Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 84 KR 849/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 55/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 3.146,88 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kostenerstattung für eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation.
Die am 1942 geborene Versicherte C S - V. - ist sowohl bei der Klägerin als auch bei der Beklagten Mitglied.
Am 15. März 2006 beantragte die V. bei der Klägerin Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Sie gab diesen Antrag beim Service-Zentrum der Beklagten in K ab, am 29. März 2006 ging er bei der Beklagten ein. Beigefügt war ein Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. B. Nachdem ein Mitarbeiter der Klägerin bei der V. telefonisch nachgefragt hatte, ob ein Rentenantrag vorliege und diese dies wahrheitsgemäß verneint hatte, gewährte die Klägerin mit Bescheid vom 6. Juli 2006 die begehrte Maßnahme. Durch einen Telefonvermerk ihrer Leistungsabteilung erlangte die Reha-Abteilung der Klägerin am 26. Juni 2006 Kenntnis davon, dass die V. am 22. Juni 2006 Altersrente für Schwerbehinderte mit Rentenbeginn am 1. August 2006 beantragt hatte.
Die Maßnahme wurde vom 28. Juni 2006 bis zum 26. Juli 2006 durchgeführt.
Noch während der Maßnahme, am 12. Juli 2006, meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch gemäß § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX - an, den diese am 22. Februar 2007 ablehnte, da ein Erstattungsanspruch weder aus § 14 Abs. 4 SGB IX noch aus einer anderen Rechtsgrundlage hergeleitet werden könne. Die Klägerin sei erstangegangener und nicht zweitangegangener Rehabilitationsträger.
Mit der am 8. März 2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Sie hat dies damit begründet, § 14 Abs. 4 SGB IX sei entsprechend anzuwenden, wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger nach den ihm vorliegenden Angaben und Unterlagen von seiner Zuständigkeit ausgehen konnte, sich im weiteren Verlauf des Verfahrens und aufgrund neuer Erkenntnisse jedoch die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträger herausstelle.
Die Beklagte ist dem mit der Auffassung entgegengetreten, § 14 Abs. 4 SGB IX gelte nur für den zweitangegangenen Leistungsträger und für eine entsprechende Anwendung für den erstangegangenen sei kein Raum, so dass nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX auch ein Erstattungsanspruch nach § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - ausscheide.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 6. Juni 2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 4 SGB IX gelte dieser nicht für den erstangegangenen Leistungsträger. Für eine entsprechende Anwendung gebe es keine Veranlassung, da keine Gesetzeslücke vorliege. Denn wie sich aus der amtlichen Begründung zu dem Gesetzentwurf ergebe, habe der Gesetzgeber diese Norm ausdrücklich nur für zweitangegangene Leistungsträger eröffnen wollen.
Das Sozialgericht hat die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ausgeschlossene Berufung nicht zugelassen.
Gegen das der Beklagten am 26. Juni 2007 zugestellte Urteil hat diese am 24. Juli 2007 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Januar 2008 die Berufung zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
Die Klägerin hat unter Hinweis auf die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - die Auffassung vertreten, § 14 Abs. 4 SGB IX schließe allenfalls Erstattungsansprüche nach § 105 SGB X, nicht jedoch nach §§ 103 und 104 SGB X aus, so dass ein Erstattungsanspruch danach bestünde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juni 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3 146,88 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und den hier vorliegenden Sachverhalt von der neueren Rechtsprechung des BSG nicht für erfasst.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Reha-Akte der Klägerin verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Über die zulässige Berufung konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem solchen Verfahren erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen.
§ 14 Abs. 4 SGB IX schließt zwar Erstattungsansprüche der Klägerin im vorliegenden Falle nach § 102 ff. SGB X nicht aus. § 105 SGB X ist einschlägig. Die Beklagte schuldet jedoch keine Erstattung, weil sie der V. gegenüber nicht gemäß § 40 Abs. 1, Abs. 2 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) verpflichtet gewesen wäre, medizinische Rehabilitation zu leisten.
§ 14 Abs. 4 SGG IX lässt die Erstattungsregelungen des § 102 ff SGB X grundsätzlich unberührt. Die Vorschrift verdrängt sie nur teilweise und begründet im Zusammenspiel mit § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX eine nachrangige Zuständigkeit (so zutreffend BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 34/06 R -, Randnummer 10; dem folgend BSG, Urteil vom 28. November 2007 - B 11 a AL 29/06 R -). Mit § 14 SGB IX soll nur im Außenverhältnis (behinderter Mensch gegenüber Rehabilitationsträger) rasch die Leistungspflicht festgestellt werden. Bliebe es auch im (Innen-) Verhältnis der Rehabilitationsträger untereinander bei der Zuständigkeitsverteilung nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX, würden die Zuständigkeitsnormen außerhalb des SGB IX im Wesentlichen obsolet. Die damit einhergehende Lastenverschiebung ohne Ausgleich würde die Grundlagen des gegliederten Sozialsystems in Frage stellen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, Randnummer 12 ff. 14). Auch die Erstattungsansprüche müssen dem Primärzweck des § 14 SGB IX dienen, der schnellen Zuständigkeitsklärung im Außenverhältnis. Es darf kein Anreiz geschaffen werden, zur Wahrung potentieller Erstattungsansprüche Rehabilitationsanträge - mit der Folge einer vermeidbaren Verzögerung - an einen anderen Träger weiterzuleiten, der sich als zweitangegangener Rehabilitationsträger gegen seine Zuständigkeit im Außenverhältnis nicht wehren kann. § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB IX trägt deshalb speziell der Sondersituation des zweitangegangenen Rehabilitations-trägers Rechnung und begründet lediglich für diesen einen speziellen Erstattungsanspruch (so zutreffend BSG, a.a.O. Rdnr. 15 ff.). Das normale System der Erstattungsansprüche nach § 102 ff. SGB X privilegierte den vorläufig leistenden Leistungsträger nach § 102 SGB X in der Rechtsfolge (Erstattungsumfang und Rangfolge gegenüber dem Leistungsträger), dessen Leistungsverpflichtung nachtäglich entfallen sei (§ 103 SGB X), gegenüber dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger (§ 104 SGB X) und dem unzuständigen Leistungsträger (§ 105 SGB X). § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX verschaffe dem zweitangegangenen Rehabilitationsträger Ansprüche wie einem vorläufig leistenden Leistungsträger. Hingegen stehe dem erstangegangenen Rehabilitationsträger der privilegierte Erstattungsanspruch aus § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB IX grundsätzlich nicht zu (BSG, a.a.O. Randnummer 21). Er sei nämlich nicht in gleicher Weise schutzwürdig. Er sei nämlich nicht einer aufgedrängten Zuständigkeit aus § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX ausgesetzt. Prüfe ein erstangegangener Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nicht und missachte das Weiterleitungsgebot des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX bestätige § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX den Ausschluss jeglicher Erstattung (BSG, a.a.O. Randnummer 25). Eine solche Konstellation hat hier jedoch nicht vorgelegen. Die Klägerin hat ihre Zuständigkeit im maßgeblichen Zeitraum vierzehn Tage ab Antragseingang geprüft und zutreffend bejaht.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die V. weder eine Rente wegen Alters von wenigstens zwei Drittel der Vollrente beantragt, geschweige denn bezogen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Sie hat auch nicht eine Leistung bezogen, die regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 a SGB VI). Schließlich hat auch nicht der weitere - von der Klägerin selbst angenommene, sich nicht direkt aus § 12 SGB VI ergebende - Leistungsausschlussgrund des sicheren Ausscheidens aus dem Erwerbsleben in wenigen Monaten vorgelegen. Die Leistungsvoraussetzung ist damit nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erst mit Stellung des Antrages vom 22. Juni 2006 entfallen.
Ein Erstattungsanspruch kann sich nicht aus § 103 SGB X ergeben. Nach dieser Vorschrift kann Erstattung verlangt werden, wenn Sozialleistungen erbracht werden und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist. Zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung allerdings war der Anspruch - wie soeben ausgeführt - bereits entfallen. Es fehlt demnach an der Nachträglichkeit. Dem kann die Klägerin nicht die Bestandskraft des Reha-Bewilligungsbescheides entgegenhalten. Sie hätte die Bewilligung trotz des sehr engen zeitlichen Abstandes zwischen Kenntnisnahme vom Wegfall der Anspruchsvoraussetzung und Beginn der Maßnahme nämlich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X noch rechtzeitig aufheben können. Der Bewilligungsbescheid ist ein Dauerverwaltungsakt im Sinne dieser Vorschrift. Ein solcher liegt vor, wenn ein Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft sondern rechtliche Wirkungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe beziehungsweise Bindungswirkung hinaus entfaltet (so Kassler Kommentar-Steinwedel § 45 SGB X, Randnummer 19 mit Bezug auf BSGE 88, 172, 174). Kennzeichnend ist für Dauerverwaltungsakte, dass ihre Voraussetzungen nicht nur im Zeitpunkt ihres Erlasses, sondern während der gesamten Wirksamkeit vorliegen müssen, wie dies regelmäßig bei Bescheiden über laufende Geldleistungen der Fall ist (Kassler Kommentar-Steinwedel a.a.O. Randnummer 19). Dies trifft auf Reha-Bewilligungsbescheide zu (ebenso speziell für Reha-Maßnahmenbewilligung BSG SozR 1300 § 48 Nr. 1 S. 4).
Der Erstattungsanspruch kann sich deshalb allenfalls aus § 105 SGB X - Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers - ergeben. Die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 sind erfüllt. Ein unzuständiger Leistungsträger (die Klägerin) hat Sozialleistungen (Rehabilitationsleistungen) nicht nur vorläufig erbracht. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich allerdings gemäß § 105 Abs. 2 SGB X "nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften". Der letztendlich verpflichtete Leistungsträger muss nämlich dem unzuständigen Leistungsträger nicht mehr erstatten, als er selbst bei sofortiger zutreffender Feststellung des Anspruches an den Leistungsberechtigten hätte leisten müssen. Die Beklagte ist als gesetzliche Krankenkasse zu Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aber nur verpflichtet, wenn bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 11 Abs. 2 SGB V). Zu stationärer medizinischer Rehabilitation ist sie noch weitergehend nur verpflichtet, wenn ambulante Rehabilitations-leistungen nicht ausreichen (§ 40 Abs. 2 SGB V). Hier steht zur Überzeugung des Senatsauch ohne weitere Aufklärung beziehungsweise Beweiserhebung fest, dass jedenfalls eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich gewesen ist. Darüber hinaus hätten die in der Kurklinik laut Entlassungsbericht vom 27. Juli 2006 in Anspruch genommenen Therapien (Massagen, Bäder, Ernährungsberatung, Entspannungstraining u. a.) allesamt im Rahmen ambulanter Krankenbehandlung durchgeführt werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kostenerstattung für eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation.
Die am 1942 geborene Versicherte C S - V. - ist sowohl bei der Klägerin als auch bei der Beklagten Mitglied.
Am 15. März 2006 beantragte die V. bei der Klägerin Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Sie gab diesen Antrag beim Service-Zentrum der Beklagten in K ab, am 29. März 2006 ging er bei der Beklagten ein. Beigefügt war ein Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. B. Nachdem ein Mitarbeiter der Klägerin bei der V. telefonisch nachgefragt hatte, ob ein Rentenantrag vorliege und diese dies wahrheitsgemäß verneint hatte, gewährte die Klägerin mit Bescheid vom 6. Juli 2006 die begehrte Maßnahme. Durch einen Telefonvermerk ihrer Leistungsabteilung erlangte die Reha-Abteilung der Klägerin am 26. Juni 2006 Kenntnis davon, dass die V. am 22. Juni 2006 Altersrente für Schwerbehinderte mit Rentenbeginn am 1. August 2006 beantragt hatte.
Die Maßnahme wurde vom 28. Juni 2006 bis zum 26. Juli 2006 durchgeführt.
Noch während der Maßnahme, am 12. Juli 2006, meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch gemäß § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX - an, den diese am 22. Februar 2007 ablehnte, da ein Erstattungsanspruch weder aus § 14 Abs. 4 SGB IX noch aus einer anderen Rechtsgrundlage hergeleitet werden könne. Die Klägerin sei erstangegangener und nicht zweitangegangener Rehabilitationsträger.
Mit der am 8. März 2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Sie hat dies damit begründet, § 14 Abs. 4 SGB IX sei entsprechend anzuwenden, wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger nach den ihm vorliegenden Angaben und Unterlagen von seiner Zuständigkeit ausgehen konnte, sich im weiteren Verlauf des Verfahrens und aufgrund neuer Erkenntnisse jedoch die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträger herausstelle.
Die Beklagte ist dem mit der Auffassung entgegengetreten, § 14 Abs. 4 SGB IX gelte nur für den zweitangegangenen Leistungsträger und für eine entsprechende Anwendung für den erstangegangenen sei kein Raum, so dass nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX auch ein Erstattungsanspruch nach § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - ausscheide.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 6. Juni 2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 4 SGB IX gelte dieser nicht für den erstangegangenen Leistungsträger. Für eine entsprechende Anwendung gebe es keine Veranlassung, da keine Gesetzeslücke vorliege. Denn wie sich aus der amtlichen Begründung zu dem Gesetzentwurf ergebe, habe der Gesetzgeber diese Norm ausdrücklich nur für zweitangegangene Leistungsträger eröffnen wollen.
Das Sozialgericht hat die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ausgeschlossene Berufung nicht zugelassen.
Gegen das der Beklagten am 26. Juni 2007 zugestellte Urteil hat diese am 24. Juli 2007 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Januar 2008 die Berufung zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
Die Klägerin hat unter Hinweis auf die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - die Auffassung vertreten, § 14 Abs. 4 SGB IX schließe allenfalls Erstattungsansprüche nach § 105 SGB X, nicht jedoch nach §§ 103 und 104 SGB X aus, so dass ein Erstattungsanspruch danach bestünde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juni 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3 146,88 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und den hier vorliegenden Sachverhalt von der neueren Rechtsprechung des BSG nicht für erfasst.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Reha-Akte der Klägerin verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Über die zulässige Berufung konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem solchen Verfahren erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen.
§ 14 Abs. 4 SGB IX schließt zwar Erstattungsansprüche der Klägerin im vorliegenden Falle nach § 102 ff. SGB X nicht aus. § 105 SGB X ist einschlägig. Die Beklagte schuldet jedoch keine Erstattung, weil sie der V. gegenüber nicht gemäß § 40 Abs. 1, Abs. 2 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) verpflichtet gewesen wäre, medizinische Rehabilitation zu leisten.
§ 14 Abs. 4 SGG IX lässt die Erstattungsregelungen des § 102 ff SGB X grundsätzlich unberührt. Die Vorschrift verdrängt sie nur teilweise und begründet im Zusammenspiel mit § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX eine nachrangige Zuständigkeit (so zutreffend BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 34/06 R -, Randnummer 10; dem folgend BSG, Urteil vom 28. November 2007 - B 11 a AL 29/06 R -). Mit § 14 SGB IX soll nur im Außenverhältnis (behinderter Mensch gegenüber Rehabilitationsträger) rasch die Leistungspflicht festgestellt werden. Bliebe es auch im (Innen-) Verhältnis der Rehabilitationsträger untereinander bei der Zuständigkeitsverteilung nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX, würden die Zuständigkeitsnormen außerhalb des SGB IX im Wesentlichen obsolet. Die damit einhergehende Lastenverschiebung ohne Ausgleich würde die Grundlagen des gegliederten Sozialsystems in Frage stellen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, Randnummer 12 ff. 14). Auch die Erstattungsansprüche müssen dem Primärzweck des § 14 SGB IX dienen, der schnellen Zuständigkeitsklärung im Außenverhältnis. Es darf kein Anreiz geschaffen werden, zur Wahrung potentieller Erstattungsansprüche Rehabilitationsanträge - mit der Folge einer vermeidbaren Verzögerung - an einen anderen Träger weiterzuleiten, der sich als zweitangegangener Rehabilitationsträger gegen seine Zuständigkeit im Außenverhältnis nicht wehren kann. § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB IX trägt deshalb speziell der Sondersituation des zweitangegangenen Rehabilitations-trägers Rechnung und begründet lediglich für diesen einen speziellen Erstattungsanspruch (so zutreffend BSG, a.a.O. Rdnr. 15 ff.). Das normale System der Erstattungsansprüche nach § 102 ff. SGB X privilegierte den vorläufig leistenden Leistungsträger nach § 102 SGB X in der Rechtsfolge (Erstattungsumfang und Rangfolge gegenüber dem Leistungsträger), dessen Leistungsverpflichtung nachtäglich entfallen sei (§ 103 SGB X), gegenüber dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger (§ 104 SGB X) und dem unzuständigen Leistungsträger (§ 105 SGB X). § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX verschaffe dem zweitangegangenen Rehabilitationsträger Ansprüche wie einem vorläufig leistenden Leistungsträger. Hingegen stehe dem erstangegangenen Rehabilitationsträger der privilegierte Erstattungsanspruch aus § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB IX grundsätzlich nicht zu (BSG, a.a.O. Randnummer 21). Er sei nämlich nicht in gleicher Weise schutzwürdig. Er sei nämlich nicht einer aufgedrängten Zuständigkeit aus § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX ausgesetzt. Prüfe ein erstangegangener Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nicht und missachte das Weiterleitungsgebot des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX bestätige § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX den Ausschluss jeglicher Erstattung (BSG, a.a.O. Randnummer 25). Eine solche Konstellation hat hier jedoch nicht vorgelegen. Die Klägerin hat ihre Zuständigkeit im maßgeblichen Zeitraum vierzehn Tage ab Antragseingang geprüft und zutreffend bejaht.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die V. weder eine Rente wegen Alters von wenigstens zwei Drittel der Vollrente beantragt, geschweige denn bezogen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Sie hat auch nicht eine Leistung bezogen, die regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 a SGB VI). Schließlich hat auch nicht der weitere - von der Klägerin selbst angenommene, sich nicht direkt aus § 12 SGB VI ergebende - Leistungsausschlussgrund des sicheren Ausscheidens aus dem Erwerbsleben in wenigen Monaten vorgelegen. Die Leistungsvoraussetzung ist damit nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erst mit Stellung des Antrages vom 22. Juni 2006 entfallen.
Ein Erstattungsanspruch kann sich nicht aus § 103 SGB X ergeben. Nach dieser Vorschrift kann Erstattung verlangt werden, wenn Sozialleistungen erbracht werden und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist. Zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung allerdings war der Anspruch - wie soeben ausgeführt - bereits entfallen. Es fehlt demnach an der Nachträglichkeit. Dem kann die Klägerin nicht die Bestandskraft des Reha-Bewilligungsbescheides entgegenhalten. Sie hätte die Bewilligung trotz des sehr engen zeitlichen Abstandes zwischen Kenntnisnahme vom Wegfall der Anspruchsvoraussetzung und Beginn der Maßnahme nämlich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X noch rechtzeitig aufheben können. Der Bewilligungsbescheid ist ein Dauerverwaltungsakt im Sinne dieser Vorschrift. Ein solcher liegt vor, wenn ein Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft sondern rechtliche Wirkungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe beziehungsweise Bindungswirkung hinaus entfaltet (so Kassler Kommentar-Steinwedel § 45 SGB X, Randnummer 19 mit Bezug auf BSGE 88, 172, 174). Kennzeichnend ist für Dauerverwaltungsakte, dass ihre Voraussetzungen nicht nur im Zeitpunkt ihres Erlasses, sondern während der gesamten Wirksamkeit vorliegen müssen, wie dies regelmäßig bei Bescheiden über laufende Geldleistungen der Fall ist (Kassler Kommentar-Steinwedel a.a.O. Randnummer 19). Dies trifft auf Reha-Bewilligungsbescheide zu (ebenso speziell für Reha-Maßnahmenbewilligung BSG SozR 1300 § 48 Nr. 1 S. 4).
Der Erstattungsanspruch kann sich deshalb allenfalls aus § 105 SGB X - Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers - ergeben. Die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 sind erfüllt. Ein unzuständiger Leistungsträger (die Klägerin) hat Sozialleistungen (Rehabilitationsleistungen) nicht nur vorläufig erbracht. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich allerdings gemäß § 105 Abs. 2 SGB X "nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften". Der letztendlich verpflichtete Leistungsträger muss nämlich dem unzuständigen Leistungsträger nicht mehr erstatten, als er selbst bei sofortiger zutreffender Feststellung des Anspruches an den Leistungsberechtigten hätte leisten müssen. Die Beklagte ist als gesetzliche Krankenkasse zu Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aber nur verpflichtet, wenn bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 11 Abs. 2 SGB V). Zu stationärer medizinischer Rehabilitation ist sie noch weitergehend nur verpflichtet, wenn ambulante Rehabilitations-leistungen nicht ausreichen (§ 40 Abs. 2 SGB V). Hier steht zur Überzeugung des Senatsauch ohne weitere Aufklärung beziehungsweise Beweiserhebung fest, dass jedenfalls eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich gewesen ist. Darüber hinaus hätten die in der Kurklinik laut Entlassungsbericht vom 27. Juli 2006 in Anspruch genommenen Therapien (Massagen, Bäder, Ernährungsberatung, Entspannungstraining u. a.) allesamt im Rahmen ambulanter Krankenbehandlung durchgeführt werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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