Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 R 507/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 B 746/07 R
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Legt ein Insolvenzschuldner gegen eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangene Entscheidung ein Rechtsmittel ein, mit dem er die Unterbrechung des Rechtsstreits geltend macht, so handelt es sich nicht um eine nach § 202 SGG i.V.m. § 249 Abs. 2 ZPO unwirksame Prozesshandlung.
§ 117 InsO ist seinem Sinn und Zweck nach einschränkend auszulegen; die vom Insolvenzschuldner erteilte Vollmacht erlischt insoweit nicht, als das Einlegen eines Rechtsmittels der Beseitigung einer gegen § 240 ZPO verstoßenden richterlichen Entscheidung dienen soll.
Ist ein Verfahren in der Hauptsache erledigt, so kann es hinsichtlich der Kosten noch rechtshängig sein. In einem solchen Fall ist die Kostenentscheidung Hauptsache im Sinne der §§ 249 Abs. 2, 240 ZPO und darf während der Unterbrechung des Verfahrens nicht getroffen werden.
§ 117 InsO ist seinem Sinn und Zweck nach einschränkend auszulegen; die vom Insolvenzschuldner erteilte Vollmacht erlischt insoweit nicht, als das Einlegen eines Rechtsmittels der Beseitigung einer gegen § 240 ZPO verstoßenden richterlichen Entscheidung dienen soll.
Ist ein Verfahren in der Hauptsache erledigt, so kann es hinsichtlich der Kosten noch rechtshängig sein. In einem solchen Fall ist die Kostenentscheidung Hauptsache im Sinne der §§ 249 Abs. 2, 240 ZPO und darf während der Unterbrechung des Verfahrens nicht getroffen werden.
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. September 2006 aufgehoben.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers gegen den aus dem Tenor ersichtlichen Kostenbeschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) hat Erfolg. Soweit der Kläger beantragt, "den Beschluss aufzuheben und festzustellen, dass das Verfahren unterbrochen ist", versteht der Senat dies als Konkretisierung seines Beschwerdebegehrens und nicht als eigenständigen Feststellungsantrag, für den im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens kein Raum wäre.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung, § 173 SGG).
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass der die Insolvenzmasse betreffende Rechtsstreit seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 14. November 2005 nach § 202 SGG i.V.m. § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen war. Die durch § 202 SGG i.V.m. § 249 Abs. 2 ZPO angeordnete Unwirksamkeit von Prozesshandlungen während der Unterbrechung beschränkt sich auf solche, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind. Rechtsmittel sind indessen beim Gericht einzulegen. Im Übrigen stellt die Beschwerde auch keine "in Ansehung der Hauptsache" vorgenommene Rechtshandlung dar, sondern soll lediglich die Unterbrechung des Verfahrens zur Geltung bringen (vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 24. Januar 2001, 5 AZR 228/00; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 16. Januar 1997, IX ZR 220/96; beide zitiert nach juris). Der Insolvenzschuldner kann gegen eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangene Entscheidung mit einem Rechtsmittel geltend machen, der Rechtsstreit sei infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 202 SGG i.V.m. § 240 ZPO unterbrochen worden, wenn das mit der Sache befasste Gericht dies außer Acht gelassen und eine Entscheidung getroffen hat, durch welche er materiell beschwert ist (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 2008, 6 AZR 478/07, zitiert nach juris).
Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist die Beschwerde auch wirksam eingelegt worden. Nach § 117 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) erlischt zwar grundsätzlich eine vom Schuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das gilt auch für entsprechende Prozessvollmachten. § 117 InsO ist jedoch seinem Sinn und Zweck nach insoweit einschränkend auszulegen, als er die Vollmacht eines Prozessbevollmächtigten in Bezug auf die Einlegung der Beschwerde dann nicht zum Erlöschen bringt, wenn das Verfahren nicht in der Sache weiterbetrieben werden, sondern nur eine gegen § 240 ZPO verstoßende richterliche Entscheidung beseitigt werden soll (vgl. auch dazu sehr ausführlich BAG, Urteil vom 26. Juni 2008, 6 AZR 478/07, zitiert nach juris, m.w.N.). So liegt der Fall hier.
Die Beschwerde ist auch begründet; das Sozialgericht hätte die Kostengrundentscheidung nicht treffen dürfen, weil das Verfahren im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 11. September 2006 unterbrochen war.
Nach § 202 SGG i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO wird ein die Insolvenzmasse betreffendes Verfahren im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Beteiligten unterbrochen. Während der Unterbrechung darf das Gericht Handlungen hinsichtlich der Hauptsache nicht vornehmen, insbesondere nicht entscheiden (vgl. Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, Rdnrn 11 ff zu § 249; Feiber in MüKo ZPO, 2. Aufl. 2000, Rdnrn 21 zu § 249; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, Rdnrn 13 f. zu § 249; Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, Rdnrn 7 ff zu § 249). Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers, am 14. November 2005, war zwar die Klage bereits zurückgenommen und der Rechtsstreit damit gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG in der Hauptsache erledigt. Rechtshängig war die Sache jedoch noch hinsichtlich der Kosten. Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass in einem solchen Fall die Kostenentscheidung Hauptsache im Sinne der §§ 249 Abs. 2, 240 ZPO sein kann; als einzig verbliebene Streitposition tritt sie dann an die Stelle der früheren Hauptsache (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2005, XII ZR 233/02, zitiert nach juris, mit zahlreichen Nachweisen).
Einer Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bedurfte es nicht; sie bleibt der nach Beendigung der Unterbrechung durch das Sozialgericht Frankfurt (Oder) auf den Antrag des Beigeladenen vom 15. August 2005 hin - erneut - zu treffenden Kostengrundentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers gegen den aus dem Tenor ersichtlichen Kostenbeschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) hat Erfolg. Soweit der Kläger beantragt, "den Beschluss aufzuheben und festzustellen, dass das Verfahren unterbrochen ist", versteht der Senat dies als Konkretisierung seines Beschwerdebegehrens und nicht als eigenständigen Feststellungsantrag, für den im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens kein Raum wäre.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung, § 173 SGG).
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass der die Insolvenzmasse betreffende Rechtsstreit seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 14. November 2005 nach § 202 SGG i.V.m. § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen war. Die durch § 202 SGG i.V.m. § 249 Abs. 2 ZPO angeordnete Unwirksamkeit von Prozesshandlungen während der Unterbrechung beschränkt sich auf solche, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind. Rechtsmittel sind indessen beim Gericht einzulegen. Im Übrigen stellt die Beschwerde auch keine "in Ansehung der Hauptsache" vorgenommene Rechtshandlung dar, sondern soll lediglich die Unterbrechung des Verfahrens zur Geltung bringen (vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 24. Januar 2001, 5 AZR 228/00; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 16. Januar 1997, IX ZR 220/96; beide zitiert nach juris). Der Insolvenzschuldner kann gegen eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangene Entscheidung mit einem Rechtsmittel geltend machen, der Rechtsstreit sei infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 202 SGG i.V.m. § 240 ZPO unterbrochen worden, wenn das mit der Sache befasste Gericht dies außer Acht gelassen und eine Entscheidung getroffen hat, durch welche er materiell beschwert ist (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 2008, 6 AZR 478/07, zitiert nach juris).
Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist die Beschwerde auch wirksam eingelegt worden. Nach § 117 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) erlischt zwar grundsätzlich eine vom Schuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das gilt auch für entsprechende Prozessvollmachten. § 117 InsO ist jedoch seinem Sinn und Zweck nach insoweit einschränkend auszulegen, als er die Vollmacht eines Prozessbevollmächtigten in Bezug auf die Einlegung der Beschwerde dann nicht zum Erlöschen bringt, wenn das Verfahren nicht in der Sache weiterbetrieben werden, sondern nur eine gegen § 240 ZPO verstoßende richterliche Entscheidung beseitigt werden soll (vgl. auch dazu sehr ausführlich BAG, Urteil vom 26. Juni 2008, 6 AZR 478/07, zitiert nach juris, m.w.N.). So liegt der Fall hier.
Die Beschwerde ist auch begründet; das Sozialgericht hätte die Kostengrundentscheidung nicht treffen dürfen, weil das Verfahren im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 11. September 2006 unterbrochen war.
Nach § 202 SGG i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO wird ein die Insolvenzmasse betreffendes Verfahren im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Beteiligten unterbrochen. Während der Unterbrechung darf das Gericht Handlungen hinsichtlich der Hauptsache nicht vornehmen, insbesondere nicht entscheiden (vgl. Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, Rdnrn 11 ff zu § 249; Feiber in MüKo ZPO, 2. Aufl. 2000, Rdnrn 21 zu § 249; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, Rdnrn 13 f. zu § 249; Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, Rdnrn 7 ff zu § 249). Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers, am 14. November 2005, war zwar die Klage bereits zurückgenommen und der Rechtsstreit damit gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG in der Hauptsache erledigt. Rechtshängig war die Sache jedoch noch hinsichtlich der Kosten. Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass in einem solchen Fall die Kostenentscheidung Hauptsache im Sinne der §§ 249 Abs. 2, 240 ZPO sein kann; als einzig verbliebene Streitposition tritt sie dann an die Stelle der früheren Hauptsache (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2005, XII ZR 233/02, zitiert nach juris, mit zahlreichen Nachweisen).
Einer Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bedurfte es nicht; sie bleibt der nach Beendigung der Unterbrechung durch das Sozialgericht Frankfurt (Oder) auf den Antrag des Beigeladenen vom 15. August 2005 hin - erneut - zu treffenden Kostengrundentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
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