Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 16/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 1027/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und dessen Entschädigung.
Der 1960 geborene Kläger war als Wäschereiarbeiter bei der Firma L-R-AG beschäftigt. Nach den Angaben seines Arbeitgebers in der am 23. Mai 2002 bei der Beklagten eingegangenen Unfallanzeige sank der Kläger am 13. Mai 2002 gegen 14:00 Uhr beim Transport eines Wäschecontainers aus ungeklärter Ursache in sich zusammen und schlug mit dem Kopf auf dem Fußboden auf. Der Kläger wurde mit dem Rettungswagen zunächst zur Rettungsstelle der D-Kliniken K gebracht, wo er einen generalisierten Krampfanfall erlitt. Anschließend wurde er stationär vom 13. bis zum 19. Mai 2002 in der neurochirurgischen Klinik des Ukrankenhauses B und in den D-Kliniken K behandelt. Es wurden folgende Diagnosen festgestellt:
- S06.9 Schädel-Hirntrauma II. Grades mit größerem Kontusionsherd re. temporal und Umgebungsödem sowie Kontusionen bifrontal, - S06.6 traumatische Subarachnoidalblutung und sehr schmales subdurales Hämatom re. hemisphäriell, - S02.2 Kalottenfraktur li. Temporal, - S06.9 Durchgangssyndrom, - G40.9 V.a. Zustand nach Erstmanifestation von Krampfanfällen und - H40.9 Glaukom bds.
Im initialen Labor ergaben sich erhöhte GGT- und ALAT-Werte und es wurde der Verdacht auf Alkoholabusus geäußert, was vom Kläger und seiner Ehefrau verneint wurde. Nach fremdanamnestischen Angaben habe der Kläger bei der Arbeit einen (ersten) generalisierten Krampfanfall erlitten, es bestehe eine retrograde Amnesie für das zum Sturz führende Ereignis (siehe Arztbriefe des Ukrankenhauses B vom 14. Mai 2002 und der D-Kliniken K vom 23. Mai 2002).
Am 21. Mai 2002 gab der Kläger gegenüber dem Durchgangsarzt (DA) Dr. P an, er sei am Unfalltag auf dem Hof des Betriebes beim Schieben eines Wäschecontainers in eine Vertiefung getreten und gestürzt (DA-Bericht vom 22. Mai 2002), und gegenüber der Augenärztin Dipl.-Med. S, er habe einen Abfallwagen auf den Hof gebracht und sei dabei im Hinterhof des Betriebes gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen (Arztbericht vom 04. Juni 2002). Im Fragebogen der AOK, vom Kläger ausgefüllt am 29. Mai 2002, heißt es "Herr H ist beim Transport eines Containers aus ungeklärter Ursache in sich zusammengefallen. Er schlug mit dem Kopf auf dem Fußboden auf ". Im Unfallfragebogen vom 18. Juni 2002 gab der Kläger an, er habe kurz vor Feier-abend den Abfallcontainer entleeren wollen, sei mit dem Container über eine Unebenheit gefallen und mit dem Kopf auf dem Fußboden aufgeschlagen und habe sich eine stark blutende Kopfplatzwunde links zugezogen.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik der D-Kliniken , PD Dr. W, mit, der Kläger sei mit dem Rettungswagen gebracht worden, nachdem er – laut Angaben der Feuerwehr – während der Arbeit einen generalisierten Krampfanfall erlitten habe und auf den Schädel gefallen sei. Einen erneuten Krampfanfall habe er in der Rettungsstelle kurz nach der Einlieferung erlitten (Schreiben vom 15. Juli 2002). Der vom Kläger als Zeuge benannte Arbeitskollege P G gab an, er habe nicht gesehen, dass der Kläger vor dem Sturz auf den Boden einen epileptischen Anfall oder Ohnmachtsanfall erlitten habe, er habe aber gesehen, dass sich der Kläger gekrümmt habe und dann vorwärts auf den Boden gefallen sei (schriftliche Auskunftvom 03. August 2003). Die Beklagte holte des Weiteren ein Vorerkrankungsverzeichnis der A B vom 05. Juni 2002 (u. a. Arbeitsunfähigkeit vom 08. bis zum 26. Januar 2001 wegen Störungen durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom), eine Auskunft des Zentrums für ambulante Rehabilitation (ZAR) über die ambulante Behandlung des Klägers vom 03. Juli bis zum 06. August 2002 mit Hinweisen auf möglichen Alkoholmissbrauch und alkoholischen Mundgeruch bei der Entlassungsuntersuchung sowie einen Bericht der Nervenärztin, Psychotherapeutin Dipl.-Med. F vom 21. August 2002 (Vorstellung des Klägers am 15. April 2002 im Rahmen einer beruflichen Konfliktsituation, die zu einer reaktiven Depression geführt habe) ein.
Der Kläger selbst teilte mit Schreiben vom 17. Juli 2002 ergänzend mit, er habe sich bei dem Sturz mit dem Abfallcontainer eine stark blutende Platzwunde am Kopf zugezogen und erst dann gekrampft. Die Angaben des Arztes aus den D-Kliniken K seien nicht zutreffend, er habe noch nie einen epileptischen Anfall gehabt. Wie seiner Ehefrau mitgeteilt worden sei, sei der Zeuge P G erst dazu gekommen, als er schon am Boden gelegen habe und der Zeuge F R habe es aus etlichen Metern Entfernung gesehen.
Am 08. September 2002 fand eine Begehung des Betriebsgeländes nebst Befragung des Zeugen G durch den technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten, Herrn G im Beisein von Betriebsangehörigen und der Ehefrau des Klägers statt. In seinem Bericht vom gleichen Tage führte Herr G aus, die Angaben des Klägers hätten nur insoweit bestätigt werden können, dass sich der Unfall auf dem Weg zum Betriebshof in der Betriebshalle (Schwarzbereich) neben der Sortieranlage für Hotelwäsche ereignet habe. Die weiteren Angaben des Klägers beruhten seines Erachtens überwiegend auf Schilderungen von dritten Personen aus einem Gespräch zwischen der Ehefrau, einem Zeugen des Gesprächs (Herr G)und Frau B einen Tag nach dem Unfall im Betrieb. Der Zeuge G habe keine eindeutigen Aussagen zum Eintritt bzw. zur Ursache des Unfallereignisses machen können, habe aber den finalen Verlauf des Unfallereignisses beobachtet und angegeben, der Verletzten sei in sich zusammengesunken, mit dem Kopf aufgeschlagen und überwiegend auf dem Rücken vor dem Wäschecontainer liegen geblieben. Bei seiner Begehung habe er am Unfallort keine Bodenunebenheiten in Form einer Kante, einer Bodenerhebung bzw. –vertiefung oder einer Schräge feststellen können; es finde sich lediglich eine Abwasserrinne aus Metall, die ebenerdig in den Boden eingelassen sei. Der Boden sei eben und nicht rutschig gewesen. Der Verletzte habe festes Schuhwerk getragen. Ein weiterer Arbeitskollege, Herr R der derzeit in Urlaub sei, habe an der Aufgabestation zur Taktwaschanlage 2 gestanden und sei damit weiter weg als der Zeuge G gewesen. Dem Bericht lag eine entsprechende Skizze des fraglichen Betriebsbereichs mit dem Weg des Klägers und dem Standort der Zeugen bei, des Weiteren wurde die Stelle durch Fotoaufnahmen dokumentiert.
Mit Bescheid vom 01. Oktober 2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2002, lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 13. Mai 2002 ab, weil das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht sicher festgestellt werden könne. Zwar gebe der Kläger an, er sei über eine Unebenheit gestolpert und mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen. Demgegenüber gebe der Arbeitgeber an, der Kläger sei beim Transport eines Containers aus ungeklärter Ursache in sich zusammengesunken. Im Entlassungsbrief des D-Kliniken K vom 23. Mai 2002 werde als Unfallursache ein epileptischer Anfall mitgeteilt. Nach dem Bericht des PD Dr. W (D-Kliniken K) vom 15. Juli 2002 habe der Kläger während der Arbeit – laut Angaben der Feuerwehr – einen generalisierten Krampfanfall erlitten und sei auf den Schädel gefallen, in der Rettungsstelle habe er kurz nach der Aufnahme einen weiteren Krampfanfall erlitten. Bei der Befragung am Unfallort hätten weder der Kläger noch der Zeuge G eindeutige Aussagen zum Eintritt bzw. zur Ursache des Sturzes machen können. Die Ermittlungen hätten keinen Hinweis darauf ergeben, dass der Sturz auf eine äußere Ursache (Bodenunebenheit) zurückzuführen sei. Unter Berücksichtigung der medizinischen Unterlagen bestehe vielmehr die Möglichkeit, dass die Krampfanfälle ihre Erklärung in einer unfallfremden Krankheitsanlage des Klägers hätten. So seien im Vorerkrankungsregister Störungen durch Alkohol/Abhängigkeitssyndrom, Psychoneurose und eine depressive Neurose dokumentiert, wobei letztere Diagnose eine Arbeitsunfähigkeit vom 10. April bis zum 10. Mai 2002 verursacht habe, also bis kurz vor dem angeschuldigten Ereignis.
Mit seiner hiergegen bei dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung weiterverfolgt und vorgetragen, es handele sich um einen echten Arbeitsunfall. Er habe kurz vor Dienstschluss einen Abfallcontainer wegbringen wollen, um ihn auf dem Hof zu entleeren, wobei der Container auf eine Unebenheit gefahren und er mit dem gesamten Container zum Sturz gekommen sei. Der Container sei mit Pappe voll geladen gewesen, er sei etwa 1,8 Meter hoch, 1,0 Meter lang und 0,5 Meter breit, habe kleine Räder, die sich verhakeln könnten. Im Boden gebe es eine Abflussrinne, auf der ein schmaler Metallrost gelegen habe. Ob sich die Räder verhakt hätten, wisse er nicht. Der Arztbrief des Dr. H vom 10. Juni 2002 über die Diagnose "Symptomatischer Krampfanfall mit Sturz" stütze sich auf fremdanamnestische Angaben. Vor dem Sturz habe er sich normal wohl gefühlt und nie vorher irgendwelche Krampfanfälle gehabt.
Das SG hat eine Auskunft des PD Dr. W (D-Kliniken K) vom 02. Januar 2004 und Befundberichte (BB) der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie B vom 06. Januar 2004 (tagesklinische Behandlung vom 08. bis zum 26. Januar 2001 im Krankenhaus H wegen Entzugssyndrom bei Delta-Akoholismus, depressiver Verstimmung, alkoholtoxische Hepatose), des Facharztes für Chirurgie S vom 06. Januar 2004, des Arztes für Allgemeinmedizin W vom 08. Februar 2004 (u. a. Behandlung wegen Kollaps auf der Arbeit bei Infekt am 04. Februar 2002) und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie F vom 26. März 2004 eingeholt sowie die Schwerbehindertenakte des Klägers mit dem Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie G vom 08. Januar 2004 beigezogen.
Des Weiteren hat das SG die Arbeitskollegen des Klägers P G und F R als Zeugen vernommen. Der Zeuge G hat angegeben, der Kläger habe neben dem Abfallcontainer gestanden, etwa mit dem Rücken zum Container, und habe den Container in dem Moment nicht geschoben. Der Kläger habe krumm dagestanden und habe dann einen Kopfsprung nach vorn gemacht und er – der Zeuge – habe ihn dann in die stabile Seitenlage gebracht, bis die Feuerwehr gekommen sei. Der Container habe gestanden und sei nicht umgefallen. Die Container hätten vier Räder, es sei schon vorgekommen, dass die Container kaputt gewesen seien. Der Boden sei eben gewesen, es sei eine Abflussrinne vorhanden, auf die Metallgitter aufgeschraubt seien. Der Zeuge R hat angegeben, der Kläger habe den Container mit Müll rausfahren wollen, dabei sei er falschherum gegangen und habe sich so komisch verkrampft, habe dann eine Rolle gemacht, wie einen "Köpper" nach hinten und einen Laut von sich gegeben, als wenn ein Hirsch röhre, dabei die Arme gehoben, als ob er Schwung nehme. Es habe dann richtig gekracht und er habe am Kopf geblutet. Der Container sei nicht umgefallen.
Mit Urteil vom 28. April 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Heilbehandlung, Verletztengeld oder Verletztenrente wegen der Folgen des Ereignisses vom 13. Mai 2002, denn es sei keine äußere Einwirkung im Sinne eines Arbeitsunfalls nachgewiesen, die in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit den bei dem Sturz erlittenen Verletzungen am Kopf stünden. Nach dem Ergebnis der Beweiserhebung sei der vom Kläger behauptete Unfallhergang – Sturz mit dem Container nach vorn – nicht nachgewiesen. Im Gegenteil sei durch die Aussagen der Zeugen G und R bewiesen, dass sich der Kläger ohne erkennbare äußere Einwirkung verkrampft bzw. krumm dagestanden und eine Art Kopfsprung gemacht habe. Beide Zeugen hätten das Kerngeschehen übereinstimmend geschildert und hätten angegeben, der Sturz des Klägers habe sich nicht unmittelbar beim Schieben des Containers ereignet, sondern es habe eine Zäsur davor gegeben. Der Kläger habe unmittelbar vor dem Sturz gestanden (Aussage G) bzw. habe den Container losgelassen (Aussage R). Beide Zeugen hätten auch übereinstimmend ausgesagt, der Kläger habe sich verkrampft bzw. krumm dagestanden und einen "Kopfsprung" bzw. "Roller" gemacht, sie hätten also eine ausgefallene Einzelheit, ein so genanntes originelles Detail, das ein gewichtiges Indiz für die Glaubhaftigkeit der Aussage sei, geschildert. Ob der "Kopfsprung" bzw. "Roller" nun nach vorn oder nach hinten erfolgt sei, sei demgegenüber nicht erheblich. Auch hätten beide Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass der vom Kläger geschobene Container nicht umgestürzt sei. Soweit der Kläger demgegenüber angebe, der Container sei auf eine Unebenheit gefahren und er sei mit dem Container zum Sturz gekommen, stehe diese Aussage im Widerspruch zu den glaubhaften Aussagen der beiden Zeugen. Im Entlassungsbericht der D-Kliniken K werde ausgeführt, dass bei dem Kläger eine retrograde Amnesie für das zum Sturz führende Ereignis bestanden habe. Auch sei nicht plausibel, aus welchen Gründen der Container gestürzt sein solle. Insbesondere sei nicht erwiesen, dass sich die (beweglichen) Räder des Containers in der Abflussrinne oder anderswo verkantet hätten. Nach dem Bericht des technischen Aufsichtsbeamten hätten am Unfallort keine Bodenunebenheiten festgestellt werden können. Betrieblich bedingte körperliche Belastungen hätten den Eintritt des Körperschadens nicht rechtlich wesentlich mitbestimmt. Der grundsätzlich versicherten betrieblichen Tätigkeit (Schieben des Containers) komme keinerlei Stellenwert für das zu der Kopfverletzung führende Geschehen zu. Vielmehr sei der "Kopfsprung" bzw. "Roller" aus innerer Ursache erfolgt. Im Entlassungsbericht der D-Kliniken K werde ein Verdacht auf Zustand nach Erstmanifestation von Krampfanfällen diagnostiziert. Es seien keinerlei betriebliche Umstände nachgewiesen, welche als rechtlich wesentliche Mitursache für den "Kopfsprung" in Frage kämen.
Mit der Berufung hält der Kläger an seinem Begehren auf Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des Sturzes vom 13. Mai 2002 fest. Die Beklagte habe nicht genau genug ermittelt, der Unfall sei nicht nachgestellt, der Unfallcontainer sei nicht auf Defekte, der genaue Unfallort sei nicht festgestellt und untersucht worden. Der Zeuge G habe den genauen Unfallhergang nicht gesehen, er und der Zeuge R seien erst nach seiner Schicht eingesetzt gewesen und hätten erst kurz vor seinem Schichtende die sehr große Halle betreten. Die Zeugen seien nicht in der direkten Nähe des Unfallortes und des Unfallgeschehens gewesen. Es könne nicht zutreffen, dass er aus ungeklärter Ursache in sich zusammengesunken und mit dem Kopf auf den Fußboden aufgeschlagen sei, da er sich eine Schädelfraktur auf der oberen linken Schädelseite zugezogen habe; wäre er lediglich in sich zusammengesunken, hätte diese Verletzung nie entstehen können. Auch hätten die Zeugen G und R sich in Widersprüche verwickelt (Kopfsprung nach vorn und "Köpper" nach hinten), ferner würden ihre Angaben keinesfalls einen Krampfanfall belegen. Der Hinweis des Zeugen R, er habe sich komisch verkrampft, sei unglaubwürdig, da der Unfall sich in Sekundenschnelle abgespielt habe und die Entfernung zwischen dem Standort des Zeugen zum Unfallort mindestens 30 bis 40 Meter betrage habe. Auch sei nicht erklärbar, wie eine Person, die gerade einen Krampfanfall erleide, einen "Köpper" oder einen Kopfsprung machen und dabei die Arme heben solle. Vielmehr habe er den Unfallhergang plausibel dargestellt, indem er zügig einen schweren Container auf vier Rädern aus der Halle geschoben habe und es plötzlich nicht mehr weiter gegangen sei, so dass er auf Grund des Schwunges zum Sturz gekommen sei. Möglicherweise habe er dabei kurz die Arme gehoben um sich abzufangen, sei nach vorne gestolpert, so dass es fast wie ein Sprung ausgesehen habe. Im Bericht des technischen Aufsichtsbeamten seien der Zustand des Containers (defekte Räder) und der Zustand des Metallgitters über der Abflussrinne unerwähnt geblieben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2005 und den Bescheid vom 01. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 13. Mai 2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass ein Krampfanfall Ursache des Sturzes und damit der Verletzungen des Klägers gewesen sei
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie Prof. Dr. P M mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt, der nach Untersuchung des Klägers am 11. Dezember 2007 und nach dem am 18. Januar 2008 abgeleiteten EEG folgende Gesundheitsstörungen festgestellt hat:
- Alkoholkrankheit (F10.2) mit abgelaufenem Delir (F10.4), - epileptisches Anfallsleiden (G40.6) und - organisches Psychosyndrom (F07.2), vorwiegend durch das Schädel-Hirn-Trauma mit multiplen Hirnkontusionen (S06.2) und abgeheilter traumatischer Subarachnoidalblutung (S06.6) und ebenfalls abgeheilter traumatischer Subduralblutung (S06.5) bedingt, verstärkt durch alkoholbedingte Hirnschädigung. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Gesundheitsstörungen seien nicht ursächlich durch das Ereignis vom 13. Mai 2002 verursacht worden, sondern insgesamt durch einen chronischen Alkoholmissbrauch und die dadurch bedingten Hirnschäden. Dies gelte auch für die traumatisch bedingten Hirnschäden, die Folgen eines durch den Alkoholmissbrauch verursachten Krampfanfalls und dadurch bedingten Sturz seien. Die Zeugen G und R hätten, wenn auch im Detail mit unterschiedlichen Angaben, ohne Zweifel den Ablauf eines aus innerer Ursache erfolgten Krampfanfalls geschildert, nämlich eine krampfhafte Veränderung der Körperhaltung und der Körperstellung, sowie ein Hinstürzen, das nicht einem Fallen nach einem Stolperereignis oder Ähnlichem gleiche. Besonders bedeutsam sei, dass der Zeuge R einen Schrei "wie ein röhrender Hirsch" gehört habe, ein derartiger Schrei sei sehr charakteristisch für einen Initialschrei bei einem epileptischen Krampfanfall. Medizinisch gebe es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass ein epileptischer Krampfanfall Ursache des Sturzes gewesen sei. Eine kardiovaskuläre Ursache sei im höchsten Maße unwahrscheinlich, da man dabei üblicherweise in sich zusammenfalle und nicht steif nach irgendeiner Seite. Für einen epileptischen Anfall spreche zudem die Schwere der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen. Bei einem Sturz wegen Stolperns stünden dem Menschen reflexartige Schutzbewegungen zur Verfügung, die den Kopf bei Stürzen auf ebene Erde meist vor schwersten Verletzungen bewahren könnten. Dagegen komme es bei einem epileptischen Anfall in der Anfangsphase, wenn der Betroffene noch stehe, zu einer tonischen Verkrampfung des Körpers. Der Patient stürze dann mit steifer Körperhaltung reflexlos um und könne dabei sehr heftig mit dem Kopf aufschlagen. Eine derartige tonische Verkrampfung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit der Hintergrund für die von den Zeugen bemerkten Auffälligkeiten beim Sturz, die der Zeuge G mit "Kopfsprung nach vorn" und der Zeuge R mit "Köpper nach hinten" beschrieben habe. Schließlich sei auch das von dem Kläger für den nächsten Tag angegebene Gefühl eines Muskelkaters für einen Krampfanfall sehr charakteristisch, denn die heftige Innervation der Muskulatur führe zu Mikroverletzungen in der Muskulatur, wie sie auch nach einem intensiven Training vorkämen. Ein derartiges Muskelkatergefühl sei als Folge eines Sturzes nicht erklärbar. Der Krampfanfall, dem nach der Aufnahme in die D-Kliniken K eine zweiter gefolgt sei, stehe in einem Kausalbezug zum Alkoholmissbrauch und sei als Entzugskrampf zu verstehen. Hierfür sprächen auch die mehrfach abgeleiteten EEG´s. Charakteristisch für einen Alkoholentzugskrampf bzw. eine Alkoholepilepsie sei auch, dass es im anfallsfreien Intervall keine EEG-Veränderungen gebe. Nach den medizinischen Unterlagen liege beim Kläger seit vielen Jahren ein zunächst von ihm abgestrittener erheblicher Alkoholabusus vor, welcher bereits im Jahr 2001 zu einem protrahierten Entzugssyndrom geführt habe (Gutachten vom 27. Januar 2008).
Der Kläger hat sich zu dem Gutachten von Prof. Dr. M dahingehend geäußert, dass dieser sein Gutachten auf unrichtige Tatsachenfeststellungen gründe. Die Feuerwehr habe nur Vermutungen über das Unfallereignis angestellt, der Zeuge G habe ausgesagt, er habe den Unfall gar nicht gesehen und der Zeuge R habe viel zu weit weg gestanden. Bei der Diagnose der erstbehandelnden Klinik – Krampfanfall mit Sturz – handele es sich um eine aus der Luft gegriffene Annahme des behandelnden Arztes, da Ärzte und medizinisches Personal erst nach dem Sturz vor Ort gewesen seien. Der Sachverständige hat hierzu unter dem 20. Mai 2008 Stellung genommen und ist bei seiner Beurteilung geblieben.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15. Juli 2008 zu seiner Absicht, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden, angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Dem Kläger steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, ein Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 13. Mai 2002 nicht zu.
Die Gewährung von Entschädigungsleistungen in Form von Verletztengeld (§§ 45 ff Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]), Verletztenrente (§§ 56 ff SGB VII) und Heilbehandlung (§§ 26, 27 SGB VII) setzt einen Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraus. Ein Arbeitsunfall ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein Unfall infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden (Gesundheitserstschaden) führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern erst für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 04. September 2007 - B 2 U 28/06 R -, m. w. N., in Juris).
Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben; für diese genügt angesichts der hier typischen Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nrn. 70 und 84). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglieder. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht. Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung des Versicherungsschutztatbestands nach §§ 2 ff SGB VII, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden und die Plötzlichkeit als Unfallmerkmale.
Das Ereignis vom 13. Mai 2002 stellt keinen Arbeitsunfall dar, da nicht alle der zuvor genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert, die von ihm gegen Ende seiner Arbeitsschicht vorgenommene Verrichtung – Schieben eines mit Pappe und Altpapier beladenen Rollcontainers durch die Be-triebshalle – ist der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Durch den Sturz hat er auch einen Unfall erlitten. Das von außen auf den Körper einwirkende Ereignis liegt nicht nur bei einem besonderes ungewöhnlichen Geschehen, sondern auch bei einem alltäglichen Vorgang, wie das Stolpern über die eigenen Füße oder das Aufschlagen auf den Boden vor, weil hierdurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt (BSG, Urteile vom 30. Januar 2007 – B 2 U 23/05 R – und 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 -, m. w. N., jeweils in Juris). Infolge des Sturzes hat der Kläger auch eine Kopfverletzung und damit einen Gesundheitserstschaden erlitten.
Es fehlt jedoch an der Unfallkausalität, d. h. der Kausalität zwischen der mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang stehenden Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis. Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 -, m. w. N., a. a. O.).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditiosinequanon). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/07 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs. 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; stRspr vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, sowie vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.).
Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der vorgenommenen Verrichtung – Schieben eines mit Pappe und Altpapier beladenen Rollcontainers durch die Betriebshalle – und dem Sturz des Klägers kann hier einen Kausalzusammenhang im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht begründen. Sonstige Indizien für einen durch den Schiebevorgang ausgelösten Sturz liegen nicht vor. Weder sind ein Defekt des Rollcontainers, ein Verhaken der Rollen beim Schieben, ein Kippvorgang oder Ähnliches, noch ein Vertreten oder Stolpern des Klägers belegt. Seine – wechselnden - Schilderungen zum Unfallhergang (Treten in eine Vertiefung, Verhaken der Räder des Rollcontainers in der Abwasserrinne, Umkippen des Containers.) haben sich nicht erweisen lassen. Bodenunebenheiten im Unfallbereich in Form einer Kante, einer Bodenerhebung bzw. –vertiefung oder einer Schräge wie auch eine Rutschigkeit des Bodens waren bei der Besichtigung des Unfallbetriebes durch den Technischen Aufsichtsbeamten G am 08. September 2002 nicht feststellbar und sind auch in den hierbei gefertigten Fotos nicht zu erkennen. Der Kläger trug bei der Arbeit festes Schuhwerk. Nach der von dem Technischen Aufsichtsbeamten G am 08. September 2002 angefertigten Skizze wie auch der Skizze, die Gegenstand der mündlichen Ver-handlung des SG war, befanden sich zum Zeitpunkt des Sturzes weder der Kläger noch der Rollcontainer auf oder an der ebenerdig im Boden eingelassenen Abwasserrinne aus Metall. Zeugen, die eventuelle Schwierigkeiten des Klägers beim Manövrieren des Rollcontainers oder ein Stolpern bzw. Vertreten beobachtet haben könnten, existieren nicht. Vielmehr haben die einzigen Zeugen, die den Sturz gesehen haben, d. h. die Arbeitskollegen G und R, übereinstimmend angegeben, dass der Kläger unmittelbar vor dem Sturz keinen Kontakt zum Rollcontainer gehabt habe und der Container auch nicht umgekippt sei.
Der Senat legt - wie bereits das SG - seiner Beurteilung des Sachverhaltes vor allem die Angaben der vom SG angehörten Zeugen G und R zugrunde. Anhaltspunkte, die Zweifel der Glaubwürdigkeit der Zeugen begründen könnten, lassen sich weder aus dem Vernehmungsprotokoll des SG, noch aus den Akten oder dem Vortrag des Klägers entnehmen. Wie das SG zutreffend anhand der Lehre von der Vernehmungspsychologie im Hinblick auf die Qualitätsmerkmale der Aussagen und die Einordnung gewisser Unstimmigkeiten auseinander gesetzt hat, sind die im Kernbereich übereinstimmenden Schilderungen der Zeugen glaubhaft. Auch wenn sie nicht den gesamten Ablauf – Beladen des Abfallcontainers und Schieben durch die Betriebshalle – beobachtet haben, so konnten sie jedoch von ihrem jeweiligen Standpunkt aus das unmittelbar dem Sturz vorausgehende Geschehen erfassen. Dagegen vermochte der Senat es nicht, seine Entscheidungsfindung auf die – wechselnden – Schilderungen des Klägers zum Unfallhergang zu stützen. Schließlich litt dieser nach den Angaben der behandelnden Ärzte auf Grund der Schädelverletzungen an einer retrograden Amnesie und konnte sich an den genauen Ablauf des Sturzes nicht erinnern. Wie der Sachverständige Prof. Dr. M überzeugend dargelegt hat, handelt es sich bei den widersprüchlichen Schilderungen des Klägers zum Hergang des Sturzes um eine bei retrograden Amnesien dieser Ausprägung typische Konfabulation, d. h. von aus Schilderungen anderer entwickelter Vorstellungen und retrospektiver Kausalisierung.
Für den Senat steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG), insbesondere den Aussagen der Zeugen G und R und dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen, des Facharztes für Neurologie Prof. Dr. M, vom 27. Januar 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20. Mai 2008 fest, dass der Kläger am 13. Mai 2002 gegen 14:00 einen (ersten) generalisierten Krampfanfall mit Sturz erlitten hat. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen zutreffen. Diese basieren auf einer eigenen Untersuchung des Klägers sowie einer sorgfältigen Auswertung der in den Akten enthaltenen medizinischen Unterlagen und Zeugenaussagen und berücksichtigen den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft. Insbesondere hat sich der Sachverständige eingehend mit den Aussagen der Zeugen G und R auseinandergesetzt und aus medizinischer Sicht bestätigt, dass sie ohne Zweifel den Ablauf eines den Sturz verursachenden Krampfanfalls geschildert haben, nämlich eine krampfhafte Veränderung der Körperhaltung und der Körperstellung sowie ein Hinstürzen, das nicht einem Fallen nach einem Stolperereignis oder Ähnlichem gleicht. Trotz mancher Abweichung im Detail und trotz des Umstandes, dass der Zeuge R in größerer Entfernung gestanden hat, kommt nach den Darlegungen des Sachverständigen dem Umstand, dass der Zeuge einen Schrei des Klägers "wie ein röhrender Hirsch" gehört hat, besondere Bedeutung zu. Ein derartiger Schrei ist sehr charakteristisch für einen Initialschrei bei einem epileptischen Krampfanfall. Hinzu kommt, worauf der Prof. Dr. M explizit hinweist, dass die Schwere der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen gegen einen Sturz wegen Stolperns sprechen, denn in einem derartigen Fall stehen dem Menschen reflexartige Schutzbewegungen zur Verfügung, die den Kopf bei Stürzen auf ebene Erde vor schwersten Verletzungen bewahren können. Bei einem epileptischen Anfall kommt es dagegen in der Anfangsphase, wenn der Betroffene noch steht, zu einer tonischen Verkrampfung des Körpers. Der Patient stürzt dann mit steifer Körperhaltung reflexlos um und kann dabei sehr heftig mit dem Kopf aufschlagen. Eine derartige tonische Verkrampfung ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Hintergrund für die von den Zeugen bemerkten Auffälligkeiten beim Sturz des Klägers, die der Zeuge G mit "Kopfsprung nach vorn" und der Zeuge R mit "Köpper nach hinten" beschrieben haben. Schließlich ist auch das vom Kläger für den Tag nach dem Sturz angegebene Gefühl eines Muskelkaters für einen Krampfanfall sehr charakteristisch, denn die heftige Innervation der Muskulatur führt zu Mikroverletzungen in der Muskulatur, wie sie auch nach einem intensiven Training vorkommen. Ein derartiges Muskelkatergefühl ist als Folge eines Sturzes nicht erklärbar. Demzufolge sprechen hier alle Aspekte dafür, dass der Kläger einen epileptischen Anfall erlitt und infolgedessen stürzte und nicht – wie er vorträgt – erst stolperte und stürzte und dann wegen der Schwere der Kopfverletzungen einen epileptischen Anfall erlitt.
Für den am 13. Mai 2002 zum Sturz des Klägers führenden Krampfanfall sind äußere Ursachen nicht erkennbar. Vielmehr stützen die Feststellungen des Facharztes für Neurologie Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 27. Januar 2008 die Annahme, dass der Krampfanfall Ausdruck einer Alkoholentzugssymptomatik war. Wie schon im Rahmen der tagesklinischen Behandlung im Krankenhaus H im Jahre 2001 festgestellt wurde, litt der Kläger schon vor dem Sturz an einem Delta-Alkoholismus (Alkoholkrankheit mit Abhängigkeit und Abstinenzunfähigkeit) mit alkoholtoxischer Hepatose. Auch später waren wiederholt stationäre Behandlungen erforderlich, u. a. vom 23. Dezember 2003 bis zum 02. Januar 2004 wegen eines Alkoholentzugssyndroms bei Alkoholabhängigkeit und mit generalisiertem Krampfanfall (siehe Arzt-Kurzbericht des V Krankenhaus H vom 02. Januar 2004). Der jahrelange chronische Alkoholmissbrauch hatte bereits im Jahr 2001 zu einem behandlungsbedürftigen protrahierten Entzugssyndrom und möglicherweise auch schon zu einem früheren Anfall ("Kollaps" am Arbeitsplatz am 04. Februar 2002) geführt. Bei der initialen Laboruntersuchung nach der Aufnahme in den D-Kliniken K am 13. Mai 2002 wurden GammaGT und ALAT (zwei Leberenzyme, die u. a. bei Alkoholismus erhöht sind) erhöht gefunden. Die im An-schluss an den Sturz mehrfach abgeleiteten EEG’s sprechen ebenfalls dafür, dass die am 13. Mai 2002 erlittenen Krampfanfälle durch den Alkoholmissbrauch verursacht und als Entzugskrämpfe zu verstehen sind, denn sie ergaben keinen Anhalt für einen epilepsiespezifischen Fokus bzw. Potentiale (siehe Berichte des Ukrankenhaus B über die stationäre Behandlung vom 27. Mai bis zum 10. Juni 2002 und des ZAR über die ambulante Behandlung des Klägers vom 03. Juli bis zum 06. August 2002). Charakteristisch für einen Alkoholentzugskrampf bzw. eine Alkoholepilepsie ist, dass es im anfallsfreien Intervall keine EEG-Veränderungen gibt. Eine kardiovaskuläre Ursache für den Sturz vermochte der Sachverständige dagegen auszuschließen, da man dabei üblicherweise in sich zusammenfalle und nicht steif nach irgendeiner Seite falle.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Sturz am 13. Mai 2002 und die dabei erlittenen schweren Schädelverletzungen wesentlich durch eine innere Ursache – Krampfanfall bei Alkoholentzugsyndrom - und nicht durch eine versicherte Tätigkeit – Schieben eines Abfallcontainers – verursacht worden sind. Ansprüche auf Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung sind daher nicht gegeben.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und dessen Entschädigung.
