines halben Jahres auszusprechen.
Das Erfordernis einer dringlichen Regelung ist hier (nur) für die Zukunft gegeben. Der Antragsteller hat glaubhaft und hinreichend dargelegt, die bislang vom Pflegedienst tatsächlich geforderten 2.000,00 EUR auch wirklich gezahlt zu haben, dass hierfür aber keine laufenden Einnahmen zur Verfügung standen und stehen und dass das Vermögen im laufenden Monat aufgezehrt sein wird.
Der Antragsteller muss sich nicht auf etwaige Ansprüche nach dem Sozialgesetzbuch 12. Buch verweisen lassen. Primär hat die Krankenkasse einzustehen. Der Antragsteller hat einen Anspruch nach dem vorrangigen SGB V glaubhaft gemacht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 7. Januar 2008 - L 1 B 336/07 KR ER -, Beschluss vom 10. Dezember 2007 - L 1 B 516/07 KR ER -).
Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, von den aufgrund des von ihm mit dem Pflegedienst i abgeschlossenen Vertrages anfallenden Kosten in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde generell freigestellt zu werden. Es muss der Antragsgegnerin unbenommen bleiben, eine für sie günstigere Regelung mit dem Pflegedienst zu vereinbaren. Es ist nämlich nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass das Preisgefüge insoweit bereits aufgrund einer Vergütungsvereinbarung der Spitzenverbände nach §§ 132, 132 a Abs. 2 SGB V feststünde. In der Vergütungsvereinbarung vom 5. Dezember 2007 für Nordrhein-Westfalen (als einschlägig hier eingereicht von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2008) sind keine Regelungen für 24-Stunden-Pflege enthalten. Da der Pflegedienst bislang dem Antragsteller finanziell weit entgegengekommen ist, ist anzunehmen, dass auch im Verhältnis Pflegedienst zur Krankenkasse finanzieller Spielraum besteht.
Dem Antragsteller steht indes - wie bereits oben angesprochen - ein einstweiliger Kostenerstattungsanspruch für den Fall zu, dass die Antragsgegnerin nicht rechtzeitig der Verpflichtung zur wirklichen Sachleistung nachkommt. Entsprechend war - unabhängig von der Vollstreckbarkeit des Absatzes eins des Tenors - vorsorglich die Tenorierung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu fassen.
5. Zu einer noch weiter in die Zukunft als für ein halbes Jahr reichenden Regelung besteht nicht das Erfordernis besonderer Dringlichkeit.
Hinsichtlich sämtlicher Ansprüche für die Vergangenheit bis zum heutigen Zeitpunkt fehlt es an einer Eilbedürftigkeit. Die vorläufigen Leistungen sind nur für den laufenden Monat ab dem Zeitpunkt dieses Beschlusses zu gewähren, da nur für die Befriedigung des gegenwärtigen und zukünftigen Bedarfes die besondere Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung gegeben ist. Für eine rückwirkende Gewährung für die Zeit vor dem jetzt laufenden Monat fehlt es an einer entsprechenden konkreten Begründung. Wie die weitere Aufklärung des Sachverhaltes nämlich gezeigt hat, standen dem Antragssteller bislang Mittel zur Verfügung.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG entsprechend Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsgegner weitgehend die Kosten aufzuerlegen, weil der Antragsteller im Wesentlichen Erfolg hat. Allerdings war zu berücksichtigten, dass der Eilantrag hier verfrüht erhoben worden ist. Soweit dem Antrag in zeitlicher auch künftiger Hinsicht nicht voll entsprochen wurde, handelt es sich um allerdings um kein so wesentliches Unterliegen des Antragsstellers, dass eine Kostenentlastung der Antragsgegnerin gerecht wäre.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I. Der 1934 geborene Antragsteller begehrt im Wege einstweiliger Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden täglich für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 bzw. Erstattung der ihm insoweit bislang entstandenen und Freistellung von noch entstehenden Behandlungskosten.
Er leidet unter anderem an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) mit motorischer Tetraplegie und wird seit über einem Jahr tracheotomiert und überwiegend maschinell beatmet. Eine ständige Beatmung ist erforderlich, wobei allerdings Phasen der Spontanatmung bestehen. Er bedarf ständiger sogenannter Beatmungspflege. Dabei sind die Vitalparameter zu erheben und zu überwachen, die Beatmungsmaschine und die Spontanatmung zu überwachen um Störungen und Problemsituationen zu erkennen und notfalls bei Ausfall der Maschine und anderen Komplikationen die Beatmung von Hand vorzunehmen. Der Pflegedienst muss ferner das Tracheostoma pflegen und versorgen, Bronchialsekret abzusaugen, Trachealsekret gewinnen zur toxikologischen Kontrolle. Schließlich muss die Trachealkanüle gepflegt und gewechselt werden. Dass die Überwachung und Sicherstellung der Atemfunktion erforderlich ist, hat der Medizinische Dienst der Krankenkasse (MDK) gutachterlich festgestellt. Der MDK hat auch festgestellt, dass der Antragsteller Leistungen der Grundpflege im zeitlichen Umfang von 441 Minuten am Tag benötigt (Pflegestufe III und Härtefall).
Der Pflegedienst igGmbH schrieb unter Übersendung des Antrages an die Antragsgegnerin unter dem Datum 20. Juni 2007, entsprechend der Vereinbarung mit dieser entstünden für die Betreuung Kosten in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde, wobei ein durch das Gutachten des MDK bestimmter Anteil (501 Minuten/täglich) durch die Pflegekasse bzw. den Patienten zu übernehmen wäre. Die Antragsgegnerin beschied den Antrag auf Kostenübernahme für eine 24-Stunden-Behandlung zunächst mit Bescheid vom 11. Juli 2007. Vom Kostenträger Krankenkasse sei die Leistung Behandlungspflege kalendertäglich in Höhe der anfallenden Kosten von 444,72 EUR voll zu übernehmen, vom Kostenträger Pflegekasse die Leistung Grundpflege und hauswirtschaftliche Verrichtungen von den anfallenden 239,52 EUR Kosten pro Tag oder 7.185,60 EUR monatlich jedoch nur "bis zu 1.918,00" EUR. Eine Rechtsmittelbelehrung enthielt der Bescheid nicht.
Zwischen dem Antragsteller und dem Pflegedienst i gGmbH besteht der Vertrag vom 31. Juli 2007 über "Leistungen der Pflege-, der hauswirtschaftlichen Versorgung sowie über ergänzende Leistungen". Als Leistungsumfang ist dort (lediglich) häusliche Krankenpflege nach § 37 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) gemäß aktueller ärztlicher Verordnung und Krankenkassengenehmigung vereinbart. Unter § 6 Abs. 3 heißt es: "Zahlt die Pflegekasse, Krankenkasse oder ein anderer Kostenträger nicht oder nur einen Teilbetrag, so verpflichtet sich der Leistungsnehmer/Leistungsnehmerin zur Privatzahlung der verbleibenden Kosten in Höhe der zwischen (dem Pflegedienst) und dem jeweiligen Kostenträger für diese Leistung vereinbarten Vergütung." Ferner weist der Pflegedienst in einem Nachsatz zu § 6 ausdrücklich darauf hin, dass die Höhe der zu übernehmenden Eigenbeteiligung von der noch ausstehenden Entscheidung der Krankenkasse über den Umfang der Grundpflege und dem Umfang der Behandlungspflege abhänge. Die Krankenkasse ermittle durch den MDK den zeitlichen Umfang der Grundpflege und den zeitlichen Umfang der Behandlungspflege an dem gesamten Zeitbedarf. Die Krankenkasse übernehme jedoch nur die Kosten für den zeitlichen Umfang der Behandlungspflege. Die Pflegekasse trage die Kosten der Grundpflege nur in Höhe der jeweils auf Antrag durch die Leistungsnehmer bewilligten Pflegestufe, jedoch nicht höher als den Höchstbetrag der Pflegestufe III (Härtefallregelung) im Wert von 1.918,00 EUR. Der Leistungsnehmer/Leistungsnehmerin verpflichte sich ausdrücklich, den noch verbleibenden Differenzbetrag aus eigenen Mitteln gegenüber (dem Pflegedienst) zu tragen. Der aktuelle Stundensatz für die Pflege betrage 28,50 EUR.
Mit Bescheid vom 14. März 2008 teilte die Antragsgegnerin (ohne Differenzierung ob als Krankenkasse und/oder als Pflegekasse) dem Antragssteller mit, rückwirkend ab 1. Dezember 2007 einen Kostenzuschuss in Höhe von 19,77 EUR stündlich oder 444,60 EUR täglich zu leisten, weil die hauswirtschaftlichen Verrichtungen (als Pflegeleistung) ausschließlich von seiner Ehefrau verrichtet würden. Die Aufteilung der Kosten auf die Kranken- und Pflegeversicherung sei aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung festgeschrieben. Für die Grundpflege und die hauswirtschaftlichen Verrichtungen stelle die Pflegeversicherung 1.980,- EUR pro Monat zur Verfügung. Eine darüber hinausgehende Kostenübernahme sei nicht möglich.
