L 27 R 1322/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 19 R 1309/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 1322/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. August 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung – ggf. bei Berufsunfähigkeit –.

Der 1958 geborene Kläger absolvierte von September 1974 bis Januar 1978 eine Ausbildung zum Mechaniker in einer Maschinenfabrik für Drahtverarbeitungsmaschinen. Anschließend war er bis April 1982 als Mechaniker und Monteur abhängig beschäftigt und bezog in der Folgezeit überwiegend Leistungen des Arbeitsamtes bzw. des JobCenters. In dieser Zeit nahm er von März 1989 bis Februar 1990 mit Erfolg an einer vom Arbeitsamt geförderten Umschulung zum Berufskraftfahrer (Güterverkehr) teil und war anschließend auch als Kunst- und Kleintransporteur selbstständig tätig.

Im Mai 2004 beantragte er bei der Beklagten, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Zur Begründung machte er geltend, dass er an den Spätfolgen einer Meningitis und einer Hepatitis leide; darüber hinaus bestünden Herzprobleme sowie orthopädische und neurologische Erkrankungen. Die Beklagte ließ den Kläger zunächst durch den Arzt für Innere Medizin K begutachten, der in seinem Gutachten vom 30. Juni 2004 zu dem Ergebnis kam: Bei dem Kläger bestehe der Verdacht auf eine wahnhafte Störung. Ferner leide er an einem osteodegenerativen LWS-Syndrom mit Bandscheibenprotrusionen in den Segmenten L 4/5 und L 5/S 1 mit Funktionseinschränkung ohne neurologisches Defizit, einer medikamentös regulierten arteriellen Hypertonie sowie einer ausgeheilten Meningoenzephalitis. Anamnestisch seien darüber hinaus ein im März 2004 erlittener, nicht objektivierter Myokardinfarkt, eine Hypercholesterinämie und ein Zustand nach Hepatitis mitgeteilt worden. Aus internistischer Sicht sei der Kläger zwar nicht mehr als Kraftfahrer, aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen einsatzfähig. Eine neurologisch-psychiatrische Zusatzbegutachtung werde für erforderlich gehalten. Die Beklagte stellte den Kläger daraufhin dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie B vor, der in seinem Gutachten vom 8. September 2004 ausführte: Der Kläger leide an einer Persönlichkeitsstörung vom wahnhaft- querulatorischen Typ bzw. differentialdiagnostisch an einer wahnhaften Störung. Aus psychiatrischer Sicht könne der Leistungsbeurteilung des Vorgutachters im Wesentlichen gefolgt werden. Arbeiten unter Zeitdruck und sonstigem erhöhten Stress seien nicht mehr möglich.

Auf der Grundlage dieser Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit ihrem Bescheid vom 27. September 2004 ab, weil der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliege; der Kläger sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Im Laufe des sich hieran anschließenden Widerspruchsverfahrens ließ die Beklagte den Kläger durch den Facharzt für Chirurgie Dr. H begutachten, der in seinem Gutachten vom 2. Februar 2005 zu dem Ergebnis kam, neben den aus den Vorgutachten zu entnehmenden Diagnosen seien bei dem Kläger belastungsabhängige Lumbalgien bei degenerativen Bandscheibenveränderungen ohne Anhalt für eine radikuläre Symptomatik und geringer Funktionseinschränkung, belastungsabhängige Schulter-Nacken-Kopfschmerzen bei geringen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule ohne Funktionseinschränkung und ohne Anhalt für eine radikuläre Symptomatik sowie belastungsabhängige Handgelenksbeschwerden linksseitig bei Ganglion ohne Funktionseinschränkung zu diagnostizieren. Der Kläger sei aus orthopädisch-chirurgischer Sicht für leichte bis mittelschwere Arbeiten unter gelegentlichem Haltungswechsel und unter Vermeidung von länger dauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen mit weiteren qualitativen Einschränkungen täglich sechs Stunden und mehr einsatzfähig. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2005 als unbegründet zurück, weil der Kläger trotz der bei ihm festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage sei, unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten; hierbei seien ihm nach seinem beruflichen Werdegang alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes zumutbar.

Mit seiner Klage hat der Kläger Arztbriefe der Fachärzte für Innere Medizin und Kardiologie Dr. B und Hund des Psychologischen Psychotherapeuten Z vom 1. September 2004 bzw. 22. August 2004 überreicht und geltend gemacht: Die Beklagte habe sein Leistungsvermögen fehlerhaft eingeschätzt. Denn sie habe nicht nur seine Krankheiten unvollständig erfasst, sondern vor allem auch übersehen, dass er bereits seit 15 Jahren in keinem Arbeitsverhältnis mehr gestanden habe und insbesondere wegen seines psychischen Zustands nicht mehr in der Lage sei, sich den auf dem Arbeitsmarkt herrschenden üblichen Bedingungen anzupassen und unterzuordnen. Zudem habe sie verkannt, dass sie mit Blick auf die für ihn in jedem Fall in Betracht zu ziehende Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eine konkrete Verweisungstätigkeit hätte benennen müssen, weil er als Berufskraftfahrer Berufsschutz genieße. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Arztes für Orthopädie Dr. M, des Facharztes für Allgemeinmedizin P und des Arztes für Nerven- und Gemütskrankheiten S eingeholt und im Anschluss den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B mit der Erstattung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. B hat in seinem Gutachten vom 19. Januar 2006 dargelegt: Der Kläger leide auf nervenärztlichem Fachgebiet an einer Persönlichkeitsstörung vom sensitiv- querulatorischen Typ, rezidivierenden Kopfschmerzen und Sensibilitätsstörungen nach Meningitis. Er sei mindestens sechs Stunden täglich für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten mit weiteren qualitativen Einschränkungen einsatzfähig. In geistiger Hinsicht beschränkten ihn die festgestellten Leiden in der Ausübung von schwierigen geistigen Arbeiten. Bis auf seine Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit seien seine kognitiven Fähigkeiten nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus hat das Sozialgericht ein im Auftrag des JobCenters erstelltes Gutachten des Arztes Dr. E vom 17. August 2006 beigezogen, in dem es u. a. heißt, der Kläger könne wegen der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen (wiederkehrende Rückenschmerzen bei Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule, Nacken-Schulter-Armschmerzen, Bluthochdruckerkrankung, mitgeteilter Herzinfarkt, Kniegelenksverschleiß beidseits, Hinweis auf Persönlichkeitsstörung und Weichteilrheuma) täglich nur noch weniger als drei Stunden arbeiten.

Nachdem die Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass der Kläger gesundheitlich und sozial zumutbar noch als Poststellenmitarbeiter oder Bürohilfskraft in einem Speditionsunternehmen tätig sein könne, hat das Sozialgericht die Klage mit seinem Urteil vom 10. August 2007 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Denn er sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor, was sich insbesondere aus dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. B ergebe. Danach könne der Kläger zwar seinen für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit maßgeblichen bisherigen Beruf als Mechaniker und Monteur nicht mehr ausüben, weil er weder in Zwangshaltungen noch überwiegend im Stehen arbeiten könne. Er sei jedoch trotz der bei ihm bestehenden psychischen Auffälligkeiten noch in der Lage, Bürotätigkeiten in einem Speditionsunternehmen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Derartige Tätigkeiten seien ihm auch sozial zuzumuten. Denn sie würden als Anlerntätigkeiten vergütet und erforderten für einen Ungelernten eine mindestens sechsmonatige Einarbeitungszeit. Vom Kläger könnten sie innerhalb einer Anlernzeit von nur drei Monaten erlernt werden, weil er aufgrund seiner Umschulung zum Berufskraftfahrer und seiner selbstständigen Tätigkeit über ausreichende Vorkenntnisse verfüge.

Gegen dieses Urteil richtet sich die schon vor der Zustellung des Urteils bei Gericht eingegangene Berufung des Klägers vom 7. September 2007. Zu ihrer Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei er voll erwerbsgemindert, was sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. E ergebe. Dem zum gegenteiligen Ergebnis führenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. B könne nicht gefolgt werden. Denn dieses Gutachten sei in sich widersprüchlich. Dies zeige sich insbesondere daran, dass der Sachverständige seine kognitiven Fähigkeiten im Wesentlichen für erhalten erachtet habe, obwohl er ansonsten zu der Einschätzung gelangt sei, dass er auch bei zumutbarer Willensanstrengung nicht in der Lage sei, die bei ihm vorliegenden psychischen Fehlregulationen zu überwinden. Im Übrigen habe das Sozialgericht übersehen, dass er auch unter erheblichen Herz-Kreislauf-Beschwerden leide, die bereits für sich genommen einer Erwerbstätigkeit entgegenstünden.

Der Senat hat einen Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin/Kardiologie Dr. B eingeholt und sodann den Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie und Angiologie Dr. S mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. S hat in seinem Gutachten vom 14. Februar 2009 ausgeführt: Über die sich aus den Akten ergebenden fachfremden Erkrankungen hinaus leide der Kläger an einem arteriellen Bluthochdruck mit Verdacht auf hypertensive Krisen, einer hypertensiven Herzerkrankung, einer Dyspnoe NYHA II sowie anamnestisch an einem abgelaufenen – weiterhin nicht objektivierten und gesicherten – Myokardinfarkt, bei dem es sich differentialdiagnostisch um eine hypertensive Krise gehandelt haben dürfte. Aus kardiologisch-internistischer Sicht sei der Kläger unter medikamentöser Therapie formal acht Stunden täglich einsatzfähig. Unter Berücksichtigung des Gesamtbilds und der Nebendiagnosen sei aber nicht davon auszugehen, dass eine adäquate kardiale und psychiatrische Therapie so umzusetzen sei, dass eine Gefährdung des Klägers ausscheide. Er halte den Kläger deshalb unter Berücksichtigung aller Diagnosen und der gegebenen Therapiemöglichkeiten weder quantitativ noch qualitativ für ausreichend belastbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. August 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2005 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Mai 2004 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung – ggf. bei Berufsunfähigkeit – zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise den Sachverständigen Dr. B zur Stellungnahme zu dem Gutachten des Dr. S vom 14. Februar 2009 aufzufordern.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Unter Bezugnahme auf eine fachärztliche Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes weist sie ergänzend darauf hin, dass sich in rentenrechtlicher Hinsicht auch aus dem Gutachten von Dr. S keine Änderungen ergäben, weil dort neue Diagnosen nicht manifest erhoben worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn sie erweist sich ebenfalls als zulässig, aber unbegründet.

Der mit der Klage angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung – ggf. bei Berufsunfähigkeit – steht dem Kläger nicht zu.

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers sind die §§ 43, 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches. Nach diesen Bestimmungen setzt der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung – unter Außerachtlassung des Sonderfalls der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit – u. a. voraus, dass der betroffene Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden, hilfsweise mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Kann der Versicherte – ohne dass es insoweit auf die allgemeine Arbeitsmarktlage ankäme – unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, scheidet die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aus. Demgegenüber hängt der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit u. a. davon ab, dass der Versicherