L 1 KR 148/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 913/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 148/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht ein Krankengeldanspruch für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 5. Februar 2004.

Die 1974 geborene Klägerin ist beim Bezirksamt Mitte von Berlin als Bürogehilfin beschäftigt. Sie ist Mutter von zwei Kindern und war in der Zeit von März 2000 bis Dezember 2001 und vom 21. Oktober 2003 bis zum 20. Oktober 2005 im Erziehungsurlaub/Elternzeit.

Am 8. August 2002 erkrankte sie und war aufgrund dieser Krankheit arbeitsunfähig. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr das Entgelt bis zum 18. September 2002 fort. Anschließend bezog sie von der Beklagten Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 49,32 Euro brutto. Arbeitsunfähigkeit war ihr von Frau Dr. W wegen einer Bronchitis vom 8. August 2002 bis zum 6. September 2002 attestiert worden. Am 6. September 2002 bescheinigte diese Ärztin (allein) aufgrund einer sonstigen, nicht näher bezeichneten Bandscheibenverlagerung (M 51.2) Arbeitsunfähigkeit bis zum 13. September 2002 und verlängerte diese ab 12. September 2002 bis zum 27. September 2002. Am 25. September 2002 attestierte ihr wegen dieser Erkrankung der Orthopäde Dr. M, arbeitsunfähig zu sein. Dieser hatte auf den Auszahlungsscheinen für Krankengeld am 18. Oktober 2002 und am 6. November 2002 jeweils Arbeitsunfähigkeit "bis auf weiteres" bescheinigt ("BAW"). Im nächsten Auszahlungsschein (mit Datum 14. November 2002) attestierte er zunächst am 21. November 2002 durch entsprechendes Ankreuzen eine noch bestehende Arbeitsunfähigkeit und beantwortete die Frage "ggf. voraussichtlich bis" mit "baw". Auch beim nächsten Auszahlungsschein vom 6. Januar 2003 benannte Dr. M am 10. Januar 2003 kein Ende der Arbeitsunfähigkeit ("b.a.w" bzw. "?"). Entsprechendes gilt für die Bescheinigungen vom 30. Januar 2003 und vom 21. Februar 2003.

Mit Schreiben vom 21. Februar 2003, welches an eine alte Anschrift der Klägerin adressiert war, lud die Beklagte die Klägerin zur Vorstellung beim MDK am 11. März 2003 ein. Die Klägerin erschien dort nicht. Mit weiterem Schreiben vom 12. März 2003 - jetzt gerichtet an die neue Anschrift - bat die Beklagte die Klägerin zur Vorstellung am 27. März 2003. In dem Schreiben heißt es: "Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass Sie mit erneutem unbegründetem Nichterscheinen zur Untersuchung beim MDK Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 62 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht nachkommen würden. Als Folge würde Ihnen das Krankengeld mit Ablauf des 27. März 2003 versagt werden (§ 66 SGB I)." Am 14. März 2003 begab sich die Klägerin letztmals zu Dr. M in Behandlung. Dieser füllte den Auszahlschein vom 24. Februar 2003 aus und vermerkte eine Arbeitsunfähigkeit "BAW".

Mit Bescheid vom 31. März 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Krankengeldgewährung mit Ablauf des 27. März 2003 eingestellt werde, weil die Klägerin es unterlassen habe, sich beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg (MDK) auf dessen Einladungen hin vorzustellen. In ihrem Widerspruchsschreiben vom 23. April 2003 erklärte die Klägerin, die Vorladungsschreiben nicht erhalten zu haben. Sie trägt in diesem Zusammenhang unbestritten vor, es habe sie eine Mitarbeiterin der Beklagten angerufen, die gefragt habe, ob sich die Adresse geändert habe, denn es sei Post zurückgekommen. Sie habe ihr mitgeteilt, sie solle kurzfristig vom MDK untersucht werden. Die Beklagte bat die behandelnden Ärzte um Stellung. Dr. R erklärte, dass die Klägerin, - die sich in der Zeit vom 15. März 2003 bis zum 4. Mai 2003 nicht in ärztliche Behandlung begeben hatte - ihn bislang nur einmal, am 5. Mai 2003 aufgesucht habe, und er deshalb die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht beurteilen könne. Dr. M teilte mit, die Klägerin sei durch ihn am 14. März 2003 letztmals behandelt worden. Der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit sei der 31. März 2003 gewesen.

Ausweislich eines Gesprächsvermerkes der Beklagten telefonierte die Sachbearbeiterin am 8. Mai 2003 mit der Klägerin und forderte sie auf, eine Bescheinigung durchgehender Arbeitsunfähigkeit ab 14. März 2003 einzuholen. Ein weiteres Telefonat fand zwischen den Beteiligten fand am 4. Juni 2003 statt, in welchem der Klägerin unter anderem erläutert wurde, dass sie kein Krankengeld mehr erhalte.

Am 1. August 2003 übersandte die Klägerin der Beklagten eine durch Dr. F erstellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) auf der wörtlich vermerkt ist: "MDK zur Entscheidung einer durchgehenden AU seit 08/02". Die Beklagte bat daraufhin Dr. M und Dr. R erneut um Stellungnahmen. Dr. M erklärte am 14. August 2003, dass die Klägerin über den 31. März 2003 hinaus nicht arbeitsunfähig gewesen sei. Herr Dr. R bestätigte am 22. August 2003, dass er die Klägerin nur einmal - am 5. Mai 2003 - untersucht habe und er ihr anlässlich dieses Besuchs (nur) Heilmittel verordnet habe. Im ärztlichen Attest des Dr. F vom 14. August 2003 heißt es, die Klägerin sei seit dem 8. August 2003 arbeitsunfähig. Die Beklagte bat den MDK um Stellungnahme, ob die Klägerin seit dem 1. April 2003 durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Dieser gelangte in der Stellungnahme vom 20. August 2003 zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei. Die Klägerin habe nur sporadisch Therapien genutzt und sei kaum in ärztlicher Behandlung gewesen.

Unter Hinweis auf diese Stellungnahme des MDK teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 1. September 2003 mit, dass ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld ab dem 1. April 2003 nicht anerkannt werde und daher die Mitgliedschaft zum 31. März 2003 geendet habe. Am 16. Oktober 2003 übersandt das Bezirksamt Mitte von Berlin der Beklagten ein an dieses gerichtete Schreiben der Klägerin, in dem es u. a. heißt, dass das Sozialamt als einmalige Hilfe die Krankenversicherung der Klägerin für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 30. September 2003 übernommen habe. Ferner waren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beigefügt. Aus diesen ergibt sich, dass die Klägerin von Dr. F bis zum 30. September 2003 für arbeitsunfähig befunden wurde, von 26. September 2003 an von Frau Dr. S. Anfang Dezember 2003 sprach die Klägerin im Bezirksamt mit dem Wunsch vor, ab dem 24. Dezember 2003 ihre Arbeit wieder aufnehmen zu wollen. Sie erhob gegen den Bescheid vom 1. September 2003 am 18. Dezember 2003 Widerspruch und beantragt zugleich dessen Überprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X). Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2004 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin vom 23. April 2003 und 18. Dezember 2003 als unbegründet zurück. In der Begründung heißt es auszugsweise, dass die Behauptung der Klägerin, die Einladungen zur Vorstellung beim MDK nicht erhalten zu haben, unglaubhaft sei, weil die Einladungen nicht als unzustellbar zurückgekommen seien. Die Klägerin sei auch nicht über den 31. März 2003 hinaus arbeitsunfähig krank gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass sie sich zwischen dem 14. März 2003 und dem 5. Mai 2003 nicht in ärztlicher Behandlung befunden, Dr. M Arbeitsunfähigkeit nur bis 31. März 2003 attestiert und der MDK festgestellt habe, dass keine durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Mit dem Ende des Anspruchs auf Zahlung von Krankengeld habe die Mitgliedschaft der Klägerin geendet.

Die Klägerin absolvierte vom 4. März 2004 bis zum 25. März 2004 an einer Rehabilitationsmaßnahme teil und nahm am 23. März 2004 ihre Arbeit im B B wieder aufgenommen.

Am 7. April 2004 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.

Mit Bescheid vom 3. Juli 2004 hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales der Sache nach festgestellt, dass sie aufgrund eines Lendenwirbelsyndroms und einen Bandscheibenvorfalles nur zu einem Grad von 20 behindert sei und die Voraussetzungen für die Eintragung des Merkzeichens "G" nicht vorlägen.

Im Schriftsatz vom 27. September 2004 hat die Beklagte anerkannt, dass die Klägerin bis zum 30. April 2004 bei ihr pflichtversichert gewesen sei. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 12. Juli 2006 angenommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass sie in der Zeit vom 1. April 2003 bis zum 5. Februar 2004 arbeitsunfähig gewesen sei. Dr. M habe ihr gegenüber angegeben, ihr keine Arbeitsunfähigkeit über den 31. März 2003 hinaus bescheinigen zu können, weil ihm die Krankenversicherungskarte für das 2. Quartal 2003 nicht vorliege. Sie hat vorgebracht, ihr Anspruch auf Zahlung von Krankengeld habe nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geruht. Denn § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V verlange lediglich, dass die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse gemeldet werde. Dies habe sie mit Ihrem Widerspruch vom 23. April 2003 getan. Eine bestimmte Form der Meldung sehe die Vorschrift nicht vor. Da Dr. M auf dem letzten Auszahlschein zudem Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres bescheinigt habe, habe sie auch keine Veranlassung gehabt, der Beklagten eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.

Das SG hat Befundberichte von Dr. M, Dr. R, Dr. F, Dr. S und Dr. Weingeholt. Es hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2006 abgewiesen. Der Klägerin stehe für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 5. Februar 2004 kein Anspruch auf Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu. Sie erfülle nicht die erforderliche Voraussetzung der Arbeitsunfähigkeit, denn es habe sich zu ihrem Nachteil nicht erweisen lassen, dass sie in dieser Zeit wirklich arbeitsunfähig gewesen sei. Dr. M, der sie zuletzt vor dem 1. April 2003 behandelt habe, habe der Beklagten gegenüber angegeben, sie sei über den 31. März 2003 hinaus nicht arbeitsunfähig. Dem Gericht gegenüber habe er bekundet, sich nicht mehr an die Klägerin erinnern zu können. Dr. W, der die Praxis von Dr. M übernommen, schreibe in seinem Befundbericht, dass eine Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab 31. März 2003 bis zum 4. Mai 2003 nicht nachvollziehbar sei, weil sich die Klägerin in der Praxis zuletzt am 14. März 2003 vorgestellt habe. Dr. R habe mitgeteilt, dass er den vom Gericht angeforderten Befundbericht nicht erstellen könne, weil er seine Praxis mittlerweile geschlossen habe. Dr. S habe die Frage, ob es nachvollziehbar sei, dass die Klägerin in der Zeit vom 31. März 2003 bis zum 4. Mai 2003 arbeitsunfähig gewesen sei, erklärt, dies nicht beantworten können, weil die Klägerin in diesem Zeitraum nicht bei ihr in Behandlung gewesen sei. Dr. F habe schließlich geantwortet, Arbeitsunfähigkeit sei durchaus vorstellbar. Aus dieser Aussage folge jedoch nicht die für eine Verurteilung der Beklagten notwendige Sicherheit. Sie zeige nur eine Möglichkeit auf und sei im Übrigen nicht begründet. Zudem habe ihr der MDK in seiner Stellungnahme vom 20. August 2003 widersprochen. Rückschlüsse auf eine Arbeitsunfähigkeit in der fraglichen Zeit lasse schließlich auch der Bericht des vertrauensärztlichen Dienstes des BP vom 28. April 2004 nicht zu. Eine weitere Sachaufklärung sei jetzt nicht mehr möglich. Jetzt könne die Leistungsfähigkeit nur noch nach Aktenlage beurteilt werden. Die Akten könnten aber keine weiteren Erkenntnisse liefern, weil sich die Klägerin in der Zeit vom 14. März 2003 bis zum 4. Mai 2003 nicht in ärztlicher Behandlung befunden habe und demgemäß in dieser Zeit auch keine Befunde erhoben worden seien. Weil die Klägerin über den 31. März 2003 hinaus weder einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld gehabt habe noch beschäftigt gewesen sei, habe die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV spätestens am 30. April 2003 geendet. Da sie in der anschließenden Zeit bei der Beklagten lediglich freiwillig und ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei, stehe ihr für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis zum 5. Februar 2004 kein Anspruch auf Krankengeldzahlung zu. Deshalb sei sie in dieser Zeit auch nicht pflichtversichert gewesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie sei ab Februar 2003 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, ohne dass Dr. M ihr irgendwelche Behandlungen verordnet habe. Sie habe extra auf eine Haushaltshilfe verzichtet, um ihre Krankenkasse nicht noch mehr zu belasten und sei im März 2003 zu ihrem neuen Lebenspartner, V K, der als Zeuge benannt werde, gezogen. Zu dieser Zeit sei es ihr so schlecht ergangen, dass sie ohne fremde Hilfe nicht einmal die täglichen Verrichtungen habe bewältigen könne. Sie habe regelmäßig Schmerztabletten genommen, um die Schmerzen in einem einigermaßen erträglichen Zustand zu halten. Am schlimmsten sei es morgens gewesen. Sie habe teilweise bis zu einer Dreiviertelstunde gebraucht, um aufstehen zu können. Dabei habe der Lebensgefährte helfen müssen. Den Umzug aus ihrer Wohnung zum Lebensgefährten habe dieser quasi alleine bewältigen müssen. Sie habe zu dieser Zeit auch weder auf dem Rücken noch auf dem Bauch, sondern nur auf der Seite in "Embryonalstellung" liegen könne. Ihre Rückenerkrankung sei auch der Grund gewesen, zum Partner zu ziehen. Dieser habe es so übernehmen können, den Sohn der Klägerin gemeinsam mit seinen beiden eigenen Kindern morgens in die Kindertagesstätte zu bringen und nachmittags nach der Arbeit wieder abzuholen. Auch die Aufgaben im Haushalt, die mit körperlichen Anstrengungen verbunden gewesen seien, habe der Lebensgefährte übernommen gehabt.

Der Versagungsbescheid vom 31. März 2003 sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen nach § 66 SGB I nicht vorgelegen hätten, worauf der Senat in seinem Beschluss vom 10. März 2006 im Prozesskostenhilfeverfahren hingewiesen habe (L 1 B 1150/05 KR PKH). Die Beklagte hätte nämlich unmissverständlich in ihrem Schreiben gem. § 66 Abs. 3 SGB I darauf hinweisen müssen, dass die Klägerin im Falle des erneuten Nichterscheinens bei Untersuchungstermin beim MDK hätte damit rechnen müsse, dass nicht nur der Anspruch auf Krankengeld erlösche, sondern auch die Mitgliedschaft ende. Nach Erhalt des Schreibens vom 31. März 2003 habe sich die Klägerin sofort mit der Beklagten in Verbindung gesetzt und um Mitteilung gebeten, wann und wo sie sich zur Untersuchung bereit halten solle. Sie sei einfach nicht noch einmal zur Untersuchung durch den MDK eingeladen worden. Aus dem Verwaltungsvorgang der Beklagten ergebe sich, dass es bezüglich des Termins beim MDK ein erhebliches Durcheinander gegeben habe. Zu Unrecht sei das SG davon ausgegangen, dass eine weitere Sachaufklärung zur Frage, ob die Klägerin über den 31. März 2003 hinaus arbeitsunfähig gewesen sei, nicht mehr möglich gewesen sei. Vielmehr könne auch im Nachhinein ein medizinisches Sachverständigengutachten unter Auswertung der Akten erfolgen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Berlin vom 1. Dezember 2006 zu verurteilen, 1. unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 1. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2004 an die Klägerin Krankengeld in der gesetzlichen Höhe für die Zeit vom 1. April 2003 bis 5. Februar 2004 zu zahlen, 2. hilfsweise festzustellen, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. Mai 2003 bis 28. März 2004 bei der Beklagten pflichtversichert war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat daraufhin gewiesen, dass der MDK keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstelle sondern zu der Einschätzung des behandelnden Arztes Stellung nehme. Sie verweist zur Rechtslage auf das Urteil des BSG vom 8. November 2005 (B 1 KR 30/04 R). Die Klägerin habe nicht alles in ihrer Macht Stehende und Zumutbare getan, um ihre Ansprüche auf Krankengeld zu wahren. Sie habe sich nämlich nach dem 14. März 2003 für einen längeren Zeitraum nicht in ärztlicher Behandlung begeben. Auch nachdem ihr letztmals spätestens am 10. April 2003 ein Krankengeldbetrag überwiesen worden sei, seien keine Nachfragen erfolgt, obwohl sie keinen neuen Auszahlungsschein mehr bekommen bzw. kein Krankengeld mehr überwiesen erhalten habe. Erst im Mai 2003 habe sie wieder einen Arzt aufgesucht, der jedoch keine Arbeitsunfähigkeit festgestellt habe. Auch habe die Klägerin nicht mitgeteilt, weshalb sie dann erst Anfang Juli 2003 wieder die Praxis M/W aufgesucht habe. Die Beklagte hält es schließlich für nicht nachvollziehbar, dass sich die Klägerin angesichts der von dieser geschilderten Beschwerden nicht in ärztliche Behandlung begeben habe und sich insbesondere nicht mehr verschreibungspflichtige Schmerzmittel habe verordnen lassen. Sie verweist auch auf die Entscheidung des BSG vom 2. November 2007 (B 1 KR 38/06 R).

