Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 R 3199/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 1974/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, einen Beitragszuschlag für kinderlose Versicherte für die soziale Pflegeversicherung zu erheben.
Die Klägerin ist die Witwe des 1946 geborenen und 2006 verstorbenen Versicherten D K. Dem kinderlosen Versicherten wurde mit Bescheid vom 26. Januar 1994 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer ab 01. Januar 1992 gewährt.
Ab 01. Juli 1996 wurden von dem festgestellten Rentenhöchstwert Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von 13,40 % (92,79 DM) und für die Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 v. H. (11,77 DM) abgezogen.
Mit Schreiben vom 03. Januar 2005 teilte die Beklagte dem Versicherten mit, dass sich der Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,25 Beitragssatzpunkte (Beitragszuschlag für Kinderlose) erhöhe. Dieser Beitragszuschlag sei ab 01. Januar 2005 zu erheben und werde aus der Rente für den Monat April 2005 für die rückwirkenden Rentenbezugszeiten erhoben werden. Es wurde angekündigt, dass der Kläger voraussichtlich im März 2005 einen neuen Rentenbescheid erhalten werde.
Der Versicherte machte über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 04. Februar 2005 geltend, dass die erhöhte Beitragsbelastung zur Pflegeversicherung für Kinderlose verfassungswidrig sei.
Mit Bescheid vom 08. Februar 2005 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers beginnend ab 01. April 2005 neu. Sie machte für die Zeit ab 01. Januar 2005 einen erhöhten Beitragssatz zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,95 % (16,16 EUR) aus 828,84 EUR geltend. Die Beklagte gewährte für die Zeit ab 01. Januar 2005 eine entsprechend geringere (Netto-)Rente.
Mit seinem Widerspruch vom 12. März 2005 machte der Versicherte geltend, die Neuregelung der Beitragspflicht zur gesetzlichen Pflegeversicherung verstoße gegen höherrangiges Recht. Der Gesetzgeber habe die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung nicht unabhängig davon erhöhen dürfen, ob die Kinder ihrerseits Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung gezahlt hätten.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 08. Juni 2005 den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, die Einführung des Beitragszuschlages für Kinderlose ergebe sich aus dem Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung vom 15. Dezember 2004. Von der Zahlung des Beitragszuschlages seien Rentner nur dann befreit, wenn sie entweder vor dem 01. Januar 1940 geboren seien oder wenn sie gegenüber dem Rentenversicherungsträger das Vorliegen von Elterneigenschaft nachweisen könnten. Ein solcher Nachweis sei nicht erbracht worden.
Mit der daraufhin am 01. Juli 2005 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Versicherte sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, der Nachweis der Elterneigenschaft könne deshalb nicht erbracht werden, weil er ungewollt kinderlos geblieben sei. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Grundgesetz GG vor, weil sich eine willkürliche Ungleichbehandlung zu Versicherten ergebe, die leibliche Kinder hätten, die jedoch entweder vorverstorben, krank oder ausgewandert seien. Das Bundesverfassungsgericht BVerfG habe nicht entschieden, dass kinderlose Versicherte grundsätzlich schlechter zu stellen seien als Eltern. Eine geeignete Regelung könne nur anerkannt werden, wenn nicht auf die Elterneigenschaft schlechthin abgestellt werde. Die Regelung diskriminiere die Gruppe der ungewollt kinderlos gebliebenen Versicherten.
Die Beklagte ist erstinstanzlich bei der mit dem Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung verblieben.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 25. Oktober 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Rente zutreffend unter Berücksichtigung eines Beitragszuschlages zur Pflegeversicherung gemäß § 55 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) berechnet. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Versicherten gegen die Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI hat das Sozialgericht nicht geteilt.
Gegen das am 09. Februar 2006 zugestellte Urteil hatte der Versicherte bereits am 19. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Nachdem der Versicherte verstorben ist, führt die Klägerin das Verfahren weiter. Sie macht geltend, dass der Versicherte ungewollt kinderlos geblieben sei. Durch die Regelungen des § 55 Abs. 3 SGB XI würden kinderlos gebliebene Versicherte diskriminiert. Es erscheine weiter willkürlich, Personen von der Beitragspflicht auszunehmen, deren Kinder im Zeitraum unmittelbar nach der Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres verstorben seien; diese Kinder würden auch keine Beiträge zur Versichertengemeinschaft leisten. Das ausschließliche Abstellen auf die Elterneigenschaft sei daher unsachgemäß und führe zu willkürlichen Ergebnissen. Auch wenn dem Gesetzgeber ein gewisser Handlungsspielraum zuzugestehen sei, dürfe er sonstige der Lebenswirklichkeit entsprechende typische Fallkonstellationen nicht außer Acht lassen. Ein unerfüllt gebliebener Kinderwunsch aus medizinischen Gründen sei regelmäßig nachweisbar.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Oktober 2005 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 2005 insoweit aufzuheben, als mit ihm für die Zeit ab 01. Januar 2005 ein Beitragszuschlag für Kinderlose bei der Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung erhoben und einbehalten worden ist und die Beklagte zu verurteilen, die ab 01. April 2005 monatlich einbehaltenen Betragszuschläge zur sozialen Pflegeversicherung auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 15. März 2007 und 21. Dezember 2007).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten für ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG ).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin verfolgt in zulässiger Weise als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Klägers die geltend gemachten Ansprüche weiter (§ 202 SGG i. V. m. § 239, 250 Zivilprozessordnung ZPO ).
Die Berufung ist auch innerhalb der Berufungsfrist eingelegt worden, denn sie ist bereits vor Zustellung des schriftlich abgefassten und am 25. Oktober 2005 verkündeten Urteils beim Landessozialgericht eingegangen (vgl. Leitherer in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 151 Rn. 9).
Die Berufung ist auch unabhängig von der Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig, da der Kläger ursprünglich (höhere) laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt hat. Der streitige Zuschlag zu den Beiträgen zur Pflegeversicherung sollte dauerhaft erhoben werden. Dass mit Ableben des Versicherten die Erhebung des Beitragszuschlages begrenzt war und die Rechtsnachfolgerin des Versicherten die Auszahlung zuviel gezahlter Beiträge begehrt, ändert an der Zulässigkeit der Berufung zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, auf den abzustellen ist (Leitherer, a. a. O., § 144 Rn. 19), nichts.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zu Recht für die Zeit ab 01. Januar 2005 von dem Versicherten die Leistung eines Beitragszuschlages für Kinderlose zur Pflegeversicherung in Höhe von 1 v. H. für den Monat April 2005 und in Höhe von 0,25 v. H. für die folgenden Monate verlangt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abänderung des angefochtenen Bescheides und auf Auszahlung der einbehaltenen Beitragszuschläge.
Die Beklagte war zunächst berechtigt, die Beiträge zur Pflegeversicherung mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides gegenüber dem Versicherten festzustellen und die Beiträge einzubehalten. Nach § 255 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V i. V. m. § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI sind Beiträge zur Pflegeversicherung, die der Versicherungspflichtige aus seiner Rente zu tragen hat, vom Träger der Rentenversicherung, der Beklagten, bei der Zahlung der Rente einzubehalten und abzuführen (Bundessozialgericht BSG vom 29. November 2006, B 12 RJ 4/05 R, SozR 4 3300 § 59 Nr. 1; BSGE 97, 292 306).
Zutreffend hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch die Höhe der Beiträge zur Pflegeversicherung berechnet. Der Versicherte war auch verpflichtet, die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung allein zu tragen. Als pflichtversichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung war er nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 11 SGB XI auch versichertes Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung. Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XI in der Fassung des Art. 6 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch u. a. Gesetze (2. SGB VI Änderungsgesetz) vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3013, §§ 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI n. F.) haben Bezieher einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01. April 2004 die aus der Beitragspflicht zur Pflegeversicherung resultierende Beitragslast allein zu tragen. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet diese Regelung nicht (vgl. hierzu: BSG v. 29.11.2006, B 12 RJ 4/05 R, SozR 4-3300 § 59 Nr. 1, BSGE 97, 292-306).
Zutreffend hat die Beklagte auch für die Zeit ab 01. April 2005 den hier allein streitigen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten zu den zur sozialen Pflegeversicherung zu leistenden Beiträgen in Höhe von 1,7 v. H. (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) in Abzug gebracht und für die Zeit von Januar bis März 2005 den Beitragszuschlag in Höhe von 1 v.H. für den Monat April 2005 von der Rentenleistung abgezogen.
Nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI erhöht sich der Beitragssatz, der zur Pflegeversicherung zu leisten ist, für Mitglieder nach Ablauf des Monats der Vollendung des 23. Lebensjahres um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 v. H., wenn sie nicht Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch SGB I sind bzw. vor dem 01. Januar 1940 geboren oder Wehr- und Zivildienstleistende bzw. Bezieher von Arbeitslosengeld II sind (§ 55 Abs. 3 Satz 2, Satz 7 SGB XI). Nach § 55 Abs. 4 Satz 1 SGB XI war der Beitragszuschlag für die Monate Januar bis März 2005 einmalig in Höhe von 1 v.H. der Bruttorente im Monat April 2005 von der Beklagten zu berücksichtigen.
Der Versicherte war kinderlos, er war nicht vor dem 01. Januar 1940 geboren, die weiteren Ausnahmen des § 55 Abs. 3 Satz 7 SGB XI erfüllte der Versicherte nicht, so dass der Beitragszuschlag nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI zu erheben war.
Nach allem hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides die bestehende gesetzliche Regelung zutreffend angewandt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI bestehen nicht, so dass der Rechtsstreit nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Einholung einer Entscheidung des BVerfG auszusetzen war.
Allein in Betracht kommt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der verlangt, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Daran gemessen ist die Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI, die die Erhebung eines Beitragszuschlages für Kinderlose vorschreibt, nicht zu beanstanden.
Der Gesetzgeber hat mit § 55 Abs. 3 SGB XI das Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242) umgesetzt. Mit dieser Entscheidung hatte das BVerfG die beitragsrechtlichen Vorschriften des SGB XI für unvereinbar mit Art. 3 GG erklärt soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Beitrag belastet worden waren wie Mitglieder ohne Kinder. Entschieden worden war, dass der Vorteil kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung systemspezifisch beitragsrechtlich zu kompensieren war. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber mit dem Beitragszuschlag nach § 55 Abs. 3 SGB XI für Kinderlose nachgekommen. Diese Umsetzung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit auch ungewollt kinderlose Versicherte zur Zahlung des Beitragszuschlages verpflichtet sind.
Das BSG führt mit der Entscheidung vom 27. Februar 2008 (B 12 P 2/07 R, juris) wie folgt aus (juris Rn. 14 ff.): " ( ) § 55 Abs 3 SGB XI führt zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen von Versicherten. Während durch die Neuregelung für Versicherte mit Kindern sowie für weitere Gruppen von Versicherten die Beitragsbelastung bei ansonsten unveränderten Umständen ab 1.1.2005 gleich bleibt, erhöht sich bei den übrigen Versicherten - wie auch dem Kläger - ab Vollendung des 23. Lebensjahres der Beitragssatz von 1,7 % um 0,25 % auf 1,95 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Der Gesetzgeber hat damit allein an das Vorhandensein von Kindern angeknüpft, nicht dagegen an den jeweils entstehenden Aufwand für Kinder oder die Gründe für die Kinderlosigkeit. Diese Differenzierung ist nicht zu beanstanden. a) Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des Gesetzgebers, zur Umsetzung des Urteils des BVerfG Kinderlose wie den Kläger mit einem erhöhten Beitrag zu belasten, während Versicherte mit Kindern weiter Beiträge nach dem bisherigen Beitragssatz zahlen. ( ) Es ist nicht ersichtlich, dass der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers dahin eingeschränkt war, dass nur eine Beitragsreduktion verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Eine solche Regelung hätte zu Beitragsausfällen geführt, die mit Beitragssatzerhöhungen hätten kompensiert werden müssen. Der Ausgleich einer relativen Beitragsentlastung im Beitragssystem der sozialen Pflegeversicherung setzte bei angestrebter Beibehaltung des Beitragsaufkommens voraus, dass Kinderlose höhere Beiträge als bisher zu zahlen haben. b) Soweit der Kläger die Gleichbehandlung von ungewollt kinderlosen Versicherten mit Versicherten mit Kindern begehrt, findet eine solche Forderung im Verfassungsrecht keine Stütze. Das BVerfG hat gerade im Vergleich mit kinderlosen Versicherten eine Entlastung der Gruppe der Versicherten mit Kindern gefordert, mit der der Kläger die Gleichbehandlung begehrt ( ), ohne dabei auf die Gründe der Kinderlosigkeit abzustellen. Sollte im übrigen auch die unfreiwillige Kinderlosigkeit aus medizinischen Gründen zu einem niedrigeren Beitragssatz führen, wie vom Kläger gefordert, wäre nicht zu erkennen, weshalb nicht auch aus anderen Gründen kinderlose Versicherte, zB Versicherte ohne Partner, von der Beitragsbelastung ausgenommen werden müssten. c) Die Ungleichbehandlung ist auch dann gerechtfertigt, wenn Versicherte allein aufgrund der Elterneigenschaft dauerhaft keinen Beitragszuschlag tragen müssen, selbst wenn sie keine Aufwendungen für Kinder haben oder von ihnen keine Erziehungs- und Betreuungsleistungen erbracht werden. Der Gesetzgeber durfte in Ausübung seines ihm eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung eines Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der sozialen Pflegeversicherung vom Regelfall ausgehen und die vom BVerfG geforderte Entlastung an das (bloße) Vorhandensein eines Kindes knüpfen sowie ab dessen Geburt eine dauerhafte Beitragsentlastung vorsehen. Das GG verpflichtet den Gesetzgeber entsprechend dem Urteil des BVerfG lediglich dazu, bei der gebotenen Differenzierung der Beitragshöhe den sog generativen Beitrag zu berücksichtigen und die beitragspflichtigen Mitglieder mit einem oder mehreren Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung bei der Bemessung der Beiträge relativ zu entlasten. Dies kann durch die Berücksichtigung allein der Tatsache, dass ein Kind vorhanden ist, bei der Beitragsbemessung geschehen. Die geforderte Berücksichtigung des sog generativen Beitrags rechtfertigt es, an die Stellung als Eltern anzuknüpfen, ohne danach zu differenzieren, ob und inwieweit Eltern in der Erziehungsphase tatsächlich im Einzelfall Nachteile entstehen und inwieweit Kinder tatsächlich später zur sozialen Pflegeversicherung Beiträge leisten. Die Feststellung tatsächlicher Nachteile durch die Pflegekassen wäre darüber hinaus mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Schon im Hinblick auf die relativ geringe Differenz von 0,25 % Beitragssatzpunkten zwischen kinderlosen Versicherten und solchen mit Kindern steht die Beitragsentlastung letzterer über das Ende der Betreuungsphase und auch der Erwerbsphase der Versicherten hinaus nicht außer Verhältnis. Nach Umfang oder der Dauer der Kindererziehung und -betreuung musste deshalb nicht differenziert werden. d) Der Senat lässt offen, ob sich der Kläger darauf berufen kann, dass weitere Gruppen von Versicherten den zusätzlichen Beitragszuschlag ebenfalls nicht zu zahlen haben, obwohl deren Begünstigung gerade nicht auf den Grund der Kinderlosigkeit abstellt, sondern jeweils an andere Sachverhalte anknüpft. Der Kläger macht insoweit auch allein geltend, für deren Begünstigung fehle eine Rechtfertigung, ohne auch zu fordern, er müsse gemessen an Art 3 Abs 1 GG mit diesen Gruppen gleich behandelt werden. Eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG käme insoweit allein in Betracht, wenn ein Versicherter wie der Kläger geltend machte, die bloße ungerechtfertigte Besserstellung anderer Versicherter führe wegen des Ausfalls der an sich sachgerechten Zahlungsverpflichtung dieser Versicherten zu messbaren Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen und signifikant höheren Beiträgen für die benachteiligten Versicherten. Soweit der Kläger die fehlende Beitragsbelastung der vor dem 1.1.1940 geborenen kinderlosen Versicherten geltend macht, könnten wegen der Größe dieser Gruppe solche Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen bestehen. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass die Begünstigung dieser Gruppe im Verhältnis zum 1968 geborenen Kläger den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt und deshalb verfassungswidrig ist. Das BVerfG hat in seiner oben genannten Entscheidung die Berücksichtigung von Erziehungsleistungen im Beitragsrecht dann für verfassungsrechtlich geboten erachtet, wenn nicht mehr die Mehrheit der Versicherten Kinder erzieht. Es ist daher im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung des § 55 Abs 3 SGB XI berücksichtigt hat, dass von den vor dem 1.1.1940 geborenen Versicherten noch überwiegend Kinder geboren (und erzogen) wurden und deshalb auch die kinderlosen Versicherten dieser Jahrgänge nicht zu einem finanziellen Beitrag zur Entlastung der Versicherten mit Kindern herangezogen werden. Auf die fehlende Zahlungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Ob allerdings wie in den Gesetzesmaterialien die Ungleichbehandlung damit begründet werden kann, dass das Existenzminimum zu schonen ist , erscheint fraglich. Auch ist zweifelhaft, ob das prognostizierte Verhältnis des zusätzlichen Verwaltungsaufwandes zur lediglich geringen Höhe der durch die Erhebung des Beitragszuschlags zu erwartenden zusätzlichen Beitragseinnahmen diese Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Es kann offenbleiben, ob es andere, die Begünstigung dieser Gruppe rechtfertigende Gründe gibt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz könnte jedoch nur zu einer Belastung auch dieses Personenkreises mit dem Beitragszuschlag führen. Eine Benachteiligung des Klägers durch die Beitragsentlastung dieser Gruppe, die zumindest eine deutliche Auswirkung der Beitragsentlastung auf das gesamte Beitragsaufkommen aus dem Beitragszuschlag zur Voraussetzung hätte, ist jedoch auszuschließen. Dies folgt aus der relativ geringen Größe der begünstigten Gruppe und dem geringen Beitragsaufkommen je Versicherten aus den zugrunde liegenden beitragspflichtigen Einnahmen. Gleiches gilt für die Gruppe der Wehr- und Zivildienstleistenden. Es handelt sich um eine relativ kleine Gruppe von Versicherten, da nur diejenigen betroffen sind, die den Dienst nach Vollendung des 23. Lebensjahres abzuleisten haben und deshalb andernfalls einen Beitragszuschlag zu zahlen hätten. Die Beitragsentlastung ist hier aber gemessen an Art 3 Abs 1 GG auch sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat in Wahrnehmung des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums aus sozialen Gründen von der Erhebung des Beitragszuschlags bei dieser Gruppe abgesehen. Der Charakter dieses Dienstes als verpflichtender, zeitlich nicht frei wählbarer Dienst für die Allgemeinheit rechtfertigt die fehlende Pflicht zur Zahlung des Beitragszuschlags".
Der Senat schließt sich den Gründen des BSG an und macht sie sich nach eigener Prüfung zu Eigen (i.E. ebenso: LSG Niedersachsen-Bremen v. 22.11.2006, L 2 R 386/06, juris).
Nach allem war die Erhebung des Beitragszuschlages zur sozialen Pflegeversicherung aus der Rente des Versicherten auf der Grundlage des § 55 Abs. 3 SGB XI nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, einen Beitragszuschlag für kinderlose Versicherte für die soziale Pflegeversicherung zu erheben.
Die Klägerin ist die Witwe des 1946 geborenen und 2006 verstorbenen Versicherten D K. Dem kinderlosen Versicherten wurde mit Bescheid vom 26. Januar 1994 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer ab 01. Januar 1992 gewährt.
Ab 01. Juli 1996 wurden von dem festgestellten Rentenhöchstwert Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von 13,40 % (92,79 DM) und für die Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 v. H. (11,77 DM) abgezogen.
Mit Schreiben vom 03. Januar 2005 teilte die Beklagte dem Versicherten mit, dass sich der Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,25 Beitragssatzpunkte (Beitragszuschlag für Kinderlose) erhöhe. Dieser Beitragszuschlag sei ab 01. Januar 2005 zu erheben und werde aus der Rente für den Monat April 2005 für die rückwirkenden Rentenbezugszeiten erhoben werden. Es wurde angekündigt, dass der Kläger voraussichtlich im März 2005 einen neuen Rentenbescheid erhalten werde.
Der Versicherte machte über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 04. Februar 2005 geltend, dass die erhöhte Beitragsbelastung zur Pflegeversicherung für Kinderlose verfassungswidrig sei.
Mit Bescheid vom 08. Februar 2005 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers beginnend ab 01. April 2005 neu. Sie machte für die Zeit ab 01. Januar 2005 einen erhöhten Beitragssatz zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,95 % (16,16 EUR) aus 828,84 EUR geltend. Die Beklagte gewährte für die Zeit ab 01. Januar 2005 eine entsprechend geringere (Netto-)Rente.
Mit seinem Widerspruch vom 12. März 2005 machte der Versicherte geltend, die Neuregelung der Beitragspflicht zur gesetzlichen Pflegeversicherung verstoße gegen höherrangiges Recht. Der Gesetzgeber habe die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung nicht unabhängig davon erhöhen dürfen, ob die Kinder ihrerseits Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung gezahlt hätten.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 08. Juni 2005 den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, die Einführung des Beitragszuschlages für Kinderlose ergebe sich aus dem Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung vom 15. Dezember 2004. Von der Zahlung des Beitragszuschlages seien Rentner nur dann befreit, wenn sie entweder vor dem 01. Januar 1940 geboren seien oder wenn sie gegenüber dem Rentenversicherungsträger das Vorliegen von Elterneigenschaft nachweisen könnten. Ein solcher Nachweis sei nicht erbracht worden.
Mit der daraufhin am 01. Juli 2005 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Versicherte sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, der Nachweis der Elterneigenschaft könne deshalb nicht erbracht werden, weil er ungewollt kinderlos geblieben sei. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Grundgesetz GG vor, weil sich eine willkürliche Ungleichbehandlung zu Versicherten ergebe, die leibliche Kinder hätten, die jedoch entweder vorverstorben, krank oder ausgewandert seien. Das Bundesverfassungsgericht BVerfG habe nicht entschieden, dass kinderlose Versicherte grundsätzlich schlechter zu stellen seien als Eltern. Eine geeignete Regelung könne nur anerkannt werden, wenn nicht auf die Elterneigenschaft schlechthin abgestellt werde. Die Regelung diskriminiere die Gruppe der ungewollt kinderlos gebliebenen Versicherten.
Die Beklagte ist erstinstanzlich bei der mit dem Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung verblieben.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 25. Oktober 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Rente zutreffend unter Berücksichtigung eines Beitragszuschlages zur Pflegeversicherung gemäß § 55 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) berechnet. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Versicherten gegen die Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI hat das Sozialgericht nicht geteilt.
Gegen das am 09. Februar 2006 zugestellte Urteil hatte der Versicherte bereits am 19. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Nachdem der Versicherte verstorben ist, führt die Klägerin das Verfahren weiter. Sie macht geltend, dass der Versicherte ungewollt kinderlos geblieben sei. Durch die Regelungen des § 55 Abs. 3 SGB XI würden kinderlos gebliebene Versicherte diskriminiert. Es erscheine weiter willkürlich, Personen von der Beitragspflicht auszunehmen, deren Kinder im Zeitraum unmittelbar nach der Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres verstorben seien; diese Kinder würden auch keine Beiträge zur Versichertengemeinschaft leisten. Das ausschließliche Abstellen auf die Elterneigenschaft sei daher unsachgemäß und führe zu willkürlichen Ergebnissen. Auch wenn dem Gesetzgeber ein gewisser Handlungsspielraum zuzugestehen sei, dürfe er sonstige der Lebenswirklichkeit entsprechende typische Fallkonstellationen nicht außer Acht lassen. Ein unerfüllt gebliebener Kinderwunsch aus medizinischen Gründen sei regelmäßig nachweisbar.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Oktober 2005 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 2005 insoweit aufzuheben, als mit ihm für die Zeit ab 01. Januar 2005 ein Beitragszuschlag für Kinderlose bei der Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung erhoben und einbehalten worden ist und die Beklagte zu verurteilen, die ab 01. April 2005 monatlich einbehaltenen Betragszuschläge zur sozialen Pflegeversicherung auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 15. März 2007 und 21. Dezember 2007).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten für ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG ).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin verfolgt in zulässiger Weise als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Klägers die geltend gemachten Ansprüche weiter (§ 202 SGG i. V. m. § 239, 250 Zivilprozessordnung ZPO ).
Die Berufung ist auch innerhalb der Berufungsfrist eingelegt worden, denn sie ist bereits vor Zustellung des schriftlich abgefassten und am 25. Oktober 2005 verkündeten Urteils beim Landessozialgericht eingegangen (vgl. Leitherer in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 151 Rn. 9).
Die Berufung ist auch unabhängig von der Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig, da der Kläger ursprünglich (höhere) laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt hat. Der streitige Zuschlag zu den Beiträgen zur Pflegeversicherung sollte dauerhaft erhoben werden. Dass mit Ableben des Versicherten die Erhebung des Beitragszuschlages begrenzt war und die Rechtsnachfolgerin des Versicherten die Auszahlung zuviel gezahlter Beiträge begehrt, ändert an der Zulässigkeit der Berufung zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, auf den abzustellen ist (Leitherer, a. a. O., § 144 Rn. 19), nichts.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zu Recht für die Zeit ab 01. Januar 2005 von dem Versicherten die Leistung eines Beitragszuschlages für Kinderlose zur Pflegeversicherung in Höhe von 1 v. H. für den Monat April 2005 und in Höhe von 0,25 v. H. für die folgenden Monate verlangt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abänderung des angefochtenen Bescheides und auf Auszahlung der einbehaltenen Beitragszuschläge.
Die Beklagte war zunächst berechtigt, die Beiträge zur Pflegeversicherung mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides gegenüber dem Versicherten festzustellen und die Beiträge einzubehalten. Nach § 255 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V i. V. m. § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI sind Beiträge zur Pflegeversicherung, die der Versicherungspflichtige aus seiner Rente zu tragen hat, vom Träger der Rentenversicherung, der Beklagten, bei der Zahlung der Rente einzubehalten und abzuführen (Bundessozialgericht BSG vom 29. November 2006, B 12 RJ 4/05 R, SozR 4 3300 § 59 Nr. 1; BSGE 97, 292 306).
Zutreffend hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch die Höhe der Beiträge zur Pflegeversicherung berechnet. Der Versicherte war auch verpflichtet, die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung allein zu tragen. Als pflichtversichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung war er nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 11 SGB XI auch versichertes Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung. Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XI in der Fassung des Art. 6 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch u. a. Gesetze (2. SGB VI Änderungsgesetz) vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3013, §§ 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI n. F.) haben Bezieher einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01. April 2004 die aus der Beitragspflicht zur Pflegeversicherung resultierende Beitragslast allein zu tragen. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet diese Regelung nicht (vgl. hierzu: BSG v. 29.11.2006, B 12 RJ 4/05 R, SozR 4-3300 § 59 Nr. 1, BSGE 97, 292-306).
Zutreffend hat die Beklagte auch für die Zeit ab 01. April 2005 den hier allein streitigen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten zu den zur sozialen Pflegeversicherung zu leistenden Beiträgen in Höhe von 1,7 v. H. (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) in Abzug gebracht und für die Zeit von Januar bis März 2005 den Beitragszuschlag in Höhe von 1 v.H. für den Monat April 2005 von der Rentenleistung abgezogen.
Nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI erhöht sich der Beitragssatz, der zur Pflegeversicherung zu leisten ist, für Mitglieder nach Ablauf des Monats der Vollendung des 23. Lebensjahres um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 v. H., wenn sie nicht Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch SGB I sind bzw. vor dem 01. Januar 1940 geboren oder Wehr- und Zivildienstleistende bzw. Bezieher von Arbeitslosengeld II sind (§ 55 Abs. 3 Satz 2, Satz 7 SGB XI). Nach § 55 Abs. 4 Satz 1 SGB XI war der Beitragszuschlag für die Monate Januar bis März 2005 einmalig in Höhe von 1 v.H. der Bruttorente im Monat April 2005 von der Beklagten zu berücksichtigen.
Der Versicherte war kinderlos, er war nicht vor dem 01. Januar 1940 geboren, die weiteren Ausnahmen des § 55 Abs. 3 Satz 7 SGB XI erfüllte der Versicherte nicht, so dass der Beitragszuschlag nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI zu erheben war.
Nach allem hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides die bestehende gesetzliche Regelung zutreffend angewandt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI bestehen nicht, so dass der Rechtsstreit nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Einholung einer Entscheidung des BVerfG auszusetzen war.
Allein in Betracht kommt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der verlangt, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Daran gemessen ist die Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI, die die Erhebung eines Beitragszuschlages für Kinderlose vorschreibt, nicht zu beanstanden.
Der Gesetzgeber hat mit § 55 Abs. 3 SGB XI das Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242) umgesetzt. Mit dieser Entscheidung hatte das BVerfG die beitragsrechtlichen Vorschriften des SGB XI für unvereinbar mit Art. 3 GG erklärt soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Beitrag belastet worden waren wie Mitglieder ohne Kinder. Entschieden worden war, dass der Vorteil kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung systemspezifisch beitragsrechtlich zu kompensieren war. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber mit dem Beitragszuschlag nach § 55 Abs. 3 SGB XI für Kinderlose nachgekommen. Diese Umsetzung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit auch ungewollt kinderlose Versicherte zur Zahlung des Beitragszuschlages verpflichtet sind.
Das BSG führt mit der Entscheidung vom 27. Februar 2008 (B 12 P 2/07 R, juris) wie folgt aus (juris Rn. 14 ff.): " ( ) § 55 Abs 3 SGB XI führt zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen von Versicherten. Während durch die Neuregelung für Versicherte mit Kindern sowie für weitere Gruppen von Versicherten die Beitragsbelastung bei ansonsten unveränderten Umständen ab 1.1.2005 gleich bleibt, erhöht sich bei den übrigen Versicherten - wie auch dem Kläger - ab Vollendung des 23. Lebensjahres der Beitragssatz von 1,7 % um 0,25 % auf 1,95 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Der Gesetzgeber hat damit allein an das Vorhandensein von Kindern angeknüpft, nicht dagegen an den jeweils entstehenden Aufwand für Kinder oder die Gründe für die Kinderlosigkeit. Diese Differenzierung ist nicht zu beanstanden. a) Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des Gesetzgebers, zur Umsetzung des Urteils des BVerfG Kinderlose wie den Kläger mit einem erhöhten Beitrag zu belasten, während Versicherte mit Kindern weiter Beiträge nach dem bisherigen Beitragssatz zahlen. ( ) Es ist nicht ersichtlich, dass der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers dahin eingeschränkt war, dass nur eine Beitragsreduktion verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Eine solche Regelung hätte zu Beitragsausfällen geführt, die mit Beitragssatzerhöhungen hätten kompensiert werden müssen. Der Ausgleich einer relativen Beitragsentlastung im Beitragssystem der sozialen Pflegeversicherung setzte bei angestrebter Beibehaltung des Beitragsaufkommens voraus, dass Kinderlose höhere Beiträge als bisher zu zahlen haben. b) Soweit der Kläger die Gleichbehandlung von ungewollt kinderlosen Versicherten mit Versicherten mit Kindern begehrt, findet eine solche Forderung im Verfassungsrecht keine Stütze. Das BVerfG hat gerade im Vergleich mit kinderlosen Versicherten eine Entlastung der Gruppe der Versicherten mit Kindern gefordert, mit der der Kläger die Gleichbehandlung begehrt ( ), ohne dabei auf die Gründe der Kinderlosigkeit abzustellen. Sollte im übrigen auch die unfreiwillige Kinderlosigkeit aus medizinischen Gründen zu einem niedrigeren Beitragssatz führen, wie vom Kläger gefordert, wäre nicht zu erkennen, weshalb nicht auch aus anderen Gründen kinderlose Versicherte, zB Versicherte ohne Partner, von der Beitragsbelastung ausgenommen werden müssten. c) Die Ungleichbehandlung ist auch dann gerechtfertigt, wenn Versicherte allein aufgrund der Elterneigenschaft dauerhaft keinen Beitragszuschlag tragen müssen, selbst wenn sie keine Aufwendungen für Kinder haben oder von ihnen keine Erziehungs- und Betreuungsleistungen erbracht werden. Der Gesetzgeber durfte in Ausübung seines ihm eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung eines Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der sozialen Pflegeversicherung vom Regelfall ausgehen und die vom BVerfG geforderte Entlastung an das (bloße) Vorhandensein eines Kindes knüpfen sowie ab dessen Geburt eine dauerhafte Beitragsentlastung vorsehen. Das GG verpflichtet den Gesetzgeber entsprechend dem Urteil des BVerfG lediglich dazu, bei der gebotenen Differenzierung der Beitragshöhe den sog generativen Beitrag zu berücksichtigen und die beitragspflichtigen Mitglieder mit einem oder mehreren Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung bei der Bemessung der Beiträge relativ zu entlasten. Dies kann durch die Berücksichtigung allein der Tatsache, dass ein Kind vorhanden ist, bei der Beitragsbemessung geschehen. Die geforderte Berücksichtigung des sog generativen Beitrags rechtfertigt es, an die Stellung als Eltern anzuknüpfen, ohne danach zu differenzieren, ob und inwieweit Eltern in der Erziehungsphase tatsächlich im Einzelfall Nachteile entstehen und inwieweit Kinder tatsächlich später zur sozialen Pflegeversicherung Beiträge leisten. Die Feststellung tatsächlicher Nachteile durch die Pflegekassen wäre darüber hinaus mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Schon im Hinblick auf die relativ geringe Differenz von 0,25 % Beitragssatzpunkten zwischen kinderlosen Versicherten und solchen mit Kindern steht die Beitragsentlastung letzterer über das Ende der Betreuungsphase und auch der Erwerbsphase der Versicherten hinaus nicht außer Verhältnis. Nach Umfang oder der Dauer der Kindererziehung und -betreuung musste deshalb nicht differenziert werden. d) Der Senat lässt offen, ob sich der Kläger darauf berufen kann, dass weitere Gruppen von Versicherten den zusätzlichen Beitragszuschlag ebenfalls nicht zu zahlen haben, obwohl deren Begünstigung gerade nicht auf den Grund der Kinderlosigkeit abstellt, sondern jeweils an andere Sachverhalte anknüpft. Der Kläger macht insoweit auch allein geltend, für deren Begünstigung fehle eine Rechtfertigung, ohne auch zu fordern, er müsse gemessen an Art 3 Abs 1 GG mit diesen Gruppen gleich behandelt werden. Eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG käme insoweit allein in Betracht, wenn ein Versicherter wie der Kläger geltend machte, die bloße ungerechtfertigte Besserstellung anderer Versicherter führe wegen des Ausfalls der an sich sachgerechten Zahlungsverpflichtung dieser Versicherten zu messbaren Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen und signifikant höheren Beiträgen für die benachteiligten Versicherten. Soweit der Kläger die fehlende Beitragsbelastung der vor dem 1.1.1940 geborenen kinderlosen Versicherten geltend macht, könnten wegen der Größe dieser Gruppe solche Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen bestehen. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass die Begünstigung dieser Gruppe im Verhältnis zum 1968 geborenen Kläger den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt und deshalb verfassungswidrig ist. Das BVerfG hat in seiner oben genannten Entscheidung die Berücksichtigung von Erziehungsleistungen im Beitragsrecht dann für verfassungsrechtlich geboten erachtet, wenn nicht mehr die Mehrheit der Versicherten Kinder erzieht. Es ist daher im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung des § 55 Abs 3 SGB XI berücksichtigt hat, dass von den vor dem 1.1.1940 geborenen Versicherten noch überwiegend Kinder geboren (und erzogen) wurden und deshalb auch die kinderlosen Versicherten dieser Jahrgänge nicht zu einem finanziellen Beitrag zur Entlastung der Versicherten mit Kindern herangezogen werden. Auf die fehlende Zahlungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Ob allerdings wie in den Gesetzesmaterialien die Ungleichbehandlung damit begründet werden kann, dass das Existenzminimum zu schonen ist , erscheint fraglich. Auch ist zweifelhaft, ob das prognostizierte Verhältnis des zusätzlichen Verwaltungsaufwandes zur lediglich geringen Höhe der durch die Erhebung des Beitragszuschlags zu erwartenden zusätzlichen Beitragseinnahmen diese Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Es kann offenbleiben, ob es andere, die Begünstigung dieser Gruppe rechtfertigende Gründe gibt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz könnte jedoch nur zu einer Belastung auch dieses Personenkreises mit dem Beitragszuschlag führen. Eine Benachteiligung des Klägers durch die Beitragsentlastung dieser Gruppe, die zumindest eine deutliche Auswirkung der Beitragsentlastung auf das gesamte Beitragsaufkommen aus dem Beitragszuschlag zur Voraussetzung hätte, ist jedoch auszuschließen. Dies folgt aus der relativ geringen Größe der begünstigten Gruppe und dem geringen Beitragsaufkommen je Versicherten aus den zugrunde liegenden beitragspflichtigen Einnahmen. Gleiches gilt für die Gruppe der Wehr- und Zivildienstleistenden. Es handelt sich um eine relativ kleine Gruppe von Versicherten, da nur diejenigen betroffen sind, die den Dienst nach Vollendung des 23. Lebensjahres abzuleisten haben und deshalb andernfalls einen Beitragszuschlag zu zahlen hätten. Die Beitragsentlastung ist hier aber gemessen an Art 3 Abs 1 GG auch sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat in Wahrnehmung des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums aus sozialen Gründen von der Erhebung des Beitragszuschlags bei dieser Gruppe abgesehen. Der Charakter dieses Dienstes als verpflichtender, zeitlich nicht frei wählbarer Dienst für die Allgemeinheit rechtfertigt die fehlende Pflicht zur Zahlung des Beitragszuschlags".
Der Senat schließt sich den Gründen des BSG an und macht sie sich nach eigener Prüfung zu Eigen (i.E. ebenso: LSG Niedersachsen-Bremen v. 22.11.2006, L 2 R 386/06, juris).
Nach allem war die Erhebung des Beitragszuschlages zur sozialen Pflegeversicherung aus der Rente des Versicherten auf der Grundlage des § 55 Abs. 3 SGB XI nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
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