Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 19 AS 3730/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 186/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 31. Dezember 2008 wird geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 01. Juli 2008 gegen den Bescheid vom 23. Mai 2008 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin die für den Zeitraum vom 01. Juni bis 31. Dezember 2008 bewilligten Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts unter Anrechnung des an sie in diesem Zeitraum geleisteten Wohngeldes auszuzahlen. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 31. Dezember 2008 ist gemäß § 172 Abs 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Auf den Antrag der Antragstellerin vom 04. September 2008 war die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2008 anzuordnen.
Das nach § 123 SGG auszulegende Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzusehen, da die Voraussetzungen dieser Form der Rechtschutzgewährung vorliegen, die gegenüber einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 SGG vorrangig ist.
Nach § 86 b Abs 1 Nr 2 SGG kann in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise angeordnet werden. Das Rechtschutzziel der Antragstellerin besteht darin, auch für die Zeit vom 01. Juni 2008 bis zum 31. Dezember 2008 Arbeitslosengeld II (Alg II) in der ihr ursprünglich mit Bescheid vom 09. Januar 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Mai 2008 ua für den Leistungszeitraum vom 01. Juni bis 30. Juni 2008 und mit Bewilligungsbescheid vom 21. Mai 2008 für den Leistungszeitraum vom 01. Juli bis 31. Dezember 2008 bewilligten Höhe zu beziehen; sie begehrt damit (ausschließlich) vorläufig von der belastenden Wirkung des Bescheides vom 23. Mai 2003 verschont zu werden. Es liegt – und damit ist der Weg nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG eröffnet - ein wirksam erhobener und noch nicht beschiedener Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Mai 2008 vor, dem kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 39 Nr 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) iVm § 86a Abs 2 Nr 4 SGG). Die Antragstellerin hat sich bei ihrer persönlichen Vorsprache am 01. Juli 2008 gegen die Aufhebungsentscheidung vom 23. Mai 2008 gewandt. Darin ist entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ein Widerspruch und nicht ein Antrag auf Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) insbesondere deshalb zu sehen, weil davon auszugehen ist, dass die einmonatige Widerspruchsfrist des § 84 Abs 1 SGG am 01. Juli 2008 noch nicht abgelaufen war (dazu sogleich), denn bei noch offener Widerspruchsfrist verdient die Auslegung erhobener Einwände als Widerspruch den Vorzug, weil es sich um den unmittelbaren, gesetzlich vorgesehenen Weg zu einer vollinhaltlichen Kontrolle der beanstandeten Entscheidung handelt. Es ist von einem formgerechten Widerspruch auszugehen. Zwar schreibt § 84 Abs 1 S 1 SGG vor, dass ein Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen ist, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Dem Formerfordernis wird indes auch genügt, wenn über mündlich erhobene Einwände ein schriftlicher Vermerk oder eine amtliche Notiz angefertigt wurde (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl § 84 RdNr 3a ff). Im vorliegenden Fall findet sich eine schriftliche Bestätigung mündlich erhobener Einwände in dem Bescheid vom 07. Juli 2008, so dass von einem formgerechten Widerspruch auszugehen ist, über den die Antragsgegnerin noch nicht entschieden hat. Die nicht einheitlich beantwortete Frage, ob die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur bei einem zulässigen Widerspruch angeordnet werden kann (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl RdNr 646ff), braucht hier nicht entschieden werden. Nach den belegbaren Tatsachen und dem Vortrag der Antragstellerin ist von einem fristgerechten Widerspruch auszugehen. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass ihr der Bescheid erst am 02. Juni 2008 zugegangen sei; ein früherer Zugang ist weder bewiesen noch von der Antragstellerin behauptet, der insofern die materielle Beweislast obliegt (vgl Bundessozialgericht (BSG) - B 8/9b SO 12/06 R, juris RdNr 11).
Ob die aufschiebende Wirkung nach § 86 Abs 1 Nr 2 SGG ganz oder teilweise anzuordnen ist, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, RdNr 197 ff). Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht (Beschluss des Senats vom 12. Mai 2006 - L 10 B 191/06 AS ER -, abrufbar unter: www.sozialgerichtsbarkeit.de). An diesen Grundsätzen gemessen war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die angefochtene Entscheidung der Antragsgegnerin anzuordnen.
Die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides und damit die Erfolgsaussicht richtet sich hier nach § 40 Abs 1 SGB II iVm § 45 SGB X, da der Bewilligungsbescheid vom 09. Januar 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Mai 2008 und der Bewilligungsbescheid vom 21. Mai 2008 bei Bekanntgabe rechtswidrig waren. Dies ergibt sich, wie die Antragsgegnerin zutreffend angenommen hat, aus dem Umstand, dass die Antragstellerin als Auszubildende nach der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II derzeit von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff SGB II) ausgeschlossen ist. Nach dieser Bestimmung haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen der §§ 60 bis 62 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dies gilt auch dann, wenn die Ausbildung nach den Vorschriften des SGB III im konkreten Fall wegen individueller Ablehnungsgründe nicht gefördert werden kann, weil es sich - wie vorliegend - um eine Zweitausbildung des Hilfebedürftigen handelt, die im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidungen noch nicht gefördert werden konnte (s hierzu auch BSG, Urteil vom 06. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R, juris).Die Antragstellerin absolviert seit September 2007 eine Berufsausbildung zur Fleischereifachverkäuferin. Dabei handelt es sich – wie das SG Potsdam zu Recht ausführt – um eine nach § 60 Abs 1 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung.
Nach § 45 Abs 1 SGB X steht die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes – auch eines solchen mit Dauerwirkung – nach Beachtung der Vertrauensschutzgrundsätze des § 45 Abs 2 SGB X im Ermessen der Behörde. Nach § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf seinen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, wobei § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X Regelbeispiele des Vertrauensschutzes und Satz 3 die Tatbestände benennt, bei deren Vorliegen sich der Begünstigte jedenfalls nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Nach § 45 Abs 4 kommt ein Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 in Betracht.
Der Bescheid vom 23. Mai 2008, bezüglich dessen ein Zugang vor dem 2. Juni 2008 nicht festgestellt werden kann, hebt die der Antragstellerin bewilligten Leistungen mit Wirkung vom 01. Juni 2008 auf. Da die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II monatlich im Voraus erbracht werden (§ 41 Abs 1 S 4 SGB II), nimmt der Aufhebungsbescheid für den Monat Juni 2008 Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Für eine solche nur nach § 45 Abs 4 SGB X zulässige Aufhebung für die Vergangenheit fehlen die Voraussetzungen, da ein Fall der Bösgläubigkeit nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X (die anderen Tatbestände scheiden ohnehin aus), der einen Vertrauensschutz ausschließen könnte, offensichtlich nicht vorliegt.
Soweit die mit Bescheid vom 21. Mai 2008 für Leistungszeiträume ab 01. Juli 2008 bewilligten Leistungen aufgehoben werden, ist diese Entscheidung nur an § 45 Abs 2 SGB X zu messen. Hier sind weder Vertrauensschutz begründende (Satz 2 – in Betracht käme nur die Vermögensdisposition aufgrund des Bewilligungsbescheides) noch nach Satz 3 den Vertrauensschutz ausschließende Sachverhalte ersichtlich. Die im Rahmen von § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X abzuwägenden Gesamtumstände sind im Ergebnis nicht im Sinne eines Vertrauensschutzes zu Gunsten der Antragstellerin zu würdigen. Zwar wird man annehmen können, dass die Antragstellerin auf den Bestand des Bewilligungsbescheides vertraut hat, da dies zu vermuten ist, solange keine das Gegenteil nahe liegenden Gesichtspunkte erkennbar sind (BSG, Urteil vom 05. November 1997 – 9 RV 20/96, SozR 3-1300 § 45 Nr 37 RdNr 20), dem steht indes die das Gewicht des öffentlichen Interesses steigernden Aspekte gegenüber, dass es um die Aufhebung einer Dauerleistung geht, wobei die Gewährung gemäß dem aufgehobenen Bescheid noch nicht in Vollzug gesetzt war (dazu BSG aaO RdNr 18,21).
Dennoch ist die Aufhebungsentscheidung auch insoweit nicht rechtmäßig, denn die notwendige Ermessensausübung genügt den rechtlichen Vorgaben nicht. Dazu bedarf es keiner abschließenden Erwägungen dazu, wie sich im Einzelnen die Vertrauensschutzbegründung die Ermessensausübung zueinander verhalten, insbesondere, inwieweit Sachverhaltselemente in beiden Zusammenhängen gewürdigt werden können (dazu Kasseler Kommentar – Steinwedel § 45 SGB X RdNr 46, 53). Ausreichend ist es insoweit festzuhalten, dass das Rücknahmeermessen nicht (im Sinne einer Rücknahmepflicht) auf Null geschrumpft ist und das Berücksichtigung der Verantwortlichkeit für die Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheides nicht ausgeschlossen ist (BSG aaO RdNr 22, Kasseler Kommentar – Steinwedel aaO RdNr 47, 54; zurückhaltend BSG, Urteil vom 21. Juni 2001 – B 7 AL 6/00 R, juris, RdNr 27). Zur Ermessensausübung ergibt sich folgendes Bild: Die Antragsgegnerin war sich bewusst, dass die Aufhebungsentscheidung in ihrem Ermessen steht und hat dies ausweislich des Aufhebungsbescheides ausgeübt; ein Ermessensnichtgebrauch liegt damit nicht vor. Gleichfalls ist keine Ermessensüberschreitung gegeben, da die Aufhebung als Rechtsfolge der Ermessensausübung in § 45 SGB X vorgesehen ist. Allerdings weist die Ermessensentscheidung Abwägungsdefizite in erheblichem Umfang auf, weil Verursachungsgesichtspunkte gänzlich unerwähnt geblieben sind. Der mit dem Widerspruch angefochtenen Aufhebungsentscheidung kann nicht entnommen werden, dass sich die Antragsgegnerin im Rahmen der in ihrem pflichtgemäßen Ermessen stehenden Entscheidung damit auseinandergesetzt hat, dass die Gewährung von Leistungen auf einem Verwaltungsfehler beruht. Ein etwaiges (Mit-)Verschulden hat die Behörde im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung indes zu berücksichtigen (vgl BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 2). Die Antragsgegnerin hatte bereits die Aufnahme der strittigen Ausbildung mit einer Einstiegsqualifizierung sieben Monate lang gefördert hat. Dabei ist - ausweislich des übermittelten Vermittlungsvorganges (Bl 83 dA) - der Berufsberatungsbereich der Antragsgegnerin vor Beginn der Ausbildung von einer weiteren Leistungsberechtigung der Antragstellerin nach dem SGB II ausgegangen und hat die Antragstellerin auch entsprechend beraten. Die Antragsgegnerin hatte der Antragstellerin dann in Kenntnis aller Umstände seit September 2007 (rechtswidrig) laufend Leistungen (zuletzt noch zwei Tage vor Fertigung des Aufhebungsbescheides) bewilligt. Bei der Ausübung des Ermessens hätte die Antragsgegnerin in ihre Ermessensüberlegungen einstellen müssen, dass sie die Aufnahme der (zweiten) Ausbildung und damit umfängliche nicht nur finanzielle Dispositionen der Antragstellerin (mit-)veranlasst und sie darüber hinaus Bewilligungsentscheidungen über einen Zeitraum von sechzehn Monate getroffen hatte, damit für einen Zeitraum, der selbst einen so wesentlichen Teil der Ausbildung umfasst, dass deren Abbruch nicht mehr ohne weiteres zumutbar erscheint.
Da die Ermessenserwägungen bereits aus dem soeben genannten Grund unzureichend sind, muss nicht abschließend geprüft werden, ob es ein weiteres Ermessensdefizit darstellt, dass auch Überlegungen zu einer möglichen Leistungserbringung nach § 7 Abs 5 SGB II fehlen, was im Ergebnis wohl nur angenommen werden könnte, wenn ein solcher Anspruch begründet ist und auch dann voraussetzen würde, dass die nur als Darlehen mögliche Gewährung von Härteleistungen als hilfsweise beantragt war und als Minus (nicht als Aliud) zur Bewilligung der Leistung als Zuschuss angesehen würde (vgl BSG, Urteil vom 31. März 1992 – 9b RAr 17/90 unter Hinweis auf SozR 3-1300 § 44 Nr 1). Immerhin bleibt festzuhalten, dass bei Anwendung der Härteregelung des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II dem bereits in § 1 Abs 1 Satz 2 SGB II verankerten Ziel der Grundsicherung, die erwerbstätigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen, hinreichend Rechnung getragen werden soll (s hierzu BSG, Urteil vom 06. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R). Der Zielsetzung des "Förderns" entspricht es auch, arbeitsmarktbezogene Aspekte bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Härte zuzulassen. Ein besonderer Härtefall kann vorliegen, wenn nur eine nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähige Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (BSG, Urteil vom 06. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R und B 14/7b AS 28/06 R sowie BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 28/07). Die "Erwerbszentriertheit" des SGB II erfordert eine Auslegung der Härteregelung des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II, die der Zielsetzung einer möglichst dauerhaften Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit Rechnung trägt. Nach dieser Fallgruppe kommt die darlehensweise Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht, wenn die Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt und der Berufsabschluss nicht auf andere Weise - insbesondere durch eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung (§ 16 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm §§ 77 ff SGB III) - erreichbar ist. Eine solche Frage hat sich die Antragsgegnerin offenkundig nicht gestellt. Bei der Prüfung dieser Frage hätte dann auch ermittelt werden können, ob nicht unter Berücksichtigung der bereits abgeschlossenen Berufsausbildung als Kauffrau im Einzelhandel und der Einstiegsqualifizierung eine Lehrzeitverkürzung in Betracht gekommen wäre, so dass sich die noch abzuleistende Ausbildungszeit entsprechend verkürzt hätte. Dies ist insbesondere auch deshalb von Bedeutung, weil die weit fortgeschrittene Ausbildung, bei der eine zuvor begründet gewesene Finanzierung ausfällt, ebenfalls als Härtetatbestand in Betracht kommt (vgl BSG, Urteil vom 06. September 2007 – B 14/7b AS 36/06 R).
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist eilbedürftig. Der Senat sieht dazu keine weitere Begründungsnotwendigkeit, da die iSv § 9 Abs 1 SGB II hilfebedürftige Antragstellerin derzeit neben dem Wohngeld und ihrer Ausbildungsvergütung nicht über bedarfsdeckende Geldmittel verfügt und wegen Mietrückständen von Räumung bedroht ist.
Bei der Vollzugsfolgenbeseitigung war zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin nach Aufhebung der Bewilligungsbescheide über Alg II-Leistungen Wohngeld bewilligt und ausgezahlt worden ist. Bezieher von Alg II Leistungen sind indes nach § 7 Abs 1 Nr 1 Wohngeldgesetz vom Wohngeld ausgeschlossen, ein kumulativer Leistungsbezug ist nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund muss auch im Falle der Vollzugsfolgenbeseitigung davon ausgegangen werden, dass eine "Doppelförderung" nicht der gesetzlichen Wertung entspricht und die an die Antragstellerin noch auszuzahlenden Leistungen daher um die in diesem Zeitraum zugeflossenen Wohngeldzahlungen zu vermindern sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG. Der Antragstellerin war für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen (vgl § 73 a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 121 Abs 2 Zivilprozessordnung). Denn aufgrund der Kostenentscheidungen ist die Antragstellerin in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung aufzubringen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 31. Dezember 2008 ist gemäß § 172 Abs 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Auf den Antrag der Antragstellerin vom 04. September 2008 war die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2008 anzuordnen.
Das nach § 123 SGG auszulegende Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzusehen, da die Voraussetzungen dieser Form der Rechtschutzgewährung vorliegen, die gegenüber einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 SGG vorrangig ist.
Nach § 86 b Abs 1 Nr 2 SGG kann in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise angeordnet werden. Das Rechtschutzziel der Antragstellerin besteht darin, auch für die Zeit vom 01. Juni 2008 bis zum 31. Dezember 2008 Arbeitslosengeld II (Alg II) in der ihr ursprünglich mit Bescheid vom 09. Januar 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Mai 2008 ua für den Leistungszeitraum vom 01. Juni bis 30. Juni 2008 und mit Bewilligungsbescheid vom 21. Mai 2008 für den Leistungszeitraum vom 01. Juli bis 31. Dezember 2008 bewilligten Höhe zu beziehen; sie begehrt damit (ausschließlich) vorläufig von der belastenden Wirkung des Bescheides vom 23. Mai 2003 verschont zu werden. Es liegt – und damit ist der Weg nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG eröffnet - ein wirksam erhobener und noch nicht beschiedener Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Mai 2008 vor, dem kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 39 Nr 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) iVm § 86a Abs 2 Nr 4 SGG). Die Antragstellerin hat sich bei ihrer persönlichen Vorsprache am 01. Juli 2008 gegen die Aufhebungsentscheidung vom 23. Mai 2008 gewandt. Darin ist entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ein Widerspruch und nicht ein Antrag auf Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) insbesondere deshalb zu sehen, weil davon auszugehen ist, dass die einmonatige Widerspruchsfrist des § 84 Abs 1 SGG am 01. Juli 2008 noch nicht abgelaufen war (dazu sogleich), denn bei noch offener Widerspruchsfrist verdient die Auslegung erhobener Einwände als Widerspruch den Vorzug, weil es sich um den unmittelbaren, gesetzlich vorgesehenen Weg zu einer vollinhaltlichen Kontrolle der beanstandeten Entscheidung handelt. Es ist von einem formgerechten Widerspruch auszugehen. Zwar schreibt § 84 Abs 1 S 1 SGG vor, dass ein Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen ist, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Dem Formerfordernis wird indes auch genügt, wenn über mündlich erhobene Einwände ein schriftlicher Vermerk oder eine amtliche Notiz angefertigt wurde (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl § 84 RdNr 3a ff). Im vorliegenden Fall findet sich eine schriftliche Bestätigung mündlich erhobener Einwände in dem Bescheid vom 07. Juli 2008, so dass von einem formgerechten Widerspruch auszugehen ist, über den die Antragsgegnerin noch nicht entschieden hat. Die nicht einheitlich beantwortete Frage, ob die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur bei einem zulässigen Widerspruch angeordnet werden kann (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl RdNr 646ff), braucht hier nicht entschieden werden. Nach den belegbaren Tatsachen und dem Vortrag der Antragstellerin ist von einem fristgerechten Widerspruch auszugehen. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass ihr der Bescheid erst am 02. Juni 2008 zugegangen sei; ein früherer Zugang ist weder bewiesen noch von der Antragstellerin behauptet, der insofern die materielle Beweislast obliegt (vgl Bundessozialgericht (BSG) - B 8/9b SO 12/06 R, juris RdNr 11).
Ob die aufschiebende Wirkung nach § 86 Abs 1 Nr 2 SGG ganz oder teilweise anzuordnen ist, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, RdNr 197 ff). Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht (Beschluss des Senats vom 12. Mai 2006 - L 10 B 191/06 AS ER -, abrufbar unter: www.sozialgerichtsbarkeit.de). An diesen Grundsätzen gemessen war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die angefochtene Entscheidung der Antragsgegnerin anzuordnen.
Die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides und damit die Erfolgsaussicht richtet sich hier nach § 40 Abs 1 SGB II iVm § 45 SGB X, da der Bewilligungsbescheid vom 09. Januar 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Mai 2008 und der Bewilligungsbescheid vom 21. Mai 2008 bei Bekanntgabe rechtswidrig waren. Dies ergibt sich, wie die Antragsgegnerin zutreffend angenommen hat, aus dem Umstand, dass die Antragstellerin als Auszubildende nach der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II derzeit von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff SGB II) ausgeschlossen ist. Nach dieser Bestimmung haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen der §§ 60 bis 62 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dies gilt auch dann, wenn die Ausbildung nach den Vorschriften des SGB III im konkreten Fall wegen individueller Ablehnungsgründe nicht gefördert werden kann, weil es sich - wie vorliegend - um eine Zweitausbildung des Hilfebedürftigen handelt, die im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidungen noch nicht gefördert werden konnte (s hierzu auch BSG, Urteil vom 06. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R, juris).Die Antragstellerin absolviert seit September 2007 eine Berufsausbildung zur Fleischereifachverkäuferin. Dabei handelt es sich – wie das SG Potsdam zu Recht ausführt – um eine nach § 60 Abs 1 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung.
Nach § 45 Abs 1 SGB X steht die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes – auch eines solchen mit Dauerwirkung – nach Beachtung der Vertrauensschutzgrundsätze des § 45 Abs 2 SGB X im Ermessen der Behörde. Nach § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf seinen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, wobei § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X Regelbeispiele des Vertrauensschutzes und Satz 3 die Tatbestände benennt, bei deren Vorliegen sich der Begünstigte jedenfalls nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Nach § 45 Abs 4 kommt ein Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 in Betracht.
Der Bescheid vom 23. Mai 2008, bezüglich dessen ein Zugang vor dem 2. Juni 2008 nicht festgestellt werden kann, hebt die der Antragstellerin bewilligten Leistungen mit Wirkung vom 01. Juni 2008 auf. Da die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II monatlich im Voraus erbracht werden (§ 41 Abs 1 S 4 SGB II), nimmt der Aufhebungsbescheid für den Monat Juni 2008 Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Für eine solche nur nach § 45 Abs 4 SGB X zulässige Aufhebung für die Vergangenheit fehlen die Voraussetzungen, da ein Fall der Bösgläubigkeit nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X (die anderen Tatbestände scheiden ohnehin aus), der einen Vertrauensschutz ausschließen könnte, offensichtlich nicht vorliegt.
Soweit die mit Bescheid vom 21. Mai 2008 für Leistungszeiträume ab 01. Juli 2008 bewilligten Leistungen aufgehoben werden, ist diese Entscheidung nur an § 45 Abs 2 SGB X zu messen. Hier sind weder Vertrauensschutz begründende (Satz 2 – in Betracht käme nur die Vermögensdisposition aufgrund des Bewilligungsbescheides) noch nach Satz 3 den Vertrauensschutz ausschließende Sachverhalte ersichtlich. Die im Rahmen von § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X abzuwägenden Gesamtumstände sind im Ergebnis nicht im Sinne eines Vertrauensschutzes zu Gunsten der Antragstellerin zu würdigen. Zwar wird man annehmen können, dass die Antragstellerin auf den Bestand des Bewilligungsbescheides vertraut hat, da dies zu vermuten ist, solange keine das Gegenteil nahe liegenden Gesichtspunkte erkennbar sind (BSG, Urteil vom 05. November 1997 – 9 RV 20/96, SozR 3-1300 § 45 Nr 37 RdNr 20), dem steht indes die das Gewicht des öffentlichen Interesses steigernden Aspekte gegenüber, dass es um die Aufhebung einer Dauerleistung geht, wobei die Gewährung gemäß dem aufgehobenen Bescheid noch nicht in Vollzug gesetzt war (dazu BSG aaO RdNr 18,21).
Dennoch ist die Aufhebungsentscheidung auch insoweit nicht rechtmäßig, denn die notwendige Ermessensausübung genügt den rechtlichen Vorgaben nicht. Dazu bedarf es keiner abschließenden Erwägungen dazu, wie sich im Einzelnen die Vertrauensschutzbegründung die Ermessensausübung zueinander verhalten, insbesondere, inwieweit Sachverhaltselemente in beiden Zusammenhängen gewürdigt werden können (dazu Kasseler Kommentar – Steinwedel § 45 SGB X RdNr 46, 53). Ausreichend ist es insoweit festzuhalten, dass das Rücknahmeermessen nicht (im Sinne einer Rücknahmepflicht) auf Null geschrumpft ist und das Berücksichtigung der Verantwortlichkeit für die Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheides nicht ausgeschlossen ist (BSG aaO RdNr 22, Kasseler Kommentar – Steinwedel aaO RdNr 47, 54; zurückhaltend BSG, Urteil vom 21. Juni 2001 – B 7 AL 6/00 R, juris, RdNr 27). Zur Ermessensausübung ergibt sich folgendes Bild: Die Antragsgegnerin war sich bewusst, dass die Aufhebungsentscheidung in ihrem Ermessen steht und hat dies ausweislich des Aufhebungsbescheides ausgeübt; ein Ermessensnichtgebrauch liegt damit nicht vor. Gleichfalls ist keine Ermessensüberschreitung gegeben, da die Aufhebung als Rechtsfolge der Ermessensausübung in § 45 SGB X vorgesehen ist. Allerdings weist die Ermessensentscheidung Abwägungsdefizite in erheblichem Umfang auf, weil Verursachungsgesichtspunkte gänzlich unerwähnt geblieben sind. Der mit dem Widerspruch angefochtenen Aufhebungsentscheidung kann nicht entnommen werden, dass sich die Antragsgegnerin im Rahmen der in ihrem pflichtgemäßen Ermessen stehenden Entscheidung damit auseinandergesetzt hat, dass die Gewährung von Leistungen auf einem Verwaltungsfehler beruht. Ein etwaiges (Mit-)Verschulden hat die Behörde im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung indes zu berücksichtigen (vgl BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 2). Die Antragsgegnerin hatte bereits die Aufnahme der strittigen Ausbildung mit einer Einstiegsqualifizierung sieben Monate lang gefördert hat. Dabei ist - ausweislich des übermittelten Vermittlungsvorganges (Bl 83 dA) - der Berufsberatungsbereich der Antragsgegnerin vor Beginn der Ausbildung von einer weiteren Leistungsberechtigung der Antragstellerin nach dem SGB II ausgegangen und hat die Antragstellerin auch entsprechend beraten. Die Antragsgegnerin hatte der Antragstellerin dann in Kenntnis aller Umstände seit September 2007 (rechtswidrig) laufend Leistungen (zuletzt noch zwei Tage vor Fertigung des Aufhebungsbescheides) bewilligt. Bei der Ausübung des Ermessens hätte die Antragsgegnerin in ihre Ermessensüberlegungen einstellen müssen, dass sie die Aufnahme der (zweiten) Ausbildung und damit umfängliche nicht nur finanzielle Dispositionen der Antragstellerin (mit-)veranlasst und sie darüber hinaus Bewilligungsentscheidungen über einen Zeitraum von sechzehn Monate getroffen hatte, damit für einen Zeitraum, der selbst einen so wesentlichen Teil der Ausbildung umfasst, dass deren Abbruch nicht mehr ohne weiteres zumutbar erscheint.
Da die Ermessenserwägungen bereits aus dem soeben genannten Grund unzureichend sind, muss nicht abschließend geprüft werden, ob es ein weiteres Ermessensdefizit darstellt, dass auch Überlegungen zu einer möglichen Leistungserbringung nach § 7 Abs 5 SGB II fehlen, was im Ergebnis wohl nur angenommen werden könnte, wenn ein solcher Anspruch begründet ist und auch dann voraussetzen würde, dass die nur als Darlehen mögliche Gewährung von Härteleistungen als hilfsweise beantragt war und als Minus (nicht als Aliud) zur Bewilligung der Leistung als Zuschuss angesehen würde (vgl BSG, Urteil vom 31. März 1992 – 9b RAr 17/90 unter Hinweis auf SozR 3-1300 § 44 Nr 1). Immerhin bleibt festzuhalten, dass bei Anwendung der Härteregelung des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II dem bereits in § 1 Abs 1 Satz 2 SGB II verankerten Ziel der Grundsicherung, die erwerbstätigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen, hinreichend Rechnung getragen werden soll (s hierzu BSG, Urteil vom 06. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R). Der Zielsetzung des "Förderns" entspricht es auch, arbeitsmarktbezogene Aspekte bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Härte zuzulassen. Ein besonderer Härtefall kann vorliegen, wenn nur eine nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähige Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (BSG, Urteil vom 06. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R und B 14/7b AS 28/06 R sowie BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 28/07). Die "Erwerbszentriertheit" des SGB II erfordert eine Auslegung der Härteregelung des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II, die der Zielsetzung einer möglichst dauerhaften Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit Rechnung trägt. Nach dieser Fallgruppe kommt die darlehensweise Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht, wenn die Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt und der Berufsabschluss nicht auf andere Weise - insbesondere durch eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung (§ 16 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm §§ 77 ff SGB III) - erreichbar ist. Eine solche Frage hat sich die Antragsgegnerin offenkundig nicht gestellt. Bei der Prüfung dieser Frage hätte dann auch ermittelt werden können, ob nicht unter Berücksichtigung der bereits abgeschlossenen Berufsausbildung als Kauffrau im Einzelhandel und der Einstiegsqualifizierung eine Lehrzeitverkürzung in Betracht gekommen wäre, so dass sich die noch abzuleistende Ausbildungszeit entsprechend verkürzt hätte. Dies ist insbesondere auch deshalb von Bedeutung, weil die weit fortgeschrittene Ausbildung, bei der eine zuvor begründet gewesene Finanzierung ausfällt, ebenfalls als Härtetatbestand in Betracht kommt (vgl BSG, Urteil vom 06. September 2007 – B 14/7b AS 36/06 R).
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist eilbedürftig. Der Senat sieht dazu keine weitere Begründungsnotwendigkeit, da die iSv § 9 Abs 1 SGB II hilfebedürftige Antragstellerin derzeit neben dem Wohngeld und ihrer Ausbildungsvergütung nicht über bedarfsdeckende Geldmittel verfügt und wegen Mietrückständen von Räumung bedroht ist.
Bei der Vollzugsfolgenbeseitigung war zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin nach Aufhebung der Bewilligungsbescheide über Alg II-Leistungen Wohngeld bewilligt und ausgezahlt worden ist. Bezieher von Alg II Leistungen sind indes nach § 7 Abs 1 Nr 1 Wohngeldgesetz vom Wohngeld ausgeschlossen, ein kumulativer Leistungsbezug ist nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund muss auch im Falle der Vollzugsfolgenbeseitigung davon ausgegangen werden, dass eine "Doppelförderung" nicht der gesetzlichen Wertung entspricht und die an die Antragstellerin noch auszuzahlenden Leistungen daher um die in diesem Zeitraum zugeflossenen Wohngeldzahlungen zu vermindern sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG. Der Antragstellerin war für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen (vgl § 73 a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 121 Abs 2 Zivilprozessordnung). Denn aufgrund der Kostenentscheidungen ist die Antragstellerin in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung aufzubringen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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