Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 427/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 98/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des am 28. April 2004 erlittenen Arbeitsunfalls.
Die 1947 geborene Klägerin erlitt am 28. April 2004 einen Arbeitsunfall, als ihr während ihrer Tätigkeit als pädagogische Unterrichtshilfe an der P-F-Schule, einem pädagogischen Förderzentrum zur Betreuung verhaltensgestörter mehrfach Behinderter, ein behindertes Kind beim Abräumen des Frühstückstischs ihr diesen mit dem davor stehenden Stuhl mit voller Wucht entgegen schob und dabei Knie und Oberschenkel links traf. Später warf dieses Kind mit einem Kassettenrecorder nach ihr, ohne sie jedoch zu treffen. Die Klägerin, die bereits seit Oktober 2001 wegen Anpassungs- und Somatisierungsstörungen sowie leichter depressiver Störungen immer wieder arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war und die mittlerweile eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bezieht, suchte am 30. April 2004 ihre Hausärztin, Frau S, auf, die die Klägerin wegen einer Prellung des Knies, einer akuten Belastungsreaktion, einer somatoformen Störung, nicht näher bezeichnet, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer Panikstörung zunächst bis zum 11. Dezember 2004 krank schrieb (Vorerkrankungsverzeichnis der BKK für Heilberufe vom 14. Februar 2005). Am 18. Juni 2004 begab sich die Klägerin erstmalig in die Behandlung des Orthopäden Dr. F, der bei ihr eine Knieprellung links diagnostizierte, sie jedoch als arbeitsfähig einschätzte und keinen weiteren Behandlungsbedarf sah (Durchgangsarztbericht vom 16. Juli 2004 und Zwischenbericht vom 23. Juli 2004). Am 10. Juni 2004 erstattete der Arbeitgeber der Klägerin eine Unfallanzeige und verwies auf eine ausführliche Schilderung des Unfallhergangs durch die Klägerin vom 07. Mai 2004. Am 16. August 2004 stellte die Klägerin außerdem einen formlosen Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Die Beklagte zog einen Zwischenbericht des Dr. F bei, der über eine erneute Vorstellung der Klägerin am 28. Oktober 2004 berichtete und der bis auf einen belastungsabhängigen Schmerz im Bereich des medialen Gelenkspaltes keine Auffälligkeiten finden konnte. Dieser Befund sei nicht mehr der Prellung von April 2004 zuzuschreiben, sondern eher der damals im Röntgenbild festgestellten initialen Arthrose im Bereich des medialen Gelenkkompartements. Die Beklagte holte außerdem eine ausführliche Auskunft von der Fachärztin für Allgemeinmedizin S vom 17. Dezember 2004 ein, wonach die Klägerin psychisch durch den Hergang sehr mitgenommen sei. Es bestehe eine Schockreaktion und eine psychische Belastung. Die Klägerin leide unter einer Anpassungsstörung, Panikattacken, Schlafstörungen und einer psychovegetativen Dysregulation. Es erfolge weiterhin eine Gesprächstherapie durch einen Psychiater. Arbeitsunfähigkeit bestehe bis auf Weiteres.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2004 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 28. April 2004 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung an. Die Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der Unfallfolgen habe zum 11. Juni 2004 geendet. Darüber hinaus bestünde Behandlungsbedürftigkeit allein wegen unfallfremder Gesundheitsstörungen. Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien nicht mehr gegeben. Das angeschuldigte Ereignis vom 28. April 2004 habe zu einer Prellung beider Kniegelenke geführt. Nach den medizinischen Erfahrungswerten betrage die Ausheilungszeit vier bis sechs Wochen. Es sei somit von einer Behandlungszeit bis zum 11. Juni 2004 auszugehen. Darüber hinaus habe keine Behandlungsbedürftigkeit wegen der Knieprellungen mehr bestanden. Diese habe auch keine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hinterlassen. Das Unfallereignis sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht geeignet gewesen, eine psychische Reaktion rechtlich wesentlich auszulösen bzw. hervorzurufen. Es liege kein adäquates Trauma vor. Auseinandersetzungen zwischen pädagogischen Hilfskräften/Erziehern und den Kindern gehörten zum Berufsbild. Ein Zusammenhang zwischen der Auseinandersetzung und der Erkrankung sei nicht rechtlich wesentlich erkennbar.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es sei die durch den Arbeitsunfall erlittene psychische Erkrankung nicht berücksichtigt worden, die zu einer über den 11. Juni 2004 hinaus dauernden Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Im Weiteren hat sich die Klägerin auf einen Bericht der Dipl.-Psych. K-M vom 10. Januar 2005 bezogen, bei der sich die Klägerin seit Oktober 2001 wegen erheblicher psychosomatischer und Angstsymptomatik in psychotherapeutischer Behandlung befand. Die Klägerin leide seit dem Angriff am 28. April 2004 unter extremen Panikattacken, Ängsten, Schlafstörungen, Magen-, Darm- und Herzrhythmusstörungen. Zu den sich wiederholenden Panikattacken und Ängsten seien inzwischen auch erhebliche existentielle Ängste eingetreten. Der Konflikt, krankgeschrieben zu sein, verbunden mit der Angst, den Beruf nicht mehr ausüben zu können, habe bei der Klägerin zu einem Gefühl der Hilflosigkeit geführt, das sie gleichzeitig handlungsunfähig mache. Die jetzt vorliegende Angstsymptomatik bedürfe dringend der weiteren therapeutischen Behandlung. Nach Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses der BKK für Heilberufe wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2005 zurück.
Dagegen hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie geltend gemacht hat, die Beklagte habe das Attest von Dipl.-Psych. K-M vom 10. Januar 2005 nicht zur Kenntnis genommen. Darin werde ihr bescheinigt, dass sie seit Dezember 2002 mit der Einschränkung, Förderunterricht in Einzelsituationen zu geben, in den beruflichen Alltag habe reintegriert werden können und insoweit Stabilisierung eingetreten sei, so dass sie auch dauerhaft wieder einsatzfähig gewesen sei. Dementsprechend hätte die Beklagte prüfen müssen, inwieweit das Unfallereignis nicht zumindest ein bestehendes Leiden wesentlich verschlimmert habe. Immerhin sei sie seit Ende 2002 über eineinhalb Jahre hinweg trotz der erheblichen beruflichen Stresssituation in der Lage gewesen, ihren Beruf auszuüben, ohne an den jetzt aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen und den hiermit verbundenen körperlichen Folgen erkrankt zu sein. Schließlich sei sie auch von der Schülerin sehr aggressiv angegriffen worden, so dass von einer alltäglichen Belastungssituation trotz des sehr belastenden Arbeitsumfelds nicht die Rede sein könne.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht einen Befundbericht von Frau K-M vom 10. September 2005 über ihre Behandlung bis April 2004 und von der Fachärztin für Psychiatrie – Psychotherapie – Dr. H vom 09. November 2005 eingeholt. Dann hat es die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B-G mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. Die Sachverständige ist in ihrem Gutachten vom 13. Januar 2006 zu der Feststellung gelangt, die Klägerin leide an Angst und depressiver Reaktion gemischt (ICD 10 F42.22) als Anpassungsstörung nach einem belastenden Lebensereignis sowie einer undifferenzierten Somatisierungsstörung (ICD 10 F45.1). Die von der Klägerin geklagten Beschwerden seien nicht erstmals am 28. April 2004 aufgetreten, vielmehr habe sie sich deshalb bereits ab dem Jahr 2001 in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung befunden. Diese Vorerkrankung der Klägerin sei so leicht ansprechbar gewesen, dass sie die conditio sine qua non der nachfolgenden Gesundheitsstörung darstelle und nicht das Ereignis selbst. Ohne die vorausgegangene Krankheitsgeschichte wäre keinesfalls das Auftreten psychischer Beschwerden nach dem Ereignis vom 28. April 2004 zu erwarten gewesen.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. M am 18. September 2006 ein weiteres Gutachten erstattet, in dem er bei der Klägerin einen Zustand nach Anpassungsstörung mit psychosomatischer- und Angstsymptomatik, abgeklungen im ersten Quartal 2004, und eine posttraumatische Belastungsstörung ab dem 28. April 2004 diagnostiziert hat. Die posttraumatische Belastungsstörung sei durch ein unfallunabhängiges Leiden wesentlich verschlimmert, aber nicht mit letzter Gewissheit ursächlich mitbedingt worden. Die durch die Unfallfolgen bedingte Arbeitsunfähigkeit ende im April 2006. Die posttraumatische Belastungsstörung entspreche einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit entsprechend den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht 2005, Punkt 26.3. Ab dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit betrage die MdE 10 v. H, bis zu diesem Zeitpunkt habe sie 30 bis 40 v. H. betragen.
In einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Oktober 2006 hat der Sachverständige Dr. M ausgeführt, es sei seines Erachtens irrelevant, ob die Erkrankung der Klägerin als posttraumatische Belastungsstörung, akzidentelle Neurose, Angstneurose, depressive Episode oder wie immer bezeichnet werde. Tatsache sei, dass sich ihre psychische Erkrankung bis 2004 soweit gebessert habe, dass sie ihre Arbeit wieder habe aufnehmen können und dass sie nach dem Vorfall im April 2004 erneut an Angstzuständen erkrankt sei, die wiederum eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich gemacht hätten. Seiner Auffassung nach bestehe ein mitursächlicher Zusammenhang zwischen dem Vorfall im April 2004 und der psychischen Erkrankung seit diesem Zeitpunkt. Zu Beginn müsse von einer akuten Belastungssituation gesprochen werden, die dann allmählich in eine chronische Belastungsstörung (posttraumatische Belastungsstörung) übergegangen sei, was nichts an der Tatsache ändere, dass die Klägerin unter einer angsthaften neurotischen Störung gelitten habe, die Arbeitsunfähigkeit bedingt habe. Seine Einschätzung der MdE beruhe auf den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht 2005. Aufgrund der Ausprägung der psychischen Störung gebe er jetzt eine MdE von 35 v. H. über den 10. Juni 2004 bei der Klägerin an. Die Frage, ob das zuvor bestehende Leiden verschlimmert worden oder eine Erkrankung neu aufgetreten sei, sei nicht eindeutig zu beantworten. Mit ausreichender Wahrscheinlichkeit sei nach seiner Auffassung eine neue Erkrankung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung, aufgetreten. Der diagnostische Zusammenhang der fraglichen Erkrankung erschließe sich allerdings schon aus der ICD-10-Klassifikation. Beide Erkrankungen, Anpassungsstörung und posttraumatische Belastungsstörung, würden unter dem Code F43 klassifiziert.
Mit Gerichtsbescheid vom 07. März 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen, die über den 11. Juni 2004 hinausgingen, denn die psychischen Gesundheitsstörungen seien nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 28. April 2004. Der erforderliche Zusammenhang für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls sei nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. B-G nicht gegeben. Nach diesem Gutachten bestünden bei der Klägerin Angst und depressive Reaktion gemischt und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung. Verursacht worden seien diese Erkrankungen nicht durch das angeschuldigte Unfallereignis, auch nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden seien nicht erstmals im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 28. April 2004 aufgetreten, denn sie werde seit dem Jahr 2001 wegen einer Anpassungsstörung und einer Reaktion auf schwere Belastungen behandelt. Diese vorangegangene Symptomatik scheine im Zeitpunkt der Vorgänge vom 28. April 2004 zwar nicht mehr vorgelegen zu haben, ohne diese vorausgegangene Krankheitsgeschichte sei aber keinesfalls das Auftreten psychischer Beschwerden nach dem angeschuldigten Ereignis zu erwarten gewesen, wie insbesondere das Missverhältnis der Gefährdung beim Geschehen vom 28. April 2004 zum Ausmaß der nachfolgenden Symptomatik zeige. Die Geschehnisse hätten keine in ihrer Eigenart unersetzliche Einwirkung dargestellt, um die aufgetretenen gesundheitlichen Folgen hervorzurufen. Vielmehr sei die Vorerkrankung der Klägerin so leicht ansprechbar gewesen, dass sie die conditio sine qua non der nachfolgenden Gesundheitsstörung gewesen sei. In einem solchen Fall sei der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden nicht gegeben. Gegenteiliges ergebe sich nicht aus den Befundberichten der Dipl-Psych. K-M und der Psychiaterin Dr. H. Allerdings stelle Dr. M eine derartige Verbindung her. In Übereinstimmung mit Dr. B-G gehe Dr. M vom Vorliegen von Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung im Anschluss an den Vorfall vom 28. April 2004 aus, wie das Auftreten wiederkehrender Erinnerungen an das als traumatisch bezeichnete Ereignis, sowie Verschlechterungen der gesundheitlichen Verfassung, die durch Erinnerungen an die Schule hervorgerufen würden und sich aufdrängenden und mit dem Geschehen verbundenen und angsthaft verstärkenden Gedanken. Auch hätten sich im von Dr. B-G durchgeführten Testungsverfahren "Impact of Event Scale (IES)" Hinweise für eine posttraumatische Belastungsstörung mäßiger Ausprägung gefunden. Allein aus dem Vorliegen der Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass ihnen eine Traumaerfahrung des Betroffenen im Sinne der posttraumatischen Belastungsstörung zugrunde liege, da die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung nicht spezifisch sei. Die Symptome könnten auch bei anderen Erkrankungen auftreten wie z. B. bei einer schweren depressiven Episode. Die Bedrohlichkeit des angeschuldigten Geschehens vom 28. April 2004 habe insbesondere unter Zugrundelegung des Berichts der Klägerin vom 07. Mai 2004 aber nicht die erforderliche Schwere erreicht, um die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nach dem ICD-10 F43.1 zu tragen. Denn danach entstehe die posttraumatische Belastungsstörung als eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes. Nach Dr. M hänge die Auslösung der Traumatisierung allerdings weniger von der Schwere oder der Art des Geschehens ab, sondern vielmehr von der momentanen konstitutionellen Empfänglichkeit des Betreffenden und dessen Fähigkeit zur Integration des Erlebten. Auch im wissenschaftlichen Schrifttum werde darauf aufmerksam gemacht, dass dem subjektiven Erleben des als traumatisch empfundenen Ereignisses eine größere Bedeutung beizumessen sei, als der objektiven Erheblichkeit der Belastung. Die Prädisposition des Einzelnen und seine innere Betroffenheit seien für die Entstehung der Erkrankung und ihre Ausprägung entscheidend. Die Beschreibungen der posttraumatischen Belastungsstörung im Diagnosemanual ICD-10 und im Diagnostischen und Statistischen Manual (DSM IV) verdeutlichten, dass die Diagnose der Erkrankung die objektive Erheblichkeit der Gefährdungslage voraussetze. Die Schwere der Gefährdung müsse dem von dem Be-troffenen empfundenen Ausmaß der Bedrohung entsprechen. Dies sei bei dem angeschuldigten Geschehen am 28. April 2004 auch ausgehend von den Feststellungen des Dr. M und den eigenen Schilderungen der Klägerin nicht der Fall gewesen. Dieses Geschehen sei kein belastendes Ereignis gewesen wie Kampfhandlungen, das Erleiden eines schweren Unfalls und der Umstand, Zeuge des gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterungen, Terrorismus, Vergewaltigung oder anderer Verbrechen geworden zu sein. Dr. B-G weise zutreffend auf das Missverhältnis der