L 18 AS 1313/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 121 AS 17195/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1313/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2009 aufgehoben. Der Antragsgegner wird verpflichtet, Stromkosten des Antragstellers in Höhe von 831,03 EUR als Darlehen zu übernehmen und diesen Betrag direkt an den Stromversorger V E B zur Kundennummer zu überweisen. Das Darlehen wird ab 1. September 2009 durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 vom Hundert der an den Antragsteller jeweils zu zahlenden Regelleistungen getilgt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im gesamten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

Gründe:

Wegen der Dringlichkeit der Sache war in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Vorsitzenden zu entscheiden. Von einer erneuten Anhörung des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren war zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes wegen der andauernden Stromsperrung abzusehen, zumal sich eine wesentliche Änderung der Sachlage gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren nicht ergeben hat.

Die Beschwerde, mit der bei verständiger Würdigung (vgl. § 123 SGG) der Antragsteller seinen erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auf Übernahme von Stromkosten i.H.v. 988,58 EUR im Darlehenswege weiter verfolgt, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet und war zurückzuweisen.

Der Anordnungsanspruch folgt aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Danach kann im Einzelfall ein - wie hier - von den Regelleistungen umfasster (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II) und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, der weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, bei entsprechendem Nachweis im Wege einer Sach- oder Geldleistung als Darlehen erbracht werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend - was das Sozialgericht (SG) verkannt hat - erfüllt. Denn die Unabweisbarkeit des geltend gemachten Bedarfs folgt bereits aus der vom Stromversorger vorgenommenen Abschaltung der elektrischen Anlage in der Wohnung des Antragstellers. Die Versorgung mit elektrischer Energie ist aber unabdingbar, um dem Antragsteller eine menschenwürdige Existenz zu sichern. Es ist in Anbetracht der Höhe der vom Stromversorger geltend gemachten Nachzahlung dem Antragsteller auch nicht möglich, die Zahlungsrückstände aus einer Mittelumschichtung innerhalb der ihm gewährten Regelleistungen zu erbringen, zumal der Versorger die Wiederaufnahme der Stromversorgung von einer vollständigen Tilgung der Außenstände abhängig macht. Dass der jetzt aufgelaufene unabweisbare Bedarf von dem Antragsteller gegebenenfalls selbst verschuldet wurde, ist ohne Belang. Denn die Leistungsgewährung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II steht nicht im Ermessen des Leistungsträgers (vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 23 Rz. 29, 34). Im Hinblick auf die tatsächliche Stromsperre, deren Aufhebung nach der heutigen telefonischen Erklärung des Stromversorgers gegenüber dem Gericht von der vorherigen Zahlung des aktuell (= per 31. Juli 2009) noch offenen Gesamtbetrages von 831,03 EUR abhängt, liegt auch ohne weiteres ein Anordnungsgrund vor, der zudem eine sofortige Entscheidung des Beschwerdegerichts ohne vorherige erneute Anhörung des Antragsgegners rechtfertigt.

Allerdings war bei der gesetzlich vorgesehenen Tilgung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu berücksichtigen, dass die dort vorgesehene Obergrenze für die vorzunehmende monatliche Aufrechnung von 10 % der jeweils monatlich an den Antragsteller zu zahlenden Regelleistungen auch ausgeschöpft wird. Denn der Antragsteller hat augenscheinlich über einen langen Zeitraum den in der Regelleistung enthaltenen anteiligen Leistungsbetrag für Haushaltsenergie (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II) für offensichtlich andere Zwecke verbraucht.

Soweit der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines den Betrag von 831,03 EUR übersteigenden Darlehens geltend macht, fehlt es jedoch an einem Anordnungsanspruch. Die Beschwerde war insoweit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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