Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AS 80/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 453/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Einstiegsgeld für 18 Monate möglichst rückwirkend, hilfsweise für die Zukunft. Darüber hinaus beantragt er die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Der 1968 geborene Antragsteller beendete im Sommer 1992 seine Ausbildung zum Fachgehilfen in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen. Im Folgenden war er bis März 2003 – unterbrochen von Phasen der Arbeitslosigkeit - bei verschiedenen Steuerberatern bzw. entsprechenden Gesellschaften beschäftigt. Im April 2003 legte er die Fortbildungsprüfung als Geprüfter Bilanzbuchhalter ab. Nach zwei erfolglosen Versuchen, die Prüfung zum Steuerberater zu bestehen, beantragte der inzwischen Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) beziehende und sich auf den dritten Prüfungsversuch vorbereitende Antragsteller Ende April 2006 die Gewährung von Einstiegsgeld. Er legte in diesem Zusammenhang eine Gewerbeummeldung vor, nach der er nunmehr einen "Office und IT-Service" betreiben wollte, und prognostizierte ein Bruttoeinkommen im ersten Jahr der Selbständigkeit von 11.000,00 EUR. Ergänzend reichte er einen Business-Plan ein, dem eine Rentabilitätsvorschau bis einschließlich 2008 zu entnehmen ist. Weiter zeigte er an, dass seine Bank ihm ein Darlehen aus Mitteln des Programms der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Darlehen) in Höhe von 10.000,00 EUR bewilligt hatte. Mit Bescheid vom 19. Mai 2006 gewährte der Antragsgegner ihm daraufhin für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2006 Einstiegsgeld in Höhe von 172,50 EUR monatlich.
Im Folgenden legte der Antragsteller keinerlei Belege über Gewinne oder Verluste seines Unternehmens vor. Auch nachdem der Antragsgegner ihn im Sommer 2008 hierzu ausdrücklich aufgefordert hatte, reichte er keine aktuellen Unterlagen ein, sondern brachte von 1999 datierendes Zahlenmaterial bei. Mit Bescheid vom 10. September 2008 lehnte der Antragsgegner daraufhin die (Weiter)Gewährung von Einstiegsgeld ab. Mit seinem hiergegen gerichteten, am 13. Oktober 2008 eingegangenen Widerspruch übersandte der Antragsteller Überschussrechnungen aus den Jahren 1997/1998/ 1999 über eine nebenberufliche Tätigkeit. Weiter machte er geltend, dass das Darlehen erst im August 2006 ausgezahlt worden sei, sodass er erst zu diesem Zeitpunkt mit Investitionen habe beginnen können. Außerdem habe er sich dann auf das Steuerberaterexamen vorbereitet. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Bescheid vom 4. Dezember 2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Gewährung von Einstiegsgeld zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sein müsse, dies aber nur dann anzunehmen sei, wenn das Vorhaben hinreichende Aussicht dafür biete, dass es nicht nur vorübergehend eine zumindest den Leistungen der Grundsicherung entsprechende Lebensgrundlage sichere. Der Antragsteller habe keinerlei Angaben zu der behaupteten Selbständigkeit gemacht und offensichtlich keine Gewinne erzielt. Da er offenbar auch keine Ausgaben getätigt habe, sei die zweckgerichtete Verwendung des bewilligten Einstiegsgeldes fraglich. Weiter sei die voraussichtliche Entwicklung nicht ausreichend, um eine ausreichende Lebensgrundlage zu sichern. Selbst wenn man aber zu seinen Gunsten vom Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld ausginge, bestünde auch nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Insoweit sei zu prüfen, ob die Maßnahme zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit geeignet erscheine. Die Eignung beziehe sich auf die Erhöhung der Motivation für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Mitnahmeeffekte vermieden werden sollen. Dem Antragsteller sei bereits einmal Einstiegsgeld gewährt worden. Es sei jedoch nicht zu erkennen, dass er überhaupt einer selbständigen Tätigkeit nachgehe. Da weiter seine Hilfebedürftigkeit durch die aufgenommene Selbständigkeit nicht verringert worden und auch für die Zukunft nichts anderes zu erwarten sei, bleibe ein solcher Mitnahmeeffekt zu vermuten. Positive Bilanzen im Jahr 1999 könnten insofern nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Eine Entwicklung der vergangenen Monate und die Zukunftsprognose ließen eine Verlängerung des Einstiegsgeldes auch nach pflichtgemäßem Ermessen nicht zu.
Am 5. Januar 2009 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Zugleich hat sein Verfahrensbevollmächtigter für ihn beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, "die gesetzlich zustehenden Leistungen des sogenannten "Einstiegsgeldes" von monatlich mindestens 750,- Euro, hilfsweise mindestens 172,50 Euro – früherer Zahlbetrag -, weiter hilfsweise in von Gericht zu bestimmender Höhe rückwirkend für die vergangenen 18 Monate, hilfsweise für weitere mindestens 18 Monate, hilfsweise zunächst für weitere sechs Monate ohne jeden Abzug nach Maßgabe der ursprünglichen Bescheidung einstweilen sofort zu gewähren" sowie rückständige Beträge sofort auszuzahlen. Weiter hat er die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass ihm bisher lediglich für sechs Monate, und dies in unangemessen niedriger Höhe, Einstiegsgeld gewährt worden sei, obwohl gesetzlich ein Anspruch für die Dauer von 24 Monaten bestehe. Er sei ohne eigenes Verschulden in den vergangenen Monaten gehindert gewesen, seine selbständige berufliche Tätigkeit im geplanten Maße ununterbrochen aufzubauen. Er verfüge praktisch über keine Einkünfte, weil der Antragsgegner ihm in der Vergangenheit mehrfach mit als Sanktionsbescheiden betitelten Strafbescheiden die Leistungen gestrichen habe. Es sei deshalb bereits das Mietverhältnis gekündigt worden. Dass es bei all dem über die Kräfte eines halbwegs normalen Menschen gehe, noch die physische und psychische Kraft zu haben, sich nach monatelanger Auseinandersetzung mit der Bürokratie des Antragsgegners in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Finanzkrise eine selbständige Existenz aufzubauen, dürfte offenkundig sein.
Mit Beschluss vom 2. Februar 2009 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht sei. Der Antragsteller erfülle die Voraussetzungen für eine Weiterbewilligung von Einstiegsgeld nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II über den 31. Oktober 2006 hinaus nicht. Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Zahlung von Einstiegsgeld zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und zu seiner Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sei. Nach bereits sechsmonatiger Förderung der Existenzgründung und bestehender Selbständigkeit reiche für eine positive Prognoseentscheidung die vom Antragsteller lediglich behauptete Möglichkeit der Überwindung der Hilfebedürftigkeit nicht aus. Im Übrigen stünde die Gewährung von Einstiegsgeld im Ermessen der Behörde. Dass aber die Gewährung von Einstiegsgeld die einzig richtige behördliche Entscheidung darstelle, sei nicht erkennbar. Zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers seien zahlreiche andere Maßnahmen, wie z.B. berufliche Weiterbildung, denkbar. Auch sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft. Bzgl. der für die Vergangenheit begehrten Leistungen sei die Sache nicht (mehr) eilbedürftig. Bzgl. der hilfsweise für die Zukunft begehrten Leistungen sei ebenso wenig ersichtlich, dass dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar sei. Ihm drohe kein unwiederbringlicher Rechtsverlust. Vielmehr könne er ohne größere Nachteile seine selbständige Erwerbstätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller seine Erwerbstätigkeit selbst zwischenzeitlich eingestellt und länger als ein Jahr gewartet habe, bis er einen Fortzahlungsantrag gestellt habe. Schließlich habe die Rechtsverfolgung aus vorstehenden Gründen keine hinreichende Erfolgsaussicht gehabt, sodass auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht gekommen sei.
Gegen diesen dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 06. Februar 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. März 2009 eingelegte Beschwerde, mit der das einstweilige Rechtsschutzbegehren weiterverfolgt wird. Am 30. März 2009 hat er schließlich die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zur Begründung macht er – von unsachlichen Schmähungen gegen den Antragsgegner abgesehen – im Wesentlichen geltend, dass bereits im Hinblick auf eine anhängige Räumungsklage der Anordnungsgrund zu bejahen sei. Im Übrigen liege auch ein Anordnungsanspruch vor. Dass Einstiegsgeld zu gewähren sei, folge schon aus der ursprünglichen Bewilligung für sechs Monate. Nach einmaliger Bejahung der erforderlichen Voraussetzungen sei von deren weiterem Vorliegen bis zum Beweis des Gegenteils auszugehen. Außerdem sei eine Förderung nur sinnvoll, wenn sie für die gesamte voraussichtliche Dauer der Existenzgründung gewährt und nicht schon nach einem halben Jahr wieder eingestellt werde. In so kurzer Zeit könne kein tragfähiger Betrieb aufgebaut werden. Im Übrigen liege ein Business-Plan vor, der der Bank für die Gewährung eines KfW-Darlehens ausgereicht und dem Antragsgegner daher erst recht zu genügen habe. Dem Business-Plan lasse sich entnehmen, dass sich in absehbarer Zeit Einkommen erzielen lasse und die Hilfebedürftigkeit somit auf Dauer (voraussichtlich) überwunden werden könne. Dass der Antragsteller bislang noch keine Nachweise zu erzielten Gewinnen habe vorlegen können, spreche nicht gegen die weitere Gewährung von Einstiegsgeld, da gerade in der ersten Gründungsphase nicht mit Gewinnen zu rechnen sei. Soweit das Sozialgericht ausführe, dass dem Antragsgegner Ermessen zugestanden habe und eine Ermessensreduktion auf Null nicht erkennbar sei, sei darauf hinzuweisen, dass sich die Frage der Ermessensreduktion nicht stelle, solange die Behörde ein ihr eingeräumtes Ermessen gar nicht ausübe. Nach alledem habe er einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Gewährung der ihm zustehenden und bislang rechtswidrig versagten Leistungen mindestens für die Zukunft.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin es abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller weiteres Einstiegsgeld – sei es für 18 Monate oder eine kürzere Zeitspanne, sei es für die Vergangenheit oder die Zukunft – zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dies hat der Antragsteller nicht getan.
Soweit der Antragsteller die Gewährung von Einstiegsgeld für die vergangenen 18 Monate begehrt, fehlt es bereits am Anordnungsgrund. Der Senat folgt insoweit der Begründung des Sozialgerichts und verweist auf dessen überzeugende Ausführungen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dass der Antragsteller angeblich Mietschulden hat, sein Mietverhältnis deshalb gekündigt und inzwischen eine Räumungsklage gegen ihn anhängig sein soll, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es ist nicht Sinn und Zweck der Gewährung von Einstiegsgeld, dem Hilfebedürftigen den Ausgleich von Mietaußenständen für seine Privatunterkunft zu ermöglichen, die aufgrund eigenen unwirtschaftlichen Verhaltens, im Zusammenhang mit einer möglicherweise nicht korrekten Gewährung insbesondere von Leistungen für die Kosten der Unterkunft oder infolge verhängter Sanktionen entstanden sind. Insoweit müsste der Antragsteller sich ggf. gegen die Sanktionen wenden oder eine ordnungsgemäße Gewährung der ihm zustehenden Unterkunftskosten, hilfsweise die Übernahme von Mietschulden beantragen. Anderes wäre allenfalls dann erwägenswert, wenn der Antragsteller ihm eigentlich für die Unterkunft und Heizung gewährte Leistungen zur Aufrechterhaltung seines Gewerbes aufgewendet hätte. Dies ist jedoch weder von ihm dargetan noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil hat der Antragsgegner in seinem Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2008 völlig zu Recht darauf verwiesen, dass auch nicht ansatzweise erkennbar sei, ob der Antragsteller überhaupt seit dem Jahre 2006 (noch) einer selbständigen Tätigkeit nachgeht. Etwaige Unterlagen, denen dies zu entnehmen sein könnte, hat der Antragsteller auch im hiesigen Verfahren nicht eingereicht, sondern sich auf die Vorlage des ursprünglichen, bereits im Jahre 2006 eingereichten Business-Plans beschränkt.
Auch soweit der Antragsteller hilfsweise Einstiegsgeld für die Zukunft begehrt, teilt der Senat die Bedenken des Sozialgerichts bzgl. der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Insbesondere aber fehlt es zu seiner Überzeugung insoweit – wie das Sozialgericht ebenfalls ausgeführt hat – an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Gericht der Hauptsache den Antragsgegner verurteilen wird, dem Antragsteller weiteres Einstiegsgeld für die kommenden 18 Monate zu gewähren. Abgesehen davon, dass dies angesichts des Charakters der maßgeblichen Rechtsgrundlagen als Ermessensvorschriften nur im Falle einer – eher unwahrscheinlichen – Ermessenreduzierung auf Null möglich wäre, liegen zur Überzeugung des Senats bereits die Voraussetzungen, die der Behörde überhaupt das Ermessen eröffnen würden, dem Antragsteller Einstiegsgeld zu gewähren, jedenfalls aktuell nicht (mehr) vor.
Maßgebliche Rechtsgrundlage ist insoweit § 16b i.V.m. § 16c SGB II in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden und hier – mit Blick auf die ursprünglich bis zum 31. Oktober 2006 befristete Leistungsgewährung - nach § 66 SGB II maßgeblichen Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008. Mit diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich normiert, dass Eingliederungsleistungen für Selbständige nur zu gewähren sind, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt, mithin aufgrund einer Plausibilitätsprüfung und eines schlüssigen Konzepts davon ausgegangen werden kann, dass die Tätigkeit Aussicht auf einen wirtschaftlichen Erfolg bietet. Denn es ist nicht Anliegen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, eine Persönlichkeitsentfaltung ohne Rücksicht auf die Sicherung der Lebensgrundlage zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 3/05 R – zitiert nach juris, Rn. 27 m.w.N.). Einstiegsgeld kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die eine selbständige hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, daher nur gewährt werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich und zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird (§§ 16b Abs. 1 Satz 1, § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Vortrag des Antragstellers nicht anzunehmen.
Soweit der Antragsteller sich im Wesentlichen darauf beruft, dass zum einen bereits aus der ursprünglichen Bewilligung von Einstiegsgeld im Jahr 2006 ein Anspruch auf Weitergewährung folge und zum anderen grundsätzlich ein Anspruch auf eine zweijährige Förderung bestehe, geht dies offensichtlich fehl. Allein die Förderungshöchstdauer beträgt 24 Monate (§ 16b Abs. 2 Satz 1 SGB II, zuvor § 29 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Daraus folgt aber gerade nicht, dass stets für zwei Jahre Leistungen zu gewähren sind. Andernfalls hätte der Gesetzgeber von vornherein eine entsprechende Leistungsbewilligung vorgesehen. Da dies nicht geschehen ist, hat der Antragsgegner das Einstiegsgeld – wie allgemein üblich - nur für sechs Monate bewilligt, sodass dem Antragsteller klar sein musste, dass eine Weitergewährung keinesfalls sicher, sondern von einer weiteren positiven Prognose abhängig war.
Für die Annahme einer positiven Prognose reicht es dabei nicht aus, dass ursprünglich einmal eine solche gestellt worden war. Im Gegenteil ist nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts und vor Weitergewährung von Einstiegsgeld erneut zu prüfen, ob weiterhin – mit hinreichender Sicherheit - davon ausgegangen werden kann, dass die Tätigkeit Aussicht auf einen wirtschaftlichen Erfolg bietet. Dies aber kann bei dem Antragsteller zurzeit nicht angenommen werden.
Der Senat verkennt nicht, dass eine selbständige Tätigkeit in aller Regel nicht sofort gewinnbringend ist, sondern eine gewisse Anlaufzeit benötigt. Vorliegend ist jedoch auch nicht im Ansatz zu erkennen, dass sich der Antragsteller mit seiner Selbständigkeit "auf dem richtigen Weg" befindet, sich nämlich ein wirtschaftlicher Erfolg seiner Bemühungen auch nur abzeichnen könnte. Im Gegenteil ist seinen Angaben im Verwaltungs- und einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht einmal zu entnehmen, ob er überhaupt noch einer selbständigen Tätigkeit nachgeht und dies ggf. in einem Umfang, der einen wirtschaftlichen Erfolg auch nur möglich erscheinen lässt. Vielmehr ist sein bzw. der Vortrag seines Verfahrensbevollmächtigten von polemisierenden – und jedenfalls nach den hier vorliegenden Akten nicht zutreffenden – Vorwürfen gegen den Antragsgegner geprägt, enthält aber nicht die geringsten Hinweise auf eine Geschäftstätigkeit. Der zu den Akten gereichte Business-Plan, dem eine Rentabilitätsvorschau bis einschließlich 2008 zu entnehmen ist, ist offensichtlich nicht aktuell. Erst recht gilt dies für die vom Antragsteller im Widerspruchsverfahren zu den Akten gereichten Geschäftsunterlagen, die sich auf die Jahre bis 1999 beziehen. Der Senat kann daher nur davon ausgehen, dass der Antragsteller entweder überhaupt keine selbständige Tätigkeit mehr ausübt oder sich diese jedenfalls nicht so positiv entwickelt hat, wie er selbst zunächst erwartet hatte. Warum dann aber seine bisher offensichtlich zu positive Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung seiner Tätigkeit nunmehr realistisch sein sollte, ist nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller mit seiner Antragsschrift selbst geltend gemacht hat, wie schwer es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Finanzkrise sei, eine selbständige Existenz aufzubauen. Anlass, gemäß § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit einzufordern, besteht mangels Vorlage auch nur ansatzweise aussagekräftiger Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung nicht.
Soweit der Antragsteller schließlich meint, nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die begehrten Leistungen erhalten zu müssen, trifft dies ebenfalls nicht zu. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt neben einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträger voraus, dass zwischen dieser Pflichtverletzung und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Weiter muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14 AS 27/07 R – zitiert nach juris, Rn. 40). Daher kann die Behörde nur verpflichtet sein, etwas zu gewähren, worauf im Falle sachgerechter Bearbeitung auch ein Anspruch bestünde. Denn über den Herstellungsanspruch soll der Betroffene nur vor Schaden bewahrt werden, ihm sollen hingegen keine Vorteile zufließen, die er bei nicht fehlerhaftem behördlichem Verhalten nicht gehabt hätte. Hier ist schon nicht ersichtlich und auch nicht ansatzweise nachvollziehbar dargetan, welche konkrete Pflicht der Antragsgegner verletzt haben sollte. Das Fehlverhalten liegt offensichtlich beim Antragsteller, der es versäumt hat, den Verlauf seiner Selbständigkeit durch geeignete Unterlagen zu dokumentieren und damit der Behörde und nachfolgend dem Gericht eine Plausibilitätsprüfung zu ermöglichen.
Aus den vorgenannten Gründen hatte das Beschwerdeverfahren von Anfang an keine hinreichenden Erfolgsaussichten, so dass nach § 73a SGB II i.V.m. §§ 114 ZPO auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Einstiegsgeld für 18 Monate möglichst rückwirkend, hilfsweise für die Zukunft. Darüber hinaus beantragt er die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Der 1968 geborene Antragsteller beendete im Sommer 1992 seine Ausbildung zum Fachgehilfen in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen. Im Folgenden war er bis März 2003 – unterbrochen von Phasen der Arbeitslosigkeit - bei verschiedenen Steuerberatern bzw. entsprechenden Gesellschaften beschäftigt. Im April 2003 legte er die Fortbildungsprüfung als Geprüfter Bilanzbuchhalter ab. Nach zwei erfolglosen Versuchen, die Prüfung zum Steuerberater zu bestehen, beantragte der inzwischen Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) beziehende und sich auf den dritten Prüfungsversuch vorbereitende Antragsteller Ende April 2006 die Gewährung von Einstiegsgeld. Er legte in diesem Zusammenhang eine Gewerbeummeldung vor, nach der er nunmehr einen "Office und IT-Service" betreiben wollte, und prognostizierte ein Bruttoeinkommen im ersten Jahr der Selbständigkeit von 11.000,00 EUR. Ergänzend reichte er einen Business-Plan ein, dem eine Rentabilitätsvorschau bis einschließlich 2008 zu entnehmen ist. Weiter zeigte er an, dass seine Bank ihm ein Darlehen aus Mitteln des Programms der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Darlehen) in Höhe von 10.000,00 EUR bewilligt hatte. Mit Bescheid vom 19. Mai 2006 gewährte der Antragsgegner ihm daraufhin für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2006 Einstiegsgeld in Höhe von 172,50 EUR monatlich.
Im Folgenden legte der Antragsteller keinerlei Belege über Gewinne oder Verluste seines Unternehmens vor. Auch nachdem der Antragsgegner ihn im Sommer 2008 hierzu ausdrücklich aufgefordert hatte, reichte er keine aktuellen Unterlagen ein, sondern brachte von 1999 datierendes Zahlenmaterial bei. Mit Bescheid vom 10. September 2008 lehnte der Antragsgegner daraufhin die (Weiter)Gewährung von Einstiegsgeld ab. Mit seinem hiergegen gerichteten, am 13. Oktober 2008 eingegangenen Widerspruch übersandte der Antragsteller Überschussrechnungen aus den Jahren 1997/1998/ 1999 über eine nebenberufliche Tätigkeit. Weiter machte er geltend, dass das Darlehen erst im August 2006 ausgezahlt worden sei, sodass er erst zu diesem Zeitpunkt mit Investitionen habe beginnen können. Außerdem habe er sich dann auf das Steuerberaterexamen vorbereitet. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Bescheid vom 4. Dezember 2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Gewährung von Einstiegsgeld zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sein müsse, dies aber nur dann anzunehmen sei, wenn das Vorhaben hinreichende Aussicht dafür biete, dass es nicht nur vorübergehend eine zumindest den Leistungen der Grundsicherung entsprechende Lebensgrundlage sichere. Der Antragsteller habe keinerlei Angaben zu der behaupteten Selbständigkeit gemacht und offensichtlich keine Gewinne erzielt. Da er offenbar auch keine Ausgaben getätigt habe, sei die zweckgerichtete Verwendung des bewilligten Einstiegsgeldes fraglich. Weiter sei die voraussichtliche Entwicklung nicht ausreichend, um eine ausreichende Lebensgrundlage zu sichern. Selbst wenn man aber zu seinen Gunsten vom Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld ausginge, bestünde auch nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Insoweit sei zu prüfen, ob die Maßnahme zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit geeignet erscheine. Die Eignung beziehe sich auf die Erhöhung der Motivation für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Mitnahmeeffekte vermieden werden sollen. Dem Antragsteller sei bereits einmal Einstiegsgeld gewährt worden. Es sei jedoch nicht zu erkennen, dass er überhaupt einer selbständigen Tätigkeit nachgehe. Da weiter seine Hilfebedürftigkeit durch die aufgenommene Selbständigkeit nicht verringert worden und auch für die Zukunft nichts anderes zu erwarten sei, bleibe ein solcher Mitnahmeeffekt zu vermuten. Positive Bilanzen im Jahr 1999 könnten insofern nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Eine Entwicklung der vergangenen Monate und die Zukunftsprognose ließen eine Verlängerung des Einstiegsgeldes auch nach pflichtgemäßem Ermessen nicht zu.
Am 5. Januar 2009 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Zugleich hat sein Verfahrensbevollmächtigter für ihn beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, "die gesetzlich zustehenden Leistungen des sogenannten "Einstiegsgeldes" von monatlich mindestens 750,- Euro, hilfsweise mindestens 172,50 Euro – früherer Zahlbetrag -, weiter hilfsweise in von Gericht zu bestimmender Höhe rückwirkend für die vergangenen 18 Monate, hilfsweise für weitere mindestens 18 Monate, hilfsweise zunächst für weitere sechs Monate ohne jeden Abzug nach Maßgabe der ursprünglichen Bescheidung einstweilen sofort zu gewähren" sowie rückständige Beträge sofort auszuzahlen. Weiter hat er die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass ihm bisher lediglich für sechs Monate, und dies in unangemessen niedriger Höhe, Einstiegsgeld gewährt worden sei, obwohl gesetzlich ein Anspruch für die Dauer von 24 Monaten bestehe. Er sei ohne eigenes Verschulden in den vergangenen Monaten gehindert gewesen, seine selbständige berufliche Tätigkeit im geplanten Maße ununterbrochen aufzubauen. Er verfüge praktisch über keine Einkünfte, weil der Antragsgegner ihm in der Vergangenheit mehrfach mit als Sanktionsbescheiden betitelten Strafbescheiden die Leistungen gestrichen habe. Es sei deshalb bereits das Mietverhältnis gekündigt worden. Dass es bei all dem über die Kräfte eines halbwegs normalen Menschen gehe, noch die physische und psychische Kraft zu haben, sich nach monatelanger Auseinandersetzung mit der Bürokratie des Antragsgegners in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Finanzkrise eine selbständige Existenz aufzubauen, dürfte offenkundig sein.
Mit Beschluss vom 2. Februar 2009 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht sei. Der Antragsteller erfülle die Voraussetzungen für eine Weiterbewilligung von Einstiegsgeld nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II über den 31. Oktober 2006 hinaus nicht. Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Zahlung von Einstiegsgeld zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und zu seiner Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sei. Nach bereits sechsmonatiger Förderung der Existenzgründung und bestehender Selbständigkeit reiche für eine positive Prognoseentscheidung die vom Antragsteller lediglich behauptete Möglichkeit der Überwindung der Hilfebedürftigkeit nicht aus. Im Übrigen stünde die Gewährung von Einstiegsgeld im Ermessen der Behörde. Dass aber die Gewährung von Einstiegsgeld die einzig richtige behördliche Entscheidung darstelle, sei nicht erkennbar. Zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers seien zahlreiche andere Maßnahmen, wie z.B. berufliche Weiterbildung, denkbar. Auch sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft. Bzgl. der für die Vergangenheit begehrten Leistungen sei die Sache nicht (mehr) eilbedürftig. Bzgl. der hilfsweise für die Zukunft begehrten Leistungen sei ebenso wenig ersichtlich, dass dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar sei. Ihm drohe kein unwiederbringlicher Rechtsverlust. Vielmehr könne er ohne größere Nachteile seine selbständige Erwerbstätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller seine Erwerbstätigkeit selbst zwischenzeitlich eingestellt und länger als ein Jahr gewartet habe, bis er einen Fortzahlungsantrag gestellt habe. Schließlich habe die Rechtsverfolgung aus vorstehenden Gründen keine hinreichende Erfolgsaussicht gehabt, sodass auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht gekommen sei.
Gegen diesen dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 06. Februar 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. März 2009 eingelegte Beschwerde, mit der das einstweilige Rechtsschutzbegehren weiterverfolgt wird. Am 30. März 2009 hat er schließlich die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zur Begründung macht er – von unsachlichen Schmähungen gegen den Antragsgegner abgesehen – im Wesentlichen geltend, dass bereits im Hinblick auf eine anhängige Räumungsklage der Anordnungsgrund zu bejahen sei. Im Übrigen liege auch ein Anordnungsanspruch vor. Dass Einstiegsgeld zu gewähren sei, folge schon aus der ursprünglichen Bewilligung für sechs Monate. Nach einmaliger Bejahung der erforderlichen Voraussetzungen sei von deren weiterem Vorliegen bis zum Beweis des Gegenteils auszugehen. Außerdem sei eine Förderung nur sinnvoll, wenn sie für die gesamte voraussichtliche Dauer der Existenzgründung gewährt und nicht schon nach einem halben Jahr wieder eingestellt werde. In so kurzer Zeit könne kein tragfähiger Betrieb aufgebaut werden. Im Übrigen liege ein Business-Plan vor, der der Bank für die Gewährung eines KfW-Darlehens ausgereicht und dem Antragsgegner daher erst recht zu genügen habe. Dem Business-Plan lasse sich entnehmen, dass sich in absehbarer Zeit Einkommen erzielen lasse und die Hilfebedürftigkeit somit auf Dauer (voraussichtlich) überwunden werden könne. Dass der Antragsteller bislang noch keine Nachweise zu erzielten Gewinnen habe vorlegen können, spreche nicht gegen die weitere Gewährung von Einstiegsgeld, da gerade in der ersten Gründungsphase nicht mit Gewinnen zu rechnen sei. Soweit das Sozialgericht ausführe, dass dem Antragsgegner Ermessen zugestanden habe und eine Ermessensreduktion auf Null nicht erkennbar sei, sei darauf hinzuweisen, dass sich die Frage der Ermessensreduktion nicht stelle, solange die Behörde ein ihr eingeräumtes Ermessen gar nicht ausübe. Nach alledem habe er einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Gewährung der ihm zustehenden und bislang rechtswidrig versagten Leistungen mindestens für die Zukunft.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin es abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller weiteres Einstiegsgeld – sei es für 18 Monate oder eine kürzere Zeitspanne, sei es für die Vergangenheit oder die Zukunft – zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dies hat der Antragsteller nicht getan.
Soweit der Antragsteller die Gewährung von Einstiegsgeld für die vergangenen 18 Monate begehrt, fehlt es bereits am Anordnungsgrund. Der Senat folgt insoweit der Begründung des Sozialgerichts und verweist auf dessen überzeugende Ausführungen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dass der Antragsteller angeblich Mietschulden hat, sein Mietverhältnis deshalb gekündigt und inzwischen eine Räumungsklage gegen ihn anhängig sein soll, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es ist nicht Sinn und Zweck der Gewährung von Einstiegsgeld, dem Hilfebedürftigen den Ausgleich von Mietaußenständen für seine Privatunterkunft zu ermöglichen, die aufgrund eigenen unwirtschaftlichen Verhaltens, im Zusammenhang mit einer möglicherweise nicht korrekten Gewährung insbesondere von Leistungen für die Kosten der Unterkunft oder infolge verhängter Sanktionen entstanden sind. Insoweit müsste der Antragsteller sich ggf. gegen die Sanktionen wenden oder eine ordnungsgemäße Gewährung der ihm zustehenden Unterkunftskosten, hilfsweise die Übernahme von Mietschulden beantragen. Anderes wäre allenfalls dann erwägenswert, wenn der Antragsteller ihm eigentlich für die Unterkunft und Heizung gewährte Leistungen zur Aufrechterhaltung seines Gewerbes aufgewendet hätte. Dies ist jedoch weder von ihm dargetan noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil hat der Antragsgegner in seinem Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2008 völlig zu Recht darauf verwiesen, dass auch nicht ansatzweise erkennbar sei, ob der Antragsteller überhaupt seit dem Jahre 2006 (noch) einer selbständigen Tätigkeit nachgeht. Etwaige Unterlagen, denen dies zu entnehmen sein könnte, hat der Antragsteller auch im hiesigen Verfahren nicht eingereicht, sondern sich auf die Vorlage des ursprünglichen, bereits im Jahre 2006 eingereichten Business-Plans beschränkt.
Auch soweit der Antragsteller hilfsweise Einstiegsgeld für die Zukunft begehrt, teilt der Senat die Bedenken des Sozialgerichts bzgl. der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Insbesondere aber fehlt es zu seiner Überzeugung insoweit – wie das Sozialgericht ebenfalls ausgeführt hat – an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Gericht der Hauptsache den Antragsgegner verurteilen wird, dem Antragsteller weiteres Einstiegsgeld für die kommenden 18 Monate zu gewähren. Abgesehen davon, dass dies angesichts des Charakters der maßgeblichen Rechtsgrundlagen als Ermessensvorschriften nur im Falle einer – eher unwahrscheinlichen – Ermessenreduzierung auf Null möglich wäre, liegen zur Überzeugung des Senats bereits die Voraussetzungen, die der Behörde überhaupt das Ermessen eröffnen würden, dem Antragsteller Einstiegsgeld zu gewähren, jedenfalls aktuell nicht (mehr) vor.
Maßgebliche Rechtsgrundlage ist insoweit § 16b i.V.m. § 16c SGB II in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden und hier – mit Blick auf die ursprünglich bis zum 31. Oktober 2006 befristete Leistungsgewährung - nach § 66 SGB II maßgeblichen Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008. Mit diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich normiert, dass Eingliederungsleistungen für Selbständige nur zu gewähren sind, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt, mithin aufgrund einer Plausibilitätsprüfung und eines schlüssigen Konzepts davon ausgegangen werden kann, dass die Tätigkeit Aussicht auf einen wirtschaftlichen Erfolg bietet. Denn es ist nicht Anliegen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, eine Persönlichkeitsentfaltung ohne Rücksicht auf die Sicherung der Lebensgrundlage zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 3/05 R – zitiert nach juris, Rn. 27 m.w.N.). Einstiegsgeld kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die eine selbständige hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, daher nur gewährt werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich und zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird (§§ 16b Abs. 1 Satz 1, § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Vortrag des Antragstellers nicht anzunehmen.
Soweit der Antragsteller sich im Wesentlichen darauf beruft, dass zum einen bereits aus der ursprünglichen Bewilligung von Einstiegsgeld im Jahr 2006 ein Anspruch auf Weitergewährung folge und zum anderen grundsätzlich ein Anspruch auf eine zweijährige Förderung bestehe, geht dies offensichtlich fehl. Allein die Förderungshöchstdauer beträgt 24 Monate (§ 16b Abs. 2 Satz 1 SGB II, zuvor § 29 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Daraus folgt aber gerade nicht, dass stets für zwei Jahre Leistungen zu gewähren sind. Andernfalls hätte der Gesetzgeber von vornherein eine entsprechende Leistungsbewilligung vorgesehen. Da dies nicht geschehen ist, hat der Antragsgegner das Einstiegsgeld – wie allgemein üblich - nur für sechs Monate bewilligt, sodass dem Antragsteller klar sein musste, dass eine Weitergewährung keinesfalls sicher, sondern von einer weiteren positiven Prognose abhängig war.
Für die Annahme einer positiven Prognose reicht es dabei nicht aus, dass ursprünglich einmal eine solche gestellt worden war. Im Gegenteil ist nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts und vor Weitergewährung von Einstiegsgeld erneut zu prüfen, ob weiterhin – mit hinreichender Sicherheit - davon ausgegangen werden kann, dass die Tätigkeit Aussicht auf einen wirtschaftlichen Erfolg bietet. Dies aber kann bei dem Antragsteller zurzeit nicht angenommen werden.
Der Senat verkennt nicht, dass eine selbständige Tätigkeit in aller Regel nicht sofort gewinnbringend ist, sondern eine gewisse Anlaufzeit benötigt. Vorliegend ist jedoch auch nicht im Ansatz zu erkennen, dass sich der Antragsteller mit seiner Selbständigkeit "auf dem richtigen Weg" befindet, sich nämlich ein wirtschaftlicher Erfolg seiner Bemühungen auch nur abzeichnen könnte. Im Gegenteil ist seinen Angaben im Verwaltungs- und einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht einmal zu entnehmen, ob er überhaupt noch einer selbständigen Tätigkeit nachgeht und dies ggf. in einem Umfang, der einen wirtschaftlichen Erfolg auch nur möglich erscheinen lässt. Vielmehr ist sein bzw. der Vortrag seines Verfahrensbevollmächtigten von polemisierenden – und jedenfalls nach den hier vorliegenden Akten nicht zutreffenden – Vorwürfen gegen den Antragsgegner geprägt, enthält aber nicht die geringsten Hinweise auf eine Geschäftstätigkeit. Der zu den Akten gereichte Business-Plan, dem eine Rentabilitätsvorschau bis einschließlich 2008 zu entnehmen ist, ist offensichtlich nicht aktuell. Erst recht gilt dies für die vom Antragsteller im Widerspruchsverfahren zu den Akten gereichten Geschäftsunterlagen, die sich auf die Jahre bis 1999 beziehen. Der Senat kann daher nur davon ausgehen, dass der Antragsteller entweder überhaupt keine selbständige Tätigkeit mehr ausübt oder sich diese jedenfalls nicht so positiv entwickelt hat, wie er selbst zunächst erwartet hatte. Warum dann aber seine bisher offensichtlich zu positive Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung seiner Tätigkeit nunmehr realistisch sein sollte, ist nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller mit seiner Antragsschrift selbst geltend gemacht hat, wie schwer es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Finanzkrise sei, eine selbständige Existenz aufzubauen. Anlass, gemäß § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit einzufordern, besteht mangels Vorlage auch nur ansatzweise aussagekräftiger Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung nicht.
Soweit der Antragsteller schließlich meint, nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die begehrten Leistungen erhalten zu müssen, trifft dies ebenfalls nicht zu. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt neben einer Pflichtverletzung des Sozialleistungsträger voraus, dass zwischen dieser Pflichtverletzung und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Weiter muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14 AS 27/07 R – zitiert nach juris, Rn. 40). Daher kann die Behörde nur verpflichtet sein, etwas zu gewähren, worauf im Falle sachgerechter Bearbeitung auch ein Anspruch bestünde. Denn über den Herstellungsanspruch soll der Betroffene nur vor Schaden bewahrt werden, ihm sollen hingegen keine Vorteile zufließen, die er bei nicht fehlerhaftem behördlichem Verhalten nicht gehabt hätte. Hier ist schon nicht ersichtlich und auch nicht ansatzweise nachvollziehbar dargetan, welche konkrete Pflicht der Antragsgegner verletzt haben sollte. Das Fehlverhalten liegt offensichtlich beim Antragsteller, der es versäumt hat, den Verlauf seiner Selbständigkeit durch geeignete Unterlagen zu dokumentieren und damit der Behörde und nachfolgend dem Gericht eine Plausibilitätsprüfung zu ermöglichen.
Aus den vorgenannten Gründen hatte das Beschwerdeverfahren von Anfang an keine hinreichenden Erfolgsaussichten, so dass nach § 73a SGB II i.V.m. §§ 114 ZPO auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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