L 1 R 1351/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RA 5578/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1351/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagte hat ¼ der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt aktuell noch die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu einem früheren Zeitpunkt sowie die Berücksichtigung bzw. Höherbewertung verschiedener Zeiten.

Sie ist 1953 in Z (Polen) geboren, wo sie bis 1984 lebte. Sie ist gelernte Elektrotechnikerin und war laut Arbeitgeberauskunft von 1980 bis August 1987 als Sachbearbeiterin für Technik beschäftigt, ab Februar 1982 nahm sie dabei Erziehungszeit in Anspruch ohne Gehaltszahlungen. In Berlin war sie nach eigenen Angaben ab 1984 als Laborhilfe geringfügig beschäftigt. Vom 10. September 1992 war sie als Verkäuferin im Stoffgeschäft ihres Bruders angestellt, das sie dann übernahm und bis 1994 führte. Seither hat sie keine Arbeit mehr gehabt. Seit September 1999 ist sie - nach ihren Angaben - ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt.

Im August 2000 befand sie sich in einer stationären Reha-Maßnahme in der Brandenburg Klinik, Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie. Der Entlassungsbericht nennt als Diagnosen Angst und depressive Störung gemischt, Zervikalsyndrom, Migräne und Lumbalsyndrom. Die Entlassung erfolge in wenig gebessertem Zustand. Eine ambulante Weiterbehandlung sei dringend erforderlich. Im orthopädisch-physikalischen Bereich habe eine Linderung der bestehenden Beschwerdesymptomatik erreicht werden können. Die Entlassung erfolge aufgrund der noch stark ausgeprägten depressiven Symptomatik als arbeitsunfähig. Aufgrund des jungen Alters, der kurzen Behandlungszeit sowie der Notwendigkeit einer engmaschigen fortgeführten ambulanten Therapie werde trotz der derzeit noch bestehenden Symptomatik die vollschichtige Leistungsfähigkeit als Verkäuferin in einem Stoffladen erreicht werden. Die Prognose sei jedoch als unsicher einzuschätzen. Auch andere leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne Arbeiten in Zwangshaltungen sowie ohne bückende Tätigkeit könnten weiter ausgeführt werden. Die Klägerin selbst glaube, gegenwärtig krankheitsbedingt keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen zu können.

Die Klägerin beantragte am 27. Dezember 2000 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung durch den Arzt Dr. C. Dieser gelangte bei den Diagnosen Dysthymia und Somatisierungsstörung zur Beurteilung, dass leichte Tätigkeiten ohne großen Zeitdruck und große Verantwortung noch vollschichtig zumutbar seien. Der ebenfalls beauftragte Arzt für Orthopädie Dr. G kam in seinem Gutachten vom 23. Mai 2001 zum Ergebnis, aus orthopädischer Sicht könnten leichte berufliche Tätigkeiten in wechselnder Haltung durchgeführt werden. Die Klägerin leide an einer Bandscheibenschädigung im Bereich der Halswirbelsäule mit Neigung zu Cervikocephalgien und Cervikobrachialgien sowie einer Lendenwirbelsäulenskoliose ohne sensomotorische Ausfälle. Die Schmerzen seien im Rahmen der psychosomatischen Erkrankung zu sehen.

Mit Bescheid vom 23. Juli 2001 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin daraufhin ab. Diese erhob Widerspruch. Sie fühle sich krank und nicht arbeitsfähig. Sie könne nicht mal gewöhnliche Hausarbeiten verrichten und sei auf Hilfe Dritter angewiesen. Sie könne nicht lange sitzen und gehen. Selbst im Liegen bekomme sie Krämpfe und Taubheitsgefühle. Sie leide u. a. an Gelenkschmerzen und Atemwegsbeschwerden, d. h. plötzlichen Anfällen von Atemnot begleitet von Erbrechen. Nach einem Unfall als Folge eines Schwindelanfalles sei sie sehr schreckhaft. Die rechte Gesichtshälfte werde oft taub und sie leide auch häufig an Kopfschmerzen. Sie reichte Atteste ihrer behandelnden Ärzte ein, auf die ergänzend verwiesen wird. Der behandelnde praktische Arzt M gab unter dem 18. November 2001 an, die Klägerin sei seit September 1999 wegen des Wirbelsäulenleidens arbeitsunfähig. Die behandelnde Psychotherapeutin Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H hielt die Klägerin ebenfalls für arbeitsunfähig. Sie leide unter einer nicht reversiblen Persönlichkeitsstörung depressiv-somatisierender Art. Die Verständigungsmöglichkeit in Deutsch sei kaum gegeben. Es bestehe auch keine Fähigkeit, psychosomatische Zusammenhänge zu erkennen. Bei antidepressiver medikamentöser Therapie träten immer wieder Nebenwirkungen auf, die zum Absetzen der Medikamente führten.

Das Versorgungsamt stellte mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 einen Grad der Behinderung von 50 fest.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2002 zurück. Nach den Ermittlungen im Rentenantragsverfahren sei die Klägerin noch in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr erwerbstätig zu sein. Im Widerspruchsverfahren hätten sich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gezeigt. Der Befundbericht der Dr. H sei nicht nachvollziehbar.

Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und hat weitere Atteste eingereicht. Der tatsächliche gesundheitliche Zustand sei bislang allein aufgrund der bestehenden Sprachbarrieren nicht ausreichend berücksichtigt worden. Auf absehbare Zeit sei sie nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit mit gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Das SG hat Befundberichte eingeholt. Dr. H hat unter dem Datum 16. März 2003 zur Frage der Medikamentenanordnung geschrieben, dass aufgrund der gestörten Beziehung im Grunde genommen keine adäquate Betreuung und Compliance zustande gekommen seien. Die Gutachterin des Arbeitsamtes Dr. W ist in ihrem Gutachten vom 30. April 2003 zum Ergebnis gelangt, aus arbeitsamtsärztlicher Sicht sei für länger als 6 Monate von einem aufgehobenen Leistungsvermögen auszugehen. Im Vergleich zur Begutachtung im Januar 2002 sei eine Verschlechterung eingetreten. Die bereits im Reha-Bericht im Jahre 2000 empfohlene tagesstationäre Behandlung habe nicht stattgefunden. Auch eine psychotherapeutische Mitbehandlung erfolge nicht. Sie habe Hinweise für Verdeutlichungstendenzen hinsichtlich der Schmerzsymptomatik und der damit verbundenen Bewegungseinschränkungen bemerkt. Bei zumutbarer Willensanstrengung solle die Klägerin aber alle Behandlungsmöglichkeiten ausschöpfen, damit wieder eine Verbesserung des Gesundheitszustandes und damit eine ausreichende Belastbarkeit für leichtere körperliche Tätigkeit erreicht werde.

Im Auftrag des SG hat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S am 15. März 2004 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstattet. Sie hatte die Klägerin unter Beiziehung eines Dolmetschers am 11. Februar 2004 untersucht. Sie gelangte zu den Diagnosen einer multiplen Somatisierungsstörung, histrionischer Persönlichkeitsstörung, rezidivierenden depressiven Episoden, rezidivierendem HWS- und LWS-Syndrom ohne Zeichen einer Wurzelkompression sowie Spannungskopfschmerz. Die Klägerin könne ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten täglich regelmäßig noch leichte körperliche Tätigkeiten in geschlossenen Räumen, unter Vermeidung von Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft verrichten. Die Arbeiten könnten überwiegend im Sitzen oder im Wechsel der Haltungsarten erfolgen. Eine einseitige körperliche Belastung solle vermieden werden, ebenso das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg. Vermehrter Zeitdruck solle vermieden werden. Die Arbeit könne jedoch im festgelegten Arbeitsrhythmus erfolgen. Die festgestellten Leiden schränkten die Klägerin nicht in der Ausübung mittelschwerer und einfacher geistiger Tätigkeiten entsprechend ihrem Ausbildungsstand ein. Die Leiden wirkten sich nicht auf das Hör- und Sehvermögen und die Lese- und Schreibgewandtheit aus, ebenso wenig auf die Auffassungsgabe. Einschränkungen bezögen sich auf das Reaktionsvermögen und die Konzentration. Es sollten keine Tätigkeiten erfolgen, die mit Ansprüchen an die längerfristige, konzentrative Belastung einhergingen. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen. Das so verbleibende Leistungsvermögen reiche aktuell noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens 8 Stunden täglich aus. Im Gegensatz zu den hausärztlichen Beurteilungen ergebe sich, dass der psychopathologische Befund nicht derart gravierend eingeschätzt werde. Dem Bericht der behandelnden Nervenärztin sei zu entnehmen, dass die Compliance schwierig gewesen sei und die behandelnde Nervenärztin von der Voraussetzung ausgegangen sei, dass die Klägerin 42-jährig einen Herzinfarkt erlitten habe, eine Information, die nicht den Tatsachen entspreche. Im Befundbericht des Arbeitsamtes werde auf eine seelische Störung mit Depression und Spannungskopfschmerz hingewiesen. Es werde jedoch auch ausgeführt, dass sich einerseits Verdeutlichungstendenzen hinsichtlich der Schmerzsymptomatik und der damit verbundenen Bewegungseinschränkungen zeigten, jedoch die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Aus nervenärztlicher Sicht der Gutachterin sei der psychopathologische Befund nicht derart ausgeprägt, dass hierdurch eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens bedingt sei. Im Vordergrund stehe weniger eine gravierende depressive Symptomatik, sondern die ausgeprägte histrionische Persönlichkeitsstruktur und eine begleitende Somatisierungsstörung. Die Behandlungsmaßnahmen seien bislang in keinster Weise ausgeschöpft.

Die Klägerin hat zu diesem Gutachten vorgetragen, sich seit Mai 2003 in psychotherapeutischer Behandlung (Verhaltenstherapie) bei der Psychotherapeutin Dipl. Psychologin B K zu befinden.

Im Auftrag des Gerichts nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat ferner der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. H die Klägerin am 18. Februar 2005 in Anwesenheit ihrer Tochter als Dolmetscherin untersucht sowie am 10. März 2005 ein psychiatrisch-neurologisches Fachgutachten erstellt. Er hat keine grundsätzlich neue Diagnose gestellt. Er nehme jedoch eine histrionische Persönlichkeitsstörung nicht an. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Gutachter dann mit Schreiben vom 14. Mai 2005 ergänzt, dass die Klägerin ab Antragstellung keinerlei Arbeiten täglich regelmäßig mehr verrichten könne.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11. November 2005 ein erloschenes Leistungsvermögen ab dem 31. August 2004 und damit einen Anspruch auf Rente ab 1. September 2004 anerkannt. Sie folge dem Sachverständigen Dr. H zwar in seiner Leistungsbeurteilung, jedoch nicht in dem von ihm gesehenen Leistungsfall ab Antragstellung. Sie gehe davon aus, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Frau Dr. S noch volles Leistungsvermögen bestanden habe. Sie sei bereit, aufgrund der eingetretenen Verschlechterungen einen Leistungsfall zeitlich zwischen der Begutachtung durch Frau Dr. S und Herrn Dr. H anzuerkennen. Die Klägerin hat sich gegen die Annahme einer histrionischen Persönlichkeitsstörung durch die Gutachterin Dr. S gewandt. Sie sei seit 1999 arbeitsunfähig erkrankt. Diese lange Erkrankungsdauer spreche für die Unfähigkeit, sich aus eigener Kraft zu helfen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 9. August 2006 hat die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2002 für den Zeitraum 3. Mai 2001 bis 31. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab 3. Mai 2001 zu gewähren. Das SG hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens habe die Klägerin vor dem 31. August 2004 noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen hinsichtlich körperlich leichter Arbeiten verfügt. Dies ergebe sich aus der Gesamtheit der medizinischen Unterlagen, insbesondere aus dem Gutachten der Ärztin Dr. S. In ihrem Gutachten sei der Gesundheitszustand der Klägerin überzeugend dargelegt und schlüssig, sachgerecht und in sich widerspruchsfrei ihr Leistungsvermögen bewertet worden. Konkrete Anhaltspunkte für Fehler seien nicht zu erkennen. Der von dem Gutachter Dr. H erhobene Befund weiche hier so erheblich von dem Gutachten Dr. S ab, dass diese Abweichung nur mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit der Untersuchung vom 11. Februar 2004 erklärt werden könne. So habe die Ärztin Dr. S(nur) einen geringgradig eingeschränkten Antrieb bei ausreichend affektierter Schwingungsfähigkeit festgestellt, der Gutachter Dr. H hingegen einen erheblich geminderten Eigenantrieb mit deutlich verringerter affektiver Schwingungsfähigkeit. Dieser habe selbst betont, dass verhältnismäßig geringfügige äußerer Umstände die Gesamtsystematik der Klägerin verschlimmern könnten und habe insoweit als Einschnitt den Umzug der Klägerin im Dezember 2004 genannt. Ab danach habe dieser kein Telefon mehr zur Verfügung gestanden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Beklagte hat in Ausführung des Anerkenntnisses zunächst am 14. November 2006 einen Rentenbescheid erlassen sowie aufgrund einer zusätzlichen Berücksichtigung einer Beitragszeit am 20. Dezember 2006 einen weiteren Rentenbescheid.

Die Klägerin trägt vor, das Gutachten Dr. S sei fehlerhaft. Sie gehe fälschlicherweise von einer Überwindbarkeit der Krankheit aus eigener Kraft aus. Das Gericht habe auch lediglich vermutet, dass der Umzug im Dezember 2004 eine wesentliche Verschlechterung bewirkt habe. Es gebe jedoch viele Anhaltspunkte für einen früheren Zeitpunkt. Auch habe die Beklagte selbst ein weiteres orthopädisches Gutachten angeregt. Es werde deshalb beantragt, den Gutachter Dr. H ergänzend gutachterlich zu hören über die Frage, ab welchem konkreten Zeitpunkt die Klägerin nicht mehr in der Lage gewesen sei, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und aufgrund welcher konkreter Umstände oder Ereignisse er zu diesem Ergebnis gekommen sei, ferner ein orthopädisches Fachgutachten einzuholen um festzustellen, ob und ggf. seit welchem Zeitpunkt die Klägerin aus orthopädischer Sicht nicht mehr in der Lage gewesen sei, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Streitgegenstand sei (auch) ein Antrag auf Arbeitsunfähigkeitsrente noch zur alten Rechtslage aufgrund des Antrages jedenfalls vom 27. Dezember 2000. Im Termin zur mündlichen Verhandlung sei zwar nur ein Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 3. Mai 2001 protokolliert worden. Jedenfalls sei jedoch eine darüber hinausgehende Klagerücknahme auch nicht protokolliert. Es liege auch eine schwere, spezifische Leistungsbeschränkung bzw. Summierung ungewöhnlicher Leistungsbehinderungen vor. Hinsichtlich einer Teilzeitarbeitszeit sei der Arbeitsmarkt verschlossen. Im Übrigen leide der Rentenbescheid vom 20. Dezember 2006, durch welche der vorangegangene vom 14. November 2006 gegenstandslos geworden sei, an weiteren Rechtsmängeln (Bezugnahme auf den beigefügten Widerspruch vom 11. Dezember 2006) - Die Verminderung des Zugangsfaktors Erwerbsminderungsrente sei verfassungswidrig (Bezugnahme auf BSG Urteil vom 16. Mai 2006 – B 4 RA 22/05, Widerspruchsbegründung vom 11. Dezember 2006 Nr. 1). - Der Beitragssatz für die Krankenversicherung der Rentner sei ebenfalls verfassungswidrig (Widerspruchsbegründung Nr. 2). - Auch widerspreche die Klägerin der Absenkung auf 60 % im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 13. Juni 2006 (1 BVL 9/00, Absenkung der Renten nach dem Fremdrentengesetz [FRG], Widerspruchsbegründung Nr. 3). - Im Versicherungsverlauf bestünden zu Unrecht Lücken (Widerspruchsbegründung zu Punkt 13). - Ihre Lehrzeit in Polen (Nr. 15 der vorgenannten Widerspruchsbegründung) sei mit zu geringen Entgeltpunkten angesetzt, statt 0,025 Entgeltpunkte lediglich 0,0208 Entgeltpunkte. - Die Pflichtbeitragszeiten für die berufliche Ausbildung seien falsch berechnet worden (Widerspruchsbegründung Nr. 16). - Zeiten der beruflichen Ausbildung seien falsch berechnet (Widerspruchsbegründung Nr. 17). - Die Gehaltsumrechnung Zloty in Deutsche Mark sei falsch (Widerspruchsbegründung Nr. 18). - Das polnische Gehalt sei falsch berechnet (Widerspruchsbegründung Nr. 19), - Zeiten wegen Schwangerschaft bzw. Mutterschutz, und Arbeitslosigkeit seien unvollständig (Widerspruchsbegründung Nr. 20), - § 262 SGB VI sei nicht berücksichtigt (Widerspruchsbegründung Nr. 21), - die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sei nicht berücksichtigt (Widerspruchsbegründung Nr. 22), - § 22 FRG sei nicht zur Anwendung gelangt (Widerspruchsbegründung Nr. 23), - Die Beitragszeiten in Polen seien fehlerhaft nicht an polnischen Durchschnittsgehältern sondern an deutschen Durchschnittsgehältern gemessen worden (Widerspruchsbegründung Nr. 24), - Hinsichtlich der Zeiten beruflicher Ausbildung sei nicht geprüft worden, ob es günstiger sei, diese als Beitragszeiten statt als Anrechnungszeiten anzusetzen (Widerspruchsbegründung Nr. 25).

Die Beklage hat daraufhin die Rente erneut neu festgestellt, zunächst mit Bescheid vom 8. März 2007 und sodann mit Bescheid vom 24. April 2007. Sie hat darin aus ihrer Sicht das klägerische Begehren zu den Punkten 4 bis 12 der Widerspruchsbegründung anerkannt. Damit sind insbesondere zusätzliche Pflichtbeiträge für Zeiten der Kindererziehung und Berücksichtigungszeiten anerkannt worden.

Die Klägerin hat ergänzend ausgeführt, die vom SG zugrunde gelegten Einschränkungen seien geeignet, typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren. Es hätte vielmehr geprüft werden müssen, ob es in der Arbeitswelt typischerweise noch eine Tätigkeit gibt, welche dem Leistungsvermögen der Klägerin entspreche. Die Sachverständige Dr. S habe schließlich nicht dargestellt, wie oft sie eine Wegstrecke von mehr als 500 m täglich zurücklegen könne und in welcher Zeit ihr dies möglich sei bzw. inwieweit sie zusätzlich öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Auch insoweit wäre die Prüfung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erforderlich gewesen (Bezugnahme auf BSG 13 RJ 89/96). Aus allen Befundberichten, Attesten und Gutachten außer der von Frau Dr. S ergebe sich, dass bei der Klägerin keine histrionische Persönlichkeitsstörung vorgelegen hat. Wie die schmerztherapeutische Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Innere Medizin, Facharzt für Anästhesiologie spezielle Schmerztherapie Dr. B darlege habe die Klägerin auch nicht lediglich unter einer somatoformen Störung gelitten. Die Gutachterin Dr. S habe vielmehr die Vielfalt der chronischen Schmerzkrankheit nicht berücksichtigt. Das Gutachten sei aus schmerztherapeutischer Sicht einseitig und nicht vollständig. Ihr stehe jedenfalls eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu.

Hinsichtlich der Kindererziehungszeiten und der Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung seien Punkte unberücksichtigt geblieben. Die Zeiten 31. Mai 1982 bis zum 4. April 1984 und vom 30. April 1985 bis zum 1. März 1990 sowie die Zeiten, in denen die Klägerin während des polnischen Arbeitsverhältnisses erkrankt gewesen sei, seien nach wie vor nicht berücksichtigt. Gleiches gelte für den Umstand, dass die Klägerin in der Zeit des Erziehungsurlaubes Beiträge zur polnischen Rentenversicherung entrichtet habe. Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei ihrem Bruder im Textilhandel V sei erst am 10. September 1992 gekündigt worden (zu Widerspruchsbegründung Nr. 13 und 14). Die Ausbildungszeiten seien nicht nur glaubhaft gemacht, sondern nachgewiesen (zu Widerspruchsbegründung Nr. 15). Die Qualifikationsgruppe gemäß Anlage 13 zum SGB VI sei falsch ermittelt. Die Klägerin habe nicht nur die Berufsschule sondern auch ein Technikum absolviert (zu Widerspruchsbegründung Nr. 18 und 19). Die Prüfung der Anrechnungsbestände sei möglich gewesen wie sich aus beigefügten Unterlagen ergebe (zu Widerspruchsbegründung Nr. 22).

Die Beklagte hat ein Teilanerkenntnis abgegeben. Die Klägerin könne ab 15. August 1978 in die Qualifikationsgruppe 2 eingestuft werden könne. Zuvor habe sie neben der Beschäftigung als Elektromonteurin das Technikum besucht und erfolgreich abgeschlossen. Es müsse deshalb unterstellt werden, dass die anschließend ab 15. August 1978 und die ab 1. April 1979 ausgeübte Beschäftigungen ausbildungsadäquat verrichtet worden seien (zu Widerspruchsbegründung Nr. 18 und 19).

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis zu Punkt 18 – 19 der Widerspruchsbegründung angenommen.

Die Beklagte hat in Ausführung des Teilanerkenntnisses unter dem Datum 26. Juni 2008 einen neuen Rentenbescheid erlassen.

Die Klägerin trägt weiter vor, die Absenkung nach § 22 Abs. 4 FRG sei aufgrund des Abkommen vom 09. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 09. Oktober 1975 (DPSVA 1975; BGBl II 1976, 396) gemäß Art. 6 § 4 Abs. 5 Fremdrenten- und Auslandsrenten – Neuregelungsgesetz (FANG) nicht vorzunehmen (zur Widerspruchsbegründung Nr. 3). Hinsichtlich der Erziehungszeiten dürfe es keine Lücken geben, insbesondere nicht zwischen dem 31. Mai 1982 und dem 4. April 1984, zwischen dem 7. August 1984 und dem 1. September 1984, zwischen dem 30. April 1985 und dem 1. März 1990, am 11. September 1990, am 4. April 1993 und am 11. April 1993. Seit der Reform des polnischen Sozialversicherungsrechtes zum 1. Januar 1983 seien Kinderbetreuungszeiten in Form des Erziehungsurlaubes oder unbezahlten Urlaubs rentenrechtlich einbezogen und damit den Beschäftigungszeiten gleichgestellt gewesen. Gleiches gelte für Zeiten des Erziehungsurlaubes ab dem 1. Januar 1981 (zu Widerspruchsbegründung Nr. 4 – 12). Die Zeiten des Erziehungsurlaubes seien hier durch das Legitimationsbuch nachgewiesen (zu Widerspruchsbegründung Nr. 4 – 12).

Auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei Anspruch auf Krankengeld für 180 Kalendertage –nach dem polnischen Arbeitsgesetz vom 1. Januar 1975- seien Beschäftigungszeiten. Diese seien hier durch das Legitimationsbuch nachgewiesen. Die Beklagte berücksichtige nicht, dass in der Zeit des Erziehungsurlaubes Beiträge zur polnischen Rentenversicherung entrichtet worden seien. Sie berücksichtige auch nicht dass der Klägerin am 10. September 1992 gekündigt worden sei und die Beiträge bis zum Ende der gesetzlichen Kündigungsfrist hätten gezahlt werden müssen (Widerspruchsbegründung Nr. 13 und 14). § 22 Abs. 2 FRG setze für Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlehrling für jeden Kalendermonat 0,025 Entgeltpunkte an. Dies gelte unabhängig davon, ob die Zeiten bewiesen oder lediglich glaubhaft gemacht seien. Hier seien auch Nachweise geführt worden. Ein Arbeitszeugnis oder Ausbildungszeugnis eines staatlichen Arbeitgebers sei nämlich als Beweismittel für Beschäftigungszeiten ausreichend (zu Widerspruchsbegründung Nr. 15).

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. August 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2002 und unter Abänderung der ergangenen Rentenbescheide vom 20. Dezember 2006, 8. März 2007, 24. April 2007 und 26. Juni 2008 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend ab Antragstellung zu gewähren, sowie bei der Berechnung höhere Entgeltpunkte zugrunde zu legen und insgesamt einen höheren Rentenzahlbetrag zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.

Nach wie vor sei davon auszugehen, dass zwischen der Begutachtung durch Frau Dr. S und der durch Dr. Heine deutliche Verschlechterung eingetreten sei. Frau Dr. S habe bei der bestehenden depressiven Entwicklung noch keine so ausgeprägte Antriebsstörung feststellen können, wie Dr. H. Auch Dr. C habe 2001 im Rahmen einer gutachterlichen Untersuchung zwar eine passiv leidende Klägerin mit Neigung zum Dramatisieren festgestellt, aber keine ausgeprägte depressive antriebsgeminderte hilflose Patientin.

Sie hält eine Summierung spezifischer Leistungseinschränkungen nicht für gegeben.

Eine Absenkung nach § 22 Abs. 4 FRG sei der Sache nach nicht vorgenommen worden (zu Widerspruchsbegründung Nr. 3).

Die Zeit des polnischen Erziehungsurlaubes sei richtig ermittelt. Diese könnte nur nach Maßgabe der polnischen Vorschriften Berücksichtigung finden. § 28 b FRG sei lediglich für die Bewertung und die technische Einordnung in die Rentenberechnung heranzuziehen im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 12. März 1976 zu dem DPSVA 1975 in der Fassung von Artikel 22 des Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze vom 21. Juni 2002 (BGBl. 2002 I, S.2167 ff.; ZustG-DPSVA 1975) (zu Widerspruchsbegründung Nr. 4 – 12).

Die Anrechnung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und des Mutterschutzes erfolge, wenn ein Anspruch auf Leistungen in Polen bestanden habe. Nur dann könne die Zeit als Abkommenszeit anerkannt werden gemäß § 29 FRG. Hier seien jedoch lediglich ein Anspruch auf ärztliche Betreuung aufrechterhalten worden sowie Familiengeld und andere Beihilfe geleistet worden (Widerspruchsbegründung Nr. 13 und 14). Aufgrund der fehlenden Bestätigung von Zeiten der Arbeitslosigkeit durch die Bundesagentur für Arbeit für die Sonntage am 4. April 1993, 11. April 1993, 28. September 1997 seien diese Tage in der Versicherungsbiografie nicht aufgeführt und Anrechnungszeittatbestände nicht belegt (zu Widerspruchsbegründung Nr. 13 und 14).

Die Entgeltpunkte für die Lehrzeit in Polen seien zutreffend um 1/6 gemindert und mit 0,0208 Entgeltpunkten der Berechnung zugrunde gelegt, da diese Zeit lediglich glaubhaft gemacht und nicht nachgewiesen sei (zu Nr. 15 der Widerspruchsbegründung): Um die Zeiten der Ausbildung als Beitragszeiten anerkennen zu können, müssten diese nachgewiesen seien. Nachweis bedeute, dass Bestehen einen so hohen Grades von Wahrscheinlichkeit, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifele (Bezugnahme auf BSGE 7, 141). Weil jede Unterbrechung der Entgeltzahlung zu einer Unterbrechung der anzuerkennenden FRG-Zeit führe, sei der Nachweis einer Beitrags- oder Beschäftigungszeit nur dann erbracht, wenn aus den Unterlagen ersichtlich sei, ob und in welchem Umfang solche Fehlzeiten vorhanden gewesen seien oder nicht vorgelegen hätten. Enthielten die Unterlagen dagegen lediglich Angaben über Beginn und Ende einer Beschäftigung, ohne dass zweifelsfrei erkennbar sei, ob und in welchem Umfang die Beschäftigung unterbrochen worden sei, stellten sie lediglich ein Mittel der Glaubhaftmachung dar (Bezugnahme auf Urteile des BSG vom 20. August 1974 – R 4 RJ 241/73 und vom 9. November 1982 – 11 RA 64/81). Hier habe die Klägerin erst für die Beschäftigung ab 13. Juli 1972 ein Legitimationsbuch vorgelegt. Die weiteren Arbeitgeberbescheinigungen erfüllten die strengen Anforderungen an einen Nachweis nicht. Die Anerkennung von Anrechnungszeiten wegen Ausbildung sei für den Berufsschulbesuch und den Besuch des Technikums nicht möglich. Ein Berufsschulbesuch neben der praktischen Lehre erfülle nicht das Erfordernis der überwiegenden Inanspruchnahme durch theoretischen Unterricht (zur Widerspruchsbegründung Nr. 15).

Die Zeit des polnischen Erziehungsurlaubes u. a. vom 31. Mai 1982 bis 4. April 1984 sei keine anrechenbare Beitragszeit, weil keine Beiträge zur polnischen Rentenversicherung entrichtet worden seien. Sie seien auch keine Arbeitszeit im Arbeitnehmersystem nach Art. 4 Abs. 2 des Deutsch-Polnischen Sozialversicherungsabkommens 1975 (DPSVA 1975). Für die Zeiten des bezahlten Mutterschutz- oder Erziehungsurlaubes im Bundesgebiet habe ebenfalls keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden. Für die behauptete Beitragszeit als Angestellte bei Dr. B und Dr. K habe wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung nachweislich keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden. Für die Beschäftigung im Betrieb des Bruders vom 10. September 1992 bis 12. Oktober 1992 seien Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht nachgewiesen.

Nach der polnischen Arbeitsbescheinigung vom 31. Oktober 2002 hätten das betriebliche Lehrverhältnis und die versicherte Beschäftigung als Lehrling bis zum 30. Juni 1971 bestanden. Diese Zeiten seien zutreffend mit dem Wirtschaftsbereich 95 und der Qualifikationsgruppe 0 bewertet worden (betrifft Widerspruchsbegründung Nr. 16). Die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen seien zutreffend nach § 71 Abs. 3 SGB VI bewertet worden (betrifft Widerspruchsbegründung Nr. 17). Die polnischen Beitragszeiten seien zutreffend nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 i. V. m. Art. 27 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 des Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 08. Dezember 1990 (DPSVA 1990; BGBl II 1991, 743) sowie i. V. m. Art. 2 Abs. 1 ZustG-DPSVA 1975 und § 15 FRG anerkannt worden. Die Zeiten seien nach Art. 6 Abs. 3 FANG i. V. m. § 22 Abs. 1 FRG und § 256 b Abs. 1 SGB VI den Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereiche entsprechend den Anlagen 13 und 14 zum SGB VI zugeordnet worden. Eine zusätzliche Honorierung von Zulagen, Prämien o. ä. sehe das Gesetz nicht vor (zu Widerspruchsbegründung Nr. 18 und 19). Nach der Versicherungsbiografie seien sämtliche Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes und die nachgewiesenen Zeiten der Arbeitslosigkeit anerkannt (zu Nr. 20 der Widerspruchsbegründung). Eine Anhebung der Entgeltpunkte auf Mindestentgeltpunkte nach § 220 SGB VI scheide aus, da der Monatsdurchschnitt von mindestens 0,0625 Entgeltpunkten mit 0,0627 erreicht werde (zu Punkt 21 der Widerspruchsbegründung). Anrechnungstatbestände im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI hätten nicht geprüft werden können, weil Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Auch entsprechende Zeiträume seien nicht benannt worden (zu Punkt 22 der Widerspruchsbegründung). Die Orientierungsmaßnahme für Frauen mit Kindern sei nicht als Fachschulausbildung anzuerkennen. Sie habe keine Dauer von mindestens einem halben Jahr oder 600 Stunden gehabt (zu Widerspruchsbegründung Nr. 22). Die Bewertung der Zeiten sei zutreffend (Widerspruchsbegründung Nr. 23, 24 und 26). Die Entgeltpunkte seien nicht in Anwendung der Anlage I zum SGB VI ermittelt worden. Die Bewertung der beitragsgeminderten Zeiten sei in den Anlagen 4 Seite 6 bis 8 der Bescheide vorgenommen worden und mit zusätzlichen Entgeltpunkten bewertet worden (zu Punkt 25 der Widerspruchsbegründung).

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagte lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung und die Klage sind, soweit sie über die angenommenen Teilanerkenntnisse hinaus weiter verfolgt werden, unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine volle oder teilweise Erwerbsminderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu:

Vorrangig einschlägig ist hier § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden, durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I Seite 1827) eingeführten, Fassung (künftig: SGB VI neue Fassung = SGB VI n. F.). Im Streit steht primär die Frage einer erst nach der Gesetzesnovelle eingetretenen Erwerbsminderung.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n. F. sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB V n. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vor einem früheren Leistungsfall als dem 31. Juli 2004 besteht zur vollen Überzeugung des Senats nicht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin damals eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig ausüben konnte. Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei ihr. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass durchgreifende Zweifel am Sachverständigengutachten der Dr. S nicht bestehen. Auf die Ausführungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen. Der Gesundheitszustand der Klägerin hat sich zwischen der Begutachtung durch Dr. Sund der durch Dr. H deutlich verschlechtert. Es gibt nach wie vor keine Veranlassung, davon auszugehen, die Gutachterin habe den Leistungsstand am 11. Februar 2004 falsch eingeschätzt. Die Gutachterin hat sich sowohl bei der Untersuchung selbst als auch in ihrem Gutachten mit den orthopädischen Beschwerden auseinandergesetzt (vgl. Gutachten Seite 15, zur Untersuchung durch sie selbst Seite 18 und zu Diagnosen und Folgerungen Seite 24 f). Es ist nicht ersichtlich, dass Relevantes unberücksichtigt geblieben ist. Ein orthopädisches Gutachten nach Aktenlage könnte jetzt auch keine größere Gewissheit mehr verschaffen. Auch der psychische Befund ist auf der Grundlage der eigenen Beobachtungen am Untersuchungstag erhoben (Gutachten Seite 20). Jedenfalls am Untersuchungstag ist nach dem maßgeblichen sachverständigen Eindruck der Zustand der Klägerin nicht so gravierend gewesen. Die Diagnose einer neurotischen Fehlbildung mit psychosomatischer Symptombildung auf dem Boden einer depressiv-histrionischen Persönlichkeitsstruktur erscheint dem Senat schlüssig dargelegt. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die ganze Zeit arbeitsunfähig gewesen ist. Erwerbsminderung setzt nämlich voraus, dass die Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend, worunter ein Zeitraum von mehr als 6 Monaten verstanden wird, beeinträchtigt sein muss (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16). Hier ist nach den Ausführungen der Sachverständigen bezogen auf den damaligen Zeitpunkt sogar von aktueller Leistungsfähigkeit auszugehen. Diese hat sich insbesondere mit dem Befundbericht des Landesarbeitsamtes auseinandergesetzt (Gutachten Bl. 26 f). Die Behandlungsmaßnahmen seien bislang nicht ausgeschöpft. Es erfolge weder eine kontinuierliche nervenärztliche noch psychotherapeutische Behandlung. Damit scheidet jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt eine nicht nur vorübergehende Erwerbsminderung aus.

Die Klägerin selbst hat am Untersuchungstag mitgeteilt, sie könne Bus fahren (Gutachten Bl. 20), so dass auch von damaliger Wegefähigkeit auszugehen ist.

Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI n. F. lag ebenfalls nicht vor. Berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI n. F. sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).

Die Klägerin muss sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Sie hat sich von ihrem in Polen ausgeübten Beruf längst gelöst und war zuletzt kurzzeitig als ungelernte Verkäuferin tätig.

Die qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit stellten und stellen auch weder einzelne schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigungen noch in ihrer Gesamtheit eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar (s. dazu BSG – Großer Senat – Beschluss vom 19.12.1996 – GS 2/95BSGE 80, 24, 33 f; Urteil vom 18.02.1998 – B 5/4 RA 58/97 R – ). Die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit war damit nicht erforderlich. Unter dem Begriff schwere spezifische Leistungsbehinderung werden vom Bundessozialgericht diejenigen Fälle erfasst, bei denen eine schwerwiegende Behinderung bereits ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nur dann vor, wenn die Fähigkeit der Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (BSG, U. v. 20.08.1997 - 13 RJ 39/96 -). Es wird so dem Umstand Rechnung getragen, dass auch ein Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. Jede qualitative Leistungseinschränkung, beispielsweise der Ausschluss von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, versperrt dem Versicherten eine bestimmte Gruppe von Arbeitsplätzen, d. h. alle Tätigkeiten, bei denen - und sei es auch nur gelegentlich - die nicht mehr mögliche Leistungserbringung gefordert wird. Jede weitere Leistungseinschränkung schließt ihrerseits einen anderen Bereich des Arbeitsmarktes aus, wobei sich diese Bereiche überschneiden, aber auch zu einer größeren Einengung des Arbeitsmarktes addieren können. Mit jeder zusätzlichen Einengung steigt die Unsicherheit, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können (so wörtlich BSG, Urt. v. 20.08.1997). Nach diesen Grundsätzen lag und liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bei der Klägerin vor. Der Ausschluss des Arbeitens in Zwangshaltungen ist bereits vom Begriff leichte Tätigkeit umfasst und zählt nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und erst recht nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95BSGE 80, 24 = SozR 3 - 2600 § 44 Nr. 8). Die Beschränkung des Hebens und Tragens auf Gegenstände geringen Gewichts zählt ebenso zu dem Bereich leichter Arbeiten (vgl. BSG, Urt. vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 13: dort 6kg).

Auf den geltend gemachten Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente findet hier daneben über §§ 300 Abs. 1, 302b Abs. 1 SGB VI n. F. auch § 44 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2000 (künftig: alte Fassung = a. F.) Anwendung. Gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI n. F. sind aufgehobene oder durch das Gesetz ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch an¬zuwenden, wenn dieser bis zum Ablauf von 3 Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Hier ist der Anspruch bereits im Jahre 2000 geltend gemacht worden. In § 302 b Abs. 1 SGB VI n. F. ist zudem die Fortgeltung des alten Rechts für vor Inkrafttreten des neuen Rechts entstandene Ansprüche auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit noch speziell geregelt.

Berufsunfähigkeit nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. scheidet aus, da die Voraussetzungen deckungsgleich zu § 240 SGB VI n. F. sind.

Die zweitinstanzlich erhobene Klage war abzuweisen Auch die Angriffe der Klägerin gegen die Rentenbescheide führen nicht zum Erfolg:

Der Senat folgt nicht der Rechtssprechung des 4. Senats des BSG, wonach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI in der Fassung EM-Reformgesetzes verfassungswidrig sei. § 77 Abs. 2 SGB VI verstößt vielmehr nicht gegen Art. 3 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Juni 2008 – L 3 R 43/08, LSG Hessen, Urteil vom 24. August 2007 – L 5 R 228/06 – Juris). Die Vorschrift, wonach Erwerbsminderungsrentner die bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Rentenabschlägen nur unterliegen, wenn sie die Rente über das 60. Lebensjahr hinaus beziehen, bedarf keiner Korrektur. Die getroffene Regelung stellt sich nämlich als Reaktion auf die demographische Entwicklung dar, die u. a. durch längere Rentenbezugszeiten zu einer besonderen finanziellen Belastung der gesetzlichen Rentenversicherung führt. Der Gesetzgeber durfte deshalb nicht nur vorzeitige Altersrenten, sondern auch Erwerbsminderung- und Hinterbliebenenrenten absenken, soweit sie vor dem 65. Lebensjahr des Versicherten beginnen (so ausweislich des Terminsbericht auch BSG, Urteile vom 14. August 2008 – B 5 R 32/07 R, B 5 R 88/07 R, B 5 R 140/07 R und B 5 R 98/07 R).

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) liegt nicht vor. Der Senat verweist hierzu auf die Begründung im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 20. September 2007 – L 2 R 415/07, Nr. 30f:

"Eine Verletzung des Artikel 3 Abs 1 GG ist nicht feststellbar. Zwar ist anerkannt, dass ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs 1 GG auch darin liegen kann, dass Gesetzgeber oder Verwaltung (wesentlich) Ungleiches gleich behandeln. Die Gleichbehandlung kann nur dann eine Verfassungswidrigkeit hervorrufen, wenn ein vernünftiger Grund für diese Gleichbehandlung fehlt (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1998, 1 BvR 1554/89, 963, 964; BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 1979, 1 BvR 124/71). Zunächst ist einschränkend festzustellen, dass eine vollständige Gleichbehandlung zwischen der Rente wegen Erwerbsminderung einerseits und der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit andererseits nicht besteht. § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI begrenzt die Minderung des Zugangsfaktors der Erwerbsminderungsrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme auf einen Abschlag von maximal 10,8 %. Demgegenüber beträgt der Abschlag bei der frühest möglichen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit maximal 18 %. Diese Differenzierung wirkt sich zu Gunsten derjenigen aus, die - wie die Klägerin- zum Zeitpunkt des Rentenbeginns das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist die Kompensationsregelung des § 59 SGB VI, bei deren Anwendung inzwischen die Zeit vom 55. bis zum 60. Lebensjahr nach Abs 2 Satz 1 Nr 1, Satz 2 gegenüber der früheren Fassung in voller Höhe angerechnet wird (statt in Höhe von bisher einem Drittel).

Darüber hinaus fehlt es für die Einführung eines Abschlags bei vorzeitiger Renteninanspruchnahme auch bei Erwerbsminderungsrenten nicht an einem vernünftigen Grund. Das Ziel der Vermeidung von Ausweichreaktionen von rentenberechtigten Versicherten von der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf die Rente wegen Erwerbsminderung ist ein sachlich rechtfertigender Grund für die (nahezu) Gleichbehandlung der beiden Rentenarten bezüglich der Einführung von Rentenabschlägen in § 77 Abs 2 Satz 1 SGB VI. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung des 1. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 12. Mai 2005, L 1 RA 255/04) an. Ohne die entsprechende Maßnahme des EM-ReformG wären sowohl die Altersgrenzenanhebung des RRG 92 als auch das Vorziehen und Beschleunigen dieser Anhebung im WFG (1997) in ihrer Wirkung gefährdet gewesen."

Der Senat teilt weiter die Auffassung des BSG (Urteil vom 18. Juli 2007 – B 12 R 21/06 R –), dass es auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, dass Rentenbezieher ab 1. Juli 2005 aus ihrer Rente einen Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichten haben. Das BSG hat insoweit ausgeführt:

"16 b) Der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art 100 Abs 1 GG bedurfte es nicht. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 241a, § 247 und § 249a SGB V verfassungswidrig sind, soweit Rentner danach ab 1.7.2005 einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag im Umfang von 0,9 vH aus ihrer Rente zu entrichten haben und sich infolgedessen ihr gesamter Krankenversicherungsbeitrag erhöht und sich ihr Rentenzahlbetrag entsprechend vermindert. Die gesetzlichen Regelungen verletzen weder das Eigentumsrecht der Klägerin (dazu aa) noch verstoßen sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG (dazu bb). 17 Die Gesetzesänderung hat faktisch für Rentner zu einer Erhöhung des von ihnen zu tragenden Krankenversicherungsbeitrags und insoweit zu einer Erhöhung der von der monatlichen Bruttorente vorzunehmenden Abzüge gegenüber dem bis zum 30.6.2005 geltenden Recht geführt. Indessen ergibt sich die Mehrbelastung der Versicherten nicht aus Beiträgen nach 0,9, sondern lediglich nach 0,45 Beitragssatzpunkten. Denn nach § 241a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V tritt in demselben Umfang, dh um 0,9 Beitragssatzpunkte und zum selben Zeitpunkt, am 1.7.2005, kraft Gesetzes eine Verminderung der übrigen Beitragssätze und damit auch des allgemeinen Beitragssatzes ein. Soweit die Einführung des zusätzlichen Beitragssatzes in dieser Weise mit der Absenkung des allgemeinen Beitragssatzes verknüpft ist, findet tatsächlich eine rechnerische Aufspaltung des ausgabendeckenden Beitragssatzes statt, die letztlich dazu dient, gesetzestechnisch einen Anknüpfungspunkt für die - in §§ 249, 249a SGBV vorgenommene - Änderung der Regelung über die Beitragstragung zu schaffen und in der Konsequenz eine Verschiebung der Beitragstragungslast zu Lasten der Versicherten bewirkt. Wird der zum 1.7.2005 ermittelte durchschnittliche allgemeine Beitragssatz in der Krankenversicherung von 14,2 vH zugrunde gelegt, so reduziert sich der Beitragsanteil des Arbeitgebers oder Rentenversicherungsträgers im Hinblick auf seine Entlastung um 0,45 vH Beitragssatzpunkte durchschnittlich von 7,1 vH auf 6,65 vH, während sich der Beitragsanteil des Versicherten durchschnittlich von 7,1 vH auf 7,55 vH erhöht. Wegen des fixen Prozentsatzes des zusätzlichen Beitrags ist die relative Belastung, dh dessen Anteil an der gesamten Beitragslast des Mitglieds in Abhängigkeit von der Höhe des jeweils geltenden allgemeinen Beitragssatzes, unterschiedlich. Die prozentuale Mehrbelastung im Verhältnis zum bisherigen Beitrag ist umso höher, je niedriger der kassenindividuelle allgemeine Beitragssatz ist. Die Neuregelungen führen deshalb zu einer prozentual höheren Belastung bei Versicherten, auf die ein Beitragssatz zur Anwendung kommt, der unter dem durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz liegt. Umgekehrt gilt, dass alle Versicherten, deren Beitragsbemessung sich nach einem Beitragssatz richtet, der über dem durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz liegt, durch die Gesetzesänderung prozentual weniger belastet werden. Die Verteilungswirkung der Gesetzesänderung wird in besonderem Maße bei einer an den jeweiligen Anteil an der Beitragstragungslast anknüpfenden Betrachtungsweise deutlich. So wird der hälftige Beitragsanteil des Arbeitgebers oder Rentenversicherungsträgers bei einem allgemeinen Beitragssatz von 14,2 vH nominell um etwa 3,17 % auf etwa 46,83 % gesenkt, während derjenige des Versicherten um etwa 3,17 % auf etwa 53,17 % angehoben wird. Bei der Klägerin beträgt der Unterschied wegen des niedrigeren allgemeinen Beitragssatzes von 13,7 vH aber schon etwa 3,28 %. 18 aa) Durch § 241a Abs 1 Satz 1, § 247 Abs 1 Satz 1 und § 249a Halbsatz 2 SGB V werden Personen wie die Klägerin, die mit ihren während der Erwerbsphase entrichteten Rentenversicherungsbeiträgen an der Finanzierung der Ausgaben der GKV beteiligt waren, in ihrem Eigentumsgrundrecht des Art 14 GG nicht verletzt. 19 Der Senat hält es im Hinblick auf die vom BVerfG in seiner Rechtsprechung ausgeformten Voraussetzungen des Eigentumsschutzes rentenrechtlicher Positionen zwar für zweifelhaft, ob das Eigentumsgrundrecht im vorliegenden Fall als Prüfungsmaßstab einschlägig ist. Denn der Vorteil der hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger nach dem bis zum 30.6.2005 geltenden Recht war weder von der Höhe der Rentenbeiträge noch davon abhängig, wie lange solche entrichtet wurden. Gleichwohl zieht der Senat Art 14 GG als Maßstabsnorm heran. Er verfährt dabei wie seinerzeit bei der verfassungsrechtlichen Bewertung der Aufhebung des in der hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger in der sozialen Pflegeversicherung liegenden rentenrechtlichen Vorteils durch § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI. Der Senat hatte Art 14 GG dort allein im Hinblick auf die Ausführungen des BVerfG in seinem Urteil vom 16.7.1985 angewandt, in dem dieses - in einem obiter dictum - neben Ansprüchen auf Versichertenrenten auch rentenrechtliche Ansprüche auf Regelleistungen nach § 1235 RVO und § 12 Nr 5 Angestelltenversicherungsgesetz unter Eigentumsschutz gestellt hat, die versicherte Rentner damals darauf hatten, dass der Rentenversicherungsträger Beiträge für ihre Krankenversicherung an den Träger der Krankenversicherung entrichtete, und für die es die wesentlichen Merkmale verfassungsgeschützten Eigentums bejaht hat. Dennoch braucht der Senat wie in seiner oben genannten Entscheidung nicht abschließend zu klären, ob und ggf inwieweit die rentenrechtliche Position, wie sie hinsichtlich der Verteilung der Beitragstragungslast in der GKV nach der bis zum 30.6.2005 geltenden Rechtslage bestanden hat, bei Personen wie der Klägerin vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts erfasst wird. Dieses wäre nämlich durch die mit § 241a, § 247 und § 249a SGB V zum 1.7.2005 bewirkte Verschiebung der Beitragstragungslast nicht verletzt, weil sich die Gesetzesänderung im Rahmen einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung hält. 20 Eine Veränderung der Gesetzeslage wie die hier zu prüfende, die Eingriffe in Positionen bewirkt, die in der Vergangenheit begründet worden und vom Schutzbereich des Art 14 GG erfasst sind, ist nur dann zulässig, wenn der Gesetzgeber für den Eingriff legitimierende Gründe hat. Das BVerfG hat wiederholt ausgesprochen, dass es eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Welchen verfassungsrechtlichen Schranken der Gesetzgeber unterliegt, bestimmt sich dabei nach der Intensität des Eingriffs. 21 Mit den zum 1.07.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen wird der in der bisherigen hälftigen Beteiligung der Rentenversicherungsträger an der Beitragstragungslast in der GKV liegende Rechtsvorteil nicht völlig entzogen. Deren Beteiligung wird lediglich auf eine solche unterhalb der Hälfte zurückgeführt. Ihr Anteil am Krankenversicherungsbeitrag wird absolut um 0,45 Beitragssatzpunkte gesenkt (zu den Auswirkungen im Einzelnen siehe RdNr 17). Wird eine eigentumsgeschützte Position nicht völlig beseitigt, sondern lediglich modifiziert, so ist die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift nach den Grundsätzen zu beurteilen, nach denen zulässigerweise Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden dürfen. Der Gesetzgeber darf eigentumsrechtlich geschützte Positionen nicht beliebig umgestalten. Zulässig sind Regelungen, die zu Eingriffen in solche Positionen führen, nur, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. 22 (1) Die hier zu prüfende Gesetzesänderung wurde inhaltlich bereits mit dem GMG bewirkt. Vor dem Hintergrund des Ausgabenanstiegs in der GKV und der hierdurch verursachten Finanzierungslücke verfolgte der Gesetzgeber mit dem GMG vor allem das Ziel, ein finanzielles Entlastungsvolumen durch strukturelle Reformen der GKV zu erreichen. Zusätzlich sollten durch eine Neuordnung der Finanzierung das Beitragssatzniveau in der GKV und damit die Lohnnebenkosten deutlich gesenkt werden. Dahinter stand die Annahme, dass steigende Sozialbeiträge zwangsläufig zu höheren Arbeitskosten und einer steigenden Arbeitslosigkeit führen , mit der finanziellen Entlastung von Arbeitgebern und Rentenversicherung auch die GKV zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung beitragen kann und Beitragssatzsenkungen im eigenen Interesse der GKV liegen, weil sie kurz- und mittelfristig zu ihrer finanziellen Konsolidierung führen. Als auf den Beitragssatz wirkende Maßnahme sollte die Versorgung mit Zahnersatz ab 1.1.2005 aus dem Leistungskatalog der GKV ausgegliedert und dort zukünftig allein vom Versicherten mit einem ausgabendeckenden, einheitlichen und einkommensunabhängigen Beitrag je Mitglied finanziert werden. Des Weiteren war ab 1.1.2006 ein von jedem Mitglied allein aufzubringender zusätzlicher Beitrag in Höhe von 0,5 vH der beitragspflichtigen Einnahmen vorgesehen. Im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs wurde dieser Zusatzbeitrag in einen Kontext mit der Versicherungsleistung Krankengeld gestellt und ausgeführt, dass "das Krankengeld umfinanziert und aus der Mitfinanzierung der Arbeitgeber ausgeschlossen" werde. Dass der Zusatzbeitrag auch von Rentnern zu entrichten war, wurde damit begründet, dass sich diese durch die Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes schon bisher an den Aufwendungen "für das Krankengeld" beteiligt hätten und diese Beteiligung der Rentner aufrechterhalten werden müsse, weil die durch ihre eigenen Beiträge nicht gedeckten Leistungsaufwendungen von den übrigen Mitgliedern mitfinanziert werden müssten. Demgegenüber enthielt die Einzelbegründung zu § 241a SGB V den Hinweis darauf, dass der eingeführte Zusatzbeitrag den Einnahmen der Krankenkassen "unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen" zufließe und sich die Mitglieder dadurch stärker als die Arbeitgeber "an den gestiegenen Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung" beteiligten. In diesem Sinne war auch zur Erläuterung der finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs formuliert, dass die gesonderte Finanzierung des Zahnersatzes und die Erhebung eines mitgliederbezogenen Sonderbeitrags den "paritätisch finanzierten allgemeinen Beitragssatz" entlasteten. Im Hinblick auf praktische Schwierigkeiten bei der Umsetzung und Gründe der Belastungsgerechtigkeit hat der Gesetzgeber mit dem AnpassungsG die besonderen Finanzierungsregelungen für Zahnersatz des GMG aufgehoben und die Versorgung mit Zahnersatz im Leistungskatalog der GKV belassen. Mit dem Ziel, "die mit dem GMG angestrebten Beitragssatzsenkungen bezogen auf den allgemeinen Beitragssatz sicherzustellen" , ist der durch das GMG zum 1.1.2006 eingeführte, einkommensbezogene und allein zu tragende zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag durch eine Neufassung des § 241a SGB V von 0,5 vH auf 0,9 vH angehoben und das Inkrafttreten der gesamten Regelung über den Zusatzbeitrag auf den 1.7.2005 vorgezogen worden. Im Zusammenhang mit der Neufassung des § 241a SGB V ist hierzu im Einzelnen ausgeführt, dass der Zusatzbeitrag den Einnahmen der Krankenkassen "auch in dieser Höhe unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen" zufließe und sich die Mitglieder dadurch in höherem Umfang "an den gestiegenen Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung" beteiligten Der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag wird seit dem 1.7.2005 mit wenigen Ausnahmen von allen Mitgliedern der GKV, vor allem von krankenversicherungspflichtigen Beschäftigten und Rentnern, erhoben.

23 Ob und inwieweit der Zusatzbeitrag "unter dem Blickwinkel der Verwendung für Krankengeld" verfassungsmäßig ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ist der von den Mitgliedern der GKV zu entrichtende zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag rechtlich nicht an die Finanzierung bestimmter Leistungen, insbesondere des Krankengeldes, gebunden. Ein solcher, auch während des Gesetzgebungsverfahrens zum AnpassungsG von einigen Abgeordneten immer wieder unterstellter Zusammenhang lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Begründung zum GMG und zum AnpassungsG entnehmen. Diese Auffassung wird auch im Schrifttum vertreten Nach seinem Wortlaut verpflichtete § 241a SGB V und verpflichtet in seiner Neufassung ausnahmslos alle Mitglieder der GKV, unabhängig davon, ob sie gleichzeitig der Krankengeldversicherung angehören. Soweit die Allgemeine Begründung zum Gesetzentwurf des GMG als Bestätigung dafür herangezogen werde könnte, die Entwurfsverfasser hätten den Zusatzbeitrag rechtlich der Leistung Krankengeld zuordnen wollen, läge darin jedenfalls wenig Aussagekraft. Denn in der Einzelbegründung zu § 241a SGB V sowohl in seiner alten als auch in seiner geänderten Fassung wird der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag eindeutig von der Finanzierung einzelner Leistungen der GKV entkoppelt. Argumentativ keinerlei Gewicht kommt auch dem Hinweis der Revision zu, der neue Zusatzbeitrag orientiere sich in seinem Umfang an den Ausgaben für das Krankengeld. Denn die dahinter stehende Annahme ist rechnerisch unzutreffend. War im Zusammenhang mit der Einführung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags im Gesetzgebungsverfahren zum GMG von einer "Umfinanzierung des Krankengeldes" die Rede, so kann dieses danach allenfalls so verstanden werden, dass mit der angenommenen Höhe der Ausgaben für das Krankengeld der Umfang bezeichnet werden sollte, in dem Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger entlastet werden sollten. Als zutreffend erweist sich dieser Teil der Gesetzesbegründung damit nur insoweit, als er unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen innerhalb des Gesamtsystems von einer generellen Verschiebung der Beitragstragungslast zugunsten von Arbeitgebern und Rentenversicherungsträgern ausgeht. 24 (2) Wie im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung , so ist es auch im Bereich der GKV ein verfassungsrechtlich legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Funktions- und Leistungsfähigkeit dieses Systems im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten ökonomischen und demographischen Bedingungen anzupassen. Der Gesetzgeber darf die nachteiligen Folgen von Beitragserhöhungen für Wachstum und Beschäftigung als bedeutsam ansehen und die Auswirkungen steigender Arbeitskosten auf die Finanzierung der GKV entsprechend gewichten. Soweit es Rentner betrifft, ist er darüber hinaus befugt, sie in angemessenem Umfang an der Finanzierung der auf sie entfallenden Leistungsaufwendungen zu beteiligen und sie entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung der GKV heranzuziehen. Im Hinblick auf das mit dem AnpassungsG verfolgte Ziel (dazu oben 4. b) aa) (1)), das "Beitragssatzsenkungspotential" des durch das GMG vorgesehenen Zusatzbeitrags zu "sichern" und auf diese Weise Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger in einer nennenswerten finanziellen Größenordnung zu entlasten, genügt die zum 1.07.2005 in Kraft getretene Neuregelung über den zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag, soweit sie auch für Rentner eine Mehrbelastung um 0,45 Beitragssatzpunkte bewirkt, bei einer Prüfung am Maßstab des Art 14 Abs 1 GG den Anforderungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. 25 In Kontext der zur Neuordnung der Finanzierung der GKV unternommenen Schritte war diese Maßnahme geeignet, das Beitragssatzniveau und damit die Lohnnebenkosten von Arbeitgebern zu senken. Der Gesetzgeber erwartete hiermit für Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger finanzielle Entlastungen im Jahr 2005 in einer Größenordnung von 2,2 bis 2,3 Mrd Euro und ab 2006 von etwa 4,5 Mrd Euro. Nach den im Gesetzgebungsverfahren vorgenommenen Schätzungen sollten sich für die gesetzliche Rentenversicherung im Vergleich zu 2004 im Jahr 2005 durch diese Maßnahme Minderausgaben im Bereich der KVdR von 450 Mio Euro und ab 2006 von 900 Mio Euro ergeben. Im Hinblick darauf, dass neben der Rückführung des Arbeitgeberanteils zur Krankenversicherung auch diejenige des Beitragsanteils der Rentenversicherungsträger indirekt - über einen Dämpfungseffekt auf den Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung - die Arbeitskosten entlastet, durfte der Gesetzgeber von einem nachhaltigen Beitrag dieser auch Rentner erfassenden Maßnahme zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung und damit zur Stabilisierung der Finanzgrundlagen der GKV ausgehen. 26 Ein milderes, weniger belastendes Mittel, mit dem er das Ziel einer Konsolidierung der Lohnnebenkosten, soweit auch Personen wie die Klägerin darin eingebunden werden sollen, bei gleicher Effektivität hätte erreichen können, stand dem Gesetzgeber nach seiner Auffassung nicht zu Gebote. Einer Absenkung des allgemeinen Beitragssatzes in der GKV ohne Kompensation durch einen Zusatzbeitrag der Rentner hätte zu einer Reduzierung der Einnahmen der GKV geführt. Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch nicht gehalten, andere Maßnahmen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung zu ergreifen. Die Neuregelung führt dazu, dass die Belastungen, die für Arbeitgeber über eine Erhöhung des Ausgabenvolumens der Rentenversicherung und infolgedessen eine Erhöhung des dortigen Beitragssatzes entstehen, sinken. Eine Konsolidierung der Ausgabenseite in der gesetzlichen Rentenversicherung hätte sich weiter nur verwirklichen lassen, wenn Einsparungen bei der eigentlichen Versicherungsleistung vorgenommen worden wären, oder innerhalb des Systems der KVdR Leistungen zu Lasten der Rentner rationiert und damit die Krankenversicherungsbeiträge dieser Personengruppe insgesamt vermindert worden wären. Eine Rationierung von Leistungen bei Patientinnen und Patienten sollte mit dem GMG und dem AnpassungsG aber gerade nicht erfolgen. 27 Bei einem Vergleich zwischen der Schwere der grundrechtlichen Beeinträchtigung und der Bedeutung des mit der Gesetzesänderung verfolgten öffentlichen Belangs ist die Einbuße des rentenrechtlichen Vorteils, wie er sich hinsichtlich der Verteilung der Beitragstragungslast in der GKV nach der bis zum 30.6.2005 geltenden Rechtslage ergab, auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Ein gegebenenfalls schutzwürdiges Vertrauen muss im Hinblick auf das Gewicht der Gemeinwohlgründe, die die Neuregelungen tragen, zurücktreten.

28 Die Gesetzesänderung zum 1.07.2005 führt zu einer weiteren Belastung von 0,45 vH des jeweiligen Rentenbetrags und bewirkt bei einem für Juli 2005 ermittelten Betrag der monatlichen Standardrente von brutto rd 1.176 Euro in den alten bzw 1.034 Euro in den neuen Bundesländern eine Minderung, dh faktische Kürzung, des monatlichen Rentenbetrags um 5,29 Euro bzw 4,65 Euro. Bei der Klägerin beträgt der Abzug vom monatlichen Rentenbetrag wegen der geringeren Rentenhöhe 2,90 Euro. Im Hinblick darauf, dass sie neben der Altersrente eine weitere Rente erhält, ist ihre Gesamtbelastung durch die Gesetzesänderung indessen höher. Wird der Unterschiedsbetrag von 3,65 Euro monatlich bei der großen Witwenrente hinzugerechnet, so ergibt sich für sie ein Gesamtabzug in Höhe von 6,55 Euro. Die Folgen der veränderten Gesetzeslage sind für sich gesehen nicht derart gravierend, dass sie die von ihr betroffenen Personen in der GKV nicht tragen könnten. Der Senat hat in seiner Entscheidung zur alleinigen Tragung des Pflegeversicherungsbeitrags aus der Rente vom 29.11.2006 sogar eine Mehrbelastung des Rentenbetrags um 0,85 vH für zumutbar gehalten und zur Begründung darauf verwiesen, dass mit der Stabilisierung des Beitragssatzes und einer hieraus folgenden Belebung des Arbeitsmarkts die Finanzgrundlagen der Sozialversicherungssysteme auch im eigenen Interesse der Rentner erhalten würden, im solidarisch finanzierten Krankenversicherungssystem das Bestreben einer stärkeren Heranziehung von Rentnern zu Beiträgen als Folge gestiegener Leistungsaufwendungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei und Bezieher geringer Renten über Ansprüche nach dem SGB XII gegen den Träger der Grundsicherung gegen ein zu starkes Absinken ihres Rentenniveaus geschützt seien. Die gleichen Erwägungen gelten hier. Soweit der Senat in der oben genannten Entscheidung auch ausgeführt hat, dass die Auswirkungen des geänderten § 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI nicht ansatzweise das Ausmaß erreichten, das eine vollständige Überbürdung des aus der Rente zu tragenden Beitrags zur GKV hätte, und damit zu erkennen gegeben hat, dass er hierin möglicherweise eine übermäßige Belastung sähe, liegt darin allerdings keine abschließende Festlegung. Insoweit lässt der Senat ausdrücklich offen, ob er die Grenzen des wegen der Notwendigkeit, rentenrechtliche Positionen im Hinblick auf den Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs veränderten Bedingungen anzupassen, grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht schon früher als überschritten ansieht, etwa dann, wenn der allgemeine Beitragssatz in der GKV sukzessive nennenswert weiter abgesenkt und der Beitragsanteil der Rentner erheblich weiter angehoben bzw der Anteil der Rentenversicherungsträger generell auf einem niedrigen Niveau festgeschrieben wird. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass die Umverteilungen in der GKV auf der Leistungsseite gerade bei einer stärkeren Betonung des Äquivalenzprinzips, wie es die Revision befürwortet, derzeit immer noch zugunsten der Gruppe der Rentner wirken und dieser in der GKV beitragsrechtlich etwa erst dann eine systemwidrige besondere Last aufgelegt würde, wenn die Beitragseinnahmen aus dieser Gruppe die Leistungsaufwendungen für Rentner überstiegen. 29 Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung stellt der Verlust des in der hälftigen Beitragstragung durch den Rentenversicherungsträger bis zum 30.06.2005 liegenden Vorteils auch im Kontext der Beitragserhöhungen der letzten Jahre, gemessen an Art 14 GG, keine Überforderung der Rentner dar. Vor dem Hintergrund der sich verändernden ökonomischen und demographischen Rahmenbedingungen und mit dem Ziel der Stabilisierung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der GKV hat der Gesetzgeber in den Jahren 2004 und 2005 bei Rentnern punktuell und situativ weitere Einnahmen in die Beitragsbemessung einbezogen sowie die Abzüge für Sozialversicherungsbeiträge von der Bruttorente erhöht und auf diese Weise den monatlichen Rentenzahlbetrag sukzessive gemindert. So wurde ab 1.01.2004 die Beitragslast der Rentner in der GKV durch Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge, auch auf Kapitalzahlungen aus einer Direktversicherung, erhöht. Seit dem 1.04.2004 haben Rentner darüber hinaus die mit der Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung verbundene Beitragslast in voller Höhe zu tragen. Ab 1.07.2005 schließlich werden die Krankenversicherungsbeiträge vom Rentenversicherungsträger nicht mehr hälftig finanziert. Soweit die Minderung der monatlichen Nettorente in den vergangenen Jahren auf einer Erhöhung der Beitragslast beruht, können die hierzu führenden Gesetzesänderungen im Rahmen einer auch kumulative Effekte einbeziehenden verfassungsrechtlichen Betrachtungsweise nur teilweise herangezogen werden. Bei der Summierung auf den monatlichen Rentenzahlbetrag einwirkender Verschlechterungen und einer Bewertung dieses Ergebnisses am Maßstab des Art 14 GG darf nicht unberücksichtigt bleiben, ob und inwieweit der jeweilige "Einschnitt" in das Rentenniveau selbst (überhaupt) von Bedeutung für das Eigentumsrecht ist. Ist er eigentumsrechtlich irrelevant, muss er als zu berücksichtigender kumulativer Effekt außer Betracht bleiben. So erhöht beispielsweise die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge seit dem 1.01.2004 zwar den von den Rentnern zu erhebenden Krankenversicherungsbeitrag. Am Maßstab des Art 14 GG zu prüfen ist diese Verschlechterung jedoch nicht ( Verbleiben damit an im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht relevanten Verschlechterungen im Beitragsrecht für Rentner, weil sie eine Änderung der Regelungen über die Beitragstragung bewirken, nur die Überbürdung der zweiten Beitragshälfte in der sozialen Pflegeversicherung zum 1.04.2004 und die Einführung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags zum 1.07.2005, so stellen diese zusammen die Legitimation des Systems der GKV verfassungsrechtlich noch nicht in Frage. Auch in der Summe senken diese beiden Maßnahmen das Rentenniveau typischerweise nicht derart ab, dass die Rente ihre prinzipielle Struktur und ihre Funktion als freiheits- und existenzsichernde Leistung verliert. 30 bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Gesetzesänderung für den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar ist. 31 Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. In gleicher Weise kann Art 3 Abs 1 GG verletzt sein, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt. 32 Soweit die Neuregelungen die Erhebung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags mit der Senkung des allgemeinen Beitragssatzes verknüpfen, kommen als Vergleichsgruppen einerseits solche Gruppen von Mitgliedern der GKV in Betracht, bei denen der Krankenversicherungsbeitrag bisher wie bei der Gruppe der Rentner paritätisch finanziert, dh von einem Arbeitgeber oder Dritten mitgetragen wurde und die durch die Gesetzesänderung ebenfalls belastet sind, andererseits solche, für die sich in der GKV beitragsrechtlich nichts verändert, weil sie entweder kraft Gesetzes von der Anwendung des § 241a SGB V ausgenommen oder aus anderen Gründen von der neuen Rechtslage nicht betroffen sind. Mit ersteren werden Personen wie die Klägerin gleich -, mit letzteren ungleich behandelt. Beides ist indes durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt (dazu (1) und (2)). Im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden ist auch, dass Rentner mit Versorgungsbezügen oder Arbeitseinkommen aus diesen Einnahmearten keine höheren Krankenversicherungsbeiträge aufzubringen haben (dazu (3)). 33 (1) Soweit die von der Klägerin repräsentierten Personen als Konsequenz der Neuregelungen mit Mitgliedergruppen gleich gestellt werden, die wie sie eine faktische Beitragsmehrbelastung um 0,45 Beitragssatzpunkte hinzunehmen haben, ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt. 34 Von der Mehrbelastung sind neben in der GKV versicherungspflichtigen Rentnern vor allem versicherungspflichtige Beschäftigte betroffen, bei denen sich der Arbeitgeber bisher hälftig an der Tragung der Krankenversicherungsbeiträge beteiligt hat. Sollte, was der Senat aber hier nicht zu entscheiden braucht, § 241a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V auch auf Beitragssätze anzuwenden sein, die nicht der Beitragsbemessung in der GKV durch die Krankenkassen, sondern der Berechnung von Beitragszuschüssen dienen , so wären zudem in der GKV freiwillig versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, und in der GKV freiwillig versicherte Rentner belastet. Die Neuregelungen führten für sie wegen eines geringeren Beitragszuschusses zu einer Erhöhung der Beitragslast. Beitragsrechtlich verschlechtert hat sich die Situation schließlich für Rentner, die Mitglied einer landwirtschaftlichen Krankenkasse sind sowie selbstständige Künstler und Publizisten. Bezogen auf die Gesamtzahl der Mitglieder in der GKV im Jahr 2005 musste danach mit etwa 85 vH der überwiegende Teil der Mitglieder ab 1.07.2005 die zusätzliche Beitragsbelastung hinnehmen. Insoweit wird die seit Jahrzehnten geltende paritätische Finanzierung der GKV zu Lasten dieser Versicherten nunmehr formal völlig aufgehoben. 35 Soweit die Revision im Rahmen ihrer Prüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes hauptsächlich geltend macht, krankenversicherungspflichtige Rentner würden gegenüber krankenversicherungspflichtigen Beschäftigten unter Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG benachteiligt, weil Rentner "für den erhöhten Beitrag keine entsprechende Gegenleistung in Form eines Krankengeldanspruchs erhalten, der nur den erwerbstätigen Versicherten zusteht", führt dieser Einwand von vornherein nicht zum Erfolg. Wie bereits erörtert (dazu oben 4. b) aa) (1)), trifft bereits die von der Revision hierbei zu Grunde gelegte Annahme nicht zu, wonach der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag rechtlich an die Finanzierung des Krankengeldes gebunden ist. 36 Die Verschiebung der Beitragstragungslast verletzt nicht schon deshalb den allgemeinen Gleichheitssatz, weil es dieser gebiete, dass in der GKV versicherungspflichtige Rentner Krankenversicherungsbeiträge aus ihrer Rente stets nur zur Hälfte tragen müssten. In seinen Urteilen vom 24.08.2005 und vom 10.05.2006 zur Beitragslast auf Versorgungsbezüge in der GKV hat der Senat ausführlich, vor allem unter Hinweis auf die Rechtsentwicklung in der KVdR dargelegt, dass sich ein allgemeiner Grundsatz, wonach die Beitragslast der versicherten Rentner nicht höher sein dürfe als der sich nach dem halben Beitragssatz ergebende Betrag, aus Art 3 Abs 1 GG nicht herleiten lässt, und unterstützend darauf verwiesen, dass es einen solchen auch für Beschäftigte nicht gab und gibt. In seiner Entscheidung zur alleinigen Tragung des Pflegeversicherungsbeitrags aus der Rente vom 29.11.2006 hat der Senat diese Aussage auf den Bereich der sozialen Pflegeversicherung übertragen und ausgeführt, dass auch dort für Rentner ein Grundsatz hälftiger Beitragstragung verfassungsrechtlich nicht zur "Struktur des überkommenen Rechts" gehört. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rückführung des hälftigen Beitragsanteils der Rentenversicherungsträger von 50 % auf etwa 46,83 % am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden. 37 Auch im Übrigen ist Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt. Dem Gesetzgeber war es nicht verwehrt, den von der Klägerin repräsentierten Personenkreis mit den dargestellten Personengruppen gleich zu behandeln. Mit den zum 1.07.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen sollten im Zuge einer Neuordnung der Finanzierung das Beitragssatzniveau in der GKV und damit die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Dieses Ziel einer Verminderung der Arbeitskosten und einer Entlastung von Arbeitgebern konnte naturgemäß nicht nur über eine Rückführung des Beitragsanteils bzw Beitragszuschusses der Arbeitgeber in der GKV bei Beschäftigten erreicht werden, sondern mittelbar - über einen Dämpfungseffekt auf den Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung - auch über eine Reduzierung der auf den Rentenversicherungsträgern ruhenden Beitragslast. Aus dem gleichen Grund hält die jetzige Verteilung der Beitragstragungslast bei Personen wie der Klägerin den Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG auch im Verhältnis zu Rentnern, die Mitglieder einer landwirtschaftlichen Krankenkasse sind, sowie selbstständigen Künstlern und Publizisten, stand. Hinsichtlich des erstgenannten Personenkreises führt die Gesetzesänderung zu den gleichen Folgen wie im Fall der Klägerin. Hinsichtlich der nach dem KSVG Versicherungspflichtigen bewirkt sie für die hierzu Verpflichteten eine Senkung der Umlage. Hinzu kommt schließlich, dass die Erstreckung des § 241a Abs 1 Satz 1 SGB V auf in der GKV versicherte Rentner generell auch durch den sachlichen Grund gerechtfertigt ist, diese Personengruppe im Hinblick auf das Solidaritätsprinzip wegen der auf sie entfallenden, gestiegenen Leistungsaufwendungen einkommensbezogen verstärkt an der Finanzierung der GKV zu beteiligen 38 (2) Mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist auch, dass der von der Klägerin repräsentierte Personenkreis im Vergleich zu anderen Mitgliedergruppen beitragsrechtlich ungleich behandelt wird. 39 Bezogen auf die Verhältnisse im Jahr 2005 ergab sich für etwa 15 vH der gesetzlich Krankenversicherten ab 1.07.2005 rechtlich keine zusätzliche Beitragsbelastung. Nach der für Bezieher von Arbeitslosengeld II geltenden Sonderregelung des § 241a Abs 2 SGB V sind diese kraft Gesetzes von dessen Anwendungsbereich ausgenommen. Mitglieder, die ihre Beiträge zur GKV ohne Beteiligung eines Arbeitgebers oder Dritten bisher in voller Höhe selbst getragen haben, werden durch die Neuregelungen nicht belastet, weil ihnen die Absenkung des allgemeinen oder eines hiervon abgeleiteten Beitragssatzes um 0,9 vH in voller Höhe zugute kommt. Hierzu gehören im Wesentlichen freiwillig Versicherte ohne Arbeitgeber, etwa Selbstständige, freiwillig Versicherte mit Beamten- oder beamtenähnlichem Status sowie Pensionäre, Studenten, Praktikanten usw. Ebenfalls nicht belastet werden Mitglieder der GKV, die keine Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten haben, weil der Arbeitgeber oder ein Dritter, ein Sozialleistungsträger, sie allein zu tragen oder zu übernehmen hat. Zu diesem Mitgliederkreis rechnen etwa zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, wenn deren Arbeitsentgelt 325 Euro im Monat nicht übersteigt , geringfügig Beschäftigte, Bezieher von Arbeitslosen- oder Unterhaltsgeld, Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe, behinderte Menschen , ferner freiwillig versicherte Sozialhilfeempfänger usw. Nicht zum Tragen kommt der Zusatzbeitrag schließlich bei mitversicherten Familienangehörigen.

40 Der Gesetzgeber war am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG nicht verpflichtet, Personen wie die Klägerin mit diesen Mitgliedergruppen, für die sich die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge nicht ändert, wirtschaftlich gleich zu behandeln, weil das mit dem GMG und dem AnpassungsG verfolgte Ziel einer Entlastung von Arbeitgebern bei diesen nicht erreicht werden konnte oder sollte. Das Ziel einer Senkung der Lohnnebenkosten kann nicht erreicht werden, wo - wie bei den meisten der genannten Vergleichsgruppen - ein Arbeitgeber nicht vorhanden ist und die Versicherten oder Dritten seit jeher Krankenversicherungsbeiträge allein zu tragen oder zu übernehmen haben. Soweit Beiträge zur GKV ausnahmsweise vom Arbeitgeber allein zu tragen sind, bei geringverdienenden Auszubildenden und geringfügig Beschäftigten, werden diese Personengruppen von einer Mehrbelastung aus den gleichen Gründen verschont und erfährt der Arbeitgeber aus den gleichen Gründen keine Entlastung, aus denen die alleinige Beitragstragung des Arbeitgebers angeordnet ist. Im Verhältnis zu geringverdienenden Auszubildenden ist die Differenzierung durch deren soziale Schutzbedürftigkeit gerechtfertigt, im Verhältnis zu geringfügig Beschäftigten durch die spezifische Solidaritäts- und Verantwortungsbeziehung ihres Arbeitgebers und das Ziel, Wettbewerbsneutralität zwischen den Arbeitgebern herzustellen Hinter der Privilegierung mitversicherter Familienangehöriger steht als rechtfertigender Grund, dass die Beitragsfreiheit Familienversicherter eine von Verfassungs wegen nicht zu beanstandende Folge des Familienlastenausgleichs in der GKV ist. 41 Soweit Personen wie die Klägerin aufgrund des für sie geltenden niedrigen allgemeinen Beitragssatzes durch die Neuregelungen relativ stark belastet werden (vgl dazu oben RdNr 17), begegnet das ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber war bei Einführung des zusätzlichen Beitrags nicht gehalten, die kassenindividuellen Besonderheiten nachzubilden und alle Versicherten relativ zum bisherigen individuellen Beitragssatz gleichmäßig zusätzlich zu belasten.

42 (3) Keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz stellt schließlich dar, dass sich Krankenversicherungsbeiträge auf die Einnahmearten Versorgungsbezug und Arbeitseinkommen nicht erhöhen. 43 Aus der Sicht des von der Klägerin repräsentierten Personenkreises führen die Neuregelungen zu einer Privilegierung dieser Einkunftsarten gegenüber der Einkunftsart Rente. Für die aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird, zu bemessenden Krankenversicherungsbeiträge gelten nach § 248 Satz 1 iVm § 247 Abs 1 SGB V der allgemeine Beitragssatz und der zusätzliche Beitragssatz. Weil die Beiträge hieraus vom Versicherten allein zu tragen sind, bleibt die Beitragshöhe unverändert. Die insoweit bestehende Ungleichbehandlung ist am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG jedoch nicht zu beanstanden, weil das Ziel einer Senkung von Arbeitskosten mit einer Erhöhung der auf diesen Einkunftsarten ruhenden Beitragslast nicht erreicht werden könnte."

Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu Unrecht Kindererziehungszeiten bzw. Zeiten des Mutterschutzes zu Unrecht unberücksichtigt gelassen oder zu gering bewertet hat. Der Senat verweist hierzu und zu allen übrigen Angriffen der Klägerin gegen den Rentenbescheid als solchen auf die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren und macht sich diese zu Eigen. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte Zeiten unberücksichtigt bzw. zu niedrig bewertet hat, für die auch in Polen Versicherungsbeiträge abgeführt wurden.

Die Beklagte hat zutreffend für die polnischen Zeiten weiterhin das DPSVA 1975 auf die hiernach entstandenen Ansprüche und Anwartschaften angewendet. Dieses gilt insoweit auch nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 i.V.m Anlage III Nr. 84 fort. Aus diesem Grund erhält die Klägerin eine deutsche Rente unter Zugrundelegung der ausschließlich in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten. Das DPSVA 1975 findet auf die Klägerin noch Anwendung, weil sie vor dem 1. Januar 1990, nämlich 1984, in die Bundesrepublik übergesiedelt ist (Art. 27 Abs. 2 S. 1 und 2 des DPSVA 1990 -). Nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger des Staates, in dessen Gebiet der Berechtigte wohnt, hier also die Beklagte, bei der Feststellung der Rente nach den für ihn geltenden Vorschriften Versicherungszeiten u. a. im anderen Staatsgebiet (Polen) so, als ob sie in seinem Staatsgebiet zurückgelegt worden wären. Nach Art. 2 Abs. 1 S. 1 ZustG DPSVA 1975 in der ab dem 1. Juli 1990 geltenden Fassung sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des FRG und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 2. Oktober 1990 wohnt. Durch diese mit Wirkung zum 01. Juli 1990 geänderte Regelung wird sichergestellt, dass polnische Abkommenszeiten nur noch in Anwendung des FRG zu berücksichtigen sind. (BSG SozR 3-6710 Art. 4 Nr.1; so wörtlich LSG Berlin-Brandenburg, U. v. 5.04.2007 –L 3 RJ 76/04).

Soweit die Klägerin eine Höherbewertung ihrer polnischen Ausbildungszeit anstrebt, sei zuletzt darauf verwiesen, dass das BSG erst kürzlich die auch hier von der Beklagten angewendeten Grundsätze der Rentenversicherungsträger zur regelmäßigen Bewertung von Beschäftigungszeiten als nur glaubhaft gemacht (mit Fünf-Sechstel-Bewertung) bestätigt hat, soweit und weil eine Unterbrechung der Lohnzahlung möglich gewesen sei (BSG, U. v. 21.08.2008 -B 13/4 R 25/07 R-).

Die Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache. Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der angeschnittenen verfassungsrechtlichen Fragen zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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