Für den Zeitraum vom 1.April 2008 bis zum 30. Juni 2008 war zwischen den Beteiligten bereits ein Eilverfahren anhängig, welches mit Beschluss des 24. Senates vom 4. Juli 2008 (Az: L 24 B 273/08 KR ER) endgültig ohne Erfolg für den Antragsteller endete. Auf die Sachverhaltsdarstellung in diesem Beschluss und die Begründung (veröffentlicht bei Juris und bei www.sozialgerichtsbarkeit.de) wird ergänzend verwiesen. Ein Anordnungsgrund für eine ausnahmsweise rückwirkende Entscheidung liege nicht vor. Im Übrigen scheide hier ein zivilrechtlicher Anspruch des Pflegedienstes gegen den Antragsteller aus. Dieser habe sich nämlich der Antragsgegnerin gegenüber verpflichtet, zum Stundensatz von 19,77 EUR die gesamte erforderliche Behandlungspflege zu erbringen. Er könne deshalb dem Antragsteller gegenüber keine abrechenbaren Behandlungspflegeleistungen erbringen. Dass die Leistungen der Pflegekasse für Grundpflegeleistungen nicht die gesamten Kosten der Grundpflege abdeckten, habe der Antragsteller hinzunehmen. Die Kostendeckelung träfe alle Pflegebedürftigen.
Der den Antragsteller behandelnde Facharzt für Innere Krankheiten P G verordnete dem Antragsteller am 24. Juni 2008 für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 auf einem dafür vorgesehenen Formular 24 Stunden-Behandlungspflege. Auf demselben Formular wird ferner als Grundpflege ebenfalls 24 Stunden-Behandlungspflege sowie Hilfe für Ausscheidungen, Ernährung, Körperpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im Umfang von dreimal täglich bzw. hauswirtschaftliche Versorgung täglich verordnet. Die Antragsgegnerin hat den Antrag auf Behandlungspflege bislang nicht förmlich beschieden.
Mit Schreiben vom 28. Mai 2008 legte der Antragsteller gegen alle bisherigen Bescheide Widerspruch ein.
Die Antragsgegnerin erklärte mit Schreiben vom 27. Juni 2008 gegenüber dem Pflegedienst, aufgrund der Verordnung vom 24. Juni 2008 durch die Praxis PG übernehme sie "bis zu 24 Stunden täglich zur Abgeltung sämtlicher behandlungspflegerischen Maßnahmen je Stunde einen Betrag von 19,77 EUR.
Der Antragsteller hat am 7. Juli 2008 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Berlin (SG) gestellt. Mit Schreiben vom 13. Juli 2008 hat der Pflegedienst dem Antragsteller gegenüber erklärt, die Erbringung zukünftiger Behandlungspflegeleistungen davon abhängig zu machen, dass der nach Abzug der Zahlungen der Barmer Ersatzkasse verbleibende Eigenanteil fristgerecht bezahlt werde. Bei Nichtzahlung müssten Leistungen eingeschränkt werden.
Die Antragsgegnerin hat vorgebracht, der Antragsteller begehre die Freistellung von Kosten in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde im Umfang von 24 Stunden täglich. Sie sei jedoch in Anwendung des sogenannten Drachenfliegerurteils des Bundessozialgerichtes (BSG) gehalten, den Anteil der Grundpflege herauszurechnen da diese Leistungen durch die Pflegekasse zu übernehmen seien (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28. Januar 1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254) sowie Urteil vom 10.11.2005 - B 3 KR 38/04 R -). Sie schulde nur einen prozentualen Anteil von 69,34 % bzw. 19,77 EUR pro Stunde.
Das SG hat mit Beschluss vom 18. Juli 2008 den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller stehe zwar ein Anspruch auf Behandlungssicherungspflege gegen die Antragsgegnerin im Umfang von 24 Stunden täglich zu. Der Zeit- und Kostenaufwand der 24-stündigen Behandlungspflege werde jedoch durch die parallel durch den gleichen Pflegedienst von der Pflegekasse zu erbringende Grundpflege begrenzt. Nach der Rechtssprechung des BSG sei davon auszugehen, dass während der Erbringung der Leistungen der Grundpflege die Behandlungspflege im Regelfall in den Hintergrund trete. Es sei deshalb gerechtfertigt, den Kostenaufwand für diese Zeit allein der sozialen Pflegeversicherung zuzurechnen. Für die ggf. den Wert des Pflegesachleistungsanspruches übersteigenden Kosten müsse der Versicherte selbst aufkommen, erforderlichenfalls sei die Sozialhilfe eintrittspflichtig. Hier erbringe der Pflegedienst die Behandlungspflege im Verhältnis zur Antragsgegnerin auf der Grundlage der zwischen Pflegedienst und Antragsgegnerin bestehenden Vereinbarungen und des Schreibens der Antragsgegnerin an den Pflegedienst vom 27. Juni 2008. Der Antragsteller könne auch keine Kostenfreistellung hinsichtlich des über die Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin hinaus gehenden Betrages in Höhe von 209,52 EUR täglich verlangen. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Ein Kostenfreistellungsanspruch als Vorstufe eines Erstattungsanspruches nach § 13 Abs. 3 SGB V setze u. a. voraus, dass der Antragsteller wirksam zivilrechtlich verpflichtet sei. Hier jedoch sei nicht glaubhaft gemacht und sonst auch nicht ersichtlich, dass dem Pflegedienst ein wirksamer Zahlungsanspruch gegen den Antragsteller zustehe. Insbesondere folge aus dem Schreiben des Pflegedienstes vom 13. Juli 2008 keine wirksame zivilrechtliche Zahlungsverpflichtung. Der dort verbleibende Eigenanteil sei erwähnt ohne dass näher ausgeführt sei, für welche Leistungen dieser in welcher Höhe und auf welcher vertraglichen Grundlage entstanden sein solle. Im Übrigen bestünden nach Auffassung der Kammer auch Bedenken hinsichtlich eines Anordnungsgrundes. Da weder gegenwärtige Zahlungsrückstände angegeben seien noch die erwähnten Leistungseinschränkungen näher konkretisiert seien, sei nicht ersichtlich, dass die künftige Erbringung der 24-stündlichen Behandlungspflege konkret gegenwärtig ernsthaft gefährdet sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 11. August 2008, in welcher er seine Rechtsauffassung wiederholt.
Er beantragt,
die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juli 2008 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bis zum 30. Juni 2009 Beatmungspflege als Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden (ohne Abzug von Grundpflegezeiten) täglich zu gewähren und ihn insoweit von den Kosten dieser Leistungen in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde freizustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend und wiederholt ihre Rechtsauffassung. Sie müsse hier konkret nur die Kosten des Pflegedienstes in Höhe von 506,40 EUR (= 21,10 EUR pro Stunde) täglich übernehmen. Eine verbindliche zivilrechtliche Verpflichtung des Antragsstellers bestehe ungeachtet des Vertrages vom 31. Juli 2007 nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2008 hat die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin - ohne Differenzierung, ob als Krankenkasse und/oder Pflegekasse - (nur) den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. März 2008 zurückgewiesen, gleichzeitig jedoch festgestellt, dass kein Anspruch auf Erstattung oder Freistellung von den Kosten der häuslichen Krankenpflege über 24 Stunden bestehe. Sie hat ferner die bisherige Kostenbeteiligung auf den Zeitraum bis 31. Dezember 2008 erstreckt.
II. Die Beschwerde hat in der Sache weitgehend Erfolg. Dem Antragsteller steht gegenüber der Antragsgegnerin vorläufig ein Anspruch auf Erbringung von 24 Stunden-Behandlungspflege als Sachleistung (im Wert von 28,50 EUR pro Stunde) und nicht lediglich eine Kostenbeteiligung (von derzeit im Wert von 19,77 EUR pro Stunde) zu.
1. Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Hierfür sind grundsätzlich das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erforderlich. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird, die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -). Ganz allgemein ist ein Zuwarten umso eher unzumutbar, je größer die Erfolgschancen in der Sache einzuschätzen sind (ständige Rechtsprechung des Senats, insbesondere als 32. Senat, vgl. z. B. Beschluss vom 25.September 2007 - L 32 B 1565/07 AS ER -, vom 3. Juli 2007 - L 32 B 723/07 AS ER -; vom 5. September 2007 - L 32 AS 1423/07 AS ER -).
Hier bestehen - soweit stattzugeben war - ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund. Es ist dem Antragsteller gerade angesichts der bestehenden Erfolgschancen in der Sache nicht zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Dies gilt hier umso mehr, weil die Antragsgegnerin das Verfahren nicht ordnungsgemäß führt: Der Widerspruch gegen den Bescheid 11. Juli 2007 ist noch nicht beschieden, auch nicht der hier gegenständliche Antrag vom 24. Juni 2008. Hingegen erstreckt sich der Widerspruchsbescheid vom 19. September 2008 teilweise auf diesen Verordnungszeitraum, ohne dass insoweit Widerspruch erhoben gewesen wäre. Schließlich hat sich die Widerspruchsstelle für berechtigt gehalten, eine Feststellung zu treffen, die über die Bewilligung oder Ablehnung der Anträge hinausgeht, was selbst als Ausgangsentscheidung fragwürdig ist.
2. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Behandlungssicherungspflege für 24 Stunden täglich. Nach § 37 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zu Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem § 14 und 15 des 11. Buches zu berücksichtigen ist (so § 37 Abs. 2 S. 1). Hier hält auch die Antragsgegnerin die ärztlich verordnete 24 Stunden-Behandlungspflege mit den unter dem Oberbegriff "Beatmungspflege" zusammengefassten Überwachungen und Verrichtungen für erforderlich. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob es sich um spezielle Krankenbeobachtung nach den Nummern 8 und/oder 24 der häusliche Krankenpflege-Richtlinien (Stand 11. Juli 2008) handelt oder (teilweise) nur um allgemeine Krankenbeobachtung, welche nach diesen Richtlinien nicht gesondert verordnungsfähig ist. Für letztere hat das BSG klargestellt, dass ein Ausschluss einer im Einzelfall gebotenen Krankenbeobachtung aus dem Katalog der verordnungsfähigen Leistungen gegen höherrangiges Recht verstoße und die Gerichte insoweit nicht binde (Urteil vom 10.November 2005, a.a.O., RdNr. 19).
Der Antragsteller hat jedenfalls im Eilverfahren auch glaubhaft gemacht, dass der Sachleistungsanspruch 24 Stunden täglich besteht, also auch in den Zeiten, in welchen (zusätzlich, parallel hierzu oder primär) Leistungen der Grundpflege durchgeführt werden.
Die erforderliche Überwachung der Atmung, Kontrolle des Beatmungsgerätes und die manuelle Beatmung kann hier nicht durch eine im Haushalt des Antragstellers lebende Person gemäß § 37 Abs. 3 SGB V durchgeführt werden. Der Sachverhalt hier liegt in dieser Hinsicht weitgehend anders als in dem, welcher dem Urteil des BSG vom 10. November 2005 (a.a.O.) zugrunde liegt. Dort ist die Mutter des versicherten Klägers examinierte Krankenschwester gewesen.
Nach der Rechtsprechung des BSG, auf der sich die Antragsgegnerin ausschließlich beruft, soll während der Erbringung von Grundpflege die Behandlungspflege grundsätzlich in den Hintergrund treten (BSG, a.a.O. Rdnr. 21 mit Bezugnahme auf BSGE 83, 254, 262 f). Allerdings kann der 3. Senat des BSG für diese Auffassung nur auf seine Entscheidung vom 28. Januar 1999 verweisen. Es handelt sich dabei - wie weiter unten näher auszuführen sein wird - weder um Gesetzesauslegung noch um die Wiedergabe einer allgemeinkundigen Tatsache. Selbst nach dieser Rechtsprechung soll es jedoch auch Ausnahmen geben. Eine solche liegt hier vor: Es ist jedenfalls hier im Eilverfahren nicht davon auszugehen, dass die Behandlungspflege hinter der Grundpflege zurücktritt. Hier ist rund um die Uhr nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen des Antragstellers, an dessen Richtigkeit nach Maßstäben summarischer Prüfung im Eilverfahren zur Überzeugung des Senats nicht zu zweifeln ist, eine besondere Pflege zu leisten, welche besondere Qualifikationen voraussetzt und die nicht von einer "normalen" Pflegekraft leistbar ist (ebenso LSG Bayern, Beschluss vom 17. November 2006 - L 4 B 817/06 KR ER - Juris Rdnr. 23, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. November 2006 - L 2 KN 108/06 KR - Juris Rdnr. 29). Höherwerte Pflegedienstleistungen treten nicht zurück, auch wenn dabei normale Pflegeleistungen mitgeleistet werden. Das BSG ist im Drachenfliegerurteil in seinem Erläuterungsbeispiel davon ausgegangen, dass die Behandlungspflege und die Grundpflege zum jeweils selben Stundensatz erfolgen (Urteil vom 28. Januar 1999, a.a.O. S. 262: jeweils [nur] 30,00 DM pro Stunde). Der Pflegedienst fordert zu Recht vom Antragsteller eine adäquate Bezahlung. Leistungsgerecht ist hier in summarischer Betrachtung der derzeit geforderte Stundensatz von 28,50 EUR.
Soweit sich die Antragsgegnerin auf den Standpunkt stellt - und dieser vom SG hier in erster Instanz und vom 24. Senat im Hause im vorangegangenen Eilverfahren geteilt wurde -, sie erbringe dem Antragsteller gegenüber als Sachleistung 24h-Stunden-Behandlungspflege, weil dies für sie der Pflegedienst aufgrund vertraglicher Vereinbarung zu dem Stundensatz von 19,77 EUR übernommen habe, ist dies kein tragfähiger Standpunkt. Die Antragstellerin unterstellt nämlich einfach, dass nicht wirklich 24h-Stunden-Behandlungspflege geleistet werden muss, sondern vielmehr nur für den um die Grundpflegezeiten reduzierten Stunden- und Minutenanteil. Damit übernimmt sie nur für 1440 Minuten/täglich abzüglich 441 Minuten/täglich = 991 Minuten/täglich die Sachleistung in voller Höhe. Für die restlichen 441 Minuten/täglich steht sie auf dem Standpunkt, als Krankenkasse gar nicht und als Pflegekasse nur bis maximal 1.918,00 EUR monatlich einstehen zu müssen. Wie sich aus dem Schreiben des Pflegedienstes vom 20. Juni 2007 und der Kostenübernahmeerklärung der Antragsgegnerin vom 27. Juni 2007 ergibt, waren sich Pflegedienst und Kranken- und Pflegekasse einig, dass die Behandlungspflege (einschließlich Grundpflege) zu 28,50 EUR pro Stunde erbracht werde, dass jedoch die Behandlungspflege nur in Höhe von 13.341,60 EUR pro Monat erbracht, und weiter (als Pflegekasse) nur 1.981,00 EUR monatlich erstattet würden, so dass sich also der Antragssteller dem Pflegedienst gegenüber zur Bezahlung der Differenz zu 19,77 EUR pro Stunde verpflichten musste. Zutreffend nennt der Antragsteller dies eine Einigung zu Lasten Dritter. Da die Behandlungspflege hier nicht in den Hintergrund tritt, erbringt die Antragsgegnerin bislang die von ihr geschuldete Sachleistung nicht.
3. Dem Antragsteller stünde jedoch Behandlungspflege als Sachleistung in Höhe von 24 Stunden ohne den üblichen Eigenanteil zu den Leistungen der Grundpflege zu, selbst wenn auch hier - wovon wie ausgeführt nicht auszugehen ist - während der Leistung von Grundpflege die Behandlungspflege zurückträte.
Die Antragsgegnerin versteht den Grundsatz vom Zurücktreten der Behandlungspflege als eine den § 37 III SGB V (kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege, soweit ein Haushaltsangehöriger pflegen und versorgen kann) ergänzende Vorschrift, welche den Anspruch auch einschränkt, soweit Grundpflege geleistet werden kann. Sie meint deshalb, die Sachleistung der 24h-Stunden-Pflege entweder durch eine Kostenerstattung in Höhe der Quote leisten zu können oder zu 100% nur hinsichtlich der Zeit, die sich durch Subtraktion der für die Grundpflege erforderlichen Zeit ergibt.
Eine solche Regelung könnte allerdings allenfalls der Gesetzgeber selbst einführen. Derzeit ist sie nicht geltendes Recht. Es gibt keine Regelung im SGB V, welche die Sachleistung häuslicher Krankenpflege von einer Gebühr (wie beispielsweise bei der Rezeptgebühr hinsichtlich der Versorgung mit Medikamenten) oder einer den Sachleistungsanspruch begrenzenden Eigenleistung (wie beispielsweise beim Wunsch nach höherwertiger Zahnfüllung nach § 28 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB V) abhängig macht. Es gibt auch keine Kostendeckelung wie bei der Grundpflege nach dem SGB XI. § 37 IV SGB V betrifft schließlich singuläre Fälle, bei welchen die Krankenkasse entweder keine Pflegekraft stellen kann - wofür hier nichts ersichtlich ist -, oder aus anderen Gründen die Pflege sinnvollerweise nicht als Sachleistung der Krankenkasse zu erbringen ist (vgl. die Beispiele bei KK-Höfler, § 37 SGB V Rdnr. 27: selbst gewählte Pflegekraft billiger, Versicherte akzeptiert krankheitsbedingt nur eine bestimmte Person) (ebenso - § 37 Abs. 4 SGB nicht einschlägig -: BSG, Urteil vom 28. Januar1999, a.a.O. S. 261).
Damit sind nach dem Gesetz alle notwendigen Kosten häuslicher Krankenpflege zu übernehmen, selbst wenn der Pflegedienst auch die Grundpflege mitleisten kann oder könnte. Der Antragssteller verweist nämlich im Einklang mit dem BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 10. März 2008 - 1 BvR 2925/07 -, Rdnr. 6) zutreffend darauf hin, dass nach § 13 Abs. 2 SGB XI die Leistungen der häuslichen Krankenpflege unberührt bleiben. § 37 SGB V seinerseits verbietet nur die Erbringung von Leistungen der Grundpflege durch die Krankenkasse. Nach § 37 Abs. 2 Satz 4 bis 6 SGB V darf nämlich nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI Grundpflege nicht als häusliche Krankenpflege geleistet werden, auch wenn dies ansonsten nach Maßgabe der Satzung möglich wäre. Umgekehrt ruht schließlich der Anspruch auf Leistungen der häuslichen Pflege nach § 34 Abs. 2 S. 1 SGB XI, soweit Grundpflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erfolgt.
Die Antragsstellerin kann sich für ihre Haltung auch nicht auf das BSG berufen. Aus der Grundsatzentscheidung des BSG vom 28. Januar 1999 ergibt sich eine solche Einschränkung des Sachleistungsanspruches nicht. Im dortigen Verfahren hatte die beklagte Krankenkasse gerade anerkannt, dem dortigen Kläger die Behandlungspflege in der Zukunft als Sachleistung zu gewähren. Der klagende Versicherte hatte lediglich mit seiner Revision keinen Erfolg, soweit er die Krankenkasse darüber hinaus zu Leistungen der Grundpflege verurteilt wissen wollte. Alleine hierfür gibt es nach Auffassung des 3. Senats des BSG in diesem Urteil keine Rechtsgrundlage. Im Verfahren B 3 KR 38/04 R (Urteil vom 10. November 2005) stand von vornherein nur ein Anspruch auf 9,5 Stunden täglich als Sachleistung im Streit. Auch das BVerfG betont, der Rechtssprechung des BSG könne kein allgemein geltender Rechtsatz in dem Sinne entnommen werden, dass für die Zeiten, welche in die Leistungspflicht der Pflegekasse fielen, kein Anspruch auf Leistungen der Sicherstellungspflege bestehe (Beschluss vom 10. März 2008, RdNr. 5).
Der vom 3. Senat des BSG aufgestellte Topos des "Regelmäßigen Zurücktretens" begründet keine die Behandlungspflege einschränkende gesetzliche Regelung. Es handelt sich vielmehr um eine in einer einzigen Entscheidung (Urteil vom 28. Januar 1999, a.a.O. S. 262 f) des BSG aufgestellte Behauptung, welche in einer weiteren Entscheidung bereits als Rechtsprechung bezeichnet wird (Urteil vom 10. November 2005, a.a.O. Rdnr. 21). Ein Rechtsatz zur Auslegung des einfachen Rechts scheidet aus. Es geht nicht um die Abgrenzung von Behandlungs- und Grundpflege im Einzelfall (ebenso jedenfalls im Ergebnis auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. Rdnr. 27; vgl. zu Abgrenzungsfragen ausführlich KK-Höfler, § 37 SGB V Nr. 23c ff). Dass es sich bei dem Vorrang der Grundpflege alternativ um eine allgemeinkundige Tatsache handelt, welche das BSG als Revisionsgericht ohne Weiteres zu Grunde legen durfte, lässt sich den beiden (einzigen) bereits zitierten Entscheidungen ebenfalls nicht entnehmen. Da schließlich nicht davon auszugehen ist, dass sich das BSG über das geltende Recht hinwegsetzen wollte, kann es sich bei dem Satz, dass während der Erbringung der Leistungen der Grundpflege die Behandlungspflege grundsätzlich in den Hintergrund träte, nur um eine bloße Meinungsäußerung des Senats handeln, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse regelmäßig wohl zeigen werden. In einer Vielzahl von Fällen bestehe nicht die Erforderlichkeit von häuslicher Krankenpflege, soweit Grundpflege geleistet werde.
Jedenfalls in der Interpretation der beiden Entscheidungen des BSG, wie sie die Antragsgegnerin vornimmt, wäre der Grundsatz des Zurücktretens dagegen nicht mit dem Gesetz in Einklang. Diese verstößt gegen Art. 20 Abs. 3 GG, indem sie eigenmächtig die Kostendeckelung der sozialen Pflegeversicherung ohne gesetzliche Grundlage auf die gesetzliche Krankenversicherung überträgt. Dem Versicherten steht vielmehr gegenüber der Krankenversicherung nach wie vor der volle Sachleistungsanspruch zur Verfügung, ohne dass dieser zur Leistung eines Eigenanteiles verpflichtet wäre. Soweit die entsprechende Leistung nach dem SGB V sich auch als Grundleistung nach dem SGB XI darstellt, kann die Krankenkasse von der Pflegekasse entsprechend Erstattung verlangen. Eine Beiladung der Pflegekasse im Eilverfahren erscheint aber nicht opportun. Ob diese ihrerseits im Hinblick auf die Deckelung (§ 36 Abs. 3 SGB XI) vom Antragsteller oder subsidiär vom Sozialhilfeträger Erstattung verlangen könnte, braucht hier nicht geklärt zu werden. Es braucht auch nicht darauf eingegangen werden, ob eine gesetzliche Kostendeckelung für die Behandlungspflege mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, wie dies der Antragssteller problematisiert. Die Antragsgegnerin sei nur darauf hingewiesen, dass es sich auch ihre Pflegekasse zu einfach machen dürfte, indem sie nur einen Kostenanteil zum privat abzuschließenden Pflegevertrag leisten will. Es ist nämlich noch nicht geklärt, ob es sein kann, dass mangels Pflegevereinbarung zwischen Versichertem und Pflegedienst die Pflegekasse überhaupt nicht leisten muss bzw. ob - umgekehrt gedacht - der Versicherte nicht einen Anspruch auf Pflegeleistungen in vollem Umfang hat, bis die Kosten aufgezehrt sind, bevor er selbst verpflichtet werden kann (von letzterem geht KK-Leitherer § 36 SGB XI Rdnr. 50 aus).
4. Dem Antragsteller steht über einen Anspruch auf "echte 100%-ige" Sachleistung für die Zukunft ein Anspruch auf Freistellung von ihm künftig entstehenden Kosten derzeit nicht zu. Wie ausgeführt, kann er von der Antragsgegnerin (nur) Sachleistung verlangen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin den heutigen Beschluss des Senates beachtet, so dass eine vorläufige Freistellung von Kosten nicht erforderlich ist. Sollte allerdings die Antragsgegnerin auch künftig keine Sachleistung in diesem Sinne erbringen, so dass sich der Antragsteller die Leistung weiterhin selbst beschaffen muss, steht ihm ein solcher Anspruch ohne weiteres zu.
Der Anspruch auf einstweilige Verpflichtung zur Sachleistung war für den Zeitraum eines halben Jahres auszusprechen.
Das Erfordernis einer dringlichen Regelung ist hier (nur) für die Zukunft gegeben. Der Antragsteller hat glaubhaft und hinreichend dargelegt, die bislang vom Pflegedienst tatsächlich geforderten 2.000,00 EUR auch wirklich gezahlt zu haben, dass hierfür aber keine laufenden Einnahmen zur Verfügung standen und stehen und dass das Vermögen im laufenden Monat aufgezehrt sein wird.
Der Antragsteller muss sich nicht auf etwaige Ansprüche nach dem Sozialgesetzbuch 12. Buch verweisen lassen. Primär hat die Krankenkasse einzustehen. Der Antragsteller hat einen Anspruch nach dem vorrangigen SGB V glaubhaft gemacht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 7. Januar 2008 - L 1 B 336/07 KR ER -, Beschluss vom 10. Dezember 2007 - L 1 B 516/07 KR ER -).
Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, von den aufgrund des von ihm mit dem Pflegedienst i abgeschlossenen Vertrages anfallenden Kosten in Höhe von 28,50 EUR pro Stunde generell freigestellt zu werden. Es muss der Antragsgegnerin unbenommen bleiben, eine für sie günstigere Regelung mit dem Pflegedienst zu vereinbaren. Es ist nämlich nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass das Preisgefüge insoweit bereits aufgrund einer Vergütungsvereinbarung der Spitzenverbände nach §§ 132, 132 a Abs. 2 SGB V feststünde. In der Vergütungsvereinbarung vom 5. Dezember 2007 für Nordrhein-Westfalen (als einschlägig hier eingereicht von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2008) sind keine Regelungen für 24-Stunden-Pflege enthalten. Da der Pflegedienst bislang dem Antragsteller finanziell weit entgegengekommen ist, ist anzunehmen, dass auch im Verhältnis Pflegedienst zur Krankenkasse finanzieller Spielraum besteht.
Dem Antragsteller steht indes - wie bereits oben angesprochen - ein einstweiliger Kostenerstattungsanspruch für den Fall zu, dass die Antragsgegnerin nicht rechtzeitig der Verpflichtung zur wirklichen Sachleistung nachkommt. Entsprechend war - unabhängig von der Vollstreckbarkeit des Absatzes eins des Tenors - vorsorglich die Tenorierung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu fassen.
5. Zu einer noch weiter in die Zukunft als für ein halbes Jahr reichenden Regelung besteht nicht das Erfordernis besonderer Dringlichkeit.
Hinsichtlich sämtlicher Ansprüche für die Vergangenheit bis zum heutigen Zeitpunkt fehlt es an einer Eilbedürftigkeit. Die vorläufigen Leistungen sind nur für den laufenden Monat ab dem Zeitpunkt dieses Beschlusses zu gewähren, da nur für die Befriedigung des gegenwärtigen und zukünftigen Bedarfes die besondere Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung gegeben ist. Für eine rückwirkende Gewährung für die Zeit vor dem jetzt laufenden Monat fehlt es an einer entsprechenden konkreten Begründung. Wie die weitere Aufklärung des Sachverhaltes nämlich gezeigt hat, standen dem Antragssteller bislang Mittel zur Verfügung.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG entsprechend Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsgegner weitgehend die Kosten aufzuerlegen, weil der Antragsteller im Wesentlichen Erfolg hat. Allerdings war zu berücksichtigten, dass der Eilantrag hier verfrüht erhoben worden ist. Soweit dem Antrag in zeitlicher auch künftiger Hinsicht nicht voll entsprochen wurde, handelt es sich um allerdings um kein so wesentliches Unterliegen des Antragsstellers, dass eine Kostenentlastung der Antragsgegnerin gerecht wäre.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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