Gefährdung beim Geschehen vom 28. April 2004 zum Ausmaß der nachfolgenden Symptomatik hin. Dass die Klägerin von dem Mädchen geschlagen und getreten worden sei, wie dies von Dr. H in ihrem Befundbericht vermerkt sei, decke sich nicht mit dem Bericht der Klägerin vom 07. Mai 2004. Im Übrigen stehe für einen Erwachsenen die von Schlägen und Tritten eines 12-jährigen Mädchens ausgehende Gefährdungslage den o. g. Schädigungs- und Bedrohungslagen nicht gleich. Entgegen der Klagebegründung sei auch nicht ersichtlich, dass das Geschehen ein höheres Bedrohungspotential aufgewiesen habe, als soeben dargelegt. Die Darstellung in der Klageschrift, der Tisch sei nach der Klägerin geworfen oder geschleudert worden, widerspreche auch der Darstellung der Klägerin im Bericht vom 07. Mai 2004. Nichts anderes gelte für den Wurf mit dem Recorder, der die Klägerin nach ihren eigenen Bekundungen verfehlt habe. Entgegen der Annahme Dr. M sei es auch nicht irrelevant, ob die Erkrankung der Klägerin als posttraumatische Belastungssyndrom, akzidentelle Neurose, Angstneurose, depressive Episode oder wie auch immer bezeichnet werde. Die exakte Diagnose auf der Grundlage des ICD-10 sei erforderlich, weil die posttraumatische Belastungsstörung nicht wie andere Erkrankungen, vor allem körperliche Leiden, durch ein feststehendes Krankheitsbild definiert sei. Sie sei vielmehr Ausdruck des erreichten Erkenntnisstandes zu den Folgen von Traumatisierungen und deren Bewertung. Sofern nach dem Dafürhalten Dr. M bei der Klägerin eine andere psychische Störung bestehe, hätte er diese benennen müssen. Er hätte angeben müssen, nach welchen Kriterien er sie diagnostiziere und auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsache seine Diagnose fuße. Seine Folgerungen hätten anhand der vorgegebenen und erhobenen Befunde begründet werden müssen. Dies sei mit Ausnahme der vermeintlich bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung nicht geschehen. Der von ihm bei der Klägerin festgestellte Zustand nach Anpassungsstörung sei nach seinen eigenen Angaben im ersten Quartal 2004 abgeklungen, mithin bereits vor dem angeschuldigten Ereignis vom 28. April 2004, und scheide als dessen Folge aus.
Zur Begründung der gegen den Gerichtsbescheid eingelegten Berufung führt die Klägerin aus, die vom Sozialgericht indirekt angedeuteten Zweifel an ihrer Unfallschilderung seien unangebracht. Aus dem Bericht des Dr. F vom 18. Juni 2004 ergebe sich, dass sie beim Frühstück von einem Kind angegriffen und an den Haaren gezogen worden sei. Sie habe daraufhin den Tisch abgeräumt und das Kind habe Tische und Stühle auf sie geworfen. Tisch und Stuhl hätten sie am Knie getroffen. Ein Kassettenrecorder sei auch nach ihr geworfen worden. Das Gericht habe sich auch nicht mit der Kritik an der Gutachterin Dr. B-G auseinandergesetzt, denn diese habe sich die Auffassung der Beklagten zu eigen gemacht, wonach von einem Trauma dann nicht gesprochen werden könne, wenn Auseinandersetzungen zwischen pädagogischen Hilfskräften/Erziehern und den Kindern zum Berufsbild gehörten. Es sei auch nochmals darauf hinzuweisen, dass die Sachverständige selbst eingeräumt habe, der durchgeführte Impact of Event Scale habe durchaus Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung in mäßiger Ausprägung gegeben, obwohl sie dies im nächsten Satz wieder in Zweifel ziehe. Das starre Festhalten an der Definition eines Traumas, wie durch die Sachverständige vorgenommen, ignoriere einerseits die konkrete Situation, in der das Trauma zu beurteilen sei, darüber hinaus werde von der Sachverständigen die Berufserfahrung und –üblichkeit dazu genutzt, das Vorliegen eines Traumas zu relativieren. Die erheblich bedrohende Haltung eines aggressiven Kindes, welches Willens und in der Lage sei, Gegenstände zu werfen und den Betreffenden anzugreifen, sei für sich geeignet, ein Trauma hervorzurufen. Gerade nicht durch den Willen gesteuerte, krankhafte Verhaltensweisen würden ein hohes Gefährdungspotential bergen, da sie schwer einzuschätzen und auch von geschultem Personal nicht immer ohne weiteres beherrschbar seien. Dementsprechend sei es nur folgerichtig, wenn Dr. M ausführe, dass durchaus ein traumatisches Erlebnis i. S. der Definition eines Traumas im Zusammenhang mit der posttraumatische Belastungsstörung gegeben sei, da ein gewalttätiger Angriff auf ihre Person stattgefunden habe und dieser Angriff besonders schwer wiege, da sie sich allein mit dem angreifenden Mädchen befunden habe und keine Unterstützung durch andere Erzieherinnen zu erwarten gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2007 aufzuheben, den Bescheid vom 21. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 abzuändern und festzustellen, dass die bei ihr bestehenden psychischen Reaktionen wie Panikattacken, Schlaf- und Anpassungsstörungen Folge des am 28. April 2004 erlittenen Arbeitsunfalls sind, und die Beklagte zu verurteilen, ihr Verletztengeld und im Anschluss daran eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 35 v. H. bis Ende April 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin verkenne, dass für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung nach dem ICD-10 eine außergewöhnliche traumatische Bedrohung oder eine Situation katastrophalen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, vergleichbar mit Kampfhandlungen im Krieg, außerordentlichen Katastrophen, Folterungen o. ä. objektiv vorliegen müsse. An diesen objektiv notwendigen Voraussetzungen mangele es hier. Das Umwerfen eines Tisches und das Werfen des Kassettenrecorders durch die Schülerin stellten kein Ereignis im geforderten Ausmaß dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer psychischen Gesundheitsstörungen als Folge des Arbeitsunfalls vom 28. April 2004 sowie auf Gewährung von Verletztengeld über den 11. Juni 2004 hinaus und im Anschluss daran von Verletztenrente nach einer MdE von 35 v. H. bis Ende April 2006. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) wird Verletztengeld erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können. Die Gewährung einer Verletztenrente setzt nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraus, dass die Erwerbsfähigkeit der Versicherten infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.
Als Voraussetzung der Gewährung von Verletztengeld und Verletztenrente müssen die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die "hinreichende" Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die bloße Möglichkeit – ausreicht (Bundessozialgericht – BSG – in SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 n. w. N.). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterlicher Überzeugung gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).
Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid vom 21. Dezember 2004 ergibt, hat die Beklagte das Ereignis vom 28. April 2004 als Arbeitsunfall anerkannt. Dieser habe zu einer Prellung beider Kniegelenke geführt, deren Ausheilungszeit nach den medizinischen Erfahrungswerten vier bis sechs Wochen betrage. Deshalb bestehe über den 11. Juni 2004 keine Behandlungsbedürftigkeit mehr. Diesen Ausführungen hat die Klägerin nichts entgegengehalten. Auch der Senat hat unter Berücksichtigung des Zwischenberichts von Dr. F vom 02. November 2004 keine Bedenken, der Auffassung der Beklagten insoweit zu folgen. Die Klägerin hatte den Orthopäden Dr. F erstmals am 18. Juni 2004 aufgesucht, dieser sah keine Behandlungsbedürftigkeit und schätzte die Klägerin als arbeitsfähig ein.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen ist der Senat davon überzeugt, dass weitere Gesundheitsstörungen, insbesondere die von der Klägerin geklagten psychischen Gesundheitsstörungen, nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Versicherungsfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolgs, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Im Sozialrecht erfolgt diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung verschiedene Grundsätze herausgearbeitet. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu dersel-ben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung gegenüber einer Krankheitsanlage ein rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m. w. N.). Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an die generelle Geeignetheit einer ursachenorientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass bei der einzelfallbezogenen Bewertung nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden kann, aber nicht so, wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeteiligung am Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z. B. ICD-10, DSM-IV). Denn je genauer und je klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, umso einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten. Begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts sind damit nicht ausgeschlossen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass ein Kausalzusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall oder einer seelischen Krankheit nur bejaht werden kann, wenn nach dem aktuellen medizinischen Erkenntnisstand ein Unfallereignis oder Unfallfolgen der in Rede stehenden Art allgemein geeignet sind, die betreffende Störung hervorzurufen (BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m. w. N.).
Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen des BSG ist der Senat davon überzeugt, dass die bei der Klägerin bestehenden psychischen Störungen nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall vom 28. April 2004 zurückzuführen sind. Der Senat gründet seine Überzeugung auf die nachvollziehbaren Feststellungen der Sachverständigen Dr. B-G in ihrem Gutachten vom 13. Januar 2006. Danach leidet die Klägerin an Angst und depressiver Reaktion gemischt (ICD 10 F43.22) und an einer undifferenzierten Somatisierungsstörung (ICD 10 F45.1), die nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.
Nach der Beurteilung durch die gerichtliche Sachverständige ist der Arbeitsunfall als Gelegenheitsursache und damit als nicht wesentliche Ursache ihrer psychischen Gesundheitsstörungen anzusehen. Zwar haben die o. g. Erkrankungen im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls nicht mehr Arbeitsunfähigkeit bedingt, es ist jedoch durch das Ereignis vom 28. April 2004 zu einem Auftreten der bekannten heterogenen Symptomatik, der Ängste, depressiven Verstimmung, den körperlichen Beschwerden, Schlafstörungen und Affektlabilität gekommen. Der Senat hat keine Bedenken, der Auffassung der Sachverständigen zu folgen, dass die Vorerkrankung der Klägerin so leicht ansprechbar gewesen sei, dass sie die wesentliche Ursache der nachfolgenden Gesundheitsstörung darstellt, nicht aber das Ereignis selbst. Es ist überzeugend, dass es ohne die vorausgegangene Krankheitsgeschichte keinesfalls zu dem Auftreten psychischer Beschwerden gekommen wäre. Dem steht der Einwand der Klägerin, sie sei nach dem Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung wieder voll in den beruflichen Alltag integriert worden, nicht entgegen. Denn die Klägerin berücksichtigt nicht, dass sie ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der BKK für Heilberufe seit dem Jahr 2001 an Anpassungsstörungen, somatoformen Störungen und depressiven Episoden unterschiedlichen Ausmaßes leidet und sich deshalb mehrfach einer Verhaltenstherapie unterzogen hat, zuletzt am 07. Juli 2003. Unmittelbar vor dem Arbeitsunfall war sie vom 23. Februar bis zum 17. März 2004 erneut wegen einer leichten depressiven Episode, Anpassungsstörungen und einer akuten Infektion der oberen Atemwege arbeitsunfähig krank. Das Krankheitsbild der Klägerin ist also geprägt von wiederkehrenden depressiven Episoden und psychischen Störungen. Es kann deshalb nicht von einer vollständigen Heilung ausgegangen werden, nur weil die Klägerin nach dem 17. März 2004 wieder arbeitsfähig gewesen ist. Gegen eine Ausheilung spricht zudem der eigene – wiederholte – Vortrag der Klägerin, aufgrund der Empfehlung ihrer behandelnden Ärztin wegen ihrer psychischen Erkrankung von dem als besonders belastend empfundenen Gruppenunterricht Anfang 2004 in die Einzelbetreuung umgesetzt worden zu sein. Die Sachverständige hat für ihre schlüssige Beurteilung außerdem nicht nur auf die langjährige Vorerkrankung abgestellt, sondern auch auf den Umstand, dass die Klägerin als ausgebildete Erzieherin mit heilpädagogischer Zusatzausbildung und langjähriger Berufserfahrung gelernt hat, mit aggressiven und schwer erziehbaren Kindern umzugehen, sowie auf das Missverhältnis zwischen dem Ereignis und dem Ausmaß der nachfolgenden Symptomatik.
Die Klägerin kann ihr Begehren nicht erfolgreich auf das Gutachten des Dr. M vom 18. September 2006 stützen. Die von ihm gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, die Grundlage seiner Kausalitätsdiskussion ist, ist bereits nicht nachvollziehbar, denn sie erfüllt nicht die Kriterien des ICD-10 F43.1. Danach wird die posttraumatische Belastungsstörung als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, beschrieben. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z. B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) über. Das Sozialgericht hat kenntnisreich, zutreffend und überzeugend sowie unter Bezugnahme auf die medizinische Fachliteratur dargelegt, dass der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung durch Dr. M nicht gefolgt werden kann. Eine exakte Diagnose ist aber, wie die oben zitierte Rechtsprechung zeigt, nicht überflüssig. Der Senat folgt den erstinstanzlichen Ausführungen und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Soweit die Klägerin ausführt, der tätliche Angriff der Schülerin sei so gewesen, wie von Dr. F in seinem H-Arztbericht vom 18. Juni 2004 und damit abweichend von ihrem eigenen Bericht vom 07. Mai 2004 beschrieben, hat das Sozialgericht sich auch damit auseinandergesetzt und ausgeführt, dass selbst ein Werfen von Tischen und Stühlen und Ziehen an den Haaren nicht vergleichbar ist mit den existentiell bedrohenden Ereignissen, die der Diagnose einer posttraumatische Belastungsstörung zugrunde liegen müssen. Im Übrigen hat das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Sachverständige Dr. B-G zwar einige Symptome des posttraumatischen Belastungssyndroms festgestellt hat, jedoch allein aus dem Vorliegen einiger Symptome nicht auf die Diagnose einer posttraumatische Belastungsstörung geschlossen werden kann, weil die Symptomatik dieser Erkrankung nicht spezifisch ist.
Der Gutachter Dr. M hat über die posttraumatische Belastungsstörung hinaus kein aktuell bestehendes Krankheitsbild feststellen können. Er hat ausgeführt, dass die Anpassungsstörung mit psychosomatischer- und Angstsymptomatik im ersten Quartal 2004 abgeklungen sei. Aus diesem Grund dürfte bei dem Sachverständigen die Diskussion einer Gelegenheitsursache nicht stattgefunden haben. Letztlich ist an dem Gutachten auch die Höhe der von ihm eingeschätzten MdE zu kritisieren. Diese orientiert sich fälschlicherweise an den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, die im Unfallversicherungsrecht keine Anwendung finden. Der Sachver-ständige hätte sich vielmehr an den unfallmedizinischen Erfahrungswerten orientieren müssen. Eine Abweichung davon hätte einer besonderen Begründung bedurft, die hier nicht erfolgt ist. Außerdem hat er die MdE ab Mai 2006 in nicht rentenberechtigender Höhe von 10 v. H. bewertet, so dass eine Verletztenrente auch nach seiner Beurteilung nicht in Betracht kommt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des am 28. April 2004 erlittenen Arbeitsunfalls.
Die 1947 geborene Klägerin erlitt am 28. April 2004 einen Arbeitsunfall, als ihr während ihrer Tätigkeit als pädagogische Unterrichtshilfe an der P-F-Schule, einem pädagogischen Förderzentrum zur Betreuung verhaltensgestörter mehrfach Behinderter, ein behindertes Kind beim Abräumen des Frühstückstischs ihr diesen mit dem davor stehenden Stuhl mit voller Wucht entgegen schob und dabei Knie und Oberschenkel links traf. Später warf dieses Kind mit einem Kassettenrecorder nach ihr, ohne sie jedoch zu treffen. Die Klägerin, die bereits seit Oktober 2001 wegen Anpassungs- und Somatisierungsstörungen sowie leichter depressiver Störungen immer wieder arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war und die mittlerweile eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bezieht, suchte am 30. April 2004 ihre Hausärztin, Frau S, auf, die die Klägerin wegen einer Prellung des Knies, einer akuten Belastungsreaktion, einer somatoformen Störung, nicht näher bezeichnet, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer Panikstörung zunächst bis zum 11. Dezember 2004 krank schrieb (Vorerkrankungsverzeichnis der BKK für Heilberufe vom 14. Februar 2005). Am 18. Juni 2004 begab sich die Klägerin erstmalig in die Behandlung des Orthopäden Dr. F, der bei ihr eine Knieprellung links diagnostizierte, sie jedoch als arbeitsfähig einschätzte und keinen weiteren Behandlungsbedarf sah (Durchgangsarztbericht vom 16. Juli 2004 und Zwischenbericht vom 23. Juli 2004). Am 10. Juni 2004 erstattete der Arbeitgeber der Klägerin eine Unfallanzeige und verwies auf eine ausführliche Schilderung des Unfallhergangs durch die Klägerin vom 07. Mai 2004. Am 16. August 2004 stellte die Klägerin außerdem einen formlosen Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Die Beklagte zog einen Zwischenbericht des Dr. F bei, der über eine erneute Vorstellung der Klägerin am 28. Oktober 2004 berichtete und der bis auf einen belastungsabhängigen Schmerz im Bereich des medialen Gelenkspaltes keine Auffälligkeiten finden konnte. Dieser Befund sei nicht mehr der Prellung von April 2004 zuzuschreiben, sondern eher der damals im Röntgenbild festgestellten initialen Arthrose im Bereich des medialen Gelenkkompartements. Die Beklagte holte außerdem eine ausführliche Auskunft von der Fachärztin für Allgemeinmedizin S vom 17. Dezember 2004 ein, wonach die Klägerin psychisch durch den Hergang sehr mitgenommen sei. Es bestehe eine Schockreaktion und eine psychische Belastung. Die Klägerin leide unter einer Anpassungsstörung, Panikattacken, Schlafstörungen und einer psychovegetativen Dysregulation. Es erfolge weiterhin eine Gesprächstherapie durch einen Psychiater. Arbeitsunfähigkeit bestehe bis auf Weiteres.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2004 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 28. April 2004 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung an. Die Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der Unfallfolgen habe zum 11. Juni 2004 geendet. Darüber hinaus bestünde Behandlungsbedürftigkeit allein wegen unfallfremder Gesundheitsstörungen. Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien nicht mehr gegeben. Das angeschuldigte Ereignis vom 28. April 2004 habe zu einer Prellung beider Kniegelenke geführt. Nach den medizinischen Erfahrungswerten betrage die Ausheilungszeit vier bis sechs Wochen. Es sei somit von einer Behandlungszeit bis zum 11. Juni 2004 auszugehen. Darüber hinaus habe keine Behandlungsbedürftigkeit wegen der Knieprellungen mehr bestanden. Diese habe auch keine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hinterlassen. Das Unfallereignis sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht geeignet gewesen, eine psychische Reaktion rechtlich wesentlich auszulösen bzw. hervorzurufen. Es liege kein adäquates Trauma vor. Auseinandersetzungen zwischen pädagogischen Hilfskräften/Erziehern und den Kindern gehörten zum Berufsbild. Ein Zusammenhang zwischen der Auseinandersetzung und der Erkrankung sei nicht rechtlich wesentlich erkennbar.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es sei die durch den Arbeitsunfall erlittene psychische Erkrankung nicht berücksichtigt worden, die zu einer über den 11. Juni 2004 hinaus dauernden Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Im Weiteren hat sich die Klägerin auf einen Bericht der Dipl.-Psych. K-M vom 10. Januar 2005 bezogen, bei der sich die Klägerin seit Oktober 2001 wegen erheblicher psychosomatischer und Angstsymptomatik in psychotherapeutischer Behandlung befand. Die Klägerin leide seit dem Angriff am 28. April 2004 unter extremen Panikattacken, Ängsten, Schlafstörungen, Magen-, Darm- und Herzrhythmusstörungen. Zu den sich wiederholenden Panikattacken und Ängsten seien inzwischen auch erhebliche existentielle Ängste eingetreten. Der Konflikt, krankgeschrieben zu sein, verbunden mit der Angst, den Beruf nicht mehr ausüben zu können, habe bei der Klägerin zu einem Gefühl der Hilflosigkeit geführt, das sie gleichzeitig handlungsunfähig mache. Die jetzt vorliegende Angstsymptomatik bedürfe dringend der weiteren therapeutischen Behandlung. Nach Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses der BKK für Heilberufe wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2005 zurück.
Dagegen hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie geltend gemacht hat, die Beklagte habe das Attest von Dipl.-Psych. K-M vom 10. Januar 2005 nicht zur Kenntnis genommen. Darin werde ihr bescheinigt, dass sie seit Dezember 2002 mit der Einschränkung, Förderunterricht in Einzelsituationen zu geben, in den beruflichen Alltag habe reintegriert werden können und insoweit Stabilisierung eingetreten sei, so dass sie auch dauerhaft wieder einsatzfähig gewesen sei. Dementsprechend hätte die Beklagte prüfen müssen, inwieweit das Unfallereignis nicht zumindest ein bestehendes Leiden wesentlich verschlimmert habe. Immerhin sei sie seit Ende 2002 über eineinhalb Jahre hinweg trotz der erheblichen beruflichen Stresssituation in der Lage gewesen, ihren Beruf auszuüben, ohne an den jetzt aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen und den hiermit verbundenen körperlichen Folgen erkrankt zu sein. Schließlich sei sie auch von der Schülerin sehr aggressiv angegriffen worden, so dass von einer alltäglichen Belastungssituation trotz des sehr belastenden Arbeitsumfelds nicht die Rede sein könne.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht einen Befundbericht von Frau K-M vom 10. September 2005 über ihre Behandlung bis April 2004 und von der Fachärztin für Psychiatrie – Psychotherapie – Dr. H vom 09. November 2005 eingeholt. Dann hat es die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B-G mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. Die Sachverständige ist in ihrem Gutachten vom 13. Januar 2006 zu der Feststellung gelangt, die Klägerin leide an Angst und depressiver Reaktion gemischt (ICD 10 F42.22) als Anpassungsstörung nach einem belastenden Lebensereignis sowie einer undifferenzierten Somatisierungsstörung (ICD 10 F45.1). Die von der Klägerin geklagten Beschwerden seien nicht erstmals am 28. April 2004 aufgetreten, vielmehr habe sie sich deshalb bereits ab dem Jahr 2001 in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung befunden. Diese Vorerkrankung der Klägerin sei so leicht ansprechbar gewesen, dass sie die conditio sine qua non der nachfolgenden Gesundheitsstörung darstelle und nicht das Ereignis selbst. Ohne die vorausgegangene Krankheitsgeschichte wäre keinesfalls das Auftreten psychischer Beschwerden nach dem Ereignis vom 28. April 2004 zu erwarten gewesen.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. M am 18. September 2006 ein weiteres Gutachten erstattet, in dem er bei der Klägerin einen Zustand nach Anpassungsstörung mit psychosomatischer- und Angstsymptomatik, abgeklungen im ersten Quartal 2004, und eine posttraumatische Belastungsstörung ab dem 28. April 2004 diagnostiziert hat. Die posttraumatische Belastungsstörung sei durch ein unfallunabhängiges Leiden wesentlich verschlimmert, aber nicht mit letzter Gewissheit ursächlich mitbedingt worden. Die durch die Unfallfolgen bedingte Arbeitsunfähigkeit ende im April 2006. Die posttraumatische Belastungsstörung entspreche einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit entsprechend den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht 2005, Punkt 26.3. Ab dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit betrage die MdE 10 v. H, bis zu diesem Zeitpunkt habe sie 30 bis 40 v. H. betragen.
In einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Oktober 2006 hat der Sachverständige Dr. M ausgeführt, es sei seines Erachtens irrelevant, ob die Erkrankung der Klägerin als posttraumatische Belastungsstörung, akzidentelle Neurose, Angstneurose, depressive Episode oder wie immer bezeichnet werde. Tatsache sei, dass sich ihre psychische Erkrankung bis 2004 soweit gebessert habe, dass sie ihre Arbeit wieder habe aufnehmen können und dass sie nach dem Vorfall im April 2004 erneut an Angstzuständen erkrankt sei, die wiederum eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich gemacht hätten. Seiner Auffassung nach bestehe ein mitursächlicher Zusammenhang zwischen dem Vorfall im April 2004 und der psychischen Erkrankung seit diesem Zeitpunkt. Zu Beginn müsse von einer akuten Belastungssituation gesprochen werden, die dann allmählich in eine chronische Belastungsstörung (posttraumatische Belastungsstörung) übergegangen sei, was nichts an der Tatsache ändere, dass die Klägerin unter einer angsthaften neurotischen Störung gelitten habe, die Arbeitsunfähigkeit bedingt habe. Seine Einschätzung der MdE beruhe auf den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht 2005. Aufgrund der Ausprägung der psychischen Störung gebe er jetzt eine MdE von 35 v. H. über den 10. Juni 2004 bei der Klägerin an. Die Frage, ob das zuvor bestehende Leiden verschlimmert worden oder eine Erkrankung neu aufgetreten sei, sei nicht eindeutig zu beantworten. Mit ausreichender Wahrscheinlichkeit sei nach seiner Auffassung eine neue Erkrankung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung, aufgetreten. Der diagnostische Zusammenhang der fraglichen Erkrankung erschließe sich allerdings schon aus der ICD-10-Klassifikation. Beide Erkrankungen, Anpassungsstörung und posttraumatische Belastungsstörung, würden unter dem Code F43 klassifiziert.
Mit Gerichtsbescheid vom 07. März 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen, die über den 11. Juni 2004 hinausgingen, denn die psychischen Gesundheitsstörungen seien nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 28. April 2004. Der erforderliche Zusammenhang für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls sei nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. B-G nicht gegeben. Nach diesem Gutachten bestünden bei der Klägerin Angst und depressive Reaktion gemischt und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung. Verursacht worden seien diese Erkrankungen nicht durch das angeschuldigte Unfallereignis, auch nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden seien nicht erstmals im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 28. April 2004 aufgetreten, denn sie werde seit dem Jahr 2001 wegen einer Anpassungsstörung und einer Reaktion auf schwere Belastungen behandelt. Diese vorangegangene Symptomatik scheine im Zeitpunkt der Vorgänge vom 28. April 2004 zwar nicht mehr vorgelegen zu haben, ohne diese vorausgegangene Krankheitsgeschichte sei aber keinesfalls das Auftreten psychischer Beschwerden nach dem angeschuldigten Ereignis zu erwarten gewesen, wie insbesondere das Missverhältnis der Gefährdung beim Geschehen vom 28. April 2004 zum Ausmaß der nachfolgenden Symptomatik zeige. Die Geschehnisse hätten keine in ihrer Eigenart unersetzliche Einwirkung dargestellt, um die aufgetretenen gesundheitlichen Folgen hervorzurufen. Vielmehr sei die Vorerkrankung der Klägerin so leicht ansprechbar gewesen, dass sie die conditio sine qua non der nachfolgenden Gesundheitsstörung gewesen sei. In einem solchen Fall sei der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden nicht gegeben. Gegenteiliges ergebe sich nicht aus den Befundberichten der Dipl-Psych. K-M und der Psychiaterin Dr. H. Allerdings stelle Dr. M eine derartige Verbindung her. In Übereinstimmung mit Dr. B-G gehe Dr. M vom Vorliegen von Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung im Anschluss an den Vorfall vom 28. April 2004 aus, wie das Auftreten wiederkehrender Erinnerungen an das als traumatisch bezeichnete Ereignis, sowie Verschlechterungen der gesundheitlichen Verfassung, die durch Erinnerungen an die Schule hervorgerufen würden und sich aufdrängenden und mit dem Geschehen verbundenen und angsthaft verstärkenden Gedanken. Auch hätten sich im von Dr. B-G durchgeführten Testungsverfahren "Impact of Event Scale (IES)" Hinweise für eine posttraumatische Belastungsstörung mäßiger Ausprägung gefunden. Allein aus dem Vorliegen der Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass ihnen eine Traumaerfahrung des Betroffenen im Sinne der posttraumatischen Belastungsstörung zugrunde liege, da die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung nicht spezifisch sei. Die Symptome könnten auch bei anderen Erkrankungen auftreten wie z. B. bei einer schweren depressiven Episode. Die Bedrohlichkeit des angeschuldigten Geschehens vom 28. April 2004 habe insbesondere unter Zugrundelegung des Berichts der Klägerin vom 07. Mai 2004 aber nicht die erforderliche Schwere erreicht, um die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nach dem ICD-10 F43.1 zu tragen. Denn danach entstehe die posttraumatische Belastungsstörung als eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes. Nach Dr. M hänge die Auslösung der Traumatisierung allerdings weniger von der Schwere oder der Art des Geschehens ab, sondern vielmehr von der momentanen konstitutionellen Empfänglichkeit des Betreffenden und dessen Fähigkeit zur Integration des Erlebten. Auch im wissenschaftlichen Schrifttum werde darauf aufmerksam gemacht, dass dem subjektiven Erleben des als traumatisch empfundenen Ereignisses eine größere Bedeutung beizumessen sei, als der objektiven Erheblichkeit der Belastung. Die Prädisposition des Einzelnen und seine innere Betroffenheit seien für die Entstehung der Erkrankung und ihre Ausprägung entscheidend. Die Beschreibungen der posttraumatischen Belastungsstörung im Diagnosemanual ICD-10 und im Diagnostischen und Statistischen Manual (DSM IV) verdeutlichten, dass die Diagnose der Erkrankung die objektive Erheblichkeit der Gefährdungslage voraussetze. Die Schwere der Gefährdung müsse dem von dem Be-troffenen empfundenen Ausmaß der Bedrohung entsprechen. Dies sei bei dem angeschuldigten Geschehen am 28. April 2004 auch ausgehend von den Feststellungen des Dr. M und den eigenen Schilderungen der Klägerin nicht der Fall gewesen. Dieses Geschehen sei kein belastendes Ereignis gewesen wie Kampfhandlungen, das Erleiden eines schweren Unfalls und der Umstand, Zeuge des gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterungen, Terrorismus, Vergewaltigung oder anderer Verbrechen geworden zu sein. Dr. B-G weise zutreffend auf das Missverhältnis der Gefährdung beim Geschehen vom 28. April 2004 zum Ausmaß der nachfolgenden Symptomatik hin. Dass die Klägerin von dem Mädchen geschlagen und getreten worden sei, wie dies von Dr. H in ihrem Befundbericht vermerkt sei, decke sich nicht mit dem Bericht der Klägerin vom 07. Mai 2004. Im Übrigen stehe für einen Erwachsenen die von Schlägen und Tritten eines 12-jährigen Mädchens ausgehende Gefährdungslage den o. g. Schädigungs- und Bedrohungslagen nicht gleich. Entgegen der Klagebegründung sei auch nicht ersichtlich, dass das Geschehen ein höheres Bedrohungspotential aufgewiesen habe, als soeben dargelegt. Die Darstellung in der Klageschrift, der Tisch sei nach der Klägerin geworfen oder geschleudert worden, widerspreche auch der Darstellung der Klägerin im Bericht vom 07. Mai 2004. Nichts anderes gelte für den Wurf mit dem Recorder, der die Klägerin nach ihren eigenen Bekundungen verfehlt habe. Entgegen der Annahme Dr. M sei es auch nicht irrelevant, ob die Erkrankung der Klägerin als posttraumatische Belastungssyndrom, akzidentelle Neurose, Angstneurose, depressive Episode oder wie auch immer bezeichnet werde. Die exakte Diagnose auf der Grundlage des ICD-10 sei erforderlich, weil die posttraumatische Belastungsstörung nicht wie andere Erkrankungen, vor allem körperliche Leiden, durch ein feststehendes Krankheitsbild definiert sei. Sie sei vielmehr Ausdruck des erreichten Erkenntnisstandes zu den Folgen von Traumatisierungen und deren Bewertung. Sofern nach dem Dafürhalten Dr. M bei der Klägerin eine andere psychische Störung bestehe, hätte er diese benennen müssen. Er hätte angeben müssen, nach welchen Kriterien er sie diagnostiziere und auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsache seine Diagnose fuße. Seine Folgerungen hätten anhand der vorgegebenen und erhobenen Befunde begründet werden müssen. Dies sei mit Ausnahme der vermeintlich bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung nicht geschehen. Der von ihm bei der Klägerin festgestellte Zustand nach Anpassungsstörung sei nach seinen eigenen Angaben im ersten Quartal 2004 abgeklungen, mithin bereits vor dem angeschuldigten Ereignis vom 28. April 2004, und scheide als dessen Folge aus.
Zur Begründung der gegen den Gerichtsbescheid eingelegten Berufung führt die Klägerin aus, die vom Sozialgericht indirekt angedeuteten Zweifel an ihrer Unfallschilderung seien unangebracht. Aus dem Bericht des Dr. F vom 18. Juni 2004 ergebe sich, dass sie beim Frühstück von einem Kind angegriffen und an den Haaren gezogen worden sei. Sie habe daraufhin den Tisch abgeräumt und das Kind habe Tische und Stühle auf sie geworfen. Tisch und Stuhl hätten sie am Knie getroffen. Ein Kassettenrecorder sei auch nach ihr geworfen worden. Das Gericht habe sich auch nicht mit der Kritik an der Gutachterin Dr. B-G auseinandergesetzt, denn diese habe sich die Auffassung der Beklagten zu eigen gemacht, wonach von einem Trauma dann nicht gesprochen werden könne, wenn Auseinandersetzungen zwischen pädagogischen Hilfskräften/Erziehern und den Kindern zum Berufsbild gehörten. Es sei auch nochmals darauf hinzuweisen, dass die Sachverständige selbst eingeräumt habe, der durchgeführte Impact of Event Scale habe durchaus Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung in mäßiger Ausprägung gegeben, obwohl sie dies im nächsten Satz wieder in Zweifel ziehe. Das starre Festhalten an der Definition eines Traumas, wie durch die Sachverständige vorgenommen, ignoriere einerseits die konkrete Situation, in der das Trauma zu beurteilen sei, darüber hinaus werde von der Sachverständigen die Berufserfahrung und –üblichkeit dazu genutzt, das Vorliegen eines Traumas zu relativieren. Die erheblich bedrohende Haltung eines aggressiven Kindes, welches Willens und in der Lage sei, Gegenstände zu werfen und den Betreffenden anzugreifen, sei für sich geeignet, ein Trauma hervorzurufen. Gerade nicht durch den Willen gesteuerte, krankhafte Verhaltensweisen würden ein hohes Gefährdungspotential bergen, da sie schwer einzuschätzen und auch von geschultem Personal nicht immer ohne weiteres beherrschbar seien. Dementsprechend sei es nur folgerichtig, wenn Dr. M ausführe, dass durchaus ein traumatisches Erlebnis i. S. der Definition eines Traumas im Zusammenhang mit der posttraumatische Belastungsstörung gegeben sei, da ein gewalttätiger Angriff auf ihre Person stattgefunden habe und dieser Angriff besonders schwer wiege, da sie sich allein mit dem angreifenden Mädchen befunden habe und keine Unterstützung durch andere Erzieherinnen zu erwarten gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2007 aufzuheben, den Bescheid vom 21. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2005 abzuändern und festzustellen, dass die bei ihr bestehenden psychischen Reaktionen wie Panikattacken, Schlaf- und Anpassungsstörungen Folge des am 28. April 2004 erlittenen Arbeitsunfalls sind, und die Beklagte zu verurteilen, ihr Verletztengeld und im Anschluss daran eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 35 v. H. bis Ende April 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin verkenne, dass für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung nach dem ICD-10 eine außergewöhnliche traumatische Bedrohung oder eine Situation katastrophalen Ausmaßes, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, vergleichbar mit Kampfhandlungen im Krieg, außerordentlichen Katastrophen, Folterungen o. ä. objektiv vorliegen müsse. An diesen objektiv notwendigen Voraussetzungen mangele es hier. Das Umwerfen eines Tisches und das Werfen des Kassettenrecorders durch die Schülerin stellten kein Ereignis im geforderten Ausmaß dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer psychischen Gesundheitsstörungen als Folge des Arbeitsunfalls vom 28. April 2004 sowie auf Gewährung von Verletztengeld über den 11. Juni 2004 hinaus und im Anschluss daran von Verletztenrente nach einer MdE von 35 v. H. bis Ende April 2006. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) wird Verletztengeld erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können. Die Gewährung einer Verletztenrente setzt nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraus, dass die Erwerbsfähigkeit der Versicherten infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.
Als Voraussetzung der Gewährung von Verletztengeld und Verletztenrente müssen die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die "hinreichende" Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die bloße Möglichkeit – ausreicht (Bundessozialgericht – BSG – in SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 n. w. N.). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterlicher Überzeugung gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).
Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid vom 21. Dezember 2004 ergibt, hat die Beklagte das Ereignis vom 28. April 2004 als Arbeitsunfall anerkannt. Dieser habe zu einer Prellung beider Kniegelenke geführt, deren Ausheilungszeit nach den medizinischen Erfahrungswerten vier bis sechs Wochen betrage. Deshalb bestehe über den 11. Juni 2004 keine Behandlungsbedürftigkeit mehr. Diesen Ausführungen hat die Klägerin nichts entgegengehalten. Auch der Senat hat unter Berücksichtigung des Zwischenberichts von Dr. F vom 02. November 2004 keine Bedenken, der Auffassung der Beklagten insoweit zu folgen. Die Klägerin hatte den Orthopäden Dr. F erstmals am 18. Juni 2004 aufgesucht, dieser sah keine Behandlungsbedürftigkeit und schätzte die Klägerin als arbeitsfähig ein.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen ist der Senat davon überzeugt, dass weitere Gesundheitsstörungen, insbesondere die von der Klägerin geklagten psychischen Gesundheitsstörungen, nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Versicherungsfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolgs, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Im Sozialrecht erfolgt diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung verschiedene Grundsätze herausgearbeitet. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu dersel-ben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung gegenüber einer Krankheitsanlage ein rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m. w. N.). Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an die generelle Geeignetheit einer ursachenorientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass bei der einzelfallbezogenen Bewertung nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden kann, aber nicht so, wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeteiligung am Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern. Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite sollte diese Feststellung nicht nur begründet sein, sondern aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (z. B. ICD-10, DSM-IV). Denn je genauer und je klarer die bei dem Versicherten bestehenden Gesundheitsstörungen bestimmt sind, umso einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen sowie letztlich die MdE zu bewerten. Begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts sind damit nicht ausgeschlossen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass ein Kausalzusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall oder einer seelischen Krankheit nur bejaht werden kann, wenn nach dem aktuellen medizinischen Erkenntnisstand ein Unfallereignis oder Unfallfolgen der in Rede stehenden Art allgemein geeignet sind, die betreffende Störung hervorzurufen (BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m. w. N.).
Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen des BSG ist der Senat davon überzeugt, dass die bei der Klägerin bestehenden psychischen Störungen nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall vom 28. April 2004 zurückzuführen sind. Der Senat gründet seine Überzeugung auf die nachvollziehbaren Feststellungen der Sachverständigen Dr. B-G in ihrem Gutachten vom 13. Januar 2006. Danach leidet die Klägerin an Angst und depressiver Reaktion gemischt (ICD 10 F43.22) und an einer undifferenzierten Somatisierungsstörung (ICD 10 F45.1), die nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.
Nach der Beurteilung durch die gerichtliche Sachverständige ist der Arbeitsunfall als Gelegenheitsursache und damit als nicht wesentliche Ursache ihrer psychischen Gesundheitsstörungen anzusehen. Zwar haben die o. g. Erkrankungen im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls nicht mehr Arbeitsunfähigkeit bedingt, es ist jedoch durch das Ereignis vom 28. April 2004 zu einem Auftreten der bekannten heterogenen Symptomatik, der Ängste, depressiven Verstimmung, den körperlichen Beschwerden, Schlafstörungen und Affektlabilität gekommen. Der Senat hat keine Bedenken, der Auffassung der Sachverständigen zu folgen, dass die Vorerkrankung der Klägerin so leicht ansprechbar gewesen sei, dass sie die wesentliche Ursache der nachfolgenden Gesundheitsstörung darstellt, nicht aber das Ereignis selbst. Es ist überzeugend, dass es ohne die vorausgegangene Krankheitsgeschichte keinesfalls zu dem Auftreten psychischer Beschwerden gekommen wäre. Dem steht der Einwand der Klägerin, sie sei nach dem Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung wieder voll in den beruflichen Alltag integriert worden, nicht entgegen. Denn die Klägerin berücksichtigt nicht, dass sie ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der BKK für Heilberufe seit dem Jahr 2001 an Anpassungsstörungen, somatoformen Störungen und depressiven Episoden unterschiedlichen Ausmaßes leidet und sich deshalb mehrfach einer Verhaltenstherapie unterzogen hat, zuletzt am 07. Juli 2003. Unmittelbar vor dem Arbeitsunfall war sie vom 23. Februar bis zum 17. März 2004 erneut wegen einer leichten depressiven Episode, Anpassungsstörungen und einer akuten Infektion der oberen Atemwege arbeitsunfähig krank. Das Krankheitsbild der Klägerin ist also geprägt von wiederkehrenden depressiven Episoden und psychischen Störungen. Es kann deshalb nicht von einer vollständigen Heilung ausgegangen werden, nur weil die Klägerin nach dem 17. März 2004 wieder arbeitsfähig gewesen ist. Gegen eine Ausheilung spricht zudem der eigene – wiederholte – Vortrag der Klägerin, aufgrund der Empfehlung ihrer behandelnden Ärztin wegen ihrer psychischen Erkrankung von dem als besonders belastend empfundenen Gruppenunterricht Anfang 2004 in die Einzelbetreuung umgesetzt worden zu sein. Die Sachverständige hat für ihre schlüssige Beurteilung außerdem nicht nur auf die langjährige Vorerkrankung abgestellt, sondern auch auf den Umstand, dass die Klägerin als ausgebildete Erzieherin mit heilpädagogischer Zusatzausbildung und langjähriger Berufserfahrung gelernt hat, mit aggressiven und schwer erziehbaren Kindern umzugehen, sowie auf das Missverhältnis zwischen dem Ereignis und dem Ausmaß der nachfolgenden Symptomatik.
Die Klägerin kann ihr Begehren nicht erfolgreich auf das Gutachten des Dr. M vom 18. September 2006 stützen. Die von ihm gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, die Grundlage seiner Kausalitätsdiskussion ist, ist bereits nicht nachvollziehbar, denn sie erfüllt nicht die Kriterien des ICD-10 F43.1. Danach wird die posttraumatische Belastungsstörung als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, beschrieben. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z. B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) über. Das Sozialgericht hat kenntnisreich, zutreffend und überzeugend sowie unter Bezugnahme auf die medizinische Fachliteratur dargelegt, dass der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung durch Dr. M nicht gefolgt werden kann. Eine exakte Diagnose ist aber, wie die oben zitierte Rechtsprechung zeigt, nicht überflüssig. Der Senat folgt den erstinstanzlichen Ausführungen und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Soweit die Klägerin ausführt, der tätliche Angriff der Schülerin sei so gewesen, wie von Dr. F in seinem H-Arztbericht vom 18. Juni 2004 und damit abweichend von ihrem eigenen Bericht vom 07. Mai 2004 beschrieben, hat das Sozialgericht sich auch damit auseinandergesetzt und ausgeführt, dass selbst ein Werfen von Tischen und Stühlen und Ziehen an den Haaren nicht vergleichbar ist mit den existentiell bedrohenden Ereignissen, die der Diagnose einer posttraumatische Belastungsstörung zugrunde liegen müssen. Im Übrigen hat das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Sachverständige Dr. B-G zwar einige Symptome des posttraumatischen Belastungssyndroms festgestellt hat, jedoch allein aus dem Vorliegen einiger Symptome nicht auf die Diagnose einer posttraumatische Belastungsstörung geschlossen werden kann, weil die Symptomatik dieser Erkrankung nicht spezifisch ist.
Der Gutachter Dr. M hat über die posttraumatische Belastungsstörung hinaus kein aktuell bestehendes Krankheitsbild feststellen können. Er hat ausgeführt, dass die Anpassungsstörung mit psychosomatischer- und Angstsymptomatik im ersten Quartal 2004 abgeklungen sei. Aus diesem Grund dürfte bei dem Sachverständigen die Diskussion einer Gelegenheitsursache nicht stattgefunden haben. Letztlich ist an dem Gutachten auch die Höhe der von ihm eingeschätzten MdE zu kritisieren. Diese orientiert sich fälschlicherweise an den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, die im Unfallversicherungsrecht keine Anwendung finden. Der Sachver-ständige hätte sich vielmehr an den unfallmedizinischen Erfahrungswerten orientieren müssen. Eine Abweichung davon hätte einer besonderen Begründung bedurft, die hier nicht erfolgt ist. Außerdem hat er die MdE ab Mai 2006 in nicht rentenberechtigender Höhe von 10 v. H. bewertet, so dass eine Verletztenrente auch nach seiner Beurteilung nicht in Betracht kommt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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