Der 1960 geborene Kläger war als Wäschereiarbeiter bei der Firma L-R-AG beschäftigt. Nach den Angaben seines Arbeitgebers in der am 23. Mai 2002 bei der Beklagten eingegangenen Unfallanzeige sank der Kläger am 13. Mai 2002 gegen 14:00 Uhr beim Transport eines Wäschecontainers aus ungeklärter Ursache in sich zusammen und schlug mit dem Kopf auf dem Fußboden auf. Der Kläger wurde mit dem Rettungswagen zunächst zur Rettungsstelle der D-Kliniken K gebracht, wo er einen generalisierten Krampfanfall erlitt. Anschließend wurde er stationär vom 13. bis zum 19. Mai 2002 in der neurochirurgischen Klinik des Ukrankenhauses B und in den D-Kliniken K behandelt. Es wurden folgende Diagnosen festgestellt:
- S06.9 Schädel-Hirntrauma II. Grades mit größerem Kontusionsherd re. temporal und Umgebungsödem sowie Kontusionen bifrontal, - S06.6 traumatische Subarachnoidalblutung und sehr schmales subdurales Hämatom re. hemisphäriell, - S02.2 Kalottenfraktur li. Temporal, - S06.9 Durchgangssyndrom, - G40.9 V.a. Zustand nach Erstmanifestation von Krampfanfällen und - H40.9 Glaukom bds.
Im initialen Labor ergaben sich erhöhte GGT- und ALAT-Werte und es wurde der Verdacht auf Alkoholabusus geäußert, was vom Kläger und seiner Ehefrau verneint wurde. Nach fremdanamnestischen Angaben habe der Kläger bei der Arbeit einen (ersten) generalisierten Krampfanfall erlitten, es bestehe eine retrograde Amnesie für das zum Sturz führende Ereignis (siehe Arztbriefe des Ukrankenhauses B vom 14. Mai 2002 und der D-Kliniken K vom 23. Mai 2002).
Am 21. Mai 2002 gab der Kläger gegenüber dem Durchgangsarzt (DA) Dr. P an, er sei am Unfalltag auf dem Hof des Betriebes beim Schieben eines Wäschecontainers in eine Vertiefung getreten und gestürzt (DA-Bericht vom 22. Mai 2002), und gegenüber der Augenärztin Dipl.-Med. S, er habe einen Abfallwagen auf den Hof gebracht und sei dabei im Hinterhof des Betriebes gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen (Arztbericht vom 04. Juni 2002). Im Fragebogen der AOK, vom Kläger ausgefüllt am 29. Mai 2002, heißt es "Herr H ist beim Transport eines Containers aus ungeklärter Ursache in sich zusammengefallen. Er schlug mit dem Kopf auf dem Fußboden auf ". Im Unfallfragebogen vom 18. Juni 2002 gab der Kläger an, er habe kurz vor Feier-abend den Abfallcontainer entleeren wollen, sei mit dem Container über eine Unebenheit gefallen und mit dem Kopf auf dem Fußboden aufgeschlagen und habe sich eine stark blutende Kopfplatzwunde links zugezogen.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik der D-Kliniken , PD Dr. W, mit, der Kläger sei mit dem Rettungswagen gebracht worden, nachdem er – laut Angaben der Feuerwehr – während der Arbeit einen generalisierten Krampfanfall erlitten habe und auf den Schädel gefallen sei. Einen erneuten Krampfanfall habe er in der Rettungsstelle kurz nach der Einlieferung erlitten (Schreiben vom 15. Juli 2002). Der vom Kläger als Zeuge benannte Arbeitskollege P G gab an, er habe nicht gesehen, dass der Kläger vor dem Sturz auf den Boden einen epileptischen Anfall oder Ohnmachtsanfall erlitten habe, er habe aber gesehen, dass sich der Kläger gekrümmt habe und dann vorwärts auf den Boden gefallen sei (schriftliche Auskunftvom 03. August 2003). Die Beklagte holte des Weiteren ein Vorerkrankungsverzeichnis der A B vom 05. Juni 2002 (u. a. Arbeitsunfähigkeit vom 08. bis zum 26. Januar 2001 wegen Störungen durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom), eine Auskunft des Zentrums für ambulante Rehabilitation (ZAR) über die ambulante Behandlung des Klägers vom 03. Juli bis zum 06. August 2002 mit Hinweisen auf möglichen Alkoholmissbrauch und alkoholischen Mundgeruch bei der Entlassungsuntersuchung sowie einen Bericht der Nervenärztin, Psychotherapeutin Dipl.-Med. F vom 21. August 2002 (Vorstellung des Klägers am 15. April 2002 im Rahmen einer beruflichen Konfliktsituation, die zu einer reaktiven Depression geführt habe) ein.
Der Kläger selbst teilte mit Schreiben vom 17. Juli 2002 ergänzend mit, er habe sich bei dem Sturz mit dem Abfallcontainer eine stark blutende Platzwunde am Kopf zugezogen und erst dann gekrampft. Die Angaben des Arztes aus den D-Kliniken K seien nicht zutreffend, er habe noch nie einen epileptischen Anfall gehabt. Wie seiner Ehefrau mitgeteilt worden sei, sei der Zeuge P G erst dazu gekommen, als er schon am Boden gelegen habe und der Zeuge F R habe es aus etlichen Metern Entfernung gesehen.
Am 08. September 2002 fand eine Begehung des Betriebsgeländes nebst Befragung des Zeugen G durch den technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten, Herrn G im Beisein von Betriebsangehörigen und der Ehefrau des Klägers statt. In seinem Bericht vom gleichen Tage führte Herr G aus, die Angaben des Klägers hätten nur insoweit bestätigt werden können, dass sich der Unfall auf dem Weg zum Betriebshof in der Betriebshalle (Schwarzbereich) neben der Sortieranlage für Hotelwäsche ereignet habe. Die weiteren Angaben des Klägers beruhten seines Erachtens überwiegend auf Schilderungen von dritten Personen aus einem Gespräch zwischen der Ehefrau, einem Zeugen des Gesprächs (Herr G)und Frau B einen Tag nach dem Unfall im Betrieb. Der Zeuge G habe keine eindeutigen Aussagen zum Eintritt bzw. zur Ursache des Unfallereignisses machen können, habe aber den finalen Verlauf des Unfallereignisses beobachtet und angegeben, der Verletzten sei in sich zusammengesunken, mit dem Kopf aufgeschlagen und überwiegend auf dem Rücken vor dem Wäschecontainer liegen geblieben. Bei seiner Begehung habe er am Unfallort keine Bodenunebenheiten in Form einer Kante, einer Bodenerhebung bzw. –vertiefung oder einer Schräge feststellen können; es finde sich lediglich eine Abwasserrinne aus Metall, die ebenerdig in den Boden eingelassen sei. Der Boden sei eben und nicht rutschig gewesen. Der Verletzte habe festes Schuhwerk getragen. Ein weiterer Arbeitskollege, Herr R der derzeit in Urlaub sei, habe an der Aufgabestation zur Taktwaschanlage 2 gestanden und sei damit weiter weg als der Zeuge G gewesen. Dem Bericht lag eine entsprechende Skizze des fraglichen Betriebsbereichs mit dem Weg des Klägers und dem Standort der Zeugen bei, des Weiteren wurde die Stelle durch Fotoaufnahmen dokumentiert.
Mit Bescheid vom 01. Oktober 2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2002, lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 13. Mai 2002 ab, weil das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht sicher festgestellt werden könne. Zwar gebe der Kläger an, er sei über eine Unebenheit gestolpert und mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen. Demgegenüber gebe der Arbeitgeber an, der Kläger sei beim Transport eines Containers aus ungeklärter Ursache in sich zusammengesunken. Im Entlassungsbrief des D-Kliniken K vom 23. Mai 2002 werde als Unfallursache ein epileptischer Anfall mitgeteilt. Nach dem Bericht des PD Dr. W (D-Kliniken K) vom 15. Juli 2002 habe der Kläger während der Arbeit – laut Angaben der Feuerwehr – einen generalisierten Krampfanfall erlitten und sei auf den Schädel gefallen, in der Rettungsstelle habe er kurz nach der Aufnahme einen weiteren Krampfanfall erlitten. Bei der Befragung am Unfallort hätten weder der Kläger noch der Zeuge G eindeutige Aussagen zum Eintritt bzw. zur Ursache des Sturzes machen können. Die Ermittlungen hätten keinen Hinweis darauf ergeben, dass der Sturz auf eine äußere Ursache (Bodenunebenheit) zurückzuführen sei. Unter Berücksichtigung der medizinischen Unterlagen bestehe vielmehr die Möglichkeit, dass die Krampfanfälle ihre Erklärung in einer unfallfremden Krankheitsanlage des Klägers hätten. So seien im Vorerkrankungsregister Störungen durch Alkohol/Abhängigkeitssyndrom, Psychoneurose und eine depressive Neurose dokumentiert, wobei letztere Diagnose eine Arbeitsunfähigkeit vom 10. April bis zum 10. Mai 2002 verursacht habe, also bis kurz vor dem angeschuldigten Ereignis.
Mit seiner hiergegen bei dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung weiterverfolgt und vorgetragen, es handele sich um einen echten Arbeitsunfall. Er habe kurz vor Dienstschluss einen Abfallcontainer wegbringen wollen, um ihn auf dem Hof zu entleeren, wobei der Container auf eine Unebenheit gefahren und er mit dem gesamten Container zum Sturz gekommen sei. Der Container sei mit Pappe voll geladen gewesen, er sei etwa 1,8 Meter hoch, 1,0 Meter lang und 0,5 Meter breit, habe kleine Räder, die sich verhakeln könnten. Im Boden gebe es eine Abflussrinne, auf der ein schmaler Metallrost gelegen habe. Ob sich die Räder verhakt hätten, wisse er nicht. Der Arztbrief des Dr. H vom 10. Juni 2002 über die Diagnose "Symptomatischer Krampfanfall mit Sturz" stütze sich auf fremdanamnestische Angaben. Vor dem Sturz habe er sich normal wohl gefühlt und nie vorher irgendwelche Krampfanfälle gehabt.
Das SG hat eine Auskunft des PD Dr. W (D-Kliniken K) vom 02. Januar 2004 und Befundberichte (BB) der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie B vom 06. Januar 2004 (tagesklinische Behandlung vom 08. bis zum 26. Januar 2001 im Krankenhaus H wegen Entzugssyndrom bei Delta-Akoholismus, depressiver Verstimmung, alkoholtoxische Hepatose), des Facharztes für Chirurgie S vom 06. Januar 2004, des Arztes für Allgemeinmedizin W vom 08. Februar 2004 (u. a. Behandlung wegen Kollaps auf der Arbeit bei Infekt am 04. Februar 2002) und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie F vom 26. März 2004 eingeholt sowie die Schwerbehindertenakte des Klägers mit dem Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie G vom 08. Januar 2004 beigezogen.
Des Weiteren hat das SG die Arbeitskollegen des Klägers P G und F R als Zeugen vernommen. Der Zeuge G hat angegeben, der Kläger habe neben dem Abfallcontainer gestanden, etwa mit dem Rücken zum Container, und habe den Container in dem Moment nicht geschoben. Der Kläger habe krumm dagestanden und habe dann einen Kopfsprung nach vorn gemacht und er – der Zeuge – habe ihn dann in die stabile Seitenlage gebracht, bis die Feuerwehr gekommen sei. Der Container habe gestanden und sei nicht umgefallen. Die Container hätten vier Räder, es sei schon vorgekommen, dass die Container kaputt gewesen seien. Der Boden sei eben gewesen, es sei eine Abflussrinne vorhanden, auf die Metallgitter aufgeschraubt seien. Der Zeuge R hat angegeben, der Kläger habe den Container mit Müll rausfahren wollen, dabei sei er falschherum gegangen und habe sich so komisch verkrampft, habe dann eine Rolle gemacht, wie einen "Köpper" nach hinten und einen Laut von sich gegeben, als wenn ein Hirsch röhre, dabei die Arme gehoben, als ob er Schwung nehme. Es habe dann richtig gekracht und er habe am Kopf geblutet. Der Container sei nicht umgefallen.
Mit Urteil vom 28. April 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Heilbehandlung, Verletztengeld oder Verletztenrente wegen der Folgen des Ereignisses vom 13. Mai 2002, denn es sei keine äußere Einwirkung im Sinne eines Arbeitsunfalls nachgewiesen, die in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit den bei dem Sturz erlittenen Verletzungen am Kopf stünden. Nach dem Ergebnis der Beweiserhebung sei der vom Kläger behauptete Unfallhergang – Sturz mit dem Container nach vorn – nicht nachgewiesen. Im Gegenteil sei durch die Aussagen der Zeugen G und R bewiesen, dass sich der Kläger ohne erkennbare äußere Einwirkung verkrampft bzw. krumm dagestanden und eine Art Kopfsprung gemacht habe. Beide Zeugen hätten das Kerngeschehen übereinstimmend geschildert und hätten angegeben, der Sturz des Klägers habe sich nicht unmittelbar beim Schieben des Containers ereignet, sondern es habe eine Zäsur davor gegeben. Der Kläger habe unmittelbar vor dem Sturz gestanden (Aussage G) bzw. habe den Container losgelassen (Aussage R). Beide Zeugen hätten auch übereinstimmend ausgesagt, der Kläger habe sich verkrampft bzw. krumm dagestanden und einen "Kopfsprung" bzw. "Roller" gemacht, sie hätten also eine ausgefallene Einzelheit, ein so genanntes originelles Detail, das ein gewichtiges Indiz für die Glaubhaftigkeit der Aussage sei, geschildert. Ob der "Kopfsprung" bzw. "Roller" nun nach vorn oder nach hinten erfolgt sei, sei demgegenüber nicht erheblich. Auch hätten beide Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass der vom Kläger geschobene Container nicht umgestürzt sei. Soweit der Kläger demgegenüber angebe, der Container sei auf eine Unebenheit gefahren und er sei mit dem Container zum Sturz gekommen, stehe diese Aussage im Widerspruch zu den glaubhaften Aussagen der beiden Zeugen. Im Entlassungsbericht der D-Kliniken K werde ausgeführt, dass bei dem Kläger eine retrograde Amnesie für das zum Sturz führende Ereignis bestanden habe. Auch sei nicht plausibel, aus welchen Gründen der Container gestürzt sein solle. Insbesondere sei nicht erwiesen, dass sich die (beweglichen) Räder des Containers in der Abflussrinne oder anderswo verkantet hätten. Nach dem Bericht des technischen Aufsichtsbeamten hätten am Unfallort keine Bodenunebenheiten festgestellt werden können. Betrieblich bedingte körperliche Belastungen hätten den Eintritt des Körperschadens nicht rechtlich wesentlich mitbestimmt. Der grundsätzlich versicherten betrieblichen Tätigkeit (Schieben des Containers) komme keinerlei Stellenwert für das zu der Kopfverletzung führende Geschehen zu. Vielmehr sei der "Kopfsprung" bzw. "Roller" aus innerer Ursache erfolgt. Im Entlassungsbericht der D-Kliniken K werde ein Verdacht auf Zustand nach Erstmanifestation von Krampfanfällen diagnostiziert. Es seien keinerlei betriebliche Umstände nachgewiesen, welche als rechtlich wesentliche Mitursache für den "Kopfsprung" in Frage kämen.
Mit der Berufung hält der Kläger an seinem Begehren auf Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des Sturzes vom 13. Mai 2002 fest. Die Beklagte habe nicht genau genug ermittelt, der Unfall sei nicht nachgestellt, der Unfallcontainer sei nicht auf Defekte, der genaue Unfallort sei nicht festgestellt und untersucht worden. Der Zeuge G habe den genauen Unfallhergang nicht gesehen, er und der Zeuge R seien erst nach seiner Schicht eingesetzt gewesen und hätten erst kurz vor seinem Schichtende die sehr große Halle betreten. Die Zeugen seien nicht in der direkten Nähe des Unfallortes und des Unfallgeschehens gewesen. Es könne nicht zutreffen, dass er aus ungeklärter Ursache in sich zusammengesunken und mit dem Kopf auf den Fußboden aufgeschlagen sei, da er sich eine Schädelfraktur auf der oberen linken Schädelseite zugezogen habe; wäre er lediglich in sich zusammengesunken, hätte diese Verletzung nie entstehen können. Auch hätten die Zeugen G und R sich in Widersprüche verwickelt (Kopfsprung nach vorn und "Köpper" nach hinten), ferner würden ihre Angaben keinesfalls einen Krampfanfall belegen. Der Hinweis des Zeugen R, er habe sich komisch verkrampft, sei unglaubwürdig, da der Unfall sich in Sekundenschnelle abgespielt habe und die Entfernung zwischen dem Standort des Zeugen zum Unfallort mindestens 30 bis 40 Meter betrage habe. Auch sei nicht erklärbar, wie eine Person, die gerade einen Krampfanfall erleide, einen "Köpper" oder einen Kopfsprung machen und dabei die Arme heben solle. Vielmehr habe er den Unfallhergang plausibel dargestellt, indem er zügig einen schweren Container auf vier Rädern aus der Halle geschoben habe und es plötzlich nicht mehr weiter gegangen sei, so dass er auf Grund des Schwunges zum Sturz gekommen sei. Möglicherweise habe er dabei kurz die Arme gehoben um sich abzufangen, sei nach vorne gestolpert, so dass es fast wie ein Sprung ausgesehen habe. Im Bericht des technischen Aufsichtsbeamten seien der Zustand des Containers (defekte Räder) und der Zustand des Metallgitters über der Abflussrinne unerwähnt geblieben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2005 und den Bescheid vom 01. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 13. Mai 2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass ein Krampfanfall Ursache des Sturzes und damit der Verletzungen des Klägers gewesen sei
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie Prof. Dr. P M mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt, der nach Untersuchung des Klägers am 11. Dezember 2007 und nach dem am 18. Januar 2008 abgeleiteten EEG folgende Gesundheitsstörungen festgestellt hat:
- Alkoholkrankheit (F10.2) mit abgelaufenem Delir (F10.4), - epileptisches Anfallsleiden (G40.6) und - organisches Psychosyndrom (F07.2), vorwiegend durch das Schädel-Hirn-Trauma mit multiplen Hirnkontusionen (S06.2) und abgeheilter traumatischer Subarachnoidalblutung (S06.6) und ebenfalls abgeheilter traumatischer Subduralblutung (S06.5) bedingt, verstärkt durch alkoholbedingte Hirnschädigung. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Gesundheitsstörungen seien nicht ursächlich durch das Ereignis vom 13. Mai 2002 verursacht worden, sondern insgesamt durch einen chronischen Alkoholmissbrauch und die dadurch bedingten Hirnschäden. Dies gelte auch für die traumatisch bedingten Hirnschäden, die Folgen eines durch den Alkoholmissbrauch verursachten Krampfanfalls und dadurch bedingten Sturz seien. Die Zeugen G und R hätten, wenn auch im Detail mit unterschiedlichen Angaben, ohne Zweifel den Ablauf eines aus innerer Ursache erfolgten Krampfanfalls geschildert, nämlich eine krampfhafte Veränderung der Körperhaltung und der Körperstellung, sowie ein Hinstürzen, das nicht einem Fallen nach einem Stolperereignis oder Ähnlichem gleiche. Besonders bedeutsam sei, dass der Zeuge R einen Schrei "wie ein röhrender Hirsch" gehört habe, ein derartiger Schrei sei sehr charakteristisch für einen Initialschrei bei einem epileptischen Krampfanfall. Medizinisch gebe es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass ein epileptischer Krampfanfall Ursache des Sturzes gewesen sei. Eine kardiovaskuläre Ursache sei im höchsten Maße unwahrscheinlich, da man dabei üblicherweise in sich zusammenfalle und nicht steif nach irgendeiner Seite. Für einen epileptischen Anfall spreche zudem die Schwere der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen. Bei einem Sturz wegen Stolperns stünden dem Menschen reflexartige Schutzbewegungen zur Verfügung, die den Kopf bei Stürzen auf ebene Erde meist vor schwersten Verletzungen bewahren könnten. Dagegen komme es bei einem epileptischen Anfall in der Anfangsphase, wenn der Betroffene noch stehe, zu einer tonischen Verkrampfung des Körpers. Der Patient stürze dann mit steifer Körperhaltung reflexlos um und könne dabei sehr heftig mit dem Kopf aufschlagen. Eine derartige tonische Verkrampfung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit der Hintergrund für die von den Zeugen bemerkten Auffälligkeiten beim Sturz, die der Zeuge G mit "Kopfsprung nach vorn" und der Zeuge R mit "Köpper nach hinten" beschrieben habe. Schließlich sei auch das von dem Kläger für den nächsten Tag angegebene Gefühl eines Muskelkaters für einen Krampfanfall sehr charakteristisch, denn die heftige Innervation der Muskulatur führe zu Mikroverletzungen in der Muskulatur, wie sie auch nach einem intensiven Training vorkämen. Ein derartiges Muskelkatergefühl sei als Folge eines Sturzes nicht erklärbar. Der Krampfanfall, dem nach der Aufnahme in die D-Kliniken K eine zweiter gefolgt sei, stehe in einem Kausalbezug zum Alkoholmissbrauch und sei als Entzugskrampf zu verstehen. Hierfür sprächen auch die mehrfach abgeleiteten EEG´s. Charakteristisch für einen Alkoholentzugskrampf bzw. eine Alkoholepilepsie sei auch, dass es im anfallsfreien Intervall keine EEG-Veränderungen gebe. Nach den medizinischen Unterlagen liege beim Kläger seit vielen Jahren ein zunächst von ihm abgestrittener erheblicher Alkoholabusus vor, welcher bereits im Jahr 2001 zu einem protrahierten Entzugssyndrom geführt habe (Gutachten vom 27. Januar 2008).
Der Kläger hat sich zu dem Gutachten von Prof. Dr. M dahingehend geäußert, dass dieser sein Gutachten auf unrichtige Tatsachenfeststellungen gründe. Die Feuerwehr habe nur Vermutungen über das Unfallereignis angestellt, der Zeuge G habe ausgesagt, er habe den Unfall gar nicht gesehen und der Zeuge R habe viel zu weit weg gestanden. Bei der Diagnose der erstbehandelnden Klinik – Krampfanfall mit Sturz – handele es sich um eine aus der Luft gegriffene Annahme des behandelnden Arztes, da Ärzte und medizinisches Personal erst nach dem Sturz vor Ort gewesen seien. Der Sachverständige hat hierzu unter dem 20. Mai 2008 Stellung genommen und ist bei seiner Beurteilung geblieben.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15. Juli 2008 zu seiner Absicht, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden, angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Dem Kläger steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, ein Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 13. Mai 2002 nicht zu.
Die Gewährung von Entschädigungsleistungen in Form von Verletztengeld (§§ 45 ff Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]), Verletztenrente (§§ 56 ff SGB VII) und Heilbehandlung (§§ 26, 27 SGB VII) setzt einen Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraus. Ein Arbeitsunfall ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein Unfall infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden (Gesundheitserstschaden) führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern erst für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 04. September 2007 - B 2 U 28/06 R -, m. w. N., in Juris).
Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben; für diese genügt angesichts der hier typischen Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nrn. 70 und 84). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglieder. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht. Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung des Versicherungsschutztatbestands nach §§ 2 ff SGB VII, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden und die Plötzlichkeit als Unfallmerkmale.
Das Ereignis vom 13. Mai 2002 stellt keinen Arbeitsunfall dar, da nicht alle der zuvor genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert, die von ihm gegen Ende seiner Arbeitsschicht vorgenommene Verrichtung – Schieben eines mit Pappe und Altpapier beladenen Rollcontainers durch die Be-triebshalle – ist der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Durch den Sturz hat er auch einen Unfall erlitten. Das von außen auf den Körper einwirkende Ereignis liegt nicht nur bei einem besonderes ungewöhnlichen Geschehen, sondern auch bei einem alltäglichen Vorgang, wie das Stolpern über die eigenen Füße oder das Aufschlagen auf den Boden vor, weil hierdurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt (BSG, Urteile vom 30. Januar 2007 – B 2 U 23/05 R – und 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 -, m. w. N., jeweils in Juris). Infolge des Sturzes hat der Kläger auch eine Kopfverletzung und damit einen Gesundheitserstschaden erlitten.
Es fehlt jedoch an der Unfallkausalität, d. h. der Kausalität zwischen der mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang stehenden Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis. Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 -, m. w. N., a. a. O.).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditiosinequanon). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/07 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs. 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; stRspr vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, sowie vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.).
Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der vorgenommenen Verrichtung – Schieben eines mit Pappe und Altpapier beladenen Rollcontainers durch die Betriebshalle – und dem Sturz des Klägers kann hier einen Kausalzusammenhang im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht begründen. Sonstige Indizien für einen durch den Schiebevorgang ausgelösten Sturz liegen nicht vor. Weder sind ein Defekt des Rollcontainers, ein Verhaken der Rollen beim Schieben, ein Kippvorgang oder Ähnliches, noch ein Vertreten oder Stolpern des Klägers belegt. Seine – wechselnden - Schilderungen zum Unfallhergang (Treten in eine Vertiefung, Verhaken der Räder des Rollcontainers in der Abwasserrinne, Umkippen des Containers.) haben sich nicht erweisen lassen. Bodenunebenheiten im Unfallbereich in Form einer Kante, einer Bodenerhebung bzw. –vertiefung oder einer Schräge wie auch eine Rutschigkeit des Bodens waren bei der Besichtigung des Unfallbetriebes durch den Technischen Aufsichtsbeamten G am 08. September 2002 nicht feststellbar und sind auch in den hierbei gefertigten Fotos nicht zu erkennen. Der Kläger trug bei der Arbeit festes Schuhwerk. Nach der von dem Technischen Aufsichtsbeamten G am 08. September 2002 angefertigten Skizze wie auch der Skizze, die Gegenstand der mündlichen Ver-handlung des SG war, befanden sich zum Zeitpunkt des Sturzes weder der Kläger noch der Rollcontainer auf oder an der ebenerdig im Boden eingelassenen Abwasserrinne aus Metall. Zeugen, die eventuelle Schwierigkeiten des Klägers beim Manövrieren des Rollcontainers oder ein Stolpern bzw. Vertreten beobachtet haben könnten, existieren nicht. Vielmehr haben die einzigen Zeugen, die den Sturz gesehen haben, d. h. die Arbeitskollegen G und R, übereinstimmend angegeben, dass der Kläger unmittelbar vor dem Sturz keinen Kontakt zum Rollcontainer gehabt habe und der Container auch nicht umgekippt sei.
Der Senat legt - wie bereits das SG - seiner Beurteilung des Sachverhaltes vor allem die Angaben der vom SG angehörten Zeugen G und R zugrunde. Anhaltspunkte, die Zweifel der Glaubwürdigkeit der Zeugen begründen könnten, lassen sich weder aus dem Vernehmungsprotokoll des SG, noch aus den Akten oder dem Vortrag des Klägers entnehmen. Wie das SG zutreffend anhand der Lehre von der Vernehmungspsychologie im Hinblick auf die Qualitätsmerkmale der Aussagen und die Einordnung gewisser Unstimmigkeiten auseinander gesetzt hat, sind die im Kernbereich übereinstimmenden Schilderungen der Zeugen glaubhaft. Auch wenn sie nicht den gesamten Ablauf – Beladen des Abfallcontainers und Schieben durch die Betriebshalle – beobachtet haben, so konnten sie jedoch von ihrem jeweiligen Standpunkt aus das unmittelbar dem Sturz vorausgehende Geschehen erfassen. Dagegen vermochte der Senat es nicht, seine Entscheidungsfindung auf die – wechselnden – Schilderungen des Klägers zum Unfallhergang zu stützen. Schließlich litt dieser nach den Angaben der behandelnden Ärzte auf Grund der Schädelverletzungen an einer retrograden Amnesie und konnte sich an den genauen Ablauf des Sturzes nicht erinnern. Wie der Sachverständige Prof. Dr. M überzeugend dargelegt hat, handelt es sich bei den widersprüchlichen Schilderungen des Klägers zum Hergang des Sturzes um eine bei retrograden Amnesien dieser Ausprägung typische Konfabulation, d. h. von aus Schilderungen anderer entwickelter Vorstellungen und retrospektiver Kausalisierung.
Für den Senat steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG), insbesondere den Aussagen der Zeugen G und R und dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen, des Facharztes für Neurologie Prof. Dr. M, vom 27. Januar 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20. Mai 2008 fest, dass der Kläger am 13. Mai 2002 gegen 14:00 einen (ersten) generalisierten Krampfanfall mit Sturz erlitten hat. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen zutreffen. Diese basieren auf einer eigenen Untersuchung des Klägers sowie einer sorgfältigen Auswertung der in den Akten enthaltenen medizinischen Unterlagen und Zeugenaussagen und berücksichtigen den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft. Insbesondere hat sich der Sachverständige eingehend mit den Aussagen der Zeugen G und R auseinandergesetzt und aus medizinischer Sicht bestätigt, dass sie ohne Zweifel den Ablauf eines den Sturz verursachenden Krampfanfalls geschildert haben, nämlich eine krampfhafte Veränderung der Körperhaltung und der Körperstellung sowie ein Hinstürzen, das nicht einem Fallen nach einem Stolperereignis oder Ähnlichem gleicht. Trotz mancher Abweichung im Detail und trotz des Umstandes, dass der Zeuge R in größerer Entfernung gestanden hat, kommt nach den Darlegungen des Sachverständigen dem Umstand, dass der Zeuge einen Schrei des Klägers "wie ein röhrender Hirsch" gehört hat, besondere Bedeutung zu. Ein derartiger Schrei ist sehr charakteristisch für einen Initialschrei bei einem epileptischen Krampfanfall. Hinzu kommt, worauf der Prof. Dr. M explizit hinweist, dass die Schwere der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen gegen einen Sturz wegen Stolperns sprechen, denn in einem derartigen Fall stehen dem Menschen reflexartige Schutzbewegungen zur Verfügung, die den Kopf bei Stürzen auf ebene Erde vor schwersten Verletzungen bewahren können. Bei einem epileptischen Anfall kommt es dagegen in der Anfangsphase, wenn der Betroffene noch steht, zu einer tonischen Verkrampfung des Körpers. Der Patient stürzt dann mit steifer Körperhaltung reflexlos um und kann dabei sehr heftig mit dem Kopf aufschlagen. Eine derartige tonische Verkrampfung ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Hintergrund für die von den Zeugen bemerkten Auffälligkeiten beim Sturz des Klägers, die der Zeuge G mit "Kopfsprung nach vorn" und der Zeuge R mit "Köpper nach hinten" beschrieben haben. Schließlich ist auch das vom Kläger für den Tag nach dem Sturz angegebene Gefühl eines Muskelkaters für einen Krampfanfall sehr charakteristisch, denn die heftige Innervation der Muskulatur führt zu Mikroverletzungen in der Muskulatur, wie sie auch nach einem intensiven Training vorkommen. Ein derartiges Muskelkatergefühl ist als Folge eines Sturzes nicht erklärbar. Demzufolge sprechen hier alle Aspekte dafür, dass der Kläger einen epileptischen Anfall erlitt und infolgedessen stürzte und nicht – wie er vorträgt – erst stolperte und stürzte und dann wegen der Schwere der Kopfverletzungen einen epileptischen Anfall erlitt.
Für den am 13. Mai 2002 zum Sturz des Klägers führenden Krampfanfall sind äußere Ursachen nicht erkennbar. Vielmehr stützen die Feststellungen des Facharztes für Neurologie Prof. Dr. M in seinem Gutachten vom 27. Januar 2008 die Annahme, dass der Krampfanfall Ausdruck einer Alkoholentzugssymptomatik war. Wie schon im Rahmen der tagesklinischen Behandlung im Krankenhaus H im Jahre 2001 festgestellt wurde, litt der Kläger schon vor dem Sturz an einem Delta-Alkoholismus (Alkoholkrankheit mit Abhängigkeit und Abstinenzunfähigkeit) mit alkoholtoxischer Hepatose. Auch später waren wiederholt stationäre Behandlungen erforderlich, u. a. vom 23. Dezember 2003 bis zum 02. Januar 2004 wegen eines Alkoholentzugssyndroms bei Alkoholabhängigkeit und mit generalisiertem Krampfanfall (siehe Arzt-Kurzbericht des V Krankenhaus H vom 02. Januar 2004). Der jahrelange chronische Alkoholmissbrauch hatte bereits im Jahr 2001 zu einem behandlungsbedürftigen protrahierten Entzugssyndrom und möglicherweise auch schon zu einem früheren Anfall ("Kollaps" am Arbeitsplatz am 04. Februar 2002) geführt. Bei der initialen Laboruntersuchung nach der Aufnahme in den D-Kliniken K am 13. Mai 2002 wurden GammaGT und ALAT (zwei Leberenzyme, die u. a. bei Alkoholismus erhöht sind) erhöht gefunden. Die im An-schluss an den Sturz mehrfach abgeleiteten EEG’s sprechen ebenfalls dafür, dass die am 13. Mai 2002 erlittenen Krampfanfälle durch den Alkoholmissbrauch verursacht und als Entzugskrämpfe zu verstehen sind, denn sie ergaben keinen Anhalt für einen epilepsiespezifischen Fokus bzw. Potentiale (siehe Berichte des Ukrankenhaus B über die stationäre Behandlung vom 27. Mai bis zum 10. Juni 2002 und des ZAR über die ambulante Behandlung des Klägers vom 03. Juli bis zum 06. August 2002). Charakteristisch für einen Alkoholentzugskrampf bzw. eine Alkoholepilepsie ist, dass es im anfallsfreien Intervall keine EEG-Veränderungen gibt. Eine kardiovaskuläre Ursache für den Sturz vermochte der Sachverständige dagegen auszuschließen, da man dabei üblicherweise in sich zusammenfalle und nicht steif nach irgendeiner Seite falle.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Sturz am 13. Mai 2002 und die dabei erlittenen schweren Schädelverletzungen wesentlich durch eine innere Ursache – Krampfanfall bei Alkoholentzugsyndrom - und nicht durch eine versicherte Tätigkeit – Schieben eines Abfallcontainers – verursacht worden sind. Ansprüche auf Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung sind daher nicht gegeben.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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