L 1 KR 452/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 1292/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 452/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht bei der Beklagten.

Im Jahre 1962 geborene Klägerin war von 1. Januar 2001 bis 30. April 2003 bei der Beklagten pflichtversichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit Schreiben vom 28. April 2004 teilte sie der Beklagten mit, sie werde zum 1. Mai 2003 versicherungsfrei und nehme Abstand von einer Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung. Die Höhe der Jahresarbeitsentgeltgrenze - JAEG - zum 1. Januar 2005 führte dazu, dass die Klägerin das maßgebliche JAG nicht mehr überschritt. Der Arbeitgeber, die E GmbH, führte und meldete sie jedoch weiterhin als versicherungsfrei. Am 26. April 2005 bis zum 11. Oktober 2005 überschritt die Klägerin wieder um die JAEG für das Jahr 2005 dementsprechend von der Krankenversicherungspflicht befreit. Vom 12. Oktober 2005 an bezog sie Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit und würde von dieser als kranken- und pflegeversicherungspflichtig gemeldet.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 27. März 2006 an die Beklagte und machte geltend, sie sei zum 30. April 2003 endgültig aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgetreten.

Mit Bescheid vom 4. April 2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht ab. Nach § 8 Abs. 1 Ziff. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGG V -, werde, wer durch den Bezug von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig wird, dann von der Versicherungspflicht befreit, wenn er unter anderem in den letzten 5 Jahren vor dem Leistungsbezug nicht gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Dies sei bei einem Beginn des Arbeitslosengeldbezuges vom 12. Oktober 2005 und einer Pflichtmitgliedschaft mit zum 30. April 2003 nicht gegeben.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 24. Juli 2006 zurück.

Hiergegen hat sich die am 10. August 2006 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin die Auffassung vertritt, dass eine einmal erfolgte Befreiung von der Versicherungspflicht weder durch einen Arbeitsgeberwechsel noch durch eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses unterbrochen werde. Parallel hierzu hat die Klägerin eine einstweilige Anordnung über die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht beantragt (S 82 KR 2527/06 ER Sozialgericht Berlin). Diesen Antrag hat das Sozialgericht wegen des Fehlens seines Anordnungsanspruches abgewiesen, der erkennende Senat hat die Beschwerde hiergegen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen (L 1 B 171/07 KR ER).

Das Sozialgericht hat die Klage in der Hauptsache mit Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe vor dem Alg-Leistungsbezug nicht fünf Jahre einer privaten Krankenversicherung angehört. Gegen diesen, der Klägerin am 14. Juni 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich deren Berufung vom 9. Juli 2007, mit der sie ihr Begehren unter Wiederholung ihres Vorbringens weiter verfolgt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 zu verpflichten, die Klägerin mit Wirkung vom 12. Oktober 2005 von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht auf Dauer zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat mit Beschluss vom 13. Oktober 2003 den Rechtsstreit gem. § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - dem Richter am Landessozialgericht Müller-Gazurek als Berichterstatter übertragen.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Über die zulässige Berufung konnte der Berichterstatter mit den ehrenamtlichen Richtern des Senat gem. § 153 Abs. 5 SGG entscheiden (Beschluss vom 13. Oktober 2008).

Die Berufung ist nicht begründet, die angefochtenen Bescheide und der sie bestätigende Gerichtsbescheid verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen nimmt der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe Abstand, da er die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Einwendungen der Klägerin hiergegen vermögen nicht zu überzeugen:

Dass eine Befreiung nach § 8 SGB V im vorliegenden Fall ausgeschlossen ist ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Abs. 1 Nr. 1 a dieser Vorschrift, wonach eine Befreiung nur dann möglich ist, wenn der Versicherte in den letzten 5 Jahren vor dem Leistungsbezug nicht gesetzlich krankenversichert und bei einem Krankenversicherungsunternehmen privat versichert war. Dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen ist offenkundig und zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 SGB V für eine Befreiung von der sich neu aus dem Bezug von Arbeitslosengeld ergebenden Versicherungspflicht liegen ebenfalls nicht vor: Dies zeigt bereits der Wortlaut der Vorschrift, wonach Arbeiter und Angestellte deren regelmäßigen Arbeitsentgelte die Jahresarbeitsentgeltsgrenze nach den Abs. 6 und 7 übersteigt versicherungsfrei sind. Die Klägerin jedoch war als Empfängerin von Arbeitslosengeld weder Arbeiterin noch Angestellte, so dass bereits von daher die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. § 6 Abs. 1 SGB V findet demnach auf diese Fallkonstellation keine Anwendung.

Auch wirkt die in der Vergangenheit, ab 1. Mai 2004 eingetretene Versicherungsfreiheit nicht, wie die Klägerin meint, ungeachtet der nachfolgenden Entwicklung auf immer fort. Auch dies zeigt der Wortlaut der Norm: Der Gesetzgeber verwendet durch das Wort "übersteigt" den Präsens, zeigt also, dass die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht irgendwann einmal zu übersteigen war um die Versicherungsfreiheit herzustellen, sondern dass dies gegenwärtig vorliegen muss. Andernfalls hätte er die Formulierung "überstiegen hat" verwenden müssen. Dass ihm die Differenzierung von gegenwärtigen und früheren Zuständen bei der Formulierung bewusst war, zeigt, dass er im nächsten Halbsatz die Formulierung "überstiegen hat" verwendet.

Auch stehen die Vorschriften des §§ 6 und 8 SGB V in einem Verhältnis dergestalt zueinander, dass § 8 Abs. 1 Nr. 1 a SGB V eine lex specialis für Empfänger von Arbeitslosengeld ist, die nur unter den dort normierten Voraussetzungen und nicht unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 6 SGB versicherungsfrei sein sollen. Es gilt der Rechtsgrundsatz, dass das speziellere Gesetz das allgemeinere verdrängt.

Die Berufung war demnach mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe vor. Insbesondere liegt keine klärungsbedürftige Frage vor, da sich die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.
Rechtskraft
Aus
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