L 1 SF 4/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 4/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Dauer des Verfahrens allein kann keinen Grund darstellen, die Besorgnis der Befangenheit eines Richters zu begründen.
Das Gesuch der Antragstellerin, die Richterin am Sozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Dies zugrunde gelegt hat die Antragstellerin hier keinen Grund glaubhaft gemacht, der Anlass bieten könnte, an der Unparteilichkeit der Richterin zu zweifeln.

Die Antragstellerin bemängelt im Wesentlichen die lange Verfahrensdauer sowie die Weigerung der Richterin, eine bestimmte Auskunft von einer Klinik einzuholen, wie dies die Antragstellerin begehrt. Dies kann jedoch die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen. Die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens belastet alle Prozessbeteiligten gleichermaßen und begründet für sich genommen keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Richter stehe der einen oder anderen Partei nicht mit der gebotenen Neutralität und Unbefangenheit gegenüber. Dies gilt auch dann, wenn die antragstellende Partei ein besonderes Interesse an einer beschleunigten Sachentscheidung hat und ihr der seit Verfahrensbeginn verstrichene Zeitraum unerklärlich lang erscheint (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1998, 1052). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, nach seinem Ermessen darüber zu befinden, in welcher Weise das Verfahren in dem Zeitraum von der Klageerhebung bis zur Entscheidung zu fördern ist (vgl. OVG Münster, NJW 1993, 2259). Dementsprechend hat der Gesetzgeber den Ablehnungsgrund der Verfahrensverzögerung nicht in die Befangenheitsvorschriften aufgenommen. Aus §§ 42 und 1036 Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass er das Problem einer überlangen Verfahrensdauer gesehen, aber inzwischen selbst für das schiedsgerichtliche Verfahren den Ablehnungsgrund der ungebührlichen Verzögerung im Gegensatz zu der bisherigen Regelung des § 1032 Abs.2 ZPO in der ab 1.01. 1998 geltenden Fassung durch Art.1 Nr.6 des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22.12.1997 (BGBl. 1997 I S.3224) nicht mehr normiert hat.

Es kommt daher grundsätzlich auch nicht darauf an, ob die bisherige Dauer des Verfahrens auf vom Ablehnenden für überflüssig gehaltenen Maßnahmen des Richters oder auf schlichter Untätigkeit beruht. Die Entscheidung über Art und Weise der Prozessförderung und insbesondere über die für die Sachentscheidung erforderlichen tatsächlichen Grundlagen und das bei ihrer Ermittlung einzuhaltende Verfahren hat der Richter in eigener Verantwortung zu treffen; das Ablehnungsrecht gibt den Parteien keine Handhabe, ihre abweichenden Vorstellungen durchzusetzen. Dies gilt selbst dann, wenn das zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufene Gericht die rechtlichen oder tatsächlichen Wertungen des abgelehnten Richters nicht teilt; zu einer Korrektur ist allein das in der Hauptsache zuständige Rechtsmittelgericht berufen (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.). Insoweit erweist sich auch der Einwand der Antragstellerin, es habe eine bestimmte Auskunft der Klinik Schwedenstein eingeholt werden müssen, als unbeachtlich. Auch eine solche Rüge wäre erst nach Entscheidung des Sozialgerichts in der Sache in der Rechtsmittelinstanz anzubringen. Schließlich ist auch die Rüge unbeachtlich, die Beklagte hätte ohne Genehmigung der Antragstellerin nicht den Entlassungsbericht an den MdK weitergeben dürfen. Dies ist kein Verhalten, das der abgelehnten Richterin unter irgendeinem Gesichtspunkt angelastet werden kann. Ob die Richterin danach zu Recht eine Entscheidung auf das Gutachten des MdK stützen darf, kann dahingestellt bleiben. Auch dies wäre ggf. in der Rechtsmittelinstanz zu würdigen.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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