Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 28 AS 117/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 B 1960/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 3. April 2008 wird aufgehoben. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwältin V M Kallee P gewährt. Beträge aus dem Einkommen oder Vermögen sind nicht zu zahlen. Kosten für das Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Klägerin ist für das Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Potsdam Prozesskostenhilfe (PKH) nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.
Die Gewährung von PKH ist nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Kommt insbesondere eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. nur Beschluss vom 3. Juni 2003, 1 BvR 1355/02, NJW-RR 2003, 1216).
An diesen Grundsätzen gemessen hat der Antrag hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn es besteht eine nicht nur entfernte Möglichkeit, dass der Klägerin höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft (KdU) im Hauptsacheverfahren zuzuerkennen sind. Das SG hat sich hinsichtlich der Erfolgsaussichten zu Unrecht allein auf den eigenen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom 23. August 2007 bezogen. Ausdrücklich hat das Landessozialgericht in dem diese Entscheidung bestätigenden Beschluss vom 18. Juni 2008 (L 5 B 349/08 AS ER) hervorgehoben, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine summarische Prüfung möglich ist und bezogen auf diesen Maßstab gegen die Richtlinien bezüglich der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Landkreis H keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Im Hauptsacheverfahren wird jedoch zu problematisieren sein, dass sich der Beklagte auf die Tabellenwerte nach § 8 Wohngeldgesetz als Orientierungsgröße bezieht (vg. Schreiben vom 30. Mai 2007 im Verfahren L 5 B 349/08 AS ER), diese Tabellenwerte jedoch grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft darstellen, weil sie zum einen die örtlichen Gegebenheiten nicht angemessen widerspiegeln und zum anderen nicht darauf abstellen, ob der Wohnraum bedarfsangemessen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - zitiert nach juris, Rn. 15).
Auch soweit der Beklagte zusätzlich in Ermangelung eines Mietspiegels auf Erhebungen zum örtlichen Wohnungsmarkt nach Angaben von Wohnungsunternehmen abstellt, ist im Hauptsacheverfahren zu klären, ob diese Ergebnisse eine sachgerechte Entscheidungsgrundlage bieten können. Eine vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben. Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen (Standard, gegebenenfalls ausgedrückt in Jahr des ersten Bezuges bzw. der letzten Renovierung plus Wohnungsgröße und Ausstattung) in die Auswertung eingeflossen sein (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R – zitiert nach juris). Den bisher vorliegenden Unterlagen zu den Ermittlungen des örtlichen Wohnungsmarktes ist weder die Zahl noch die Auswahl der Wohnungen sowie die Höhe der Kosten und deren Gewichtung zu entnehmen. Es sind jedoch von der Tatsacheninstanz Feststellungen zum Konzept und zur Datenbasis solcher Zusammenstellungen zu treffen (vgl. zu den notwendigen Aufklärungen für die Angemessenheit von KdU im Landkreis TBSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R – zitiert nach juris, Rn. 36).
Das SG wird auch die vom Beklagten angesetzte Höhe der warmen Betriebskosten zu überprüfen haben. Der Beklagte geht für einen Ein-Personenhaushalt von warmen Betriebskosten in Höhe von monatlich 99 EUR (bis Juni 2006) bzw. von 104 EUR (bis Mai 2008) aus, was bei einer (wohl) zugrunde gelegten Quadratmetergröße von 50 einem Betrag von 1,98 EUR bzw. 2,08 EUR pro Quadratmeter entspricht. Die Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg greifen hinsichtlich der Nebenkosten jedoch allgemein auf den vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten Betriebskostenspiegel zurück (vgl. z.B. Beschluss des erkennenden Senats vom 05.02.2009 - L 26 B 2388/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 28/29; Urteil vom 16.10.2008 – L 5 AS 1649/07 – zitiert nach juris, Rn. 27, sowie Beschlüsse vom 17.09.2008 – L 34 B 1650/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 9, vom 16.04.2008 – L 29 B 2215/07 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 8-9, vom 29.07.2008 – L 14 B 248/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 4, und vom 14.06.2007 – L 10 B 391/07 AS ER, zitiert nach juris, Rn. 7). Danach sind für 2006 warme Betriebskosten von 2,55 EUR und für 2007 von 2,60 EUR pro Quadratmeter zu berücksichtigen. Ob diesen Beträgen auch noch ganz oder teilweise die Kosten für die Warmwasseraufbereitung hinzuzufügen sind, wird im Hauptsacheverfahren zu erörtern sein. Eine sorgfältige Überprüfung der im Rahmen der Angemessenheit der warmen Betriebskosten zugrunde zu legenden Werte ist auch deshalb angezeigt, weil die Wohnung der Klägerin ursprünglich vom Sozialamt als angemessen angesehen wurde und die Kostensteigerung, die nach Auffassung des Beklagten zur Unangemessenheit der Wohnung führen soll, maßgeblich auf die Steigerung der Heizkosten zurückgeht.
Selbst wenn auch nach diesen Feststellungen die KdU in Streitzeitraum unangemessen hoch gewesen sein sollten, ist weiter aufzuklären, ob es eine konkrete Unterkunftsalternative gab und ein Umzug der Klägerin zuzumuten war. Dabei wird im konkreten Einzelfall ausgehend von den Arztberichten zur Bedeutung des Haustieres auch zu prüfen sein, ob hierbei als Unterkunftsalternative Wohnungen in Betracht kommen, in denen Hundehaltung nicht erlaubt ist.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Klägerin ist für das Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Potsdam Prozesskostenhilfe (PKH) nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.
Die Gewährung von PKH ist nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Kommt insbesondere eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. nur Beschluss vom 3. Juni 2003, 1 BvR 1355/02, NJW-RR 2003, 1216).
An diesen Grundsätzen gemessen hat der Antrag hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn es besteht eine nicht nur entfernte Möglichkeit, dass der Klägerin höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft (KdU) im Hauptsacheverfahren zuzuerkennen sind. Das SG hat sich hinsichtlich der Erfolgsaussichten zu Unrecht allein auf den eigenen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom 23. August 2007 bezogen. Ausdrücklich hat das Landessozialgericht in dem diese Entscheidung bestätigenden Beschluss vom 18. Juni 2008 (L 5 B 349/08 AS ER) hervorgehoben, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine summarische Prüfung möglich ist und bezogen auf diesen Maßstab gegen die Richtlinien bezüglich der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Landkreis H keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Im Hauptsacheverfahren wird jedoch zu problematisieren sein, dass sich der Beklagte auf die Tabellenwerte nach § 8 Wohngeldgesetz als Orientierungsgröße bezieht (vg. Schreiben vom 30. Mai 2007 im Verfahren L 5 B 349/08 AS ER), diese Tabellenwerte jedoch grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft darstellen, weil sie zum einen die örtlichen Gegebenheiten nicht angemessen widerspiegeln und zum anderen nicht darauf abstellen, ob der Wohnraum bedarfsangemessen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - zitiert nach juris, Rn. 15).
Auch soweit der Beklagte zusätzlich in Ermangelung eines Mietspiegels auf Erhebungen zum örtlichen Wohnungsmarkt nach Angaben von Wohnungsunternehmen abstellt, ist im Hauptsacheverfahren zu klären, ob diese Ergebnisse eine sachgerechte Entscheidungsgrundlage bieten können. Eine vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben. Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen (Standard, gegebenenfalls ausgedrückt in Jahr des ersten Bezuges bzw. der letzten Renovierung plus Wohnungsgröße und Ausstattung) in die Auswertung eingeflossen sein (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R – zitiert nach juris). Den bisher vorliegenden Unterlagen zu den Ermittlungen des örtlichen Wohnungsmarktes ist weder die Zahl noch die Auswahl der Wohnungen sowie die Höhe der Kosten und deren Gewichtung zu entnehmen. Es sind jedoch von der Tatsacheninstanz Feststellungen zum Konzept und zur Datenbasis solcher Zusammenstellungen zu treffen (vgl. zu den notwendigen Aufklärungen für die Angemessenheit von KdU im Landkreis TBSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R – zitiert nach juris, Rn. 36).
Das SG wird auch die vom Beklagten angesetzte Höhe der warmen Betriebskosten zu überprüfen haben. Der Beklagte geht für einen Ein-Personenhaushalt von warmen Betriebskosten in Höhe von monatlich 99 EUR (bis Juni 2006) bzw. von 104 EUR (bis Mai 2008) aus, was bei einer (wohl) zugrunde gelegten Quadratmetergröße von 50 einem Betrag von 1,98 EUR bzw. 2,08 EUR pro Quadratmeter entspricht. Die Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg greifen hinsichtlich der Nebenkosten jedoch allgemein auf den vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten Betriebskostenspiegel zurück (vgl. z.B. Beschluss des erkennenden Senats vom 05.02.2009 - L 26 B 2388/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 28/29; Urteil vom 16.10.2008 – L 5 AS 1649/07 – zitiert nach juris, Rn. 27, sowie Beschlüsse vom 17.09.2008 – L 34 B 1650/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 9, vom 16.04.2008 – L 29 B 2215/07 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 8-9, vom 29.07.2008 – L 14 B 248/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 4, und vom 14.06.2007 – L 10 B 391/07 AS ER, zitiert nach juris, Rn. 7). Danach sind für 2006 warme Betriebskosten von 2,55 EUR und für 2007 von 2,60 EUR pro Quadratmeter zu berücksichtigen. Ob diesen Beträgen auch noch ganz oder teilweise die Kosten für die Warmwasseraufbereitung hinzuzufügen sind, wird im Hauptsacheverfahren zu erörtern sein. Eine sorgfältige Überprüfung der im Rahmen der Angemessenheit der warmen Betriebskosten zugrunde zu legenden Werte ist auch deshalb angezeigt, weil die Wohnung der Klägerin ursprünglich vom Sozialamt als angemessen angesehen wurde und die Kostensteigerung, die nach Auffassung des Beklagten zur Unangemessenheit der Wohnung führen soll, maßgeblich auf die Steigerung der Heizkosten zurückgeht.
Selbst wenn auch nach diesen Feststellungen die KdU in Streitzeitraum unangemessen hoch gewesen sein sollten, ist weiter aufzuklären, ob es eine konkrete Unterkunftsalternative gab und ein Umzug der Klägerin zuzumuten war. Dabei wird im konkreten Einzelfall ausgehend von den Arztberichten zur Bedeutung des Haustieres auch zu prüfen sein, ob hierbei als Unterkunftsalternative Wohnungen in Betracht kommen, in denen Hundehaltung nicht erlaubt ist.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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