L 18 B 908/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 100 AS 6119/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 908/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2008 geändert. Es wird festgestellt, dass die Klage S 66 AS 13069/08 gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 4. Dezember 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. Juni 2007, 30. Januar 2008 und 15. Februar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2008 aufschiebende Wirkung hat, soweit sich die Klage gegen die Rückforderung von Leistungen richtet. Es wird ferner festgestellt, dass der Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid vom 5. Februar 2008 aufschiebende Wirkung hat. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hinsichtlich der mit Bescheiden vom 11. April 2008 geltend gemachten Rückforderungen (Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 28. Februar 2007) wird abgelehnt. Der Antragsgegner hat den Antragstellern zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten im gesamten Verfahren zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsteller ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist sie nicht begründet und war zurückzuweisen.

Mit der Beschwerde verfolgen die Antragsteller sinngemäß ihr Begehren weiter, die aufschiebende Wirkung der Klage S 66 AS 13069/08 gegen die Bescheide vom 4. Dezember 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. Juni 2007, 30. Januar 2008 und 15. Februar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2008, der Klage S 82 AS 23096/08 gegen die Bescheide vom 1. Februar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. April 2008 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 16. April 2008 festzustellen, soweit mit diesen Bescheiden Erstattungsforderungen gegen sie geltend gemacht werden, sowie die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Erstattungsbescheid vom 5. Februar 2008 festzustellen.

Statthafte Antragsart ist in Fällen der Zweifelhaftigkeit des Eintritts der aufschiebenden Wirkung eines Rechtbehelfs ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bzw. des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl. 2008, § 86b Rn 15).

Dieser Antrag hat Erfolg, soweit die Antragsteller die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 66 AS 13069/08 hinsichtlich der geltend gemachten Erstattungsforderungen begehren. Insoweit kommt der Klage gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist nicht gemäß § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) ausgeschlossen, denn Erstattungsbescheide eines SGB II-Leistungsträgers sind keine Verwaltungsakte, die über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 12. Juli 2006 - L 10 B 345/06 AS ER, L 10 B 346/06 AS PKH-, vom 28. Juli 2006 – L 14 B 350/06 AS ER, L 14 B 351/06 AS PKH – und vom 19. Juli 2007 – L 25 B 1470/07 AS, sämtlich veröffentlicht in juris). Grundsätzlich entfalten auch unzulässige Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG (vgl. Keller, aaO, § 86a Rn 10). Ein allein hier in Betracht kommender und die aufschiebende Wirkung ausschließender Ausnahmefall wegen offensichtlicher Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs bzw. eingetretener Bestandskraft des angegriffenen Bescheides liegt unter Berücksichtigung der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht vor. Zwar macht der Antragsgegner geltend, die Klage sei erst am 14. April 2008 und somit erst nach Ablauf der Klagefrist von einem Monat (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2008 beim Sozialgericht eingegangen. Nach Aktenlage lässt sich jedoch nicht feststellen, wann die Klagefrist zu laufen begann, denn die Leistungsakten des Antragsgegners enthalten lediglich einen als "Entwurf" gekennzeichneten Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2008 mit einem gestempelten, jedoch nicht mit Namenskürzel versehenen Vermerk "abgesandt am 21. Februar 2008". Dies dürfte für den Nachweis nicht ausreichen, dass der Widerspruchsbescheid am 21. Februar 2008 zur Post gegeben und mithin gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch -Verwaltungsverfahren – als am 24. Februar 2008 bekannt gegeben gilt. Abgesehen davon erscheint die Klagefrist bereits mit dem im vorliegenden Eilverfahren am 13. März 2008 bei dem Sozialgericht eingereichten Schriftsatz vom 10. März 2008 gewahrt. Dieser Schriftsatz, mit dem sich die Antragsteller u.a. gegen den Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2008 wandten und diesen auszugsweise als Anlage beifügten, ist als ordnungsgemäße und fristgerechte Klageerhebung zu werten. Da der Antragsgegner zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage S 66 AS 13069/08 bestreitet, soweit sich diese gegen die Erstattungsforderung richtet, war die aufschiebende Wirkung im angegebenen Umfang festzustellen.

Der Antrag hat ferner Erfolg, soweit die Antragsteller die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den auf § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a SGB II iVm § 328 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch –Arbeitsförderung - gestützten Erstattungsbescheid vom 5. Februar 2008 begehren. Dem hiergegen mit dem am 20. Februar 2008 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen "Antrag auf Vollstreckungsschutz" durch die Bezugnahme auf diesen Bescheid in der beigefügten Zahlungsaufforderung vom 5. Februar 2008 zugleich erhobenen Widerspruch kommt gemäß § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wirkung dieses Widerspruchs ist nicht gemäß § 39 Nr. 1 SGB II ausgeschlossen, denn Erstattungsbescheide eines SGB II-Leistungsträgers sind – wie dargelegt - keine Verwaltungsakte, die über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden. Da der Antragsgegner zu Unrecht die aufschiebende Wirkung dieses Widerspruchs bestreitet, war die aufschiebende Wirkung im angegebenen Umfang festzustellen.

Soweit die Antragsteller die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 82 AS 23096/08 gegen die Erstattungsforderungen in den Bescheiden vom 1. Februar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. April 2008 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 16. April 2008 begehren, hat die Beschwerde mangels eines derzeit bestehenden Rechtsschutzinteresses keinen Erfolg. Der Antragsgegner beachtet nämlich die aufschiebende Wirkung dieser Klage, soweit sie sich gegen die Rückforderung von SGB II-Leistungen richtet. Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren (Schriftsatz vom 3. Juli 2008) mitgeteilt, dass diese Forderungen ruhend gestellt worden sind.

Soweit die Antragsteller im Beschwerdeverfahren ihr Begehren auf Vollstreckungsschutz gegenüber der "Gesamtforderung" des Antragsgegners erweitert und damit vorläufigen Rechtsschutz in Bezug auf die in den Bescheiden vom 11. April 2008 geltend gemachte Rückforderung von für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 28. Februar 2007 erbrachten SGB II-Leistungen begehren, ist der Antrag mangels gegebener funktioneller Zuständigkeit des Landessozialgerichts (vgl. § 29 SGG) unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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