Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 19 R 867/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 204/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Januar 2009 bezüglich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage wird, soweit ihr nicht durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. März 2009 abgeholfen worden ist, zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Januar 2009 bezüglich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 19 R 867/08 ER des Sozialgerichts Frankfurt/Oder aufgehoben. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab dem 15. Dezember 2008 bewilligt und Rechtsanwalt Peter Winter, G Straße , F (Oder) beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 26. Januar 2009 ist zulässig. Sie ist jedoch – soweit ihr nicht durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. März 2009 abgeholfen wurde - nicht begründet.
Der Antragsteller ist prozessfähig. Die Verrechnung der Antragsgegnerin erfolgt, wie unten noch zu erläutern sein wird, in Teile des Arbeitseinkommens bzw. dessen Ersatz (hier die Altersrente), die nicht von dem Insolvenzbeschlag (§ 80 Insolvenzordnung – InsO -) bzw. der Abtretung an den Treuhänder gemäß § 287 Abs. 2 InsO erfasst sind, weil sie unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegen. Die Verfügungsbefugnis des Antragstellers besteht daher diesbezüglich in vollem Umfang.
Das Rechtsschutzgesuch des Antragstellers ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beurteilen. Hiernach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Antragsgegnerin hat die Verrechnung mit Beitragsforderungen der Bau-Berufsgenossenschaft (im Folgenden: BG) durch Verwaltungsakt vorgenommen. Dies ist auch die für die Verrechnung gemäß § 52 Sozialgesetzbuch I (SGB I) richtige Handlungsform, so dass es sich bei dem Bescheid vom 22. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2008 und den Bescheiden vom 22. Dezember 2008 und 20. März 2009 nicht nur um so genannte "formelle Verwaltungsakte" bzw. "Schein-Verwaltungsakte" handelt und hier nur eine Regelungsanordnung in Betracht käme. Die Frage, ob eine Verrechnung durch Verwaltungsakt zu erfolgen hat, ist zwar höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Der 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat mit Beschluss vom 05. Februar 2009 (Az. B 13 R 31/08 R, dokumentiert in juris) bei dem 4. Senat des BSG angefragt, ob er an der in dem Urteil vom 24. Juli 2003 (Az. B 4 RA 60/02 R = SozR 4-1200 § 52 Nr. 1) geäußerten Rechtsauffassung festhält, dass eine Verrechnung nicht durch Verwaltungsakt zu erklären, sondern durch verwaltungsrechtliche Willenserklärung auszuüben sei. Der 13. Senat ist der Auffassung, dass in einer Verrechnungserklärung eine Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen liegt. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Auffassung des 13. Senats des BSG an und verweist, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des genannten Beschlusses. Da es sich bei der Verrechnung um die Herabsetzung einer laufenden Leistung handelt, hat die Anfechtungsklage (vgl. Verfahren S 19 R 874/08 des Sozialgerichts Frankfurt /Oder) gegen die oben genannten Bescheide gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG keine aufschiebende Wirkung. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Dabei gilt der Grundsatz, dass je größer die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sind, umso geringer die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellen sind. Denn an der Vollziehung eines offenbar rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse. Andererseits ist die aufschiebende Wirkung bei einer aussichtslosen Klage nicht anzuordnen. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist deshalb jedenfalls zunächst erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, RdNr. 193 ff.) und dass ein Aussetzungsinteresse, mithin zumindest ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit, besteht, dem Betroffenen also das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, (Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom - 6. März 2007 - L 28 B 290/07 AS ER - , 2. Mai 2007 - L 28 B 517/07 AS ER - und vom 12. November 2007 - L 28 B 1830/07 AS ER -, 12. Mai 2006 - L 10 B 191/06 AS ER -, 15. Mai 2007 - L 26 B 521/07 AS ER - und vom 10. Oktober 2007 - L 26 B 1688/07 AS ER - jeweils abrufbar unter: www.sozialgerichtsbarkeit.de). An diesen Grundsätzen gemessen war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Entscheidungen des Antragsgegners nicht anzuordnen. Denn nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist die Erfolgsaussicht der Klage des Antragstellers gering. Der Antragsgegner dürfte die Verrechnung, auch in der jeweiligen Höhe, zu Recht vorgenommen haben.
Rechtsgrundlage für die Verrechnung ist § 52 i.V.m. § 51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Danach kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist. Dies ist dann der Fall, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1. die geltend gemachte Forderung eines Leistungsträgers muss bestehen, 2. es muss eine Ermächtigung des Berechtigten Leistungsträgers zur Verrechnung vorliegen, 3. die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 SGB I müssen erfüllt sein, d.h. es darf gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen nur bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden und es darf durch die Verrechnung keine Hilfebedürftigkeit nach dem Zwölften oder dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs eintreten und 4. die ordnungsgemäße Ausübung des dem verrechnenden Leistungsträger zustehenden Ermessens sowie die erforderliche Bestimmtheit des Verwaltungsaktes muss gegeben sein. Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Prüfung erfüllt. Die Forderung der BG ist, wie sich aus deren vom Senat beigezogenen Verwaltungsakte ergibt, durch die bindend gewordenen Bescheide vom 24. November 1997 und 09. April 1998 festgestellt worden. Weiter lag eine Ermächtigung des Antragsgegners durch die BG zumindest für die Zeit ab 24. Oktober 2008, dem Zugang der Rücknahme der "Ruhendstellung" der Verrechnungsermächtigung bei dem Antragsgegner, vor. Für den davor liegenden Zeitraum, also die Zeit vom 01. Oktober 2008 bis 23. Oktober 2008, ist fraglich, ob eine Ermächtigung vorlag. Bei der Ermächtigung handelt es sich um eine empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Umstritten ist, ob eine Genehmigung einer Verrechnung möglich ist. Dies wird zum Teil verneint, da es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht handele, bei dem gemäß § 185 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog eine spätere Genehmigung ausgeschlossen sei (vgl. J. Häußler in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB I, § 52 Rn. 9). Nach einer anderen Auffassung kann die Verrechnungserklärung durch rückwirkende Ermächtigung wirksam werden, was mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung begründet wird (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 52 SGB I, Rn. 9 m.w.N.). Im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann diese Frage offen bleiben. Denn jedenfalls ist im vorliegenden Fall bei der Beurteilung des Aussetzungsinteresses des Antragstellers zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung dieses Senats dieser Leistungszeitraum bereits abgelaufen ist (vgl. zu den Voraussetzungen der einstweiligen Anordnung für abgelaufene Zeiträume u. a. Beschluss des 34. Senats des Landessozialgerichts Berlin - Brandenburg vom 29. Juni 2009 – L 34 AS 936/09 B ER ). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage mithin lediglich noch erreichen, dass ihm die begehrten Leistungen für den Zeitraum 01. Oktober 2008 bis 23. Oktober 2008, also für einen gänzlich in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, nachgezahlt werden. Dass ihm insoweit ein Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist, ist nach Aktenlage weder ersichtlich noch hat er Entsprechendes vorgetragen. Für den Zeitraum ab 24. Oktober 2008 lag die erforderliche Ermächtigung der BG jedenfalls vor.
Die Pfändungsgrenzen des § 54 Abs. 3 bis 5 SGB I müssen bei der Verrechnung gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I nicht beachtet werden (vgl. J. Häußler in Hauck/Noftz, a.a.O., § 51 Rn. 12).
Die Voraussetzungen der §§ 52 i.V.m. 51 Abs. 2 SGB I, dass eine Verrechnung nur bis zur Hälfte des Leistungsanspruchs erfolgen darf und dadurch keine Hilfebedürftigkeit in Sinne des SGB XII oder des SGB II eintreten darf, sind erfüllt. Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich die Bescheinigungen des Sozialamtes der Stadt Frankfurt/Oder vom 08. Juli 2008 und 04. Februar 2009 beachtet und den unterhalb der Pfändungsfreigrenze des § 850c Zivilprozessordnung (ZPO), aber oberhalb des Eintritts der Sozialhilfebedürftigkeit liegenden Betrag verrechnet. Sie hat auch das ihr eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
Die Einwendungen des Antragstellers führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Zunächst steht § 114 bzw. § 96 Insolvenzordnung (InsO) einer Verrechnung nicht entgegen. Diese Vorschriften sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sie nur den pfändbaren Teil der Dienstbezüge (hier der Altersrente) betreffen. Nur pfändbare Forderungen des Schuldners sind Vermögensbestandteil der Insolvenzmasse (vgl. Bäuerle in Braun, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 35 Rn. 24). Die von der Antragsgegnerin verrechneten Teile der Altersrente sind nicht pfändbar, da sie unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO in Höhe von 930 EUR liegen.
Entgegen der von der Treuhänderin des Antragstellers in dem Schreiben vom 08. Juli 2008 geäußerten Auffassung steht nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung auch § 294 InsO der Verrechnung nicht entgegen.
Aus dem genannten Schreiben der Treuhänderin vom 08. Juli 2008 ergibt sich, dass sich der Antragsteller seit dem 14. Juli 2005 bis zum 13. Juni 2011 in der Restschuldbefreiungsphase, auch Wohlverhaltensphase, befindet, d.h. ein Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung im Sinne des § 291 InsO ergangen ist. Auch diesbezüglich gilt jedoch, dass, da die Altersrente den pfändbaren Betrag gemäß § 850c ZPO unterschreitet, sie nicht zu den gemäß § 287 Abs. 2 InsO abgetretenen Forderungen gehört. § 294 Abs. 3 InsO steht daher einer Verrechnung nicht entgegen.
Auch § 294 Abs. 1 InsO schließt eine Verrechnung im vorliegenden Fall nicht aus. Nach dieser Vorschrift sind Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners während der Laufzeit der Abtretungserklärung nicht zulässig. Bei der Verrechnung gemäß § 52 SGB I handelt es sich jedoch nicht um Zwangsvollstreckung. Die sozialrechtliche Verrechnung ist ein Sonderfall der Aufrechnung (vgl. J. Häußler in Hauck/Noftz, a.a.O., § 52 Rn. 3); sie ist vom Aufrechnungsbegriff der Insolvenzordnung erfasst (vgl. Urteil des BSG vom 10. Dezember 2003, Aktenzeichen B 5 RJ 18/03 R = BSGE 92,1; Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH - vom 29. Mai 2008, Aktenzeichen IX ZB 51/07 = BGHZ 177,1-11). Die Aufrechnung ist jedoch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 10. November 2004, Az. 18 K 321/04 AO (PKH), Juris Rn. 21 m.w.N.).
Es wird jedoch die Auffassung vertreten, dass analog § 294 Abs. 1 InsO die Aufrechnung (und dann auch die Verrechnung) in der Wohlverhaltensphase in den Fällen ausgeschlossen ist, bei denen es sich bei der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, um eine Insolvenzforderung handelt (vorliegend ist, wie sich aus der Verwaltungsakte der BG ergibt, deren Forderung als Insolvenzforderung in Höhe von 5.244,55 EUR anerkannt worden). Dies wird damit begründet, dass durch die Zulässigkeit einer Aufrechnung bzw. Verrechnung gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung verstoßen werde. § 294 Abs. 3 InsO sei als Ausnahmevorschrift anzusehen, die zu Gunsten einzelner Gläubiger wie der Arbeitgeber in bestimmten Fällen die an sich ausgeschlossene Aufrechnung gestatte (vgl. die Nachweise im Urteil des BGH vom 21. Juni 2005, Aktenzeichen IX ZR 115/04, Juris Rn. 13 = BGHZ 163, 391-399). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Sie ist mit Systematik und Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Ein allgemeines Aufrechnungsverbot für Insolvenzgläubiger in der Wohlverhaltensperiode besteht nicht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2005, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.). Zur Begründung hat der BGH folgendes ausgeführt (juris, RNr. 16 f und 20): "Die Vorschriften der Insolvenzordnung schließen für die Dauer des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung für einzelne Insolvenzgläubiger sowohl in die Insolvenzmasse als auch in das sonstige Vermögen des Schuldners generell aus (§ 89 Abs. 1 InsO). Demgegenüber sind die Einschränkungen der Aufrechnungsbefugnis gemäß den §§ 94 ff InsO differenzierter ausgestaltet. Ähnliches gilt für den Zeitraum der Wohlverhaltensperiode: Dem in § 294 Abs. 1 InsO geregelten generellen Zwangsvollstreckungsverbot steht die nur für eine bestimmte Fallgestaltung vorgesehene Beschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit von Insolvenzgläubigern in § 294 Abs. 3 InsO gegenüber. Dieser Differenzierung würde es nicht gerecht werden, das umfassend geltende Zwangsvollstreckungsverbot mit einem generell geltenden Aufrechnungsverbot gleichzusetzen. § 294 Abs. 3 InsO läßt sich nicht als eine die Aufrechnung in bestimmten Fällen gestattende Ausnahmevorschrift zu einem ansonsten nach § 294 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 394 Satz 1 BGB geltenden Aufrechnungsausschluß interpretieren. Der Wortlaut der Norm schränkt die - im übrigen bestehende - Aufrechnungsbefugnis lediglich ein. Allein dies war vom Gesetzgeber auch gewollt. In § 233 DiskE-InsO war eine gesonderte Regelung zur Aufrechnung zunächst nicht vorgesehen (vgl. Diskussionsentwurf des BMJ, Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, Entwurf einer Insolvenzordnung und anderer Reformvorschriften mit Begründung und Anhang [1988]). Das hat Kritik erfahren, weil die dem Schuldner von Dienstbezügen eröffnete Möglichkeit einer Aufrechnung über den in § 114 Abs. 1 und 2 InsO eröffneten Zeitraum hinaus die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger gefährde und mit dem Ziel der Restschuldbefreiung nicht zu vereinbaren sei (Wochner BB 1989, 1065, 1066). Erst daraufhin wurde die Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis in § 233 Abs. 3 RefE-InsO und später dann in § 294 Abs. 3 InsO aufgenommen (vgl. FK-InsO/Ahrens, 3. Aufl. § 294 Rn. 35; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der Insolvenzordnung [1997], S. 268 ff). Dieser Regelung lag mithin auch aus der Sicht des Gesetzesgebers die ansonsten unbeschränkte Aufrechnungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger zugrunde. ( ) Ein Ausschluß jedweder Aufrechnung durch Insolvenzgläubiger gemäß § 294 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 394 Satz 1 BGB wäre auch deshalb verfehlt, weil dies den Wertungen widerspräche, die das Gesetz hinsichtlich der Aufrechnungsbefugnis von Insolvenzgläubigern für den Zeitraum des Insolvenzverfahrens in den §§ 94 ff InsO getroffen hat. Ein solcher Wertungswiderspruch ergibt sich dann, wenn Gläubigern im laufenden Insolvenzverfahren die Aufrechnung gestattet ist. Der Schutz der Gläubigergesamtheit rechtfertigt es nicht, solche Gläubiger in dem anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren aufgrund eines umfassenden Aufrechnungsverbots schlechter zu stellen." Nach Auffassung des Senats würde es auch vorliegend einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn die Verrechnung gemäß § 52 SGB I während der Wohlverhaltensphase aus Gründen der Gleichbehandlung der Gläubiger ausgeschlossen wäre. Die Verrechnung gemäß § 52 SGB I (wie auch die Aufrechnung gemäß § 51 Abs. 2 SGB I) stellt insgesamt eine Privilegierung der Gläubiger von Beitragsforderungen dar, da sogar unterhalb der Pfändungsfreigrenze eine Verrechnung erfolgen darf. Es würde einen Wertungswiderspruch ergeben, wenn dann in der Restschuldbefreiungsphase das Ziel einer auch sonst nicht bestehenden Gläubigergleichbehandlung ein Verrechnungsverbot bedingen sollte. Eine Verrechnung ist daher während der Wohlverhaltensphase nicht analog § 294 Abs. 1 InsO ausgeschlossen. Die Aufrechnung- bzw. Verrechnungsermächtigung erstreckt sich auch auf Nebenansprüche und die Forderung der BG ist nicht verjährt. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses verwiesen.
Der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht war stattzugeben. Nach Auffassung des Senats war die gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO notwendige hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, da eine Entscheidung des BSG zu der Frage, ob eine Verrechnung nach § 52 SGB I während der Wohlverhaltensphase gemäß § 294 Abs. 1 InsO analog ausgeschlossen ist, noch nicht vorliegt.
Einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist nicht gestellt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Sie berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin nach Vorlage der geänderten Bescheinigung über die Sozialhilfebedürftigkeit unverzüglich ein Anerkenntnis abgegeben hat, so dass eine Belastung mit Kosten nicht gerechtfertigt ist.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 26. Januar 2009 ist zulässig. Sie ist jedoch – soweit ihr nicht durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. März 2009 abgeholfen wurde - nicht begründet.
Der Antragsteller ist prozessfähig. Die Verrechnung der Antragsgegnerin erfolgt, wie unten noch zu erläutern sein wird, in Teile des Arbeitseinkommens bzw. dessen Ersatz (hier die Altersrente), die nicht von dem Insolvenzbeschlag (§ 80 Insolvenzordnung – InsO -) bzw. der Abtretung an den Treuhänder gemäß § 287 Abs. 2 InsO erfasst sind, weil sie unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegen. Die Verfügungsbefugnis des Antragstellers besteht daher diesbezüglich in vollem Umfang.
Das Rechtsschutzgesuch des Antragstellers ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beurteilen. Hiernach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Antragsgegnerin hat die Verrechnung mit Beitragsforderungen der Bau-Berufsgenossenschaft (im Folgenden: BG) durch Verwaltungsakt vorgenommen. Dies ist auch die für die Verrechnung gemäß § 52 Sozialgesetzbuch I (SGB I) richtige Handlungsform, so dass es sich bei dem Bescheid vom 22. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2008 und den Bescheiden vom 22. Dezember 2008 und 20. März 2009 nicht nur um so genannte "formelle Verwaltungsakte" bzw. "Schein-Verwaltungsakte" handelt und hier nur eine Regelungsanordnung in Betracht käme. Die Frage, ob eine Verrechnung durch Verwaltungsakt zu erfolgen hat, ist zwar höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Der 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat mit Beschluss vom 05. Februar 2009 (Az. B 13 R 31/08 R, dokumentiert in juris) bei dem 4. Senat des BSG angefragt, ob er an der in dem Urteil vom 24. Juli 2003 (Az. B 4 RA 60/02 R = SozR 4-1200 § 52 Nr. 1) geäußerten Rechtsauffassung festhält, dass eine Verrechnung nicht durch Verwaltungsakt zu erklären, sondern durch verwaltungsrechtliche Willenserklärung auszuüben sei. Der 13. Senat ist der Auffassung, dass in einer Verrechnungserklärung eine Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen liegt. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Auffassung des 13. Senats des BSG an und verweist, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des genannten Beschlusses. Da es sich bei der Verrechnung um die Herabsetzung einer laufenden Leistung handelt, hat die Anfechtungsklage (vgl. Verfahren S 19 R 874/08 des Sozialgerichts Frankfurt /Oder) gegen die oben genannten Bescheide gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG keine aufschiebende Wirkung. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Dabei gilt der Grundsatz, dass je größer die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sind, umso geringer die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellen sind. Denn an der Vollziehung eines offenbar rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse. Andererseits ist die aufschiebende Wirkung bei einer aussichtslosen Klage nicht anzuordnen. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist deshalb jedenfalls zunächst erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, RdNr. 193 ff.) und dass ein Aussetzungsinteresse, mithin zumindest ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit, besteht, dem Betroffenen also das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, (Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom - 6. März 2007 - L 28 B 290/07 AS ER - , 2. Mai 2007 - L 28 B 517/07 AS ER - und vom 12. November 2007 - L 28 B 1830/07 AS ER -, 12. Mai 2006 - L 10 B 191/06 AS ER -, 15. Mai 2007 - L 26 B 521/07 AS ER - und vom 10. Oktober 2007 - L 26 B 1688/07 AS ER - jeweils abrufbar unter: www.sozialgerichtsbarkeit.de). An diesen Grundsätzen gemessen war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Entscheidungen des Antragsgegners nicht anzuordnen. Denn nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist die Erfolgsaussicht der Klage des Antragstellers gering. Der Antragsgegner dürfte die Verrechnung, auch in der jeweiligen Höhe, zu Recht vorgenommen haben.
Rechtsgrundlage für die Verrechnung ist § 52 i.V.m. § 51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Danach kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist. Dies ist dann der Fall, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1. die geltend gemachte Forderung eines Leistungsträgers muss bestehen, 2. es muss eine Ermächtigung des Berechtigten Leistungsträgers zur Verrechnung vorliegen, 3. die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 SGB I müssen erfüllt sein, d.h. es darf gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen nur bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden und es darf durch die Verrechnung keine Hilfebedürftigkeit nach dem Zwölften oder dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs eintreten und 4. die ordnungsgemäße Ausübung des dem verrechnenden Leistungsträger zustehenden Ermessens sowie die erforderliche Bestimmtheit des Verwaltungsaktes muss gegeben sein. Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Prüfung erfüllt. Die Forderung der BG ist, wie sich aus deren vom Senat beigezogenen Verwaltungsakte ergibt, durch die bindend gewordenen Bescheide vom 24. November 1997 und 09. April 1998 festgestellt worden. Weiter lag eine Ermächtigung des Antragsgegners durch die BG zumindest für die Zeit ab 24. Oktober 2008, dem Zugang der Rücknahme der "Ruhendstellung" der Verrechnungsermächtigung bei dem Antragsgegner, vor. Für den davor liegenden Zeitraum, also die Zeit vom 01. Oktober 2008 bis 23. Oktober 2008, ist fraglich, ob eine Ermächtigung vorlag. Bei der Ermächtigung handelt es sich um eine empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Umstritten ist, ob eine Genehmigung einer Verrechnung möglich ist. Dies wird zum Teil verneint, da es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht handele, bei dem gemäß § 185 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog eine spätere Genehmigung ausgeschlossen sei (vgl. J. Häußler in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB I, § 52 Rn. 9). Nach einer anderen Auffassung kann die Verrechnungserklärung durch rückwirkende Ermächtigung wirksam werden, was mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung begründet wird (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 52 SGB I, Rn. 9 m.w.N.). Im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann diese Frage offen bleiben. Denn jedenfalls ist im vorliegenden Fall bei der Beurteilung des Aussetzungsinteresses des Antragstellers zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung dieses Senats dieser Leistungszeitraum bereits abgelaufen ist (vgl. zu den Voraussetzungen der einstweiligen Anordnung für abgelaufene Zeiträume u. a. Beschluss des 34. Senats des Landessozialgerichts Berlin - Brandenburg vom 29. Juni 2009 – L 34 AS 936/09 B ER ). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage mithin lediglich noch erreichen, dass ihm die begehrten Leistungen für den Zeitraum 01. Oktober 2008 bis 23. Oktober 2008, also für einen gänzlich in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, nachgezahlt werden. Dass ihm insoweit ein Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist, ist nach Aktenlage weder ersichtlich noch hat er Entsprechendes vorgetragen. Für den Zeitraum ab 24. Oktober 2008 lag die erforderliche Ermächtigung der BG jedenfalls vor.
Die Pfändungsgrenzen des § 54 Abs. 3 bis 5 SGB I müssen bei der Verrechnung gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I nicht beachtet werden (vgl. J. Häußler in Hauck/Noftz, a.a.O., § 51 Rn. 12).
Die Voraussetzungen der §§ 52 i.V.m. 51 Abs. 2 SGB I, dass eine Verrechnung nur bis zur Hälfte des Leistungsanspruchs erfolgen darf und dadurch keine Hilfebedürftigkeit in Sinne des SGB XII oder des SGB II eintreten darf, sind erfüllt. Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich die Bescheinigungen des Sozialamtes der Stadt Frankfurt/Oder vom 08. Juli 2008 und 04. Februar 2009 beachtet und den unterhalb der Pfändungsfreigrenze des § 850c Zivilprozessordnung (ZPO), aber oberhalb des Eintritts der Sozialhilfebedürftigkeit liegenden Betrag verrechnet. Sie hat auch das ihr eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
Die Einwendungen des Antragstellers führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Zunächst steht § 114 bzw. § 96 Insolvenzordnung (InsO) einer Verrechnung nicht entgegen. Diese Vorschriften sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sie nur den pfändbaren Teil der Dienstbezüge (hier der Altersrente) betreffen. Nur pfändbare Forderungen des Schuldners sind Vermögensbestandteil der Insolvenzmasse (vgl. Bäuerle in Braun, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 35 Rn. 24). Die von der Antragsgegnerin verrechneten Teile der Altersrente sind nicht pfändbar, da sie unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO in Höhe von 930 EUR liegen.
Entgegen der von der Treuhänderin des Antragstellers in dem Schreiben vom 08. Juli 2008 geäußerten Auffassung steht nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung auch § 294 InsO der Verrechnung nicht entgegen.
Aus dem genannten Schreiben der Treuhänderin vom 08. Juli 2008 ergibt sich, dass sich der Antragsteller seit dem 14. Juli 2005 bis zum 13. Juni 2011 in der Restschuldbefreiungsphase, auch Wohlverhaltensphase, befindet, d.h. ein Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung im Sinne des § 291 InsO ergangen ist. Auch diesbezüglich gilt jedoch, dass, da die Altersrente den pfändbaren Betrag gemäß § 850c ZPO unterschreitet, sie nicht zu den gemäß § 287 Abs. 2 InsO abgetretenen Forderungen gehört. § 294 Abs. 3 InsO steht daher einer Verrechnung nicht entgegen.
Auch § 294 Abs. 1 InsO schließt eine Verrechnung im vorliegenden Fall nicht aus. Nach dieser Vorschrift sind Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners während der Laufzeit der Abtretungserklärung nicht zulässig. Bei der Verrechnung gemäß § 52 SGB I handelt es sich jedoch nicht um Zwangsvollstreckung. Die sozialrechtliche Verrechnung ist ein Sonderfall der Aufrechnung (vgl. J. Häußler in Hauck/Noftz, a.a.O., § 52 Rn. 3); sie ist vom Aufrechnungsbegriff der Insolvenzordnung erfasst (vgl. Urteil des BSG vom 10. Dezember 2003, Aktenzeichen B 5 RJ 18/03 R = BSGE 92,1; Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH - vom 29. Mai 2008, Aktenzeichen IX ZB 51/07 = BGHZ 177,1-11). Die Aufrechnung ist jedoch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 10. November 2004, Az. 18 K 321/04 AO (PKH), Juris Rn. 21 m.w.N.).
Es wird jedoch die Auffassung vertreten, dass analog § 294 Abs. 1 InsO die Aufrechnung (und dann auch die Verrechnung) in der Wohlverhaltensphase in den Fällen ausgeschlossen ist, bei denen es sich bei der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, um eine Insolvenzforderung handelt (vorliegend ist, wie sich aus der Verwaltungsakte der BG ergibt, deren Forderung als Insolvenzforderung in Höhe von 5.244,55 EUR anerkannt worden). Dies wird damit begründet, dass durch die Zulässigkeit einer Aufrechnung bzw. Verrechnung gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung verstoßen werde. § 294 Abs. 3 InsO sei als Ausnahmevorschrift anzusehen, die zu Gunsten einzelner Gläubiger wie der Arbeitgeber in bestimmten Fällen die an sich ausgeschlossene Aufrechnung gestatte (vgl. die Nachweise im Urteil des BGH vom 21. Juni 2005, Aktenzeichen IX ZR 115/04, Juris Rn. 13 = BGHZ 163, 391-399). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Sie ist mit Systematik und Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Ein allgemeines Aufrechnungsverbot für Insolvenzgläubiger in der Wohlverhaltensperiode besteht nicht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2005, a.a.O., Rn. 14 m.w.N.). Zur Begründung hat der BGH folgendes ausgeführt (juris, RNr. 16 f und 20): "Die Vorschriften der Insolvenzordnung schließen für die Dauer des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung für einzelne Insolvenzgläubiger sowohl in die Insolvenzmasse als auch in das sonstige Vermögen des Schuldners generell aus (§ 89 Abs. 1 InsO). Demgegenüber sind die Einschränkungen der Aufrechnungsbefugnis gemäß den §§ 94 ff InsO differenzierter ausgestaltet. Ähnliches gilt für den Zeitraum der Wohlverhaltensperiode: Dem in § 294 Abs. 1 InsO geregelten generellen Zwangsvollstreckungsverbot steht die nur für eine bestimmte Fallgestaltung vorgesehene Beschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit von Insolvenzgläubigern in § 294 Abs. 3 InsO gegenüber. Dieser Differenzierung würde es nicht gerecht werden, das umfassend geltende Zwangsvollstreckungsverbot mit einem generell geltenden Aufrechnungsverbot gleichzusetzen. § 294 Abs. 3 InsO läßt sich nicht als eine die Aufrechnung in bestimmten Fällen gestattende Ausnahmevorschrift zu einem ansonsten nach § 294 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 394 Satz 1 BGB geltenden Aufrechnungsausschluß interpretieren. Der Wortlaut der Norm schränkt die - im übrigen bestehende - Aufrechnungsbefugnis lediglich ein. Allein dies war vom Gesetzgeber auch gewollt. In § 233 DiskE-InsO war eine gesonderte Regelung zur Aufrechnung zunächst nicht vorgesehen (vgl. Diskussionsentwurf des BMJ, Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, Entwurf einer Insolvenzordnung und anderer Reformvorschriften mit Begründung und Anhang [1988]). Das hat Kritik erfahren, weil die dem Schuldner von Dienstbezügen eröffnete Möglichkeit einer Aufrechnung über den in § 114 Abs. 1 und 2 InsO eröffneten Zeitraum hinaus die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger gefährde und mit dem Ziel der Restschuldbefreiung nicht zu vereinbaren sei (Wochner BB 1989, 1065, 1066). Erst daraufhin wurde die Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis in § 233 Abs. 3 RefE-InsO und später dann in § 294 Abs. 3 InsO aufgenommen (vgl. FK-InsO/Ahrens, 3. Aufl. § 294 Rn. 35; Döbereiner, Die Restschuldbefreiung nach der Insolvenzordnung [1997], S. 268 ff). Dieser Regelung lag mithin auch aus der Sicht des Gesetzesgebers die ansonsten unbeschränkte Aufrechnungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger zugrunde. ( ) Ein Ausschluß jedweder Aufrechnung durch Insolvenzgläubiger gemäß § 294 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 394 Satz 1 BGB wäre auch deshalb verfehlt, weil dies den Wertungen widerspräche, die das Gesetz hinsichtlich der Aufrechnungsbefugnis von Insolvenzgläubigern für den Zeitraum des Insolvenzverfahrens in den §§ 94 ff InsO getroffen hat. Ein solcher Wertungswiderspruch ergibt sich dann, wenn Gläubigern im laufenden Insolvenzverfahren die Aufrechnung gestattet ist. Der Schutz der Gläubigergesamtheit rechtfertigt es nicht, solche Gläubiger in dem anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren aufgrund eines umfassenden Aufrechnungsverbots schlechter zu stellen." Nach Auffassung des Senats würde es auch vorliegend einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn die Verrechnung gemäß § 52 SGB I während der Wohlverhaltensphase aus Gründen der Gleichbehandlung der Gläubiger ausgeschlossen wäre. Die Verrechnung gemäß § 52 SGB I (wie auch die Aufrechnung gemäß § 51 Abs. 2 SGB I) stellt insgesamt eine Privilegierung der Gläubiger von Beitragsforderungen dar, da sogar unterhalb der Pfändungsfreigrenze eine Verrechnung erfolgen darf. Es würde einen Wertungswiderspruch ergeben, wenn dann in der Restschuldbefreiungsphase das Ziel einer auch sonst nicht bestehenden Gläubigergleichbehandlung ein Verrechnungsverbot bedingen sollte. Eine Verrechnung ist daher während der Wohlverhaltensphase nicht analog § 294 Abs. 1 InsO ausgeschlossen. Die Aufrechnung- bzw. Verrechnungsermächtigung erstreckt sich auch auf Nebenansprüche und die Forderung der BG ist nicht verjährt. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses verwiesen.
Der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht war stattzugeben. Nach Auffassung des Senats war die gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO notwendige hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, da eine Entscheidung des BSG zu der Frage, ob eine Verrechnung nach § 52 SGB I während der Wohlverhaltensphase gemäß § 294 Abs. 1 InsO analog ausgeschlossen ist, noch nicht vorliegt.
Einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist nicht gestellt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Sie berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin nach Vorlage der geänderten Bescheinigung über die Sozialhilfebedürftigkeit unverzüglich ein Anerkenntnis abgegeben hat, so dass eine Belastung mit Kosten nicht gerechtfertigt ist.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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