Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AS 579/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1598/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf ihre Beschwerde wird der Klägerin unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. Juni 2008 für das erstinstanzliche Verfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R Z gewährt. Beträge aus dem Vermögen oder Raten sind nicht zu zahlen. Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. Juni 2008 ist nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Auch ist sie begründet. Das Sozialgericht beurteilt die Sach- und Rechtslage nicht zutreffend. Es hätte der sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 01. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2008 wendenden Klägerin Prozesskostenhilfe nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) für das Klageverfahren gewähren müssen.
Als Bezieherin von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ist die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Auch erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht zumindest auf einen Teilerfolg.
Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Sache treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Sache fern liegend ist (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 - zitiert nach juris, Rn. 26). Letzteres aber ist hier entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Neuruppin nicht der Fall.
Nachdem der Beklagte der seit August 2006 im Leistungsbezug stehenden Klägerin mit Bescheid vom 11./12. Januar 2007 in der Gestalt des Bescheides vom 16. Juli 2007 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 01. Februar bis zum 30. Juni 2007 in Höhe von monatlich 607,80 EUR (Regelleistung: 345,00 EUR, Kosten der Unterkunft: 262,80 EUR) sowie für Juli 2007 in Höhe von 609,80 EUR gewährt hatte, hob er die Leistungsbewilligung mit Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 01. August 2007 gestützt auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches für Juni 2007 teilweise auf und forderte 90,81 EUR zurück. Zur Begründung berief er sich darauf, dass die Klägerin am 15. Mai 2007 von ihrem Stromversorger ein Guthaben in Höhe von 120,81 EUR gutgeschrieben bekommen habe, das er bereinigt um die Versicherungspauschale als Einkommen angerechnet habe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2008 zurück und betonte, dass es sich bei der Energiegutschrift um Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II handele, da mit der monatlichen Vorauszahlung an den Energieversorger der jeweilige Geldbetrag nicht mehr im Vermögensstamm vorhanden gewesen sei. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben.
Soweit das Sozialgericht in seinem Beschluss vom 16. Juni 2008 die Abweisung des Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe im Wesentlichen damit begründet hat, dass der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zukomme, da Betriebskostenrückerstattungen als Einkommen zu klassifizieren seien und für erstattete Energiekosten nichts anderes gelte könne, geht dies fehl. Abgesehen davon, dass das Gericht auf jegliche Auseinandersetzung mit den - vom Prozessbevollmächtigten zu den Akten gereichten - Durchführungsanweisungen der Bundesagentur bzgl. der (zu unterlassenden) Anrechnung einer Energiekostenerstattung als Einkommen verzichtet, übersieht es, dass zwischen einer Betriebskostenerstattung und einer Erstattung von Energievorauszahlungen ein entscheidender Unterschied besteht. Denn während Betriebskostenvorauszahlungen aus den - bis zur Grenze der Angemessenheit bedarfsabhängig zu erbringenden - Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bezahlen sind, hat der Hilfebedürftige die Vorauszahlungen an seinen Energielieferanten aus seiner ihm pauschaliert gewährten Regelleistung zu erbringen. Dieser Regelsatz steht ihm unabhängig davon zu, ob bei ihm ein Bedarf an den eingeflossenen Positionen besteht oder nicht. Die Vorgehensweise des Beklagten führt hingegen faktisch zu einer nachträglichen Kürzung des Regelsatzes. Es spricht daher vorliegend sehr viel dafür, dass die Erstattung der Energiekosten jedenfalls insoweit nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, wie sie aus Zahlungen resultiert, die die Klägerin während des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II aus dem Regelsatz bestritten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. Juni 2008 ist nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Auch ist sie begründet. Das Sozialgericht beurteilt die Sach- und Rechtslage nicht zutreffend. Es hätte der sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 01. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2008 wendenden Klägerin Prozesskostenhilfe nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) für das Klageverfahren gewähren müssen.
Als Bezieherin von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ist die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Auch erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht zumindest auf einen Teilerfolg.
Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Sache treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Sache fern liegend ist (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 - zitiert nach juris, Rn. 26). Letzteres aber ist hier entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Neuruppin nicht der Fall.
Nachdem der Beklagte der seit August 2006 im Leistungsbezug stehenden Klägerin mit Bescheid vom 11./12. Januar 2007 in der Gestalt des Bescheides vom 16. Juli 2007 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 01. Februar bis zum 30. Juni 2007 in Höhe von monatlich 607,80 EUR (Regelleistung: 345,00 EUR, Kosten der Unterkunft: 262,80 EUR) sowie für Juli 2007 in Höhe von 609,80 EUR gewährt hatte, hob er die Leistungsbewilligung mit Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 01. August 2007 gestützt auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches für Juni 2007 teilweise auf und forderte 90,81 EUR zurück. Zur Begründung berief er sich darauf, dass die Klägerin am 15. Mai 2007 von ihrem Stromversorger ein Guthaben in Höhe von 120,81 EUR gutgeschrieben bekommen habe, das er bereinigt um die Versicherungspauschale als Einkommen angerechnet habe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2008 zurück und betonte, dass es sich bei der Energiegutschrift um Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II handele, da mit der monatlichen Vorauszahlung an den Energieversorger der jeweilige Geldbetrag nicht mehr im Vermögensstamm vorhanden gewesen sei. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben.
Soweit das Sozialgericht in seinem Beschluss vom 16. Juni 2008 die Abweisung des Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe im Wesentlichen damit begründet hat, dass der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zukomme, da Betriebskostenrückerstattungen als Einkommen zu klassifizieren seien und für erstattete Energiekosten nichts anderes gelte könne, geht dies fehl. Abgesehen davon, dass das Gericht auf jegliche Auseinandersetzung mit den - vom Prozessbevollmächtigten zu den Akten gereichten - Durchführungsanweisungen der Bundesagentur bzgl. der (zu unterlassenden) Anrechnung einer Energiekostenerstattung als Einkommen verzichtet, übersieht es, dass zwischen einer Betriebskostenerstattung und einer Erstattung von Energievorauszahlungen ein entscheidender Unterschied besteht. Denn während Betriebskostenvorauszahlungen aus den - bis zur Grenze der Angemessenheit bedarfsabhängig zu erbringenden - Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bezahlen sind, hat der Hilfebedürftige die Vorauszahlungen an seinen Energielieferanten aus seiner ihm pauschaliert gewährten Regelleistung zu erbringen. Dieser Regelsatz steht ihm unabhängig davon zu, ob bei ihm ein Bedarf an den eingeflossenen Positionen besteht oder nicht. Die Vorgehensweise des Beklagten führt hingegen faktisch zu einer nachträglichen Kürzung des Regelsatzes. Es spricht daher vorliegend sehr viel dafür, dass die Erstattung der Energiekosten jedenfalls insoweit nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, wie sie aus Zahlungen resultiert, die die Klägerin während des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II aus dem Regelsatz bestritten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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