L 8 R 649/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 4 R 1821/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 649/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. August 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die weitere Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem Ende einer befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Klägerin ist 1965 geboren worden. Sie hat ihr Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Dort erwarb sie 1984 nach erfolgreicher zweijähriger Ausbildung den Abschluss als Süßwarenfacharbeiter mit der Spezialisierungsrichtung Kakaoerzeugnisse. In ihrem Ausbildungsberuf arbeitete sie mit längeren Unterbrechungen wegen Mutterschutz und Kindererziehung bis 1988. Danach war sie, erneut mit längeren Unterbrechungen wegen Mutterschutz und Kindererziehung, bis August 1993 als Raumpflegerin tätig. Von 1993 bis 1998 folgte eine Beschäftigung als Verkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel. Nach Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber war die Klägerin schließlich vom 1. Oktober 1998 an als Verkäuferin und Verkaufsstellenverwalterin tätig. Seit 14. April 1999 war sie wegen eines Tumorleidens am Gebärmutterhals durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben, das letzte Beschäftigungsverhältnis nahm sie nicht wieder auf. Auf ihren Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 9. November 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. März 2000 befristet bis zum 30. April 2002. Mit Bescheid vom 4. März 2002 wurde die Rente bis zum 29. Februar 2004 weiterbewilligt. Beide Bescheide ergingen anhand von Behandlungsunterlagen ohne Untersuchung der Klägerin. Auf Grund des im Januar 2004 gestellten Antrags auf Weiterbewilligung der Rente veranlasste die Beklagte die Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. H. In seinem Gutachten vom 15. März 2004 kam er zu dem Ergebnis, dass die Klägerin sechs und mehr Stunden im letzten ausgeübten Beruf ("Verkaufsstellenverwaltung") tätig sein könne. Im selben zeitlichen Umfang könne sie leichte körperliche Arbeit im Wechsel von Gehen, Sitzen und Stehen verrichten, die in wohltemperierten Räumen verrichtet werden solle. Nicht möglich oder nicht zumutbar seien schweres Heben und Tragen sowie Arbeiten in Nacht- und Wechselschicht. Das Tumorleiden verursache keine Einschränkung des Leistungsvermögens in rentenberechtigendem Ausmaß mehr (Diagnosen: Zustand nach gynäkologischer Operation ohne Hinweis auf Rezidiv oder Fernabsiedelung; durch Therapieoptimierung besserbare Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat). Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 5. April 2004 ab. Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, dass ihre Leiden nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Bei ihr sei die linke Niere auf die rechte Seite verlegt worden, so dass sich dort jetzt beide Nieren befänden. Sie habe – möglicherweise deswegen – große Schwierigkeiten mit dem rechten Bein. Insgesamt könne sie nur langsam laufen und habe keine Kraft in den Beinen. Nach 50 bis 60 Metern empfinde sie derartige Schmerzen, dass sie stehenbleiben müsse. Im Sitzen komme es zu Taubheitsgefühlen. Außerdem träten häufig Schwindelgefühle und Schlafstörungen auf. Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. M (vom 7. Juli 2004) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. K (vom 25. August 2004) ein, denen jeweils Drittbefunde beigefügt waren. Anschließend erstattete die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W-G ein Gutachten vom 10. Dezember 2004 über die Klägerin (Untersuchungstag 26. November 2004). Sie kam zu dem Ergebnis, dass für die letzte Berufstätigkeit keine ausreichende Leistungsfähigkeit mehr bestehe. Möglich seien noch leichte körperliche Arbeiten vorwiegend im Sitzen wie zum Beispiel die einer Kassiererin (Diagnose: Verdacht auf Läsion des Nervus femoralis [Oberschenkelnerv] rechts). Gestützt auf das Ergebnis ihrer medizinischen Ermittlungen wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 9. März 2005 zurück. Mit der Klage hat die Klägerin die Ansprüche auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit weiterverfolgt. Über den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren hinaus hat sie geltend gemacht, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ihre Arbeitsunfähigkeit festgestellt habe. Zur Unterstützung ihrer Angaben hat sie unter anderem ein Schreiben der Kaufmännischen Krankenkasse KKH vom 24. August 2004 eingereicht. Das Sozialgericht hat aus der beigezogenen Schwerbehindertenakte der Klägerin unter anderem eine Kopie des Befundberichtes der Fachärztin für Frauenheilkunde Dr. Kvom 24. März 2005 und den Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 26. Mai 2005 (Herabstufung des Grades der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch von 80 auf 30 nach Ablauf der Heilungsbewährung wegen des Tumorleidens; Funktionsbeeinträchtigung: Operiertes und nachbehandeltes Unterleibsleiden 01/2000 bei erreichter Heilungsbewährungszeit, Lymphödem der Beine) zur Akte genommen. Es hat ferner das Gutachten nach Aktenlage der Ärztin für Inneres und Sozialmedizin Dr. S für den MDK Berlin-Brandenburg e.V. vom 17. August 2004 beigezogen und Befundberichte des Dr. K (vom 13. Oktober 2005), der Dr. K (vom 25. Oktober 2005) und der Dipl.