L 3 R 1834/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 11 R 508/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1834/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 14. November 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1965 geborene Klägerin erlernte im Beitrittsgebiet den Beruf eines Facharbeiters für chemische Produktion (Facharbeiterbrief vom 31. August 1985). Sie war nach ihren Angaben anschließend als Beiköchin (Oktober 1985 bis Juli 1986), als Werkshelferin bei der Reichsbahn (bis Dezember 1988) und in der Konfektion tätig (bis Oktober 1990). Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit arbeitete sie von März 1991 bis Dezember 2002 als Warenauffüllerin und Auspreiserin in einem Supermarkt. Seitdem ist sie arbeitslos.

Den am 30. November 2004 gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung begründete die Klägerin mit gynäkologischen Beschwerden und erheblichen Folgeerscheinungen, die es ihr seit Juni 1999 unmöglich machten, noch Arbeiten zu verrichten.

Zur Beurteilung des Sachverhalts lag der Beklagten der Entlassungsbericht vom 22. Oktober 2004 über ein in der Zeit vom 29. September bis zum 20. Oktober 2004 durchgeführtes stationäres Heilverfahren in Bad S vor mit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung eines täglich mehr als sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte Arbeiten ohne schweres Heben, Tragen, häufiges Bücken sowie ohne Zugluft und Nässe. Im Hinblick darauf lehnte sie den Rentenantrag mit Bescheid vom 20. Januar 2005 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, eine Besserung ihres Gesundheitszustands sei nicht eingetreten. Nicht umsonst sei sie seit dem 29. September 2004 krank geschrieben. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Frauenarzt Dr. S, der in seinem Gutachten vom 26. März 2005 Adhäsionen des weiblichen Beckens und eine chronische Adnexitis beiderseits diagnostizierte und die Klägerin noch für fähig hielt, körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen und ohne häufiges Bücken sowie unter Ausschluss von Kälte, Zugluft und Durchnässung täglich vollschichtig zu verrichten. Die Fähigkeit, viermal täglich eine einfache Wegstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen, wurde bejaht. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Cottbus erhoben und behauptet, sie sei entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung wegen Krankheit auf absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sie hat sich im Weiteren auf einen Bericht von Dr. H, Chefarzt der Gynäkologischen Abteilung der E-E Klinikum GmbH in Elsterwerda, vom 06. Oktober 2005 bezogen, in dem dieser die Auffassung vertreten hat, die Klägerin, die sich wegen der bestehenden Unterbauchbeschwerden bereits viermal in stationärer Behandlung mit zweimaliger Laparoskopie befunden habe, sei erwerbsunfähig.

Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte von der Fachärztin für Innere Medizin K vom 17. November 2005 und Dr. H vom 06. Dezember 2005 eingeholt und dann Prof. Dr. R, Chefarzt der Frauenklinik des C-T Klinikums C, mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. Prof. Dr. R ist in seinem in Zusammenarbeit mit der Oberärztin Dr. D erstellten Gutachten vom 09. Juni 2006 zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin leide auf gynäkologischem Fachgebiet an Verwachsungsbeschwerden bei Zustand nach Mehrfachpelviskopien mit Verwachsungslösung, Zustand nach pelviskopischer Tubensterilisation und Zustand nach Abrasio wegen Amenorrhoe. Die Klägerin solle bis auf weiteres nur leichte körperliche Arbeiten mit regelmäßigem Tragen und Bewegen von Lasten unter fünf kg ausführen. Unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen könne sie noch täglich drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten, da sie Schmerzen bereits bei normaler häuslicher Belastung angebe und es bei schwerer Hausarbeit (Fenster putzen, Betten machen, Abwaschen im Stehen) zu einer akuten Beschwerdezunahme komme. Dabei müsse wegen des teilweise anfallsartig auftretenden Beschwerdebilds eine Gefährdung der Klägerin oder anderer Personen ausgeschlossen sein. In diesem Fall könne sie als Pförtnerin drei bis sechs Stunden täglich arbeiten. Es sei ihr auch zuzumuten, täglich viermal Wegstrecken von wenig mehr als 500 m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Ein Kfz könne wegen des gelegentlichen Aufmerksamkeitsverlusts nur über kurze Strecken gesteuert werden. Eine Tätigkeit über sechs Stunden täglich haben die Sachverständigen nicht für ausführbar gehalten. Schon leichte häusliche Arbeiten würden nur mit häufigen Unterbrechungen und über eine maximale Zeitdauer von 30 bis 45 Minuten ausgeführt. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 22. September 2006 haben Prof. Dr. R/Dr. D u. a. ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin, wie sie angebe, ein Kfz über eine längere Strecke nur steuern könne, wenn sie sich am Tag zuvor ausgeruht habe. Bei Verwachsungsbeschwerden könne eine Belastung, die akut auftrete und Beschwerden auslöse, durch vorheriges Ausruhen nicht vermieden werden. Es gebe auch keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, überhaupt eine Tätigkeit ohne körperliche Beschwerden auszuführen. Die Beschränkung auf bis sechs Stunden beruhe darauf, dass bei Selbstversorgung im Haushalt mit Erledigung zumindest eines Teils der Hausarbeit von einer Tätigkeit bis sechs Stunden täglich mit leichter Belastung auszugehen sei. Dem Ergebnis der Begutachtung hat sich die Klägerin nicht anzuschließen vermocht. Sie hat sich auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg (MDK) vom 15. Februar 2005 bezogen, in dem auf eine auffällige deutliche Störung der Krankheitsverarbeitung bei chronischer Schmerzsymptomatik verwiesen, aber gleichzeitig eine leichte körperliche Arbeit im Wechsel der Bewegungsrichtungen bei ausreichender Stabilisierung für möglich gehalten worden ist. Eine erhebliche Gefährdung und Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht sicher beurteilbar. Außerdem hat sie einen weiteren Bericht von Dr. H vom 07. November 2006 vorgelegt, in dem er erneut die Auffassung vertreten hat, die Klägerin sei auf Dauer nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich zu arbeiten.

Durch Urteil vom 14. November 2006 hat das Sozialgericht die Klage, gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. R/Dr. D, abgewiesen. Die Klägerin sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Somit sei sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung führt die Klägerin aus, aufgrund der besonderen Umstände, dass Dr. H als langjährig behandelnder Arzt bestens mit ihrem Beschwerdebild vertraut sei und dieser sie für erwerbsunfähig halte, hätte das Sozialgericht die Klage nicht abweisen dürfen. Es sei auch kein Gutachten von Dr. H eingeholt worden. Das Sozialgericht hätte sich auch nicht auf den Heilverfahrensentlassungsbericht der Reha-Klinik Bad S stützen dürfen, denn dort sei keine gründliche gynäkologische Untersuchung erfolgt. Letztlich halte der gerichtliche Sachverständige eine Tätigkeit über sechs Stunden nicht für möglich. Aus dem Gutachten ergebe sich eindeutig, dass eine teilweise Erwerbsunfähigkeit anzunehmen sei. Sie können nicht unter sechs Stunden, wahrscheinlich sogar nicht unter drei Stunden arbeiten. Die Klägerin hat Behandlungspläne der Reha-Klinik für die 40. bis 43. Kalenderwoche vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 14. November 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2005 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01. November 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. J mit der Erstattung eines gynäkologischen Gutachtens beauftragt worden. In seinem Gutachten vom 22. April 2008 hat der Sachverständige ausgeführt, die Klägerin leide nicht nur an Adnexitiden, sondern es bestehe auch ein Zustand nach einer schweren Pelveoperitonitis adhaesiva. Diese habe zu Verwachsungen im Bereich der Leber geführt. Eine alleinige Lösung der Verwachsungen ohne entsprechende Prophylaxe bringe nur eine kurzfristige Besserung der Beschwerden, es entstünden dann erneut Verwachsungen, die durchaus eine Verschlimmerung der geklagten Beschwerden nach sich ziehen könnten. Die Klägerin könne aufgrund der festgestellten Leiden nur leichte körperliche Arbeiten bis maximal drei Stunden täglich verrichten. Sie sei noch in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 m zurückzulegen, jedoch mit einem höheren Zeitaufwand als 20 Minuten, da längere Pausen eingelegt werden müssten. Aufgrund der chronischen Schmerzen und der dadurch bedingten Medikamenteneinnahme sei sie auch nicht immer in der Lage, für den Weg zur Arbeitsstelle ein Kfz zu steuern. Die üblichen Pausen seien nicht ausreichend. Sie müssten durch zusätzliche zehnminütige Pausen nach einer Stunde Arbeitszeit ergänzt werden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Mai 2008 hat der Sachverständige die Beantwortung der Beweisfragen vervollständigt und ausgeführt, die von ihm genannten Einschränkungen bestünden seit dem Jahr 2005. In den Folgejahren sei eine Verschlechterung aufgetre-ten. Die Klägerin könne sich aufgrund der Schmerzen nicht voll auf das Führen eines Kfz und auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren und daraus könne eine erhöhte Unfallbereitschaft resultieren. Die von der Klägerin bei Bedarf eingenommenen Medikamente Buscopan und Ambene könnten laut den Herstellerinformationen Müdigkeit auslösen.

Der Senat hat, der Empfehlung des Dr. J folgend, anschließend ein weiteres Gutachten veranlasst, dass am 11. Februar 2009 durch den Arzt für Allgemein- und Arbeitsmedizin L erstattet worden ist und in dem er neben den gynäkologischen Leiden in Form wiederholter Unterleibsbeschwerden bei Verwachsungen nach mehrfach durchgeführten Bauchspiegelungen und Zustand nach Sterilisation 1999 sowie Abrasio wegen Amenorrhoe ein Lumbalsyndrom ohne neurologisches Defizit diagnostiziert hat. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei im Wesentlichen durch die gynäkologischen Leiden eingeschränkt. Dies betreffe insbesondere die Vermeidung von körperlich schwerer Arbeit und Arbeiten in Zwangshaltungen. Das orthopädische Leiden sei deutlich nachrangig. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen, zumindest nicht aus Sicht des Bewegungsapparats. Es bestünden auch keine gesundheitlichen Bedenken gegen das Führen eines Pkw. Bezogen auf die von der Klägerin angegebene Medikation sehe er keine Einschränkung des Reaktionsvermögens oder der Fähigkeit, ein Kfz zu führen. Schwierigkeiten ergäben sich in der Regel nur zu Beginn einer Medikamenteneinnahme. Im Übrigen beeinflusse Buscopan zeitlich begrenzt nach Einnahme die Akkomodationsfähigkeit der Augen. Ambene nehme die Klägerin nicht mehr ein. Das Antibiotikum Clindamycin beeinträchtige nicht die Verkehrsfähigkeit. Wegen des orthopädischen Leidens werde das zeitliche Leistungsvermögen nicht eingeschränkt, es bedürfe auch keiner zusätzlichen Pausen. Internistische Leiden seien nicht festzustellen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keine Rente wegen Erwerbsminderung zu.

Der geltend gemachte Rentenanspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach Auswertung der im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten auf gynäkologischem und allgemein- und arbeitsmedizinischem Fachgebiet, insbesondere von Dr. S vom 26. März 2005, Prof. Dr. R/Dr. D vom 09. Juni 2006 nebst ergänzender Stellungnahme vom 22. September 2006 sowie T L vom 11. Februar 2009, ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist.

Der Schwerpunkt der bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen liegt auf gynäkologischem Fachgebiet. Die auf internistischem Gebiet von der Hausärztin Dr. K in ihrem Befundbericht vom 17. November 2005 berichteten Erkrankungen sind entweder vorübergehender Natur gewesen oder als nur leichte Leiden zu bezeichnen, für die der Sachverständige L weder qualitative und erst recht keine quantitativen Leistungseinschränkungen hat feststellen können. Die apparativen Untersuchungen wie EKG und Lungenfunktion haben altersentsprechende Normalbefunde gezeigt. Die Laborwerte sind im Wesentlichen normal gewesen, einzelne geringfügige Abweichungen sind als funktionell unbedeutend einzuschätzen. Hier ist eine hausärztliche Kontrolle ausreichend.

Auch auf orthopädischem Gebiet bestehen keine gravierenden Einschränkungen. Die Klägerin leidet zwar an einem Lumbalsyndrom, dieses ist aber ohne neurologische Defizite. Sie selbst hat dem Sachverständigen diesbezüglich keine nennenswerten Einschränkungen des Alltags berichten können, es findet keine einem einschränkenden Leiden entsprechende fachorthopädische Behandlung statt. Die Untersuchung durch den Sachverständigen L hat außerdem keine relevante Funktionsminderung, insbesondere nahezu keine Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich der Wirbelsäule und der oberen und unteren Extremitäten (z. B. Finger-Boden-Abstand: 0 cm), erbracht. Damit kann auch das Lumbalsyndrom keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin rechtfertigen.

Die Klägerin leidet nach den gutachterlichen Feststellungen auf gynäkologischem Gebiet an Gesundheitsstörungen in Form wiederkehrender Verwachsungsbeschwerden. Die eingeholten gynäkologischen Gutachten sind hinsichtlich Anamnese, Beschwerdeschilderung und Befunderhebung teilweise unzureichend sowie bezüglich der Bewertung der erhobenen Befunde unschlüssig. Darauf haben auch die Bevollmächtigten der Klägerin hingewiesen, die dem Gutachten von Prof. Dr. R/Dr. D entnehmen, dass die Sachverständigen gemeint haben, sich in einer Behandlungssituation, nicht jedoch in einer Begutachtungssituation zu befinden. Das im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten von Dr. S verkennt die Begutachtungssituation zwar nicht, ist aber sehr knapp und kann nur unter Berücksichtigung des zeitnahen Heilverfahrensentlassungsberichts verwertet werden. U. a. deshalb hat es zum Schluss noch der Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens durch einen erfahrenen Sachverständigen bedurft. Zu dem Krankheitsbild lässt sich nach Auswertung dieser Gutachten Folgendes ausführen: Den Bildern der laparoskopischen Untersuchungen in den Jahren 1999, 2002 und 2004 hat der Sachverständige L narbige Verziehungen im Darmbereich, Eierstock- und Leberbereich entnehmen können. Die Klägerin beklagt deswegen Schmerzen unterschiedlicher Intensität unabhängig von bestimmten Anlässen. Es besteht aber keine Störung des Vegetativums, insbesondere bei der Nahrungsaufnahme, der Defäkation und Miktion. Die Verwachsungen führen auch nicht, wie die von dem Sachverständigen L erhobenen Bewegungsausmaße zeigen, zu einer eingeschränkten Beweglichkeit der Klägerin. Das Sitzen ist bei seiner mehrstündigen Untersuchung unauffällig gewesen, er hat keine Anlaufschwierigkeiten beim Aufstehen, keine weiteren Bewegungsstörungen oder Schonung der Extremitäten beim Hinlegen auf die Liege und beim Wiederaufrichten beobachtet. Dem Sachverständigen sind auch keine Konzentrationsstörungen oder Ermüdungserscheinungen aufgefallen. Die Klägerin nimmt nach ihren Angeben bei sehr starken Schmerzen eine Wärmflasche, dann trete eine Besserung nach ein bis drei Stunden ein, bei einfachen Beschwerden nehme sie (fast täglich) Buscopan ein. Bei der Untersuchung durch Dr. J hat sie nur eine Bedarfsmedikation berichtet. Zwar beklagt sie, die Beschwerden nervlich kaum noch auszuhalten, eine stützende nervenärztliche Behandlung nimmt sie jedoch nicht in Anspruch. Der von ihr beschriebene Tagesablauf ist ausgefüllt mit Nahrungsaufnahme, Lesen, Fernsehen, Handarbeiten (zwei bis drei Stunden täglich), Hausarbeiten, die ihr zum Teil von ihrem Ehemann und der noch im Haushalt lebenden Tochter abgenommen werden, und der Pflege gesellschaftlicher Kontakte. Der Schlaf wird als nicht gestört angegeben, es bestehen keine Durchschlafstörungen. Sie und ihr Mann hätten mehrere Tiere, Hühner, Kaninchen und Tauben, die sie auch zum Kochen zubereiten würde. Im letzten Urlaub in Spanien im Jahr 2002 sei es ihr deutlich besser gegangen. Dies hat die Klägerin auf die Wärme dort zurückgeführt.

Angesichts dieses Befunds hat der Senat keine Zweifel daran, dass das Leistungsvermögen der Klägerin nur qualitativ, nicht jedoch quantitativ eingeschränkt ist. Er stimmt mit der Beurteilung durch Dr. S und der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung in dem Heilverfahrensentlassungsbericht darin überein, dass den gynäkologischen Leiden der Klägerin durch eine leichte körperliche Arbeit überwiegend im Sitzen ohne einseitige körperliche Belastung, nicht in Zwangshaltungen und ohne häufiges Bücken sowie unter Ausschluss von Nässe, Kälte, Zugluft und Durchnässung ausreichend Rechnung getragen wird. Eine solche Tätigkeit kann sie noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zu diesem Ergebnis sind auch die Sachverständigen Prof. Dr. R /Dr. D in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22. September 2006 gekommen, nachdem sie in dem Gutachten vom 09. Juni 2006 zum zeitlichen Leistungsvermögen noch widersprüchliche Angaben gemacht hatten. Sie haben ausdrücklich ausgeführt, dass der Klägerin eine Tätigkeit als Pförtnerin, wie sie in dem zur Gerichtsakte genommenen berufskundlichen Gutachten des M L vom 14. Februar 2000 beschrieben ist, sechs Stunden täglich möglich sei. Die Beschränkung auf maximal sechs Stunden wird auf die gleichzeitig bestehende Belastung durch die Verrichtung des Haushalts zurückgeführt. Dabei handelt es sich jedoch um ein Kriterium, dass bei der Beurteilung des Leistungsvermögens keine Berücksichtigung finden kann, denn nach § 43 SGB VI sind allein die gesundheitlichen Gründe zur Klärung der Erwerbsfähigkeit heranzuziehen. Weder die Versorgung des Haushalts, noch etwaige Belastungen durch beispielsweise das Freizeitverhalten des Versicherten oder die Pflege von Angehörigen sind entscheidungsrelevant.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin wegen der Verwachsungsbeschwerden nicht mehr wegefähig, also nicht mehr in der Lage ist, einen potentiellen Arbeitgeber zu erreichen. Zwar berichtet sie davon, noch Spaziergänge ins Dorfzentrum zu unternehmen, die Entfernung von 500 bis 600 m könne sie jedoch nur langsam zurücklegen, gelegentlich müsse sie eine Pause einlegen. Diese Schilderung reicht jedoch nicht aus, eine aufgehobene Wegefähigkeit zu begründen. Abgesehen davon, dass angesichts der erhobenen Befunde, aus denen sich auch keine Muskelverschmächtigung der Beine ergibt, keine Gründe erkennbar sind, weshalb die Klägerin nicht vier-mal täglich Fußwege von jeweils 500 m in 20 Minuten zurücklegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen könnte, kann eine Wegeunfähigkeit bereits deshalb nicht angenommen werden, weil die Klägerin, die eine Fahrerlaubnis besitzt, mit ihrem Pkw einen Arbeitgeber erreichen könnte. Der Sachverständige L hat auch erklärt, dass die Einnahme von Buscopan das Reaktionsvermögen in der Regel nur zu Beginn der Medikamenteneinnahme beeinflusst.

Die Klägerin kann ihre Berufung letztlich auch nicht mit Erfolg auf die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. H vom 06. Oktober 2005 und 07. November 2006 sowie das nach § 109 SGG erstattete Gutachten des Dr. J vom 22. April 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 15. Mai 2008 stützen. Dr. H hat seine Auffassung, die Klägerin sei wegen ihrer Unterbauchbeschwerden erwerbsunfähig, nicht weiter begründet. Es wird auch nicht deutlich, ob er den Begriff der Erwerbsunfähigkeit von dem der Arbeitsunfähigkeit unterscheidet, denn diese Begriffe werden von ihm nebeneinander verwendet. Das Gutachten von Dr. J ist ebenfalls nur eingeschränkt verwendbar. Nach einer äußerst kurzen Befunderhebung gelangt der Sachverständige ohne weitere Diskussion der Befunde und Hinterfragung der geklagten Beschwerden sowie ohne Schilderung irgendwelcher Funktionseinschränkungen zu einem quantitativ aufgehobenen Leistungsvermögen. Seine Abweichung von den Vorgutachtern begründet er mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustands seit dem Jahr 2005, bezieht sich aber allein auf die bereits vorliegenden und ausgewerteten medizinischen Unterlagen und Gutachten, ohne die Verschlechterung genau zu beschreiben. Seine Ausführungen, die Klägerin könne keinen Pkw mehr steuern, präzisiert er in seiner ergänzenden Stellungnahme nunmehr damit, dass ihr dies nicht immer möglich sei, da ihre Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt sei. Einen diesbezüglichen Befund hat er in seinem Gutachten aber ebenfalls nicht erhoben. Zusammenfassend leidet das Gutachten daran, dass es auf nicht erhobenen Befunden, unbegründeten Annahmen und der ungeprüften Beschwerdeübernahme der Klägerin basiert. Darauf kann aber keine nachvollziehbare Leistungseinschätzung beruhen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved