L 28 AS 876/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 121 AS 13412/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 876/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2009 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für die Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt S wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2009 sind gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, können in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht Berlin hat ihren Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen die Übernahme der Kosten für eine 92,0 m² große Wohnung in der Wstraße in B zu einem Gesamtmietpreis von 704,21 EUR zuzusichern, zu Recht abgewiesen. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Gericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat.

Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dies ist den Antragstellern nicht gelungen.

Der Senat hat bereits Zweifel, ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, d.h. der Antragsgegner im Klageverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dazu verpflichtet werden wird, den Antragstellern eine Zusicherung zu erteilen. Dies bedarf vorliegend jedoch keiner Klärung. Denn jedenfalls haben die Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Eine einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile ist nur dann geboten, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles für den Betroffenen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Dies ist unter Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen der Beteiligten hier nicht der Fall. Es ist nicht ersichtlich, dass den Antragstellern gravierende, irreparable Schäden drohen, wenn sie mit ihrem Begehren auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden.

Die Antragstellerin und ihre vier zwischen September 2000 und August 2008 geborenen Söhne, die Antragsteller zu 2) bis 5), bewohnen aktuell in B-M eine 81,5 m² große Wohnung. Soweit sie behaupten, dass es sich hierbei um eine sich nur über zweieinhalb Zimmer mit einer Größe von 25,88 m², 20,88 m² und 9,0 m² erstreckende Wohnung handele, trifft dies offensichtlich nicht zu. Denn bereits nach dem von den Antragstellern vorgelegten Grundriss würde die Wohnung nur über gut 70 m² verfügen. Insbesondere aber decken sich ihre Angaben nicht mit den Ermittlungen des vom Antragsgegner eingeschalteten Prüfdienstes. Nach dessen Bemessungen stehen den Antragstellern neben Flur, Küche und Bad drei Räume mit einer Größe von 32,68 m², 11,96 m² und 23,04 m² zur Verfügung. Die Antragsteller leben danach keinesfalls unter offensichtlich unzumutbar beengten Verhältnissen, die eine Entscheidung über die Erforderlichkeit des Umzuges im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erfordern würde.

Eine andere Entscheidung ist auch nicht mit Blick auf die geltend gemachten Entwicklungsstörungen der Antragsteller zu 2) und 4) gerechtfertigt. Zum einen ist nicht ersichtlich, warum dem Bedürfnis des Antragstellers zu 2), Ruhe bei der Erledigung seiner Hausaufgaben zu haben, sowie dem Bedürfnis des Antragstellers zu 4) sich zu entfalten, nicht durch einen Zimmertausch der beiden begegnet werden kann. Zum anderen dürfte es durchaus zu einer Entlastung der familiären Situation beitragen, wenn der noch nicht schulpflichtige Antragsteller zu 4) seinen Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte wahrnimmt, in der ihm neben dem Raum zur Entfaltung auch die Gelegenheit gegeben wird, sein – für ein noch nicht vierjähriges Kind durchaus nicht ungewöhnliches - Schlafbedürfnis zu befriedigen. Bei umfassender Würdigung des Vortrags der Antragsteller ist hier jedenfalls keine derart akute Gefahrenlage erkennbar, die eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und damit verbunden eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte. Im Gegenteil haben die Interessen der Antragsteller gegenüber dem von dem Antragsgegner zu beachtenden Interesse der Allgemeinheit, keine Zusicherung zu erteilen, die sich möglicherweise nachträglich als unberechtigt herausstellt und aus steuerlichen Mitteln zu befriedigende Forderungen nach sich zieht, zurückzutreten. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Wohnung, für die die Zusicherung begehrt wird, bei Abschluss des Hauptsacheverfahrens möglicherweise anderweitig vermietet sein wird. Sollte sich im Hauptsacheverfahren, in dem die Klage ggf. in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umzustellen sein wird, erweisen, dass ein Umzug tatsächlich erforderlich ist, wird der Antragsgegner den Antragstellern eine Zusicherung für eine andere angemessene Wohnung zu erteilen haben.

Soweit das Sozialgericht Berlin mit seinem angefochtenen Beschluss auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Überzeugung des Senats liegt hier offensichtlich kein Anordnungsgrund vor, sodass auch keine theoretische Erfolgsaussicht im einstweiligen Verfügungsverfahren bestand (§ 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -). Da dementsprechend auch die Beschwerde der Antragsteller keine hinreichende Erfolgsaussicht hat, ist auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf die PKH-Beschwerde auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO, im Übrigen auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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