-Med. M (vom 7. November 2005) eingeholt. Im Auftrag des Sozialgerichts hat die Ärztin für Innere Medizin Dr. B die Klägerin begutachtet. Sie ist in ihrem Gutachten vom 6. April 2006 (Untersuchungstag 23. März 2006) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin noch täglich regelmäßig vollschichtig zu körperlich leichten Arbeiten in der Lage sei. Die Arbeiten könnten in allen Haltungsarten verrichtet werden, wenn ein jederzeitiger Wechsel möglich sei. Ein festgelegter zeitlicher Rhythmus sei dabei nicht einzuhalten. Nicht möglich oder zu vermeiden seien ein langanhaltendes Verweilen in einer Haltungsart, Arbeiten unter Einflüssen wie Hitze, Kälte, Zugluft, Staub und Feuchtigkeit, mit einseitiger körperlicher Belastung, unter Zeitdruck, in Nachtschicht und auf Leitern oder Gerüsten. Leichte Lasten könnten gehoben und getragen werden (Diagnosen: Zustand nach Cervix-Carcinom; Zustand nach Harnstauung II°; Läsion des Nervus femoralis rechts mit Schwäche im Musculus iliopsoas und Quadriceps; Anpassungsstörung). Fußwege über 1 km seien zu vermeiden, jedoch könnten Fußwege von jeweils 500m vier Mal täglich in weniger als 20 Minuten zurückgelegt werden. Vom Gutachten des MDK werde abgewichen, weil die dort angegebene Metastasierung durch spätere Untersuchungen habe ausgeschlossen werden können. Durch Urteil vom 23. August 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei aus medizinischen Gründen weder berufs- noch erwerbsunfähig. Sie verfüge noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen. Das ergebe sich im besonderen aus dem eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. B. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit scheide deshalb aus, weil die Klägerin zumutbar etwa als Kassiererin arbeiten könne. Angesichts des verbliebenen Leistungsvermögens sei die Klägerin auch nicht erwerbsgemindert im Sinne des ab 1. Januar 2001 geltenden Rechts. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme von vornherein wegen des Geburtsjahrgangs der Klägerin nicht in Betracht. Mit der Berufung macht die Klägerin weiterhin Ansprüche auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltend. Sie verweist auf stationäre Behandlungen im Januar 2008 und vom 25. März bis zum 5. Mai 2008 und reicht Entlassungsberichte des S-H-Krankenhauses B vom 29. Januar 2008 und 2. Juni 2008 ein. In Kostenträgerschaft der Beklagten befand sich die Klägerin vom 14. Mai bis zum 11. Juni 2008 zur Anschluss-Heilbehandlung im Eisenmoorbad B S. Aus der Behandlung wurde sie als arbeitsfähig für den Beruf der "Verkäuferin" entlassen. Aus gynäkologischer Sicht könne die Klägerin außerdem sechs und mehr Stunden täglich andere leichte körperliche Tätigkeiten unter Vermeidung von schwerem Heben und Tragen, häufigem Bücken, Kälte, Zugluft und Durchnässung ausüben (Entlassungsbericht vom 16. Juni 2008; Diagnosen: Wertheimsche Radikal-OP 2000 wegen Cervix-Carcinom, neoadjuvante Radiatio perkutan, adjuvante Chemotherapie; Harnstauungsniere links, Behandlung 2001 und 2002 durch DJ-Katheter, passagere perkutane Nephrostomie, Ureterneuimplantation und Autotransplantation der Niere; Harnstauungsniere rechts, 2008 DJ-Kathetereinlage, perkutane Nephrostomie passager 27. März 2008, Ureterolyse und Ureterneuimplantation, aktuell liegende DJ-Katheter, laufende Therapie mit Uro-Tabletten; Femoralisparese rechts; psychovegetativer Erschöpfungszustand). Die Klägerin, die keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, verfolgt der Sache nach das Ziel, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. August 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. März 2004 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, weiter hilfsweise das Urteil und die Bescheide zu ändern und ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine der begehrten Renten hat. Rechtsgrundlage für eine "Weitergewährung" der zuletzt bis zum 29. Februar 2004 bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sind noch die §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), § 302b Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (im Folgenden mit dem Zusatz "n.F." – für: neue Fassung – zitiert). §§ 43, 44 SGB VI erfordern neben den so genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nach §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI und Vorliegen von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der rentenrechtlich erheblichen Erwerbsminderung, §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI), dass Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM bzw. den Gegenwert dieses Betrags in Euro übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI). Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit müssen am 1. März 2004 (noch) vorgelegen haben. Denn nur wenn einer der Versicherungsfälle, die zur ursprünglichen Rentenbewilligung geführt hatten, noch nach dem 31. Dezember 2000 vorlag, greift der erweiterte Bestandsschutz des § 302b Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. ein und kann es zur nahtlosen Weiterbewilligung der Rente nach "altem Recht" kommen (s. auch Bundessozialgericht [BSG] in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 4-2600 § 300 Nr. 2 und § 101 Nr. 2). Im maßgeblichen Zeitpunkt war die Klägerin nicht (mehr) berufsunfähig und damit erst recht nicht erwerbsunfähig. Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf" der Versicherten. In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Eine frühere, qualitativ hochwertigere versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit hat nur dann Bedeutung, wenn sich die Versicherte von ihr aus Gründen abgewandt hat, die gesundheitsbedingt waren und damit auf einem Risiko beruhten, das durch die Rente wegen Berufsunfähigkeit abgesichert ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, s, etwa BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 4 und 12; BSG, Urteil vom 26. April 2005 – B 5 RJ 27/04 R). Bisheriger Beruf der Klägerin ist angesichts dessen der einer Verkäuferin und Verkaufsstellenverwalterin. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie ihren erlernten Beruf oder einen anderen früheren Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatte. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr in der Lage war, den bisherigen Beruf auszuüben. Selbst wenn dies zu ihren Gunsten unterstellt würde, ergäbe sich daraus noch keine Berufsunfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr zusätzlich, dass auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Welche Verweisungstätigkeit zumutbar ist, richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Hierzu hat das BSG das sogenannte Stufenschema entwickelt, das für die sogenannten "Angestelltenberufe" insgesamt sechs Stufen unterscheidet: - Angestelltentätigkeiten ohne Ausbildung oder mit nur kurzzeitiger Einarbeitung, deren Anforderungsprofil keine über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehenden Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert (Stufe 1), - Angestelltenberufe mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren (Stufe 2), - Angestelltenberufe mit einer längeren, regelmäßig dreijährigen Ausbildung (Stufe 3), - Angestelltenberufe, welche die Meisterprüfung oder den erfolgreichen Abschluss einer Fachschule (Stufe 4) oder ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule (Stufe 5) voraussetzen sowie Führungspositionen, die ein Hochschulstudium erfordern und deren Bezahlung die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht oder überschreitet (Stufe 6). Sozial zumutbar kann eine Arbeitnehmerin grundsätzlich nur auf Berufe der nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden. Eine Ausnahme bilden Arbeitnehmerinnen, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von einem bis zu zwei Jahren absolviert haben. Sie dürfen nicht auf sogenannte Primitivtätigkeiten verwiesen werden, die von jedermann sofort ohne oder nach nur kurzer Einweisung verrichtet werden können (ständige Rechtsprechung, s. etwa BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 12, Urteile vom 26. April 2007 – B 4 R 5/06 R und vom 9. April 2003 – B 5 RJ 38/02 R). Ob auf der anderen Seite die Stufen 4 bis 6 eine einheitliche Stufe der "Angestellten hoher beruflicher Qualität" bilden (so Niesel in Kasseler Kommentar zum Sozialgesetzbuch, § 240 SGB VI Rz. 69, 70) kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn Differenzierungen über der Stufe 2 sind nicht einschlägig. In dem rentenrechtlich maßgebenden Beruf hat die Klägerin keine Ausbildung abgeschlossen. Angesichts dessen kann nur davon ausgegangen werden, dass sie im Beruf der Verkäuferin angelernt worden ist und die bis 1998 erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten ausreichten, auch die Aufgabe einer "Verkaufsstellenverwalterin" zu erfüllen. Es gibt angesichts dessen keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Beruf einer höheren als der Stufe 2 zuzuordnen wäre. Denn um wenigstens die Stufe 3 zu erreichen, hätte die Klägerin den bisherigen Beruf nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt und sich durch die praktische Berufsausübung Kenntnisse und Fertigkeiten angeeignet haben müssen, die sie befähigen, sich unter Angestellten mit abgeschlossener Berufsausbildung auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten (stellvertretend dazu BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 148). Als Verkäuferin mit der Zusatzaufgabe "Verkaufsstellenverwalterin" war die Klägerin jedoch nur wenige Monate tätig. Den Beruf der "Verkäuferin" wiederum hatte die Klägerin ebenfalls nicht erlernt. Abgesehen davon beträgt die Ausbildungsdauer für diesen Beruf lediglich zwei Jahre (§ 2 der Verordnung über die Berufsausbildung im Einzelhandel in den Ausbildungsberufen Verkäufer/Verkäuferin und Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel, zuletzt vom 16. Juli 2004), so dass selbst Beschäftigte mit abgeschlossener Ausbildung keine höhere als die zweite Stufe des Stufenschemas erreichen könnten. Weil die Klägerin Kenntnisse und Fertigkeiten in diesem Beruf aber nicht in einer geordneten Ausbildung, sondern allenfalls durch Anleitung während der praktisch ausgeübten Beschäftigung erlangt hat, kann sie innerhalb der Stufe 2 nur deren "unteren Bereich" zugeordnet werden. Dies erlaubt, sie sozial zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, der im übrigen auch für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit maßgeblich ist. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt war die Klägerin in dem für die Berufs- und Erwerbsunfähigkeit maßgeblichen Zeitpunkt (1. März 2004) noch vollschichtig leistungsfähig wenigstens für leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, soweit sie in normal temperierten Räumen verrichtet werden, also der Einfluss von Hitze, Kälte, Zugluft, Staub und Feuchtigkeit ausgeschlossen ist und sie nicht mit einseitiger körperlicher Belastung, Zeitdruck, Nachtschichten und Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten verbunden sind. Dieses Leistungsvermögen ist allen im Verwaltungsverfahren und während des Rechtsstreits eingeholten sozialmedizinischen Gutachten zu entnehmen. "Arbeitsunfähigkeit" – die weder mit "Berufsunfähigkeit" noch mit "Erwerbsunfähigkeit" gleichbedeutend ist – hat überhaupt nur die Gutachterin des MDK Dr. S bescheinigt. Abgesehen davon, dass dieses Gutachten nicht ohne Weiteres den Zustand wiedergibt, der im hier maßgeblichen Zeitpunkt bestand, ist sie bei ihrer Einschätzung davon ausgegangen, dass sich bei der Klägerin Metastasen gebildet hätten. Dies konnte durch weitere Untersuchungen aber ausgeschlossen werden, so dass die Grundlage für die Leistungseinschätzung der Dr. S entfallen ist. Der Senat hat keine Bedenken, den Gutachten der tätig gewordenen Gutachter und Sachverständigen zu folgen. Sie sind nach eigener Untersuchung der Klägerin erstattet worden. Im besonderen die vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige Dr. B hat noch einmal nachvollziehbar und damit überzeugend die von ihr selbst erhobenen Befunde mit den bis dahin aus den Akten ersichtlichen verglichen und gewürdigt. Dabei ergab sich im besonderen nicht, dass das Gehvermögen der Klägerin in einem Maß eingeschränkt gewesen wäre, welches die sogenannte "Wegefähigkeit" aufgehoben hätte. Sie war und ist noch in der Lage, Wegstrecken von mehr als 500 m vier mal täglich in weniger als 20 Minuten zurückzulegen. Dass dies möglicherweise mit Schmerzen verbunden ist oder zwischenzeitliche Pausen erforderlich sind, schließt die Wegefähigkeit nicht aus. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nur dann gewährt, wenn das Leistungsvermögen in rentenberechtigendem Ausmaß eingeschränkt ist. Dagegen besteht ein Rentenanspruch nicht schon deswegen, weil (eventuell behandlungsbedürftige) Krankheiten oder Schmerzen bestehen. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Grund eines neuen "Versicherungsfalls" nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht erworben. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet bereits deswegen aus, weil diese Rentenart nur noch Versicherten gewährt wird, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI n. F.). Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung setzt nach § 43 SGB VI n. F. neben den auch hier zu erfüllenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§§ 43 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 4 bis 6 SGB VI n. F.) voraus, dass die Versicherte entweder voll oder teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Da die Klägerin nach den Feststellungen aller Gutachter und Sachverständigen über ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit gewissen Einschränkungen verfügt, die jedoch ihre Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in rentenrechtlich erheblicher Weise beeinträchtigen, können auch die wesentlich strengeren Voraussetzungen für Rentenansprüche nach § 43 SGB VI n. F. nicht erfüllt sein. Dies wird aus jüngster Zeit durch den Entlassungsbericht der Kurklinik in B S noch einmal bestätigt. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved