Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 SO 48/08 PKH
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 271/08 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin auf gehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen gewährt und Rechtsanwalt Dr. J G, D Str., B beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist begründet, denn sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung [ZPO]). Der Kläger kann die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen, da der Zahlbetrag seiner Rente monatlich unter 700,- Euro liegt. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist erforderlich. Im Besonderen hat die Rechtsverfolgung auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Übernahme für teilstationäre Pflegeleistungen gemäß § 61 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch [SGB XII] für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Mai 2008, die der Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2008 abgelehnt hat.
Das Sozialgericht hat im hier angefochtenen Beschluss die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verneint, weil es – wie der Beklagte – davon ausgegangen ist, dass die begehrte Kostenübernahme der teilstationären Pflege zu unverhältnismäßigen Mehrkosten gegenüber der vollstationären Unterbringung des Klägers führe. Diese Auffassung begegnet in mehrfacher Hinsicht rechtlichen Bedenken. Der Kläger, der von der Pflegekasse Leistungen entsprechend der Pflegestufe II bezieht, gehört unstreitig zum Personenkreis, der gemäß § 61 SGB XII grundsätzlich auch Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege gegen den Beklagten hat. Bei der Prüfung der begehrten Leistungen hat der Beklagte die Regelungen der §§ 9 und 13 SGB XII zu beachten. Bei seiner Entscheidung hat er sich allein von finanziellen Erwägungen leiten lassen, ohne dass bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bzw. bis zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt von ihm festgestellt worden ist, welchen Bedarf an Pflegeleistungen der Kläger im streitigen Zeitraum konkret hatte. Erst wenn das geklärt ist, stellt sich die Frage, wie der Bedarf befriedigt werden kann oder muss. Denn gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII richtet sich die Leistungsgewährung entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs danach, ob sie in ambulanter Form, in teilstationären oder in stationären Einrichtungen erbracht werden kann. Nachdem der Kläger im Juli 2007 beim Beklagten die Gewährung ergänzender Hilfe zur Pflege ab dem Folgemonat durch Übernahme der Kosten für seine Betreuung in einer Tagesstätte gestellt hat, ist der Beklagte nicht in die gebotene umgehende Prüfung des geltend gemachten höheren Pflegebedarfes eingetreten, sondern hat seine Entscheidung im Hinblick auf die offenbar erhoffte Deckung der zusätzlichen Kosten durch die Pflegekasse zurückgestellt, obwohl sich angesichts der bekannten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers hätte aufdrängen müssen, dass eine Finanzierung der bisherigen ambulanten Pflege und der Betreuung in der Tagesstätte auch bei einer Anhebung der Pflegestufe durch Leistungen der Pflegekasse und aus Eigenmitteln des Klägers nicht möglich sein würde. Erst nach Vorlage diverser Rechnungen für die ambulanten und teilstationären Pflegeleistungen seit August 2007 hat die Sachbearbeiterin unter dem 10. Dezember 2007 einen Hausbesuch veranlasst, um den Pflegebedarf des Klägers zu ermitteln. Die damit betraute Sozialarbeiterin sah sich nach ihrem kurzen Besuch am 21. Januar 2008 zu keiner abschließenden Beurteilung darüber in der Lage, wie sich aus ihrem in den Akten befindlichen Bericht ergibt. Ihre dortige Einschätzung, "infolge der Zunahme seiner Pflegebedürftigkeit gehe [ich] davon aus, dass eine stationäre Unterbringung notwendig wird", gibt allenfalls einen Anhaltspunkt für eine mögliche zukünftige Entwicklung, besagt aber nichts für die hier streitige Zeit ab August 2007. Es ist damit bisher nichts dafür ersichtlich, dass die Behinderungen des Klägers im hier streitigen Zeitraum seine vollstationäre Betreuung erfordert hätten. Der grundsätzliche Vorrang ambulanter und teilstationärer Leistungen vor stationären Leistungen ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Hinzu kommt das in § 9 Abs. 2 SGB XII normierte Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten. Der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts, dass dessen Berücksichtigung hier zu unangemessenen Mehrkosten führen würde, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen haben beide nur auf die Kosten für ambulante und teilstationäre Betreuung des Klägers im Monat 2007 abgestellt, die offenbar durch eine Zunahme insbesondere des häuslichen Pflegebedarfes relativ hoch waren, während dieser in den hier auch streitigen Vormonaten seit August 2007 im wesentlichen durch die Leistungen der Pflegekasse abgedeckt war. Zum anderen wurde in die "Vergleichsberechnung" eingestellt, dass der Kläger bei vollstationärer Unterbringung sein gesamtes Renteneinkommen bis auf einen Barbetrag in Höhe von rund 94,- Euro einzusetzen hat, was die vom Beklagten zu ergänzenden Leistungen erheblich mindert. Der Kläger verweist zutreffend darauf, dass gegen die Einbeziehung kostenmindernder Eigenanteile erhebliche Bedenken bestehen könnten ( vgl. Krahmer in LPK-SGB XII , 8. Aufl. § 13 RNr. 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Gründe:
Die Beschwerde ist begründet, denn sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung [ZPO]). Der Kläger kann die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen, da der Zahlbetrag seiner Rente monatlich unter 700,- Euro liegt. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist erforderlich. Im Besonderen hat die Rechtsverfolgung auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Übernahme für teilstationäre Pflegeleistungen gemäß § 61 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch [SGB XII] für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Mai 2008, die der Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2008 abgelehnt hat.
Das Sozialgericht hat im hier angefochtenen Beschluss die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verneint, weil es – wie der Beklagte – davon ausgegangen ist, dass die begehrte Kostenübernahme der teilstationären Pflege zu unverhältnismäßigen Mehrkosten gegenüber der vollstationären Unterbringung des Klägers führe. Diese Auffassung begegnet in mehrfacher Hinsicht rechtlichen Bedenken. Der Kläger, der von der Pflegekasse Leistungen entsprechend der Pflegestufe II bezieht, gehört unstreitig zum Personenkreis, der gemäß § 61 SGB XII grundsätzlich auch Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege gegen den Beklagten hat. Bei der Prüfung der begehrten Leistungen hat der Beklagte die Regelungen der §§ 9 und 13 SGB XII zu beachten. Bei seiner Entscheidung hat er sich allein von finanziellen Erwägungen leiten lassen, ohne dass bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bzw. bis zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt von ihm festgestellt worden ist, welchen Bedarf an Pflegeleistungen der Kläger im streitigen Zeitraum konkret hatte. Erst wenn das geklärt ist, stellt sich die Frage, wie der Bedarf befriedigt werden kann oder muss. Denn gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII richtet sich die Leistungsgewährung entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs danach, ob sie in ambulanter Form, in teilstationären oder in stationären Einrichtungen erbracht werden kann. Nachdem der Kläger im Juli 2007 beim Beklagten die Gewährung ergänzender Hilfe zur Pflege ab dem Folgemonat durch Übernahme der Kosten für seine Betreuung in einer Tagesstätte gestellt hat, ist der Beklagte nicht in die gebotene umgehende Prüfung des geltend gemachten höheren Pflegebedarfes eingetreten, sondern hat seine Entscheidung im Hinblick auf die offenbar erhoffte Deckung der zusätzlichen Kosten durch die Pflegekasse zurückgestellt, obwohl sich angesichts der bekannten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers hätte aufdrängen müssen, dass eine Finanzierung der bisherigen ambulanten Pflege und der Betreuung in der Tagesstätte auch bei einer Anhebung der Pflegestufe durch Leistungen der Pflegekasse und aus Eigenmitteln des Klägers nicht möglich sein würde. Erst nach Vorlage diverser Rechnungen für die ambulanten und teilstationären Pflegeleistungen seit August 2007 hat die Sachbearbeiterin unter dem 10. Dezember 2007 einen Hausbesuch veranlasst, um den Pflegebedarf des Klägers zu ermitteln. Die damit betraute Sozialarbeiterin sah sich nach ihrem kurzen Besuch am 21. Januar 2008 zu keiner abschließenden Beurteilung darüber in der Lage, wie sich aus ihrem in den Akten befindlichen Bericht ergibt. Ihre dortige Einschätzung, "infolge der Zunahme seiner Pflegebedürftigkeit gehe [ich] davon aus, dass eine stationäre Unterbringung notwendig wird", gibt allenfalls einen Anhaltspunkt für eine mögliche zukünftige Entwicklung, besagt aber nichts für die hier streitige Zeit ab August 2007. Es ist damit bisher nichts dafür ersichtlich, dass die Behinderungen des Klägers im hier streitigen Zeitraum seine vollstationäre Betreuung erfordert hätten. Der grundsätzliche Vorrang ambulanter und teilstationärer Leistungen vor stationären Leistungen ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Hinzu kommt das in § 9 Abs. 2 SGB XII normierte Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten. Der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts, dass dessen Berücksichtigung hier zu unangemessenen Mehrkosten führen würde, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen haben beide nur auf die Kosten für ambulante und teilstationäre Betreuung des Klägers im Monat 2007 abgestellt, die offenbar durch eine Zunahme insbesondere des häuslichen Pflegebedarfes relativ hoch waren, während dieser in den hier auch streitigen Vormonaten seit August 2007 im wesentlichen durch die Leistungen der Pflegekasse abgedeckt war. Zum anderen wurde in die "Vergleichsberechnung" eingestellt, dass der Kläger bei vollstationärer Unterbringung sein gesamtes Renteneinkommen bis auf einen Barbetrag in Höhe von rund 94,- Euro einzusetzen hat, was die vom Beklagten zu ergänzenden Leistungen erheblich mindert. Der Kläger verweist zutreffend darauf, dass gegen die Einbeziehung kostenmindernder Eigenanteile erhebliche Bedenken bestehen könnten ( vgl. Krahmer in LPK-SGB XII , 8. Aufl. § 13 RNr. 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
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