Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 3495/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 448/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 04. Februar 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zuzulassen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis zum 31. Mai 2002.
Der 1950 geborene Kläger war bis Anfang 2002 bei der D T beschäftigt. Ab dem 14. Juli 2000 bestand Dienstunfähigkeit als Fernmeldehandwerker. Die BKK Post (inzwischen: Deutsche BKK) zahlte Krankengeld. Am 22. März 2002 wurde der Kläger ausgesteuert. Seit dem 01. März 2002 hat er wegen Dienstunfähigkeit einen Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung der D T.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2002 erklärte er sich gegenüber der Beklagten schriftlich bereit, zur notwendigen Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft die erforderlichen freiwilligen Beiträge zu zahlen (Eingang bei der Beklagten am 27. Februar 2002). Am 08. März 2002 versandte die Beklagte an den Kläger den entsprechenden Antragsvordruck und bat außerdem um Klärung der Zeit vom 01. Dezember 2001 bis zur Gegenwart. Nach Erinnerung des Klägers mit Schriftsatz vom 24. April 2002 ging am 15. Mai 2002 bei der Beklagten der vom Kläger am 11. Mai 2002 ausgefüllte Antragsvordruck für eine freiwillige Versicherung ohne weitere Versicherungsunterlagen ein. Unter Punkt 4 "Freiwillige Versicherung" gab der Kläger an, der erste freiwillige Beitrag solle gezahlt werden für "010602". Mit Schreiben vom 17. Juli 2002 bat die Beklagte den Kläger erneut um Einsendung der Versicherungsunterlagen insbesondere für die Zeit ab dem 01. Dezember 2001 bis zum 31. Mai 2002. Nachdem der Kläger hierauf keine Unterlagen einsandte, erließ die Beklagte am 13. August 2002 einen Bescheid, mit welchem sie die Berechtigung des Klägers feststellte, ab dem 01. Juni 2002 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Ob die Zahlung des regulären freiwilligen Mindestbeitrags im Fall des Eintritts verminderter Erwerbsfähigkeit überhaupt zum Versicherungsschutz führen würde, konnte nicht geprüft werden, weil Sie trotz mehrfacher Aufforderung Ihre Versicherungsunterlagen nicht vorgelegt haben." In der Anlage 1 zu diesem Bescheid wurde außerdem darauf hingewiesen, dass freiwillige Beiträge für ein vergangenes Kalenderjahr grundsätzlich bis zum 31. März des Folgejahres gezahlt sein müssten. Widerspruch gegen diesen Bescheid wurde nicht eingelegt. Der Kläger zahlte auf den Bescheid hin regelmäßig freiwillige Beiträge ab Juni 2002. Einen ersten Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente vom 18. September 2001 hatte die Beklagte mit Bescheid vom 29. November 2001 mit der Begründung abgelehnt, teilweise oder volle Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit lägen nicht vor (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2002). Mit Schreiben vom 19. Dezember 2001 hatte die Krankenkasse bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch wegen der Gewährung von Krankengeld seit dem 19. März 2001 angemeldet. Mit Schreiben vom 28. März 2002 hatte auch der Betriebsrenten-Service der Deutschen Telekom einen Erstattungsanspruch angemeldet unter Hinweis darauf, dass eine Leistung aus der betrieblichen Altersversorgung gewährt werde.
Am 27. Januar 2003 sowie am 10. Mai 2004 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, was mit Bescheiden der Beklagten vom 28. Mai 2003 und 23. September 2004 mangels Vorliegens einer quantitativen Erwerbsminderung abgelehnt wurde (zurückweisende Widerspruchsbescheide vom 23. Juli 2003 und 11. November 2004). Den Bescheiden vom 29. November 2001 und 23. September 2004 waren Hinweise zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes beigefügt worden.
Auf Seite 2 des Rentenantragsformulars vom 27. Januar 2003 gab der Kläger unter Nr. 6.1 an, vom 01. Mai 2000 bis zum 27. Mai 2002 Krankengeld bezogen zu haben. Ab dem 28. Mai 2002 seien wegen Dienstunfähigkeit keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden (Nr. 6.4). Auf Seite 2 der dem Rentenantrag beigefügten Anlage Nr. 2 teilte er mit, seit dem 27. Mai 2002 ausgesteuert zu sein. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens wurde der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 12. Februar 2003 um Übersendung von Versicherungsnachweisen betreffend den Zeitraum März 2001 bis Dezember 2002 gebeten, da das maschinelle Versicherungskonto (Kontospiegel vom 12. Februar 2003) Lücken für die Monate April bis Juni 2001, September 2001, Dezember 2001 und ab Januar 2002 auswies. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben von Februar 2003 (Eingang bei der Beklagten am 19. Februar 2003) mit, er sei in dem genannten Zeitraum vom Dienstarzt der D T dienstunfähig geschrieben worden und bekomme eine Dienstrente. Beiträge [zur gesetzlichen Rentenversicherung] seien daher nicht entrichtet worden. Die Teilkontenspiegel der Beklagten vom 24. Februar und 04. März 2003 enthielten jeweils den Vermerk: "Von der Krankenkasse wurde im Rahmen des KVdR-Meldeverfahrens ein Datensatz ATMEGD 01 übermittelt. Der Datensatz konnte nicht verarbeitet werden, weil das Konto bereits Angaben zur Krankenversicherung der Rentner und Pflegeversicherung enthält." Mit Schreiben vom 05. März 2003 meldete der Betriebsrenten-Service der Deutschen Telekom einen Erstattungsanspruch an.
Ein weiterer Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 30. August 2005 wurde mit Bescheid der Beklagten vom 02. November 2005 zurückgewiesen, weil in den letzten 5 Jahren 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht vorhanden seien (§ 43 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Der Widerspruch hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2005 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 03. Juli 2006 erinnerte der Kläger daran, dass trotz mehrfacher Aufforderung seinerseits bisher keine Beitragsrechnung für die Monate April und Mai 2002 übersandt worden sei. Er forderte die Beklagte auf, für die vorgenannten Monate eine Beitragsrechnung zu erstellen. Er werde die offenen Beträge dann umgehend überweisen. Sodann lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08. Februar 2007 den Antrag des Klägers auf Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis zum 31. Mai 2002 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, freiwillige Beiträge dürften nach § 197 Abs. 2 SGB VI nur für ein laufendes Kalenderjahr bis zum 31. März des Folgejahres entrichtet werden. Der - nicht begründete - Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2007 zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner hiergegen eingereichten Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger geltend gemacht, er habe eine umfassende und vollständige Beitragszahlung, also auch für die Monate April und Mai 2002, beantragt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04. Februar 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe mit Bescheid vom 13. August 2002 den Kläger ab Juni 2002 zur Zahlung freiwilliger Beiträge zugelassen. Dieser Bescheid sei bestandskräftig geworden. Dem habe ein vom Kläger gestellter Antrag vom Mai 2002 zu Grunde gelegen, auf dessen Seite 2 der Kläger selber angegeben habe, der erste freiwillige Beitrag solle gezahlt werden für "010602 ". Dies könne nur so verstanden werden, dass der erste freiwillige Beitrag für Juni 2002 gezahlt werden solle. Daher sei im Mai 2002 tatsächlich kein Antrag bezüglich freiwilliger Beiträge für April und Mai 2002 gestellt worden. Insofern sei ein derartiger Antrag auch nicht mehr "offen". Die Richtigkeit dieses Verständnisses des vom Kläger gestellten Antrags zeige sich auch in dem Umstand, dass er den Bescheid vom 13. August 2002 nicht mit dem Widerspruch angefochten habe. Die Beklagte habe im Übrigen in ihrem Bescheid vom 13. August 2002 darauf hingewiesen, dass man dort nicht habe prüfen können, ob die Zahlung des freiwilligen Mindestbeitrags überhaupt zum Versicherungsschutz führen würde, weil der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung seine Versicherungsunterlagen nicht vorgelegt habe. Auch dieser deutliche Hinweis habe den Kläger nicht dazu veranlasst, weiter tätig zu werden. Selbst wenn man das Schreiben des Klägers vom 26. Februar 2002 bereits als Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge für April und Mai 2002 ansehen wollen würde, habe er diesen Antrag dann mit Ausfüllen des Vordrucks am 11. Mai 2002 zurückgenommen. Daher habe der Kläger tatsächlich mit Schriftsatz vom 03. Juli 2006 erstmals einen Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge für April und Mai 2002 gestellt. Im Hinblick auf § 197 Abs. 2 SGB VI sei jedoch eine wirksame Zahlung freiwilliger Beiträge für diese Monate nicht mehr möglich. Selbst wenn man einen besonderen Härtefall nach § 197 Abs. 3 SGB VI annehme, sei die 3-Monatsfrist des § 197 Abs. 3 Satz 2 SGB VI versäumt. Eine Wiedereinsetzung sei ausgeschlossen (§ 197 Abs. 4 SGB VI).
Mit der am 12. März 2008 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangenen Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren fort. Er ist der Auffassung, er habe entsprechend seiner Erklärung vom 26. Februar 2002 fristgemäß eine umfassende, vollständige und lückenlose Zahlung freiwilliger Beiträge zur Erhaltung seiner Anwartschaften gewünscht. Dass später im Antragsformular vom 11. Mai 2002 eine Beitragszahlung erst ab dem 01. Juni 2002 eingetragen worden sei, könne er sich rückschauend nur damit erklären, dass er seinerzeit ohne genaue Kenntnis seiner beitragsfreien Zeiten infolge seines Rentenverfahrens gedacht habe, Beiträge seien erst ab dem auf den Antrag folgenden Monat offen. Sein Antrag vom 26. Februar 2002 auf Zahlung freiwilliger Beiträge auch für April und Mai 2002 sei von der Beklagten bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 08. Februar 2007 nicht beschieden worden. Der bestandskräftige Bescheid vom 13. August 2002 enthalte keine explizite Aussage dahingehend, dass für diese beiden Monate keine Beiträge gezahlt werden dürften. Deswegen sei auch keine Anfechtung dieses Bescheides erforderlich gewesen. Beide Beteiligten seien irrtümlich davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 22. August 2002 hinsichtlich aller für einen Lückenschluss notwendigen Beiträge eine entsprechende Regelung treffe. Insoweit liege ein klassischer Dissens vor. Denn bei Kenntnis der Beklagten von der Lücke hätte diese ihn schließlich auf die Lücke hinweisen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 04. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Mit seiner Erklärung vom 26. Februar 2002 habe der Kläger formlos die Schließung seiner Lücken im Versicherungsverlauf durch Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt. Beim anschließenden Kontenklärungsverfahren sei der Kläger trotz mehrfacher Anfragen und Erinnerungen untätig geblieben. Er habe lediglich den Formantrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge übersandt, aus welchem eindeutig zu entnehmen sei, dass entgegen der Erklärung vom 26. Februar 2002 freiwillige Beiträge erst ab dem 01. Juni 2002 entrichtet werden sollten. Diesem Formantrag sei entsprochen worden, wobei extra noch einmal darauf hingewiesen worden sei, dass der gewünschte Versicherungsschutz nicht habe überprüft werden können. Die Widerspruchsfrist habe der Kläger verstreichen lassen. Auch während des Rentenverfahrens (Antragstellung am 27. Januar 2003) sei der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2003 nochmals wegen der Lücken im Versicherungsverlauf angeschrieben worden. Daraufhin habe der Kläger am 19. Februar 2003 zwar mitgeteilt, er sei in den Lücken vom Dienstarzt der D T dienstunfähig geschrieben worden. Unterlagen über eine bestehende Krankschreibung habe er jedoch nicht übersandt. Erst als mit Bescheid vom 02. November 2005 ein weiterer Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen abgelehnt worden sei, habe er vorgebracht, auf eine Beitragsrechnung für April und Mai 2002 zu warten und diesbezüglich auch die Beklagte gemahnt zu haben. Entsprechende Hinweise ließen sich allerdings weder der Beitragsakte noch der Rentenakte entnehmen. Ein beidseitiger Irrtum habe - entgegen der Ansicht des Klägers – nie vorgelegen. Vielmehr sei ihr – der Beklagten – seit 2002 nachweislich klar gewesen, dass, wenn die Lücken nicht gefüllt werden könnten, der Versicherungsschutz nicht gegeben sei. Dies sei dem Kläger im Bescheid vom 13. August 2002 auch mitgeteilt worden. Im Februar 2003 wäre es dem Kläger noch möglich gewesen, rechtzeitig einen Antrag auf Nachentrichtung der Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zu stellen.
Der Senat hat noch ermittelt durch Einholung von Auskünften zur Frage der Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit des Klägers von der Deutschen BKK (Schreiben vom 01. Juli 2009), der D T vom 02. Juli 2009 sowie von dem behandelnden Allgemeinmediziner M vom 03. Juli 2009.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beitrags- sowie Rentenakten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat die Beklagte den Kläger nicht zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zugelassen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI können Personen wie der Kläger, die nicht versicherungspflichtig sind, sich für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Versicherungsfreie Personen müssen nach Abs. 2 Satz 1 außerdem die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2002 hat der Kläger zwar einen Antrag auf Zahlung aller erforderlichen Beiträge zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente gestellt. Dieser Antrag enthielt jedoch noch nicht die notwendigen Angaben zum Beginn sowie zur Höhe der Zahlung. Zur Frage, ab wann die freiwillige Versicherung beginnen kann, sind insbesondere Auskünfte zur bisherigen Beschäftigung und Entrichtung von Beiträgen erforderlich. Aus dem von der Beklagten eingesehenen Versicherungsverlauf vom 08. März 2002 ergaben sich für die Zeit bis zur Antragstellung Lücken in 2001 und zwar vom 01. April bis zum 30. Juni 2001, vom 01. bis zum 30. September 2001 sowie vom 01. Dezember 2001 bis laufend. Daraufhin bat sie den Kläger um Klärung der Lücken.
Mit dem Formantrag vom 11. Mai 2002 hat der Kläger – ohne jedoch Erklärungen bzw. Nachweise zu den Lücken abzugeben oder einen Beratungstermin zu vereinbaren – seinen Antrag auf die Zeit ab dem 01. Juni 2002 beschränkt. Dies ist die einzig mögliche Würdigung seiner Angaben unter 4. auf der Seite 2 des Antrags. Damit hat der Kläger seinen Antrag vom 26. Februar konkretisiert bzw. teilweise zurückgenommen insoweit, als es die Monate vor Juni 2002 betraf. Dementsprechend hat die Beklagte zutreffend – nachdem der Kläger auch nach weiterer Erinnerung keine Versicherungsunterlagen betreffend die Lücken übersandt hat – mit Bescheid vom 13. August 2002 die Berechtigung des Klägers zur Zahlung freiwilliger Beiträge ab dem 01. Juni 2002 festgestellt, wobei sie gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass nicht geprüft worden sei, ob damit die Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente aufrecht erhalten werde. Außerdem hat sie darauf hingewiesen, dass wirksame Beiträge jeweils nur bis zum 31. März des Folgejahres entrichtet werden könnten. Mit diesem Bescheid ist über den Antrag des Klägers vom 26. Februar 2002 vollumfänglich entschieden worden. Widerspruch hat er nicht eingelegt, so dass Bestandskraft eingetreten ist.
Zum Zeitpunkt der Stellung des zweiten Rentenantrags am 27. Januar 2003 war eine wirksame Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für das Jahr 2002 noch möglich (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Aufgrund der Unterbrechung der Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI durch das laufende Rentenverfahren (§ 198 Satz 1 SGB VI) endete die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI erst am 28. August 2003 (drei Monate nach der bindenden Ablehnung des Rentenantrags mit Bescheid vom 28. Mai 2003). Einen erneuten Antrag nach § 7 SGB VI hat der Kläger im Verlauf des Rentenverfahrens oder bis zum 28. August 2003 nicht gestellt. Mit Schreiben vom 12. Februar 2003 wurde er erneut um Klärung der Lücken gebeten. Daraufhin hat er – wenn auch ohne weitere Nachweise - mitgeteilt, im Zeitraum der fraglichen Lücken dienstunfähig gewesen zu sein.
Frühestens mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 03. Juli 2006 hat der Kläger einen Antrag auf Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 gestellt. Dieser Antrag war – wie im Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2007 ausgeführt – abzulehnen, weil zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Entrichtung von Beiträgen nach § 197 Abs. 2 SGB VI nicht mehr möglich war.
Zwar könnte eine Hemmung der in § 197 Abs. 2 SGB VI vorgesehenen Beitragsentrichtungsfristen für 2002 in entsprechender Anwendung des § 206 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht gezogen werden (vgl. insoweit zu § 206 BGB: Bundessozialgericht (BSG) in SozR 2200 § 1418 Nr. 9), die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind hier jedoch nicht gegeben. Nach § 206 Abs. 1 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist.
Höhere Gewalt in diesem Sinne ist ein außergewöhnliches Ereignis, dessen Eintritt nicht vorauszusehen und auch bei äußerster Sorgfalt nicht mit üblichen Mitteln abzuwenden ist; schon das geringste Verschulden schließt höhere Gewalt aus (vgl. BSG in SozR 3-2400 § 25 Nr. 6 S 23 m. w. N.; allgemein dazu auch BGHZ 17, 199, 201; 81, 353, 355; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 206 Randnr. 4). Ein solches Ereignis ist hier nicht erkennbar.
Eine eventuelle – hier allerdings zweifelhafte – bloße Unkenntnis des Klägers von der Regelung in § 241 SGB VI stellt keinen Anwendungsfall des § 206 BGB dar. Wusste er nämlich nichts von den Voraussetzungen einer Anwartschaftserhaltung, so fehlte ihm bereits ein entsprechender Beitragszahlungswille. Damit scheidet § 206 BGB von vornherein aus. Diese Vorschrift bezieht sich nämlich, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts entschieden hat (vgl. BGH NJW 1968, 1381, 1382), nur auf Fälle, in denen der an sich vorhandene Wille des Berechtigten, sein Recht geltend zu machen, infolge einer auf höherer Gewalt beruhenden Verhinderung nicht verwirklicht werden kann. Darüber hinaus ist Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum - abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall einer sog. anspruchsfeindlichen Rechtsprechung - nicht als Ereignis höherer Gewalt anzusehen (vgl. dazu BSG in SozR 3-2400 § 25 Nr. 6 S 23).
Waren dem Versicherten die einschlägigen Regelungen hingegen zumindest im Wesentlichen bekannt und wollte er etwas gegen den drohenden Verlust seiner Erwerbsminderungs-Rentenanwartschaft unternehmen, so hätte es ihm bei der zu fordernden äußersten Sorgfalt oblegen, sich an die Beklagte mit der Bitte um Hilfe und Beratung zu wenden, ob durch die bisherige Zahlung freiwilliger Beiträge seine Anwartschaft aufrecht erhalten werde bzw. wie er seine Anwartschaft aufrechterhalten könne. Die Beklagte wäre dann – sofern der Kläger dann durch Vorlage von Unterlagen mitgewirkt hätte - verpflichtet gewesen, ihm die Möglichkeit einer Beitragszahlung bis zum 28. August 2003 zu eröffnen.
Auch eine ausnahmsweise mögliche Zulassung zur Beitragsnachentrichtung nach § 197 Abs. 3 SGB VI kommt hier nicht in Betracht. Hierbei soll hintan gestellt bleiben, dass die Beklagte tatsächlich eine solche Entscheidung gar nicht getroffen hat, da sie auch nicht (jedenfalls nicht explizit) beantragt war und ist. Der Kläger vertrat und vertritt nämlich die Auffassung, dass er mit dem Schreiben vom 26. Februar 2002 fristgerecht einen Antrag auf Zulassung zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen nach § 7 SGB VI für die Monate April und Mai 2002 gestellt habe, über welchen nicht abschließend entschieden worden sei. Insofern könnte eine gerichtliche Entscheidung über eine Verpflichtung der Beklagten auf der Grundlage von § 197 Abs. 3 SGB VI auch nicht getroffen werden.
Nach § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, die Zahlung von Beiträgen auf Antrag der Versicherten auch nach Ablauf der in § 197 Abs. 1 und 2 SGB VI genannten Frist zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Unabhängig davon, inwiefern man eine Unkenntnis des § 241 SGB VI oder einen Irrtum darüber, dass man nicht alles zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft getan hat, als unverschuldetes Hindernis der Beitragszahlung anerkennen könnte, ist die in § 27 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geregelte Jahresfrist in diesem Zusammenhang ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. Urteile des BSG vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 85/98 R -, in SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 18 und – B 13 RJ 19/99 R -, in Juris; Urteil des Bayerischen LSG vom 18. Februar 2003 – L 6 RJ 70/07 -, in Juris). In dieser für die Nachholung von versäumten Handlungen gesetzten zeitlichen Grenze, die sich auch in anderen fristbezogenen Vorschriften (vgl. z. B. § 66 Abs. 2, § 67 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) findet, kommt nämlich eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, welcher eine sachgerechte Abwägung zwischen Rechtssicherheit und Individualinteresse zugrunde liegt (vgl. dazu BSG in SozR 5750 Art 2 § 51a Nr. 49). Dementsprechend kann sich ein Versicherter auch im Rahmen des § 197 Abs. 3 SGB VI nicht zeitlich unbeschränkt auf ein mangelndes Verschulden berufen. Liegt der Ablauf der Beitragsentrichtungsfrist - wie hier - über ein Jahr zurück, so ist die Nachzahlung mithin allenfalls dann zuzulassen, wenn diese - anders als im vorliegenden Fall - zuvor infolge höherer Gewalt unmöglich war. Darüber hinaus war der Kläger auch nicht ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert, denn er hätte bei Wahrung der gebotenen notwendigen Sorgfalt bereits im Jahr 2002 auf den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2002 reagieren müssen und sich von der Beklagten zumindest beraten lassen müssen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beitragsentrichtungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VI ist im Übrigen nach § 197 Abs. 4 SGB VI ausgeschlossen.
Der Kläger ist jedoch im Rahmen des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (SHA) zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zuzulassen. Dieses richterrechtlich aus den sozialen Rechten entwickelte verschuldensunabhängige "sekundäre Recht" knüpft u. a. an die Verletzung "behördlicher" Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten im Sozialversicherungsverhältnis an. Der 4. Senat des BSG hat unter Hinweis auf frühere Entscheidungen zu den Voraussetzungen dieses Herstellungsrechts ausgeführt (Urteil des BSG vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 13/03 -, in SozR 4-1200 § 46 Nr. 1): (1) Es müsse eine sich aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis ergebende Pflicht des Sozialleistungsträgers oder eines anderen Organs oder Leistungsträgers (sofern dieser mit der Erfüllung der Pflicht für den Sozialleistungsträger beauftragt gewesen ist) bestehen, diese Pflicht müsse (2) dem Sozialleistungsträger gerade dem Versicherten gegenüber obliegen und (3) objektiv rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt worden sein, ferner (4) müsse die Pflichtverletzung zumindest gleichwertig einen dem Sozialleistungsträger zurechenbaren sozialrechtlichen Nachteil verursacht haben (Kausalität). Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist grundsätzlich und soweit notwendig sowie rechtlich und tatsächlich möglich der Zustand wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre und der Sozialleistungsträger sich rechtmäßig verhalten hätte.
Eine sich aus dem Sozialrechtsverhältnis ergebende Obhutspflicht der Leistungsträger findet ihre Rechtfertigung in § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB I. Der Sozialleistungsträger soll danach eine möglichst weit gehende Verwirklichung der sozialen Rechte sicherstellen. Im Hinblick hierauf trifft den Sozialleistungsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit eine Pflicht zur ausreichenden Information und Beratung über die sozialen Rechte nach dem SGB, wenn der Bürger dies beantragt. Die Pflicht zu einer konkreten individuellen (Spontan-)Beratung besteht auch nur mit Blick auf die Verwirklichung der sozialen Rechte des SGB und nur dann, wenn sich dem Sozialleistungsträger eine klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeit zu Gunsten des Versicherten aufdrängt (vgl. BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 16 S 49 ff). § 2 Abs. 2 SGB I enthält somit eine Zielvorgabe und Schutzgrenze für das Herstellungsrecht (vgl. hierzu Jung in Festschrift für Gitter, Die Berücksichtigung des Fehlverhaltens Dritter beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, S 417, 420 f). Einerseits sind die Sozialleistungsträger im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit verpflichtet, alles zu veranlassen, damit die im SGB umschriebenen sozialen Rechte verwirklicht werden. Andererseits ergibt sich bereits aus der Thematik und dem insoweit angesprochenen Kreis der Sozialleistungsträger eine Begrenzung dahingehend, dass im Bereich der Massenverwaltung ein derartiger Träger nicht von Amts wegen für jeden einzelnen Versicherten eine an alle Eventualitäten angepasste individuelle Beratung vornehmen kann, sondern lediglich eine solche, die sich auf Grund von konkreten Fallgestaltungen unschwer ergibt, etwa wenn eine klar zu Tage liegende Dispositionsmöglichkeit besteht, die so zweckmäßig ist, dass jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde (vgl. hierzu BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 5 S 7, Nr. 16 S 49 f; Hase, Der Herstellungsanspruch bei pflichtwidrig unterlassener Beratung, SGb 2001, 593, 595).
Der Beklagten oblag hier – trotz des vom Kläger beschränkten Antrags auf Zahlung freiwilliger Beiträge für den Zeitraum ab Juni 2002 – gegenüber dem Kläger eine Pflicht zur Beratung oder Auskunft (§§ 14, 15 SGB I) von Amts wegen (sog. Spontanberatung). Diese Pflicht ist von der Beklagten verletzt worden, indem sie ihrer Beratungs- bzw. Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Im Rahmen des Rentenantrags des Klägers vom 17. Januar 2003 – also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine wirksame Entrichtung freiwilliger Beiträge noch möglich gewesen wäre - war für die Beklagte anhand des Akteninhalts ersichtlich,
1. dass der Kläger ab dem 19. März 2001 Krankengeld bezogen hatte (Anmeldung des Erstattungsanspruchs der Krankenkasse vom 19. Dezember 2001), 2. dass der Kläger Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung der Deutschen Telekom erhielt (Anmeldung des Erstattungsanspruchs vom 28. März 2002 und 05. März 2003), 3. dass der Kläger davon ausging, bis zu einer Aussteuerung am 27. Mai 2002 von der Krankenkasse Krankengeld bezogen und Beiträge entrichtet zu haben (Rentenantrag nebst Anlage 2 vom 27. Januar 2003), 4. dass das maschinelle Versicherungskonto des Klägers ab März 2001 lückenhaft war und Meldungen der Krankenkasse entgegen den Klägerangaben nicht vorlagen bzw. nicht verarbeitet werden konnten, 5. dass der Kläger ab Juni 2002 freiwillige Beiträge zur Aufrechterhaltung des Erwerbsminderungs-Versicherungsschutzes zahlen wollte und dies fortlaufend getan hat.
Nach dem Vorstehenden musste es sich zu diesem Zeitpunkt für die Beklagte nicht nur aufdrängen, für eine weitere Klärung des Versicherungskontos primär durch eigene Nachforschungen bei der Krankenkasse des Klägers zu sorgen, insbesondere unverzüglich die (Nach-) Meldung und Entrichtung der Beiträge durch die Krankenkasse (vgl. §§ 170 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a), 176 Abs. 1 SGB VI) zu veranlassen. Vielmehr bestand für die Beklagte hinreichend Anlass, den Kläger ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass wegen der im Versicherungskonto aufgetretenen Lücken in der Bezahlung von Pflichtbeiträgen der Versicherungsschutz für Erwerbsminderungsrenten nicht dauerhaft aufrecht erhalten sein würde, zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft für die Lücken im Jahr 2002 noch freiwillige Beiträge entrichtet werden müssten und der Antrag hierfür noch fristgerecht bis Ende März 2003 bzw. zum Abschluss des laufenden Rentenverfahrens gestellt werden könnte. Allein die üblicherweise den ablehnenden Rentenbescheiden beigefügten – pauschalen - Hinweise zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft waren bei dieser Sachlage nicht ausreichend, um dieser Hinweispflicht Genüge zu tun. Dadurch, dass die Beklagte diesen Hinweis unterlassen hat, ist dem Kläger ein empfindlicher sozialversicherungsrechtlicher Nachteil entstanden, indem er die Anwartschaft auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verloren hat.
Der Kläger war offensichtlich auch bereit und in der Lage, freiwillige Beiträge zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft zu leisten, wie sich nicht nur aus seinem Antrag vom 26./27. Februar 2002 ergibt, sondern auch aus der Tatsache, dass er regelmäßig die Beiträge ab Juni 2002 entrichtet hat.
In der Folge ist der Kläger so zu stellen, als ob die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI für das Jahr 2002 noch nicht verstrichen wäre. Der Kläger ist zur Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zuzulassen.
Nach alldem war die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und der Berufung stattzugeben.
Die Kostenregelung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis zum 31. Mai 2002.
Der 1950 geborene Kläger war bis Anfang 2002 bei der D T beschäftigt. Ab dem 14. Juli 2000 bestand Dienstunfähigkeit als Fernmeldehandwerker. Die BKK Post (inzwischen: Deutsche BKK) zahlte Krankengeld. Am 22. März 2002 wurde der Kläger ausgesteuert. Seit dem 01. März 2002 hat er wegen Dienstunfähigkeit einen Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung der D T.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2002 erklärte er sich gegenüber der Beklagten schriftlich bereit, zur notwendigen Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft die erforderlichen freiwilligen Beiträge zu zahlen (Eingang bei der Beklagten am 27. Februar 2002). Am 08. März 2002 versandte die Beklagte an den Kläger den entsprechenden Antragsvordruck und bat außerdem um Klärung der Zeit vom 01. Dezember 2001 bis zur Gegenwart. Nach Erinnerung des Klägers mit Schriftsatz vom 24. April 2002 ging am 15. Mai 2002 bei der Beklagten der vom Kläger am 11. Mai 2002 ausgefüllte Antragsvordruck für eine freiwillige Versicherung ohne weitere Versicherungsunterlagen ein. Unter Punkt 4 "Freiwillige Versicherung" gab der Kläger an, der erste freiwillige Beitrag solle gezahlt werden für "010602". Mit Schreiben vom 17. Juli 2002 bat die Beklagte den Kläger erneut um Einsendung der Versicherungsunterlagen insbesondere für die Zeit ab dem 01. Dezember 2001 bis zum 31. Mai 2002. Nachdem der Kläger hierauf keine Unterlagen einsandte, erließ die Beklagte am 13. August 2002 einen Bescheid, mit welchem sie die Berechtigung des Klägers feststellte, ab dem 01. Juni 2002 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Ob die Zahlung des regulären freiwilligen Mindestbeitrags im Fall des Eintritts verminderter Erwerbsfähigkeit überhaupt zum Versicherungsschutz führen würde, konnte nicht geprüft werden, weil Sie trotz mehrfacher Aufforderung Ihre Versicherungsunterlagen nicht vorgelegt haben." In der Anlage 1 zu diesem Bescheid wurde außerdem darauf hingewiesen, dass freiwillige Beiträge für ein vergangenes Kalenderjahr grundsätzlich bis zum 31. März des Folgejahres gezahlt sein müssten. Widerspruch gegen diesen Bescheid wurde nicht eingelegt. Der Kläger zahlte auf den Bescheid hin regelmäßig freiwillige Beiträge ab Juni 2002. Einen ersten Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente vom 18. September 2001 hatte die Beklagte mit Bescheid vom 29. November 2001 mit der Begründung abgelehnt, teilweise oder volle Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit lägen nicht vor (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2002). Mit Schreiben vom 19. Dezember 2001 hatte die Krankenkasse bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch wegen der Gewährung von Krankengeld seit dem 19. März 2001 angemeldet. Mit Schreiben vom 28. März 2002 hatte auch der Betriebsrenten-Service der Deutschen Telekom einen Erstattungsanspruch angemeldet unter Hinweis darauf, dass eine Leistung aus der betrieblichen Altersversorgung gewährt werde.
Am 27. Januar 2003 sowie am 10. Mai 2004 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, was mit Bescheiden der Beklagten vom 28. Mai 2003 und 23. September 2004 mangels Vorliegens einer quantitativen Erwerbsminderung abgelehnt wurde (zurückweisende Widerspruchsbescheide vom 23. Juli 2003 und 11. November 2004). Den Bescheiden vom 29. November 2001 und 23. September 2004 waren Hinweise zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes beigefügt worden.
Auf Seite 2 des Rentenantragsformulars vom 27. Januar 2003 gab der Kläger unter Nr. 6.1 an, vom 01. Mai 2000 bis zum 27. Mai 2002 Krankengeld bezogen zu haben. Ab dem 28. Mai 2002 seien wegen Dienstunfähigkeit keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden (Nr. 6.4). Auf Seite 2 der dem Rentenantrag beigefügten Anlage Nr. 2 teilte er mit, seit dem 27. Mai 2002 ausgesteuert zu sein. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens wurde der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 12. Februar 2003 um Übersendung von Versicherungsnachweisen betreffend den Zeitraum März 2001 bis Dezember 2002 gebeten, da das maschinelle Versicherungskonto (Kontospiegel vom 12. Februar 2003) Lücken für die Monate April bis Juni 2001, September 2001, Dezember 2001 und ab Januar 2002 auswies. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben von Februar 2003 (Eingang bei der Beklagten am 19. Februar 2003) mit, er sei in dem genannten Zeitraum vom Dienstarzt der D T dienstunfähig geschrieben worden und bekomme eine Dienstrente. Beiträge [zur gesetzlichen Rentenversicherung] seien daher nicht entrichtet worden. Die Teilkontenspiegel der Beklagten vom 24. Februar und 04. März 2003 enthielten jeweils den Vermerk: "Von der Krankenkasse wurde im Rahmen des KVdR-Meldeverfahrens ein Datensatz ATMEGD 01 übermittelt. Der Datensatz konnte nicht verarbeitet werden, weil das Konto bereits Angaben zur Krankenversicherung der Rentner und Pflegeversicherung enthält." Mit Schreiben vom 05. März 2003 meldete der Betriebsrenten-Service der Deutschen Telekom einen Erstattungsanspruch an.
Ein weiterer Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 30. August 2005 wurde mit Bescheid der Beklagten vom 02. November 2005 zurückgewiesen, weil in den letzten 5 Jahren 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht vorhanden seien (§ 43 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Der Widerspruch hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2005 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 03. Juli 2006 erinnerte der Kläger daran, dass trotz mehrfacher Aufforderung seinerseits bisher keine Beitragsrechnung für die Monate April und Mai 2002 übersandt worden sei. Er forderte die Beklagte auf, für die vorgenannten Monate eine Beitragsrechnung zu erstellen. Er werde die offenen Beträge dann umgehend überweisen. Sodann lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08. Februar 2007 den Antrag des Klägers auf Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis zum 31. Mai 2002 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, freiwillige Beiträge dürften nach § 197 Abs. 2 SGB VI nur für ein laufendes Kalenderjahr bis zum 31. März des Folgejahres entrichtet werden. Der - nicht begründete - Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2007 zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner hiergegen eingereichten Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger geltend gemacht, er habe eine umfassende und vollständige Beitragszahlung, also auch für die Monate April und Mai 2002, beantragt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04. Februar 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe mit Bescheid vom 13. August 2002 den Kläger ab Juni 2002 zur Zahlung freiwilliger Beiträge zugelassen. Dieser Bescheid sei bestandskräftig geworden. Dem habe ein vom Kläger gestellter Antrag vom Mai 2002 zu Grunde gelegen, auf dessen Seite 2 der Kläger selber angegeben habe, der erste freiwillige Beitrag solle gezahlt werden für "010602 ". Dies könne nur so verstanden werden, dass der erste freiwillige Beitrag für Juni 2002 gezahlt werden solle. Daher sei im Mai 2002 tatsächlich kein Antrag bezüglich freiwilliger Beiträge für April und Mai 2002 gestellt worden. Insofern sei ein derartiger Antrag auch nicht mehr "offen". Die Richtigkeit dieses Verständnisses des vom Kläger gestellten Antrags zeige sich auch in dem Umstand, dass er den Bescheid vom 13. August 2002 nicht mit dem Widerspruch angefochten habe. Die Beklagte habe im Übrigen in ihrem Bescheid vom 13. August 2002 darauf hingewiesen, dass man dort nicht habe prüfen können, ob die Zahlung des freiwilligen Mindestbeitrags überhaupt zum Versicherungsschutz führen würde, weil der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung seine Versicherungsunterlagen nicht vorgelegt habe. Auch dieser deutliche Hinweis habe den Kläger nicht dazu veranlasst, weiter tätig zu werden. Selbst wenn man das Schreiben des Klägers vom 26. Februar 2002 bereits als Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge für April und Mai 2002 ansehen wollen würde, habe er diesen Antrag dann mit Ausfüllen des Vordrucks am 11. Mai 2002 zurückgenommen. Daher habe der Kläger tatsächlich mit Schriftsatz vom 03. Juli 2006 erstmals einen Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge für April und Mai 2002 gestellt. Im Hinblick auf § 197 Abs. 2 SGB VI sei jedoch eine wirksame Zahlung freiwilliger Beiträge für diese Monate nicht mehr möglich. Selbst wenn man einen besonderen Härtefall nach § 197 Abs. 3 SGB VI annehme, sei die 3-Monatsfrist des § 197 Abs. 3 Satz 2 SGB VI versäumt. Eine Wiedereinsetzung sei ausgeschlossen (§ 197 Abs. 4 SGB VI).
Mit der am 12. März 2008 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangenen Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren fort. Er ist der Auffassung, er habe entsprechend seiner Erklärung vom 26. Februar 2002 fristgemäß eine umfassende, vollständige und lückenlose Zahlung freiwilliger Beiträge zur Erhaltung seiner Anwartschaften gewünscht. Dass später im Antragsformular vom 11. Mai 2002 eine Beitragszahlung erst ab dem 01. Juni 2002 eingetragen worden sei, könne er sich rückschauend nur damit erklären, dass er seinerzeit ohne genaue Kenntnis seiner beitragsfreien Zeiten infolge seines Rentenverfahrens gedacht habe, Beiträge seien erst ab dem auf den Antrag folgenden Monat offen. Sein Antrag vom 26. Februar 2002 auf Zahlung freiwilliger Beiträge auch für April und Mai 2002 sei von der Beklagten bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 08. Februar 2007 nicht beschieden worden. Der bestandskräftige Bescheid vom 13. August 2002 enthalte keine explizite Aussage dahingehend, dass für diese beiden Monate keine Beiträge gezahlt werden dürften. Deswegen sei auch keine Anfechtung dieses Bescheides erforderlich gewesen. Beide Beteiligten seien irrtümlich davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 22. August 2002 hinsichtlich aller für einen Lückenschluss notwendigen Beiträge eine entsprechende Regelung treffe. Insoweit liege ein klassischer Dissens vor. Denn bei Kenntnis der Beklagten von der Lücke hätte diese ihn schließlich auf die Lücke hinweisen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 04. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Mit seiner Erklärung vom 26. Februar 2002 habe der Kläger formlos die Schließung seiner Lücken im Versicherungsverlauf durch Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt. Beim anschließenden Kontenklärungsverfahren sei der Kläger trotz mehrfacher Anfragen und Erinnerungen untätig geblieben. Er habe lediglich den Formantrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge übersandt, aus welchem eindeutig zu entnehmen sei, dass entgegen der Erklärung vom 26. Februar 2002 freiwillige Beiträge erst ab dem 01. Juni 2002 entrichtet werden sollten. Diesem Formantrag sei entsprochen worden, wobei extra noch einmal darauf hingewiesen worden sei, dass der gewünschte Versicherungsschutz nicht habe überprüft werden können. Die Widerspruchsfrist habe der Kläger verstreichen lassen. Auch während des Rentenverfahrens (Antragstellung am 27. Januar 2003) sei der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2003 nochmals wegen der Lücken im Versicherungsverlauf angeschrieben worden. Daraufhin habe der Kläger am 19. Februar 2003 zwar mitgeteilt, er sei in den Lücken vom Dienstarzt der D T dienstunfähig geschrieben worden. Unterlagen über eine bestehende Krankschreibung habe er jedoch nicht übersandt. Erst als mit Bescheid vom 02. November 2005 ein weiterer Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen abgelehnt worden sei, habe er vorgebracht, auf eine Beitragsrechnung für April und Mai 2002 zu warten und diesbezüglich auch die Beklagte gemahnt zu haben. Entsprechende Hinweise ließen sich allerdings weder der Beitragsakte noch der Rentenakte entnehmen. Ein beidseitiger Irrtum habe - entgegen der Ansicht des Klägers – nie vorgelegen. Vielmehr sei ihr – der Beklagten – seit 2002 nachweislich klar gewesen, dass, wenn die Lücken nicht gefüllt werden könnten, der Versicherungsschutz nicht gegeben sei. Dies sei dem Kläger im Bescheid vom 13. August 2002 auch mitgeteilt worden. Im Februar 2003 wäre es dem Kläger noch möglich gewesen, rechtzeitig einen Antrag auf Nachentrichtung der Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zu stellen.
Der Senat hat noch ermittelt durch Einholung von Auskünften zur Frage der Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit des Klägers von der Deutschen BKK (Schreiben vom 01. Juli 2009), der D T vom 02. Juli 2009 sowie von dem behandelnden Allgemeinmediziner M vom 03. Juli 2009.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beitrags- sowie Rentenakten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat die Beklagte den Kläger nicht zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zugelassen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI können Personen wie der Kläger, die nicht versicherungspflichtig sind, sich für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Versicherungsfreie Personen müssen nach Abs. 2 Satz 1 außerdem die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2002 hat der Kläger zwar einen Antrag auf Zahlung aller erforderlichen Beiträge zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente gestellt. Dieser Antrag enthielt jedoch noch nicht die notwendigen Angaben zum Beginn sowie zur Höhe der Zahlung. Zur Frage, ab wann die freiwillige Versicherung beginnen kann, sind insbesondere Auskünfte zur bisherigen Beschäftigung und Entrichtung von Beiträgen erforderlich. Aus dem von der Beklagten eingesehenen Versicherungsverlauf vom 08. März 2002 ergaben sich für die Zeit bis zur Antragstellung Lücken in 2001 und zwar vom 01. April bis zum 30. Juni 2001, vom 01. bis zum 30. September 2001 sowie vom 01. Dezember 2001 bis laufend. Daraufhin bat sie den Kläger um Klärung der Lücken.
Mit dem Formantrag vom 11. Mai 2002 hat der Kläger – ohne jedoch Erklärungen bzw. Nachweise zu den Lücken abzugeben oder einen Beratungstermin zu vereinbaren – seinen Antrag auf die Zeit ab dem 01. Juni 2002 beschränkt. Dies ist die einzig mögliche Würdigung seiner Angaben unter 4. auf der Seite 2 des Antrags. Damit hat der Kläger seinen Antrag vom 26. Februar konkretisiert bzw. teilweise zurückgenommen insoweit, als es die Monate vor Juni 2002 betraf. Dementsprechend hat die Beklagte zutreffend – nachdem der Kläger auch nach weiterer Erinnerung keine Versicherungsunterlagen betreffend die Lücken übersandt hat – mit Bescheid vom 13. August 2002 die Berechtigung des Klägers zur Zahlung freiwilliger Beiträge ab dem 01. Juni 2002 festgestellt, wobei sie gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass nicht geprüft worden sei, ob damit die Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente aufrecht erhalten werde. Außerdem hat sie darauf hingewiesen, dass wirksame Beiträge jeweils nur bis zum 31. März des Folgejahres entrichtet werden könnten. Mit diesem Bescheid ist über den Antrag des Klägers vom 26. Februar 2002 vollumfänglich entschieden worden. Widerspruch hat er nicht eingelegt, so dass Bestandskraft eingetreten ist.
Zum Zeitpunkt der Stellung des zweiten Rentenantrags am 27. Januar 2003 war eine wirksame Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für das Jahr 2002 noch möglich (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Aufgrund der Unterbrechung der Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI durch das laufende Rentenverfahren (§ 198 Satz 1 SGB VI) endete die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI erst am 28. August 2003 (drei Monate nach der bindenden Ablehnung des Rentenantrags mit Bescheid vom 28. Mai 2003). Einen erneuten Antrag nach § 7 SGB VI hat der Kläger im Verlauf des Rentenverfahrens oder bis zum 28. August 2003 nicht gestellt. Mit Schreiben vom 12. Februar 2003 wurde er erneut um Klärung der Lücken gebeten. Daraufhin hat er – wenn auch ohne weitere Nachweise - mitgeteilt, im Zeitraum der fraglichen Lücken dienstunfähig gewesen zu sein.
Frühestens mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 03. Juli 2006 hat der Kläger einen Antrag auf Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 gestellt. Dieser Antrag war – wie im Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2007 ausgeführt – abzulehnen, weil zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Entrichtung von Beiträgen nach § 197 Abs. 2 SGB VI nicht mehr möglich war.
Zwar könnte eine Hemmung der in § 197 Abs. 2 SGB VI vorgesehenen Beitragsentrichtungsfristen für 2002 in entsprechender Anwendung des § 206 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht gezogen werden (vgl. insoweit zu § 206 BGB: Bundessozialgericht (BSG) in SozR 2200 § 1418 Nr. 9), die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind hier jedoch nicht gegeben. Nach § 206 Abs. 1 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist.
Höhere Gewalt in diesem Sinne ist ein außergewöhnliches Ereignis, dessen Eintritt nicht vorauszusehen und auch bei äußerster Sorgfalt nicht mit üblichen Mitteln abzuwenden ist; schon das geringste Verschulden schließt höhere Gewalt aus (vgl. BSG in SozR 3-2400 § 25 Nr. 6 S 23 m. w. N.; allgemein dazu auch BGHZ 17, 199, 201; 81, 353, 355; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 206 Randnr. 4). Ein solches Ereignis ist hier nicht erkennbar.
Eine eventuelle – hier allerdings zweifelhafte – bloße Unkenntnis des Klägers von der Regelung in § 241 SGB VI stellt keinen Anwendungsfall des § 206 BGB dar. Wusste er nämlich nichts von den Voraussetzungen einer Anwartschaftserhaltung, so fehlte ihm bereits ein entsprechender Beitragszahlungswille. Damit scheidet § 206 BGB von vornherein aus. Diese Vorschrift bezieht sich nämlich, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts entschieden hat (vgl. BGH NJW 1968, 1381, 1382), nur auf Fälle, in denen der an sich vorhandene Wille des Berechtigten, sein Recht geltend zu machen, infolge einer auf höherer Gewalt beruhenden Verhinderung nicht verwirklicht werden kann. Darüber hinaus ist Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum - abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall einer sog. anspruchsfeindlichen Rechtsprechung - nicht als Ereignis höherer Gewalt anzusehen (vgl. dazu BSG in SozR 3-2400 § 25 Nr. 6 S 23).
Waren dem Versicherten die einschlägigen Regelungen hingegen zumindest im Wesentlichen bekannt und wollte er etwas gegen den drohenden Verlust seiner Erwerbsminderungs-Rentenanwartschaft unternehmen, so hätte es ihm bei der zu fordernden äußersten Sorgfalt oblegen, sich an die Beklagte mit der Bitte um Hilfe und Beratung zu wenden, ob durch die bisherige Zahlung freiwilliger Beiträge seine Anwartschaft aufrecht erhalten werde bzw. wie er seine Anwartschaft aufrechterhalten könne. Die Beklagte wäre dann – sofern der Kläger dann durch Vorlage von Unterlagen mitgewirkt hätte - verpflichtet gewesen, ihm die Möglichkeit einer Beitragszahlung bis zum 28. August 2003 zu eröffnen.
Auch eine ausnahmsweise mögliche Zulassung zur Beitragsnachentrichtung nach § 197 Abs. 3 SGB VI kommt hier nicht in Betracht. Hierbei soll hintan gestellt bleiben, dass die Beklagte tatsächlich eine solche Entscheidung gar nicht getroffen hat, da sie auch nicht (jedenfalls nicht explizit) beantragt war und ist. Der Kläger vertrat und vertritt nämlich die Auffassung, dass er mit dem Schreiben vom 26. Februar 2002 fristgerecht einen Antrag auf Zulassung zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen nach § 7 SGB VI für die Monate April und Mai 2002 gestellt habe, über welchen nicht abschließend entschieden worden sei. Insofern könnte eine gerichtliche Entscheidung über eine Verpflichtung der Beklagten auf der Grundlage von § 197 Abs. 3 SGB VI auch nicht getroffen werden.
Nach § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, die Zahlung von Beiträgen auf Antrag der Versicherten auch nach Ablauf der in § 197 Abs. 1 und 2 SGB VI genannten Frist zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Unabhängig davon, inwiefern man eine Unkenntnis des § 241 SGB VI oder einen Irrtum darüber, dass man nicht alles zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft getan hat, als unverschuldetes Hindernis der Beitragszahlung anerkennen könnte, ist die in § 27 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geregelte Jahresfrist in diesem Zusammenhang ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. Urteile des BSG vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 85/98 R -, in SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 18 und – B 13 RJ 19/99 R -, in Juris; Urteil des Bayerischen LSG vom 18. Februar 2003 – L 6 RJ 70/07 -, in Juris). In dieser für die Nachholung von versäumten Handlungen gesetzten zeitlichen Grenze, die sich auch in anderen fristbezogenen Vorschriften (vgl. z. B. § 66 Abs. 2, § 67 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) findet, kommt nämlich eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, welcher eine sachgerechte Abwägung zwischen Rechtssicherheit und Individualinteresse zugrunde liegt (vgl. dazu BSG in SozR 5750 Art 2 § 51a Nr. 49). Dementsprechend kann sich ein Versicherter auch im Rahmen des § 197 Abs. 3 SGB VI nicht zeitlich unbeschränkt auf ein mangelndes Verschulden berufen. Liegt der Ablauf der Beitragsentrichtungsfrist - wie hier - über ein Jahr zurück, so ist die Nachzahlung mithin allenfalls dann zuzulassen, wenn diese - anders als im vorliegenden Fall - zuvor infolge höherer Gewalt unmöglich war. Darüber hinaus war der Kläger auch nicht ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert, denn er hätte bei Wahrung der gebotenen notwendigen Sorgfalt bereits im Jahr 2002 auf den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2002 reagieren müssen und sich von der Beklagten zumindest beraten lassen müssen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beitragsentrichtungsfrist des § 197 Abs. 2 SGB VI ist im Übrigen nach § 197 Abs. 4 SGB VI ausgeschlossen.
Der Kläger ist jedoch im Rahmen des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (SHA) zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zuzulassen. Dieses richterrechtlich aus den sozialen Rechten entwickelte verschuldensunabhängige "sekundäre Recht" knüpft u. a. an die Verletzung "behördlicher" Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten im Sozialversicherungsverhältnis an. Der 4. Senat des BSG hat unter Hinweis auf frühere Entscheidungen zu den Voraussetzungen dieses Herstellungsrechts ausgeführt (Urteil des BSG vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 13/03 -, in SozR 4-1200 § 46 Nr. 1): (1) Es müsse eine sich aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis ergebende Pflicht des Sozialleistungsträgers oder eines anderen Organs oder Leistungsträgers (sofern dieser mit der Erfüllung der Pflicht für den Sozialleistungsträger beauftragt gewesen ist) bestehen, diese Pflicht müsse (2) dem Sozialleistungsträger gerade dem Versicherten gegenüber obliegen und (3) objektiv rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt worden sein, ferner (4) müsse die Pflichtverletzung zumindest gleichwertig einen dem Sozialleistungsträger zurechenbaren sozialrechtlichen Nachteil verursacht haben (Kausalität). Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist grundsätzlich und soweit notwendig sowie rechtlich und tatsächlich möglich der Zustand wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre und der Sozialleistungsträger sich rechtmäßig verhalten hätte.
Eine sich aus dem Sozialrechtsverhältnis ergebende Obhutspflicht der Leistungsträger findet ihre Rechtfertigung in § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB I. Der Sozialleistungsträger soll danach eine möglichst weit gehende Verwirklichung der sozialen Rechte sicherstellen. Im Hinblick hierauf trifft den Sozialleistungsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit eine Pflicht zur ausreichenden Information und Beratung über die sozialen Rechte nach dem SGB, wenn der Bürger dies beantragt. Die Pflicht zu einer konkreten individuellen (Spontan-)Beratung besteht auch nur mit Blick auf die Verwirklichung der sozialen Rechte des SGB und nur dann, wenn sich dem Sozialleistungsträger eine klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeit zu Gunsten des Versicherten aufdrängt (vgl. BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 16 S 49 ff). § 2 Abs. 2 SGB I enthält somit eine Zielvorgabe und Schutzgrenze für das Herstellungsrecht (vgl. hierzu Jung in Festschrift für Gitter, Die Berücksichtigung des Fehlverhaltens Dritter beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, S 417, 420 f). Einerseits sind die Sozialleistungsträger im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit verpflichtet, alles zu veranlassen, damit die im SGB umschriebenen sozialen Rechte verwirklicht werden. Andererseits ergibt sich bereits aus der Thematik und dem insoweit angesprochenen Kreis der Sozialleistungsträger eine Begrenzung dahingehend, dass im Bereich der Massenverwaltung ein derartiger Träger nicht von Amts wegen für jeden einzelnen Versicherten eine an alle Eventualitäten angepasste individuelle Beratung vornehmen kann, sondern lediglich eine solche, die sich auf Grund von konkreten Fallgestaltungen unschwer ergibt, etwa wenn eine klar zu Tage liegende Dispositionsmöglichkeit besteht, die so zweckmäßig ist, dass jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde (vgl. hierzu BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 5 S 7, Nr. 16 S 49 f; Hase, Der Herstellungsanspruch bei pflichtwidrig unterlassener Beratung, SGb 2001, 593, 595).
Der Beklagten oblag hier – trotz des vom Kläger beschränkten Antrags auf Zahlung freiwilliger Beiträge für den Zeitraum ab Juni 2002 – gegenüber dem Kläger eine Pflicht zur Beratung oder Auskunft (§§ 14, 15 SGB I) von Amts wegen (sog. Spontanberatung). Diese Pflicht ist von der Beklagten verletzt worden, indem sie ihrer Beratungs- bzw. Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Im Rahmen des Rentenantrags des Klägers vom 17. Januar 2003 – also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine wirksame Entrichtung freiwilliger Beiträge noch möglich gewesen wäre - war für die Beklagte anhand des Akteninhalts ersichtlich,
1. dass der Kläger ab dem 19. März 2001 Krankengeld bezogen hatte (Anmeldung des Erstattungsanspruchs der Krankenkasse vom 19. Dezember 2001), 2. dass der Kläger Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung der Deutschen Telekom erhielt (Anmeldung des Erstattungsanspruchs vom 28. März 2002 und 05. März 2003), 3. dass der Kläger davon ausging, bis zu einer Aussteuerung am 27. Mai 2002 von der Krankenkasse Krankengeld bezogen und Beiträge entrichtet zu haben (Rentenantrag nebst Anlage 2 vom 27. Januar 2003), 4. dass das maschinelle Versicherungskonto des Klägers ab März 2001 lückenhaft war und Meldungen der Krankenkasse entgegen den Klägerangaben nicht vorlagen bzw. nicht verarbeitet werden konnten, 5. dass der Kläger ab Juni 2002 freiwillige Beiträge zur Aufrechterhaltung des Erwerbsminderungs-Versicherungsschutzes zahlen wollte und dies fortlaufend getan hat.
Nach dem Vorstehenden musste es sich zu diesem Zeitpunkt für die Beklagte nicht nur aufdrängen, für eine weitere Klärung des Versicherungskontos primär durch eigene Nachforschungen bei der Krankenkasse des Klägers zu sorgen, insbesondere unverzüglich die (Nach-) Meldung und Entrichtung der Beiträge durch die Krankenkasse (vgl. §§ 170 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a), 176 Abs. 1 SGB VI) zu veranlassen. Vielmehr bestand für die Beklagte hinreichend Anlass, den Kläger ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass wegen der im Versicherungskonto aufgetretenen Lücken in der Bezahlung von Pflichtbeiträgen der Versicherungsschutz für Erwerbsminderungsrenten nicht dauerhaft aufrecht erhalten sein würde, zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft für die Lücken im Jahr 2002 noch freiwillige Beiträge entrichtet werden müssten und der Antrag hierfür noch fristgerecht bis Ende März 2003 bzw. zum Abschluss des laufenden Rentenverfahrens gestellt werden könnte. Allein die üblicherweise den ablehnenden Rentenbescheiden beigefügten – pauschalen - Hinweise zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft waren bei dieser Sachlage nicht ausreichend, um dieser Hinweispflicht Genüge zu tun. Dadurch, dass die Beklagte diesen Hinweis unterlassen hat, ist dem Kläger ein empfindlicher sozialversicherungsrechtlicher Nachteil entstanden, indem er die Anwartschaft auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verloren hat.
Der Kläger war offensichtlich auch bereit und in der Lage, freiwillige Beiträge zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft zu leisten, wie sich nicht nur aus seinem Antrag vom 26./27. Februar 2002 ergibt, sondern auch aus der Tatsache, dass er regelmäßig die Beiträge ab Juni 2002 entrichtet hat.
In der Folge ist der Kläger so zu stellen, als ob die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI für das Jahr 2002 noch nicht verstrichen wäre. Der Kläger ist zur Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Monate April und Mai 2002 zuzulassen.
Nach alldem war die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und der Berufung stattzugeben.
Die Kostenregelung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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