L 11 B 308/08 SB ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 41 SB 2802/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 B 308/08 SB ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde vom 16. September 2008 gegen den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2008 ist zulässig aber unbegründet, da das Sozialgericht es zu Recht abgelehnt hat, dem Antragsteller im Verfahren auf Gewährung Einstweiligen Rechtschutzes die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen "G", "B" und "RF" zuzuerkennen.

Nach § 86 b Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine Einstweilige Anordnung erlassen, wenn ein Anordnungsanspruch (im Hinblick auf das materiell geltend gemachte Recht) und ein Anordnungsgrund (im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit) glaubhaft gemacht sind (§ 86 b Absatz 2 Satz 4 SGG).

Vorliegend hat das Sozialgericht mit der von ihm gegebenen Begründung zu Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen der begehrten Merkzeichen nicht glaubhaft gemacht sind. Zutreffend hat es ausgeführt, dass es zur Klärung der Voraussetzungen im Hauptsacheverfahren der Durchführung medizinischer Ermittlungen bedarf und der Ausgang des Klageverfahrens insoweit nur als offen bezeichnet werden kann. Dem folgt der Senat ohne Einschränkungen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 142 Absatz 2 Satz 3 SGG).

Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Die Einstweilige Anordnung wird erlassen, wenn es dem Antragsteller unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die Einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellte, dass der Anspruch bestehe, und auf der anderen Seite die Nachteile, die entstünden, wenn das Gericht die Einstweilige Anordnung erließe, sich im Hauptsacheverfahren aber herausstellte, dass der Anspruch nicht bestehe. Dabei sind in die Interessenabwägung die Intensität der drohenden Verletzung von Rechten einzubeziehen, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, ggf. eintretende unbillige Härten sowie die Mitverantwortung des Antragstellers für die entstandene Situation (vgl. zum Ganzen: Keller, in Meyer-Ladewig/Keller//Leitherer, SGG, Kommentar 9. Auflage § 86 b, Rn 29 a).

Als Ergebnis dieser Interessenabwägung ist festzustellen, dass die Zuerkennung der begehrten Merkzeichen im Rahmen eines Einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht in Betracht kommt. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, hat der Antragsteller nicht im Ansatz dargelegt, welche wesentlichen Nachteile ihm entstünden, wenn er die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten müsse. Die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile genügen zu Begründung derartiger schwerer und unzumutbarer Nachteile nicht (Keller a. a. O., Rn. 29 a, m. w. N.).

Darüber hinaus überwiegen die dem Antragsgegner gegebenenfalls entstehenden Nachteile, wenn dem Antragsteller die begehrten Merkzeichen vorläufig zuerkannt werden würden, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellte, dass kein Anspruch auf diese bestanden habe. Denn in diesem Fall ist es dem Antragsgegner praktisch nicht möglich, die mit der vorläufigen Gewährung verbundenen Vorteile rückgängig zu machen. Dies zeigen mit besonderer Deutlichkeit die Folgen, die mit der Zuerkennung des Merkzeichens "B" verbunden sind. Denn die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson nach § 145 Absatz 2 Nummer 1 Sozialgesetzbuch/9. Buch (SGB IX) in Verbindung mit § 146 Absatz 2 SGB IX lässt sich, einmal in Anspruch genommen, nicht rückgängig machen. Aber auch soweit mit der Zuerkennung der Merkzeichen lediglich geldwerte Vorteile in Anspruch genommen werden können, begegnet die Rückabwicklung im vorliegenden Fall erheblichen Bedenken, da der Antragsteller aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Regel nicht in der Lage sein wird, Geldbeträge zu erstatten.

Weiter war zu berücksichtigen, dass der Antragsteller selbst das Hauptsacheverfahren verzögert, indem er dem Sozialgericht die von diesem für nötig gehaltenen Informationen nicht gegeben hat. Darauf hat die Vorsitzende mit Scheiben vom 21. November 2008 zu Recht hingewiesen. Soweit der Antragsteller dieses Schreiben als Drohung missversteht, verkennt er die gesetzlichen Voraussetzungen, die zur Zuerkennung eines Anspruchs führen können. Hält der Antragsteller die vom Sozialgericht begehrten Informationen nicht für erforderlich, um über den Anspruch entscheiden zu können, so hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die aus einer nur eingeschränkten Beurteilungsgrundlage ergebenden Nachteile nach den Regeln der Feststellungslast zu Lasten des Antragstellers gingen. Dies ist nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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