Die Klägerin hat ein ärztliches Sachverständigengutachten nach § 109 SGG beantragt. Sie hat jedoch keinen Kostenvorschuss eingezahlt, obwohl ihr dies als Bedingung für die Auftragserteilung bekannt gewesen ist. Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat kein Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht im Haupt- wie im Hilfsantrag abgewiesen. Auf die zutreffende Begründung im angegriffenen Gerichtsbescheid wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Ergänzend ist nur noch anzuführen:

Ein Anspruch auf Krankengeld, der gleichzeitig die Mitgliedschaft als gesetzliche Krankenversicherung fortsetzt, scheitert bereits daran, dass der Krankengeldanspruch nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (immer) erst ab dem Tag entsteht, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung folgt. Dieses Erfordernis gilt auch für Folgebescheinigungen: Es entspricht ständiger Rechtssprechung des BSG, dass der Krankengeldanspruch nicht bereits bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht. § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist keine bloße Zahlungsvorschrift sondern originäre Voraussetzungen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 RdNr. 13). § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V findet auch uneingeschränkt Anwendung, wenn es um eine Folge-Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit geht (BSG, a.a.O. RdNr. 16). Ein Ausnahmefall, in welchem eine unterbliebene rechtzeitige ärztliche Feststellung rückwirkend nachgeholt werden kann, liegt hier nicht vor. Dazu wäre es erforderlich gewesen, dass die Klägerin gehindert gewesen ist, alles in ihrem Verantwortungsbereich Mögliche zu unternehmen, um vor Ablauf des Arbeitsunfähigkeitszeitraums eine rechtzeitige Verlängerung zu erlangen (vgl. BSG, a.a.O. RdNr. 17 unter Bezugnahme auf BSGE 95, 219 RdNr. 18ff).

Die Klägerin hätte (jedenfalls) den zweiten MDK-Termin wahrnehmen müssen. Es ist davon auszugehen, dass sie die Ladung hierzu vom 12. März 2003, die an die neue und richtige Anschrift gerichtet war, erhalten hat. Darauf kommt es aber streng genommen gar nicht an. Sie wusste jedenfalls aufgrund des unstreitigen Telefonats, dass zwischen der Sachbearbeiterin der Beklagten und ihr anlässlich des Postrücklaufes geführt wurde, dass sie kurzfristig vom MDK untersucht werden sollte, weil die Beklagte ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bezweifelte. Stattdessen hat sie selbst den Auszahlungsschein der Beklagten vom 24. Februar 2003, auf welchem Dr. M seine (letzte) AU-Bescheinigung am 14. März 2003 "b.a.w." bescheinigte, erst am 29. März 2003 ausgefüllt und hat ihn erst am 3. April 2003 der Beklagten zukommen lassen. Sie hat sich vom 15. März 2003 bis zum 4. Mai 2003 nicht in ärztlicher Behandlung befunden. Am 5. Mai 2003 wurde ihr von Dr. R keine Arbeitsunfähigkeit attestiert. Auch wenn der Versagungsbescheid nach § 60, 66 SGB I vom 31. März 2003 aus Sicht des Senats rechtlich fehlerhaft ist (vgl. Beschluss des Senats vom 10. März 2006 - L 1 B 1150/05 KR PKH -), konnte so bei der Klägerin insgesamt jedenfalls nicht unverschuldet der Eindruck entstehen, sie hätte ihrerseits alles unternommen, was erforderlich sei, um kontinuierlich weiterhin Krankengeld zu erhalten.

Im Übrigen folgt der Senat der Einschätzung des SG aus eigener Überzeugung, dass nicht sicher genug feststeht, dass die Rückenbeschwerden der Klägerin im fraglichen Zeitraum ab 1. April 2003 so gravierend waren, dass sie arbeitsunfähig in ihrem Beruf als Büroangestellte bzw. Bezirksamtsmitarbeiterin gewesen ist. Es ist ausgeschlossen, dass ein Sachverständiger nach Aktenlage jetzt noch alle Zweifel am Bestehen von Arbeitsunfähigkeit ausräumen könnte, also zu einer völlig anderen Einschätzung als der zeitnahen des fachkundigen Behandlers Dr. M und der des MDK gelangen könnte. Dies gilt auch unter der Annahme, dass die Behauptungen der Klägerin zu ihrem Leiden und die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen zutreffend sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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