L 5 AS 473/09 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 15308/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 473/09 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft. Die Antragstellerinnen beantragten am 23. Januar 2007 eine Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft in der Wstrasse in Berlin, die der Beklagte zunächst am 06. Februar 2007 mündlich und schriftlich mit Bescheid vom 06. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Juni 2007 ablehnte. Am 18. Juni 2007 sind die Antragstellerinnen in diese Wohnung in der Wstrasse umgezogen. Gegen die Ablehnung der Zusicherung haben sie am 09. Juli 2007 Klage zum Sozialgericht erhoben, mit der sie die Verpflichtung des Beklagten zur Zusicherung, hilfsweise die Feststellung der Erforderlichkeit des Umzugs begehren. Gleichzeitig haben sie einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten gestellt. Mit Beschluss vom 16. Februar 2009 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten habe. Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 24. Februar 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 03. März 2009 eingelegte Beschwerde.

II.

Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Klägerinnen auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach den genannten Vorschriften voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind weder für den Haupt- noch für den Hilfsantrag gegeben. Beide Anträge sind bereits unzulässig.

1.)

Hinsichtlich der mit dem Hauptantrag begehrten Zusicherung fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Nach einem Umzug besteht regelmäßig an der Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft kein schützenswertes Rechtsschutzinteresse mehr (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Mai 2008 – L 26 AS 421/07 - ). Denn die ablehnende Entscheidung des Beklagten durch Bescheid vom 06. Februar und 06. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 2007 hat sich erledigt ("auf andere Weise" gemäß § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II soll vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft eingeholt werden und ist zu erteilen, wenn der Umzug (aus der bisherigen Wohnung) in die neue Wohnung erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Wohnung angemessen sind. Die Zusicherung setzt also voraus, dass der Hilfebedürftige noch in der Wohnung wohnt, von der heraus der Wohnungswechsel beabsichtigt und auch beantragt worden ist. Dies ist im vorliegenden Fall wegen des bereits vor Klageerhebung erfolgten Umzugs in die Wohnung in der Wstrasse aber nicht mehr der Fall. Im Übrigen ist die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II (anders als die Zusicherung, die nach § 22 Abs. 2a SGB II eingeholt werden muss) keine Voraussetzung für einen Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung. Sie hat lediglich den Zweck, über die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so für den Hilfebedürftigen das Entstehen einer erneuten Notlage infolge der nur teilweisen Übernahme von Kosten zu vermeiden (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rn. 66 ff; Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rn. 71). Eine weitergehende Bindungswirkung als in § 34 Abs. 3 SGB X allgemein für Zusicherungen vorgesehen (dazu nur Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Auflage 2005, § 34 Rn. 15), kommt ihr damit nicht zu (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. November 2007 – L 28 B 1101/07 AS PKH -).

2.)

Aber auch die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung kann nicht getroffen werden; die Klage ist auch insoweit bereits unzulässig. Denn für die begehrte Feststellung müssen die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sein (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2009 – L 5 B 2097/08 AS ER -). Dies ist aber nicht der Fall. Denn eine Feststellungsklage ist nur zulässig, wenn ein entsprechendes Feststellungsinteresse besteht und das Begehren nicht mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgt werden kann (Subsidiarität der Feststellungsklage, ständige Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 27. Januar 1977 – 12/8 REh 1/75 - BSGE 43, 150; Urteil vom 16. März 1978 – 11 RK 9/77 - BSGE 46,81; Urteil vom 09. Oktober 1984 – 12 RK 18/83BSGE 57, 184; Urteil vom 22. Mai 1985 – 12 RK 30/84 - BSGE 58, 153; Urteil vom 05. Oktober 2006 – B 10 LW 4/05 RNZS 2007,504; Urteil vom 29.01.2008 – B 7/7a AL 6/06 R – SozR 4-4100 § 128 Nr. 8). Soweit die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die Erforderlichkeit eines Umzugs als Vorfrage im Streit steht, wäre in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage, gerichtet auf die Übernahme der gesamten Kosten der Unterkunft und Heizung zu erheben. Diese geht der Feststellungsklage vor. Auch eine Elementenfeststellung ist vorliegend nicht zulässig. Soweit der Senat in dem von dem Prozessbevollmächtigten zitierten Beschluss vom 15. Dezember 2006 (L 5 B 1147/06 AS ER) Ausführungen zur ausnahmsweisen Zulässigkeit einer Elementenfeststellungsklage gemacht hat, werden diese in ihrer Allgemeinheit nicht aufrechterhalten (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 2008 – L 5 B 1156/08 AS ER – und vom 16. Januar 2009 – L 5 B 2097/08 AS ER). Im Übrigen unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem der damaligen Entscheidung zugrunde liegenden dadurch, dass durch eine antragsgemäße Entscheidung der zwischen den Beteiligten bestehende Streit nicht in Gänze erledigt würde. Denn neben der Erforderlichkeit des Umzugs besteht zwischen den Beteiligten auch Streit über die Frage der Angemessenheit der Kosten der neuen Unterkunft.

3.)

Ob im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise ein Interesse daran bestehen kann, mit einem Antrag nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Zusicherung zu überprüfen, braucht abschließend nicht geklärt zu werden. Ein solcher Antrag ist nicht gestellt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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