L 30 AL 178/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 4 AL 111/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 AL 178/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 17. Oktober 2001 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 und des Bescheides vom 21. März 2001 aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von 39.658,88 DM (= 20.277,26 Euro), welche dem Kläger von der Beklagten im Rahmen einer Förderung einer allgemeinen Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung (ABM) als Lohnkosten- bzw. Sachkostenzuschuss für die Beschäftigung der Arbeitnehmerin M J, geborene H (im Folgenden: M. J.) im dritten Förderungsjahr (24. November 1998 bis 23. November 1999) gewährt worden war.

Der Kläger, ein Verein mit Sitz in P, beantragte am 20. Juni 1996 beim Arbeitsamt E - Nebenstelle P - die Förderung einer ABM (ABM-Nr. Volkskunsttraditionen unserer U, zusätzliche kulturelle Angebote auf dem Gebiet Folklore und Trachtenschneiderei, Brauchtum, alte Handarbeiten, kreatives Arbeiten) und am 11. April 1997 die Verlängerung der Förderungsdauer.

Beschäftigt werden sollten durchschnittlich zwei vom Arbeitsamt zuzuweisende Arbeitnehmer (Antrag vom 20. Juni 1996) bzw. ein vom Arbeitsamt zuzuweisender Arbeitnehmer (Antrag vom 11. April 1997 bzw. Änderungsantrag vom 16.Dezember 1997).

Mit Anerkennungsbescheid vom 05. September 1996 bewilligte die Beklagte einen Zuschuss aus Mitteln der Beklagten in Höhe von 100 Prozent des förderungsfähigen Arbeitsentgelts von 66.800 DM und einen Zuschuss in Höhe von 9,8 Prozent des förderungsfähigen Arbeitsentgelts in Höhe von 6.600 DM sowie aus Landesmitteln einen Zuschuss in Höhe von 9,8 Prozent des förderungsfähigen Arbeitsentgelts in Höhe von 6.600 DM, insgesamt einen Betrag in Höhe von 80.000 DM für die Zeit vom 01. Oktober 1996 bis voraussichtlich 30. September 1997.

Mit dem ersten Ergänzungsbescheid vom 07. November 1997 zum Anerkennungsbescheid vom 05. September 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Zugrundelegung eines nunmehr erhöhten förderungsfähigen Arbeitsentgelts von 96.400 DM einen um 29.600 DM erhöhten Zuschuss in Höhe von 96.400 DM und einem weiteren um 620 DM auf 7.220 DM erhöhten Zuschuss aus Mitteln der Beklagten sowie eines ebenfalls um 620 DM auf 7.220 DM erhöhten Zuschusses aus Landesmitteln insgesamt einen Betrag in Höhe von 110.840 DM für die Zeit bis voraussichtlich 23. November 1998.

Mit dem zweiten Ergänzungsbescheid vom 08. Januar 1998 zum Anerkennungsbescheid vom 05. September 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Zugrundelegung eines unveränderten förderungsfähigen Arbeitsentgelts von 96.400 DM und einer unveränderten Förderungsdauer einen unveränderten Zuschuss in Höhe von 96.400 DM und einem weiteren um 1300 DM auf 8520 DM erhöhten Zuschuss aus Mitteln der Beklagten sowie eines ebenfalls um 1300 DM auf 8520 DM erhöhten Zuschusses aus Landesmitteln insgesamt einen Betrag in Höhe von 113.640 DM.

Am 23. April 1998 beantragte der Kläger die Verlängerung der Förderungsdauer der ABM-Nummer 1 für das dritte Jahr für die Zeit vom 24. November 1998 bis 23. November 1999. Beantragt wurden unter Ziffer 11 (11.1 bis 11.119) Zuschüsse in Höhe von 100 Prozent des förderungsfähigen Arbeitsentgelts (36.245,13 DM) sowie unter Ziffer 11.12 und 11.13 die verstärkte Förderung aus Mitteln der Beklagten nach § 266 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und aus Landesmitteln in Höhe von jeweils 6 Prozent, insgesamt einen Zuschuss von 112 Prozent (Ziffer 11.15). In der Anlage zu Nr. 3 des Antrages wird u. a. ausgeführt: "Mit der Verlängerung für ein 3. Jahr sollen die kulturellen Angebote auf dem Gebiet Folklore, Trachtenschneiderei, Brauchtum und alte Handarbeiten kontinuierlich weitergeführt und nach Ablauf dieser Förderzeit ein Dauerarbeitsplatz geschaffen werden. In Umsetzung der Maßnahme wurden im letzten Bewilligungszeitraum eine Reihe von Beschäftigungen auf dem Gebiet der Volkskunst angeboten und durchgeführt. Bestehende Arbeitsgemeinschaften, Zirkel und Kurse wurden betreut und neue Gruppen für die kreative Gestaltung im Bereich altes Handwerk aufgebaut. Auf Veranstaltungen, Stadt- und Dorffesten sind Trachten, Kostüme und Handarbeiten vorgestellt worden ...

Mit Weiterführung der ABM sollen folgende Aufgabenschwerpunkt realisiert werden: - Betreuung der Arbeitsgemeinschaften, Zirkel, Kurse und Gruppen, - Ausbau der Angebote im Bereich Folklore und Trachten, Brauchtum und alte Handarbeiten, - Weiterführung praktischer Arbeiten, wie das Anfertigen uckermärkischer Trachten, alte Handarbeiten, Sticken, Weben von Stoffen, Wolle und anderer Materialien, um so die Kinder und Jugendlichen an Volkskunsttraditionen und alte Bräuche heranzuführen, - weitere Zusammenarbeit und Angebote für andere Gruppen, Klubs und Vereine, - Vorstellen der Trachten, Kostüme und Handarbeiten zur kulturellen Umrahmung z. B. bei Stadt- und Dorffesten, historischen Veranstaltungen, Ausstellungen."

Dem Antrag war eine am 17. April 1998 von der Vorsitzenden des Klägers unterschriebene Verpflichtungserklärung mit folgendem Wortlaut beigefügt:

"Hiermit verpflichte ich mich, den/die Arbeitnehmer/in (innen)

Frau H I 1 P

bzw ... Arbeitnehmer nach Beendigung der Maßnahme in ein unbefristetes, nicht nach den Leistungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gefördertes Dauerarbeitsverhältnis zu übernehmen.

Mir ist bewusst, dass der gewährte Zuschuss für das 3. Förderungsjahr zurückzuzahlen ist, wenn der/die Arbeitnehmer während des 3. Förderungsjahres ausscheidet/n oder das Arbeitsverhältnis im Anschluss an den Förderungszeitraum innerhalb eines Jahres beendet wird. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat oder der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Der Grund ist dem Arbeitsamt nachzuweisen, das über eine möglich Rückzahlung entscheidet."

Mit dem dritten Ergänzungsbescheid vom 18. Juni 1998 zum Anerkennungsbescheid vom 05. September 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen um 36.800 DM erhöhten Zuschuss von 133.200 DM sowie einen Zuschuss aus Mitteln der Bundesanstalt und aus Landesmitteln in Höhe von jeweils 10.694 DM, insgesamt 154.588 DM für eine voraussichtliche Förderungsdauer bis 23. November 1999 für die Beschäftigung der Arbeitnehmerin M. J. Die Verlängerung der Förderung/Zuweisung erfolge unter der Bedingung, dass der Kläger die Arbeitnehmerin im Anschluss an die Maßnahme in ein nicht nach dem SGB III gefördertes Dauerarbeitsverhältnis übernehme, das dem Arbeitsverhältnis in der Maßnahme hinsichtlich Ausgestaltung, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen entspreche. Der dritte Ergänzungsbescheid enthielt darüber hinaus folgende Nebenbestimmung:

"Die Bewilligung erfolgt unter der Bedingung, dass sie sich vor Beginn der Maßnahme verpflichten, die zugewiesenen Arbeitnehmer/-innen nach Ablauf des dritten Förderjahres in ein unbefristetes, nicht mit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) gefördertes sowie nach Inhalt und Umfang vergleichbares Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Die Erfüllung der Verpflichtung zur Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann auch durch das durchführende Unternehmen erfolgen ... Bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtung ist der Zuschuss für das dritte Förderjahr zurückzuzahlen ..."

Der dritte Ergänzungsbescheid enthielt weitere Nebenbestimmungen, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Blatt 23 bis 27 der Verwaltungsakten der Beklagten - Band III - verwiesen wird.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2000, Eingang beim Arbeitsamt Eberswalde am 23. Juni 2000, teilte der Kläger der Beklagten mit, die Maßnahme 17171/96 sei am 23. November 1999 im dritten Jahr der Verlängerung ausgelaufen; der Mitarbeiterin sei die Festanstellung angeboten worden, jedoch sei das Angebot abgelehnt worden. Die Mitarbeiterin habe sich nicht gewachsen gefühlt, die geforderten Arbeiten selbständig zu übernehmen.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2000 gab das Arbeitsamt Eberswalde dem Kläger daraufhin Gelegenheit zur Stellungnahme, warum M. J. nach drei Förderjahren nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen worden sei. Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 teilte der Kläger daraufhin nochmals mit, die geförderte Maßnahme habe von M. J. in der Festanstellung weitergeführt werden sollen, diese habe sich aber nicht in der Lage gefühlt, dieses auch selbständig zu tun.

Mit Schreiben vom 23. August 2000, wegen dessen Inhalts auf Blatt 74 der Verwaltungsakten der Beklagten - Band III - verwiesen wird, nahm M. J. zum Schreiben der Beklagten Stellung. Mit Vermerk vom 17. Oktober 2000 errechnete die Beklagte daraufhin einen überzahlten Betrag in Höhe von insgesamt 40.146,86 DM.

Mit Schlussbescheid vom 17. Oktober 2000 setzte die Beklagte den Förderungsbetrag auf insgesamt 109.992,14 DM (93.102,14 DM Zuschuss aus Mitteln der Bundesanstalt, 8445 DM Zuschuss aus Mitteln der Bundesanstalt - verstärkte Förderung - und 8445 DM Zuschuss aus Landesmitteln verstärkte Förderung - ) unter Zugrundelegung eines Abrechnungszeitraums vom 01. Oktober 1996 bis 30. September 1997, 24. November 1997 bis 23. November 1998 und 24. November 1998 bis 23. November 1999 fest und verlangte unter Anrechnung der bislang geleisteten Zahlungen in Höhe von 141.694 DM (131.000 DM Zuschuss aus Mitteln der Bundesanstalt und 10.694 DM Zuschuss aus Mitteln der Bundesanstalt - verstärkte Förderung - ) einen Betrag in Höhe von insgesamt 40.146,86 DM (37.897,86 DM Zuschuss aus Mitteln der Bundesanstalt und 2.249 DM Zuschuss aus Mitteln der Bundesanstalt - verstärkte Förderung - ) zurück.

Den hiergegen von dem Kläger am 23. Oktober 2000 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 als unbegründet zurück; wegen der Einzelheiten des Widerspruchsbescheides wird auf Blatt 111 bis 114 der Verwaltungsakten der Beklagten - Band III – verwiesen.

Am 27. Februar 2001 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Neuruppin die unter dem Aktenzeichen S 4 AL 111/01 registrierte Klage erhoben. Das Arbeitsamt sei mehrfach von ihm informiert worden, warum er M. J. nicht habe weiter anstellen können. Es sei zum einen der Wunsch der Arbeitnehmerin gewesen, weil sie sich nicht in der Lage gefühlt habe, dem Aufgabenbereich allein gewachsen zu sein. Der schwerwiegende Grund habe in der Entscheidung des Arbeitsamtes gelegen, einem anderen ansässigen Verein eine Maßnahme zu bewilligen, die seiner weiteren Anstellung entsprochen habe, entwickelt aus der zuvor erfolgten dreijährigen Maßnahme. Durch diese Entscheidung des Arbeitsamtes sei ihm die finanzielle Grundlage genommen worden, eine Festanstellung zu finanzieren. Mit der Aufnahme der Maßnahme für das dritte Jahr mit dem Ziel der Festanstellung sei die Situation nicht absehbar gewesen. Er sei zu dieser Zeit der einzige Verein in der Stadt gewesen, der so inhaltlich gearbeitet habe.

Mit Bescheid vom 21. März 2001 hat die Beklagte ihren Schlussbescheid vom 17. Oktober 2000 teilweise aufgehoben und den gesamten Rückforderungsbetrag durch Verrechnung mit Restlohnkosten der ABM 25069/98 in Höhe von 487,98 DM auf 39.658,88 DM verringert.

Für die Beklagte ergäben sich keine Anhaltspunkte, von einer Rückzahlung Abstand zu nehmen. Nach der bestehenden Rechts- und Weisungslage sei kein Ermessensspielraum gegeben.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zum Beweisthema "Grund für das Beschäftigungsende bei der V U Ende November 1999" durch Vernehmung der Zeugin M. J. Wegen ihrer Bekundungen wird auf Blatt 32 der Gerichtsakten verwiesen.

Mit Urteil vom 17. Oktober 2001 hat das Sozialgericht Neuruppin die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Bl. 34 bis 41 der Gerichtsakten verwiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 29. Oktober 2001 die zum Aktenzeichen L 8 AL 170/01 registrierte Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg eingelegt. M. J. habe sich nach dem dritten Jahr gar nicht einstellen lassen. Sie habe sich im Einstellungsgespräch hinsichtlich ihrer Arbeitsaufgaben dahingehend geäußert, dass sie sich dann ja gleich selbständig machen könne und einige Aufgaben auch allein nicht erledigen könne.

Der für das Verfahren mit dem Az. L 8 AL 170/01 zuständig gewordene 10. Senat des LSG für das Land Brandenburg hat Beweis in der mündlichen Verhandlung vom 08. Mai 2003 zum Beweisthema "Arbeitsverhältnis mit dem Kläger von 1996 bis 1999" durch Vernehmung der Zeugin M. J. und zum Beweisthema "Inhalt des Gesprächs zwischen Mitarbeitern des Arbeitsamtes und Frau K/Frau E im Oktober oder November 1999" durch Vernehmung der Zeugen H G und M E erhoben. Wegen der Bekundungen der Zeuginnen wird auf die Anlagen 1 bis 3 zur Sitzungsniederschrift vom 08. Mai 2003 (Bl. 83 bis 86 der Gerichtsakten) verwiesen. Durch Urteil vom selben Tage hat der Senat das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 17. Oktober 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 und den Bescheid vom 21. März 2001 aufgehoben, weil – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – die Rückzahlungsvoraussetzungen von § 268 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht vorgelegen hätten. Voraussetzung hierfür sei gleichzeitig die Aufhebung des begünstigenden Bescheides, der weder den Verwaltungsentscheidungen der Beklagten nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), § 48 SGB X noch nach § 47 Abs. 1 oder 2 SGB X ausweislich des Dritten Ergänzungsbescheides vom 11. Juni 1998 zum Anerkennungsbescheid vom 05. September 1996, des Schlussbescheides vom 17. Oktober 2000 noch des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 zu entnehmen gewesen sei.

Auf die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene, von der Beklagten eingelegte, unter dem Aktenzeichen B 7 AL 66/03 R registrierte Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) durch Urteil vom 02. Juni 2004 das o. a. Urteil des LSG für das Land Brandenburg aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückgewiesen. § 268 Satz 1 SGB III sei wie § 223 Abs. 2 SGB III als eigenständige Rückzahlungsverpflichtung anzusehen, ohne dass auf einer vorherigen oder zumindest gleichzeitigen Aufhebung der Leistungsbewilligung nach §§ 45 SGB X, § 48 SGB X oder § 47 Abs. 1 oder 2 SGB X bedürfe. Der Kläger trägt weiter ergänzend vor, durch die Förderung des Konkurrenzvereins IGdurch die Beklagte sei eine Konkurrenz zu seinen Förderzielen entstanden. Auch dieser Verein habe Fördermittel der Beklagten zum Zwecke von Nähen von Kostümen erhalten. Insoweit sei aufgrund des parallel laufenden Projekts ab 23. August 1999 kaum eine Chance vorhanden gewesen, M. J. in einer Festanstellung zu festigen, zumal die eigene Förderung am 23. November 1999 beendet gewesen sei. Anlässlich eines historischen Spektaklels in Prenzlau 1999 habe die IG F historische Kleidung angeboten. Diese Dienstleistung habe in krassem Widerspruch zum Förderzweck der IG F gestanden, wonach die Förderung und Kreativität von Jugendlichen maßgeblicher Förderzweck gewesen sei. Die unkoordinierte Arbeit der Beklagten habe dazu geführt, dass seine Arbeit derzeit seit 2003 ruhe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 17. Oktober 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 und des Bescheides vom 21. März 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag ausgeführt, mit der Strukturanpassungsmaßnahme (SAM 10076/99) sei der IG F im Zeitraum vom 23. August 1999 bis 31. Dezember 2002 für die Beschäftigung von sechs Arbeitnehmerinnen gefördert worden. Ziel dieser Maßnahme sei die Gründung einer Mode- und Kreativwerkstatt für Kinder und Jugendliche gewesen, in der die Kinder und Jugendlichen ihre eigenen Ideen und Vorstellungen hätten einbringen und kreativ bis hin zu Modenschauen umsetzen können. Die Modenschauen hätten von ihnen selbst vorbereitet und unter Anleitung der Mitarbeiter der SAM durchgeführt werden sollen. In diesem Zusammenhang seien die Kinder und Jugendlichen angeregt worden, sich auch mit historischer Kleidung zu beschäftigen, d.h. solche Kostüme herzustellen und historische Modeschauen durchzuführen. Nach den Förderzwecken dieses Vereins habe keine Überschneidung zu denen des Klägers bestanden und insoweit sei eine Konkurrenzsituation nicht von ihr herbeigeführt worden. Im Rahmen von Vorgesprächen sei der Verein IG F ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass keine Kleidung in Richtung Folklore, Trachtenschneiderei und Brauchtum gefertigt werden dürfe. Hieran habe er sich auch gehalten. Soweit historische Kleidung gefertigt worden sei, sei dies z.B. keine Brauchtumskleidung mit Spitzenhäubchen gewesen. Der IG F habe u. a. Mode nach Vorlagen aus dem 12. Jahrhundert nachgenäht und Modenschauen durchgeführt. Dies sei aber nur ein Aspekt der Tätigkeit gewesen. Im Übrigen bestünde auch kein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Förderung des IG F, wie das Ende der Förderung des Klägers (23. November 1999) und der Förderbeginn des F ergebe.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung erneut Beweis erhoben zum Beweisthema "Gründe der Beendigung der Beschäftigung bei dem Kläger" durch Vernehmung der Zeugin M J.; wegen der Einzelheiten der Aussage der Zeugin wird auf Bl. 146 der Gerichtsakten verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der Akten des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg zum Aktenzeichen L 10 AL 26/02 und der Verwaltungsakten der Beklagten (ABM-Nr.: Bände I bis III), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - zur Zeit der Berufungseinlegung im Jahre 2001 - 1000 DM übersteigt.

Die Berufung ist begründet.

Das Sozialgericht Neuruppin hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 und des Bescheides vom 21. März 2001 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Nach § 268 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) sind die im Rahmen der Verlängerung einer Förderung erbrachten Zuschüsse zurückzuzahlen, wenn die vom Träger bei Antragstellung abgegebene Verpflichtung zur Übernahme eines zugewiesenen Arbeitnehmers in ein Dauerarbeitsverhältnis nicht erfüllt wird oder das Arbeitsverhältnis innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Förderzeitraumes beendet wird. Der vorstehende Tatbestand wird von dem Kläger dadurch erfüllt, dass die Mitarbeiterin H. J. nicht in einem Dauerarbeitsverhältnis (weiter-) beschäftigt worden ist.

Nachdem durch das Urteil des BSG vom 02. Juni 2004 (Az.: B 7 AL 66/03 R) geklärt worden ist, dass es sich bei § 268 Satz 1 SGB III wie bei § 223 Abs. 2 SGB III (heute: § 221 Abs. 2 SGB III) um eine eigenständige Rückzahlungsverpflichtung handelt und es deswegen einer vorherigen oder zumindest gleichzeitigen Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 45 SGB X, § 48 SGB X oder § 47 Abs. 1 oder 2 SGB X nicht weiter bedarf (anderer Ansicht mit guten Gründen noch Düe, in Niesel, SGB III, Kommentar, 3. Auflage, zu § 268 Rnr. 2 a.E.), war hier noch im Wesentlichen klärungsbedürftig, ob für die Nichtübernahme in einem Dauerarbeitsverhältnis das Verhalten von M. J. ursächlich im Sinne einer wesentlichen Bedingung gewesen ist oder von Mitarbeitern des Klägers selbst, worauf seine Erklärung mit Schreiben vom 20. Juni 2000 hindeutet. Darin teilte der Kläger der Beklagten mit, die Maßnahme 17171/96 sei am 23. November 1999 im dritten Jahr der Verlängerung ausgelaufen; der Mitarbeiterin H. J. sei die Festanstellung angeboten worden, jedoch sei das Angebot abgelehnt worden. Die Mitarbeiterin habe sich nicht gewachsen gefühlt, die geforderten Arbeiten selbständig zu übernehmen.

Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht gemäß § 268 Satz 2 SGB III indessen dann nicht, wenn ein Fall von Nr. 1 bis 4 der Vorschrift vorliegt. Das ist der Fall, wenn

1. der Arbeitgeber bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen,

2. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat,

3. der Arbeitnehmer das für ihn maßgebliche Rentenalter für eine Altersrente erreicht hat oder

4. es für den Arbeitgeber bei einer Ersatzzuweisung während des dritten Förderjahres unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles unzumutbar wäre, den zuletzt zugewiesenen Arbeitnehmer anstelle des zuvor zugewiesenen Arbeitnehmers im Anschluss an die Förderung in ein Dauerarbeitsverhältnis zu übernehmen

Die Voraussetzungen des § 268 Satz 2 Nr. 1 SGB III liegen – zwischen den Beteiligten nicht umstritten – nicht vor. Zu einem derartigen Sachverhalt ist im Verfahren auch nichts weiter bekannt geworden, so dass hiervon nicht ausgegangen werden kann. Das Gleiche gilt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 268 Satz 2 Nrn. 3 und 4 SGB III. Auch diese Voraussetzungen liegen – zwischen den Beteiligten nicht umstritten – nicht vor.

Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht jedoch deshalb nicht, weil ein Fall von § 268 Satz 2 Nr. 2 SGB III vorliegt. Das Arbeitsverhältnis wurde auf Bestreben der Arbeitnehmerin beendet, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der Aussage der Zeugin Frau M. J.

Die Zeugin sagte in der öffentlichen Sitzung des 30. Senats am 9. Oktober 2008 unter Bezugnahme auf ihre Aussagen vom 17. Oktober 2001 und 8. Mai 2003 aus, angesichts des sich abzeichnenden Endes der Förderung sei Frau K für den Verein als ihren Arbeitgeber an sie herangetreten und habe sie gefragt, ob sie selbst es als möglich ansähe, monatlich mindestens einen Gewinn von 3000 DM zu erzielen. Ein solcher Gewinn sei zur Finanzierung ihres Gehaltes notwendig. Ihr (Zeugin) sei daraufhin klar geworden, dass ohne Förderung durch Dritte ihr Arbeitsplatz nicht zu sichern gewesen sei. Angesichts der Umstände im Gebiet Prenzlau sei nach ihren Erfahrungen die Aufbringung einer Summe von monatlich mindestens 3000 DM weder durch sie, noch durch den Verein zu erwirtschaften gewesen. Es sei daher absehbar gewesen, dass die pünktliche und vollständige Zahlung ihres Arbeitsentgeltes nicht gewährleistet gewesen sei. Da sie jedoch aufgrund ihrer familiären Situation auf ein sicheres Erwerbseinkommen angewiesen sei, habe sie sich angesichts dieser Aussichten entschlossen, das Arbeitsverhältnis nicht fortzuführen.

Nach dieser Aussage, an deren Richtigkeit der Senat weder unter dem Gesichtspunkt der Glaubwürdigkeit der Zeugin noch der Glaubhaftigkeit der Aussage irgendwelche Zweifel hegt, wurde das Arbeitsverhältnis auf Bestreben der Zeugin als Arbeitnehmerin beendet.

Eine Beendigung erfolgte danach nicht durch den Arbeitgeber, insbesondere nicht dadurch, dass er die Zeugin auf die finanzielle Situation des Vereins hinwies und die Möglichkeiten der Gewinnerzielung durch die Tätigkeit der Zeugin erfragte. Diese Äußerungen des Arbeitgebers wurden von der Zeugin nicht so verstanden und sind nach Ansicht des Senats auch nicht so zu verstehen, dass der Arbeitgeber einen Willen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck bringen wollte. Sie gaben der Zeugin jedoch Anlass, über den Sinn einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nachzudenken. Infolge dieser Überlegungen gelangte die Zeugin für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass eine zuverlässige Zahlung ihres Arbeitsentgeltes nach dem Auslaufen der Förderung nicht gewährleistet sein würde. Da sie auf ein regelmäßiges Erwerbseinkommen angewiesen war, sah die Zeugin folgerichtig keine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis nach dem Auslaufen der Förderung fortzusetzen.

Grund für die Beendigung war nach den Aussagen der Zeugin die Ungewissheit über zukünftige Arbeitsentgeltzahlungen. Diese Ungewissheit wiederum hat ihre Ursache in der finanziellen Situation des Klägers und den zweifelhaften Gewinnaussichten der von der Zeugin verrichteten Tätigkeit. Beides sind Ursachen, die der Kläger weder vorsätzlich noch zumindest fahrlässig herbeigeführt hat und insoweit auch - entsprechend dem Rechtsgedanken des § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – nicht zu vertreten hat.

Nach der Aussage der Zeugin ist diese finanzielle Situation vielmehr auf die damaligen Umstände im Gebiet Prenzlau zurückzuführen. Auch dies ist für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar. Zweck des Klägers war nach § 2 der Vereinssatzung eine Förderung der Traditionen und Bräuche gezielt im Gebiet der Uckermark. Hierzu wurde die Förderung der ABM unter dem Titel "Volkskunsttraditionen unserer Uckermark, zusätzliche kulturelle Angebote auf dem Gebiet Folklore und Trachtenschneiderei, Brauchtum, alte Handarbeiten, kreatives Arbeiten" beantragt und von der Beklagten bewilligt. Der Senat ist daher davon überzeugend, dass in diesem Bereich im strukturschwachen Gebiet der Uckermark Ende der 90er Jahre nicht ein monatlicher Gewinn von mindestens 3000 DM durch die Tätigkeit der Zeugin oder die sonstige Vereinstätigkeit erwirtschaftet werden konnte.

Im Ergebnis konnte offen bleiben, ob sich unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB "venire contra factum proprium"), der als einheitlicher Rechtsgedanke auch im Sozialrecht Anwendung findet (vgl. BSGE 65, 272, 277 m. w. N. = SozR 4100 § 78 Nr. 8), eine Erstattung der Fördermittel auch verboten hätte. Hierauf brauchte der Senat nicht weiter eingehen, weil bereits aufgrund von § 268 Satz 2 Nr. 2 SGB III eine Rückforderung ausgeschlossen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG haben nicht vorgelegen.
Rechtskraft
Aus
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