L 10 AS 545/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 13 AS 145/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 545/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. Februar 2009 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerden können keinen Erfolg haben.

Das Aktivrubrum war von Amts wegen zu berichtigen. Antragsteller und Beschwerdeführer des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist nämlich von Anfang nicht nur die bisher allein nach außen in Erscheinung getretene Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 1 (im Folgenden: Antragstellerin zu 1), sondern auch ihr am geborener Sohn, der Antragsteller und Beschwerdeführer zu 2 (im Folgenden Antragsteller zu 2), mit dem sie eine Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 1 iVm Abs 3 Nr 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bildet. Grund für die "Einbeziehung" aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (vgl hierzu: Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 11 ) ist zum einen, dass es keinen materiell-rechtlichen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft als solcher, sondern nur Individualansprüche ihrer Mitglieder gibt, zum anderen die Regelung des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II, wonach jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt, wenn nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist (BSG, aaO, RdNr 12; vgl zur Berechnung des Individualanspruchs, BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 55/07 R, juris), mithin nur individuell zu ermittelnde anteilige Individualansprüche existieren (vgl aber BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 64/07 R, juris RdNr 11 zu Ausnahmen von diesem Grundsatz im Rahmen von Sonderbedarfen). Es ist daher das Vorgehen sämtlicher Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erforderlich, wenn dieser Personenmehrheit (in der Summe) weitergehende Ansprüche zustehen können als dem einzelnen Hilfebedürftigen. So liegt hier der Fall. In der Sache geht es nämlich im Rahmen der Ansprüche auf Arbeitslosengeld (Alg) II der Antragstellerin zu 1 und des Anspruchs auf Sozialgeld des Antragstellers zu 2 um höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II , denn Kosten der Einzugsrenovierung gehören zu den Leistungen, die im Rahmen dieser Norm grundsätzlich berücksichtigungsfähig sind (vgl Urteil des BSG vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 49/07 R, juris RdNr 25). Die Beschränkung des Streitgegenstandes auf höhere Leistungen für KdU ist auch zulässig, da es sich um einen von den Regelleistungen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 8/06 R, juris RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 18 ff; ausdrücklich offen gelassen in BSG, Urteil vom 23. November 2006, B 11b AS 9/06 R, juris RdNr 17 = SozR 4-4300 § 428 Nr 3 juris RdNr 17). Nur wenn alle geltend gemachten (anteiligen) Individualansprüche der Antragsteller bestehen, kann der Antragsgegner zur Übernahme der hier in Rede stehenden über die bereits mit Bescheid vom 26. Januar 2009 bewilligten Leistungen für Tapeten, Farben, Malerset, Schere, Rolle und Tapezierbürste iHv 122,19 Euro hinausgehenden einmaligen Kosten der Einzugsrenovierung verpflichtet sein. Obwohl das SG in seinem Beschlussrubrum nur die Antragstellerin zu 1 aufgeführt hat, ist der Beschluss nach seinem Inhalt so auszulegen, dass das SG nicht nur den Erlass einer Eilentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 1, sondern auch zugunsten des Antragstellers zu 2 abgelehnt hat (vgl BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 26).

Nach § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz; im Beschwerdeverfahren kommt es demnach auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an.

Für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung ist bereits deshalb kein Raum, weil es an einem Anordnungsgrund fehlt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass den Antragstellern ohne eine Eilentscheidung wesentliche Nachteile drohen und es ihnen infolgedessen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anhaltspunkte für das Bestehen einer existenziellen Notlage, die im Fehlen von Mitteln zur Sicherung des physischen Existenzminimums oder in drohender Wohnungslosigkeit zu erblicken wären, sind weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich. Die Antragsteller haben nach Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 04. Februar 2009 die neue Wohnung am 10. Februar 2009 bezogen. Bei der vom Antragsgegner veranlassten Wohnungsbegehung am 18. Februar 2009 wurde festgestellt, dass die Decken der komplett eingerichteten Wohnung, nicht jedoch die Wände tapeziert waren. Dieser Zustand begründet keine existentielle Notlage, da eine fehlende Nutzungsmöglichkeit bzw Unbewohnbarkeit der Wohnung damit nicht einmal in Ansätzen verbunden ist. Die Klärung der Frage, ob im vorliegenden Fall die geltend gemachten Kosten einer Einzugsrenovierung durch eine Fachfirma zu den angemessenen Kosten der Unterkunft zählen, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Im Hinblick darauf, dass aus den zuvor genannten Gründen vor dem SG die Rechtsverfolgung der Antragsteller ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von §§ 73 a SGG, 114 Abs 1 Satz 1 ZPO war bzw ist, ist die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das SG im angefochtenen Beschluss vom 20. Februar 2009 nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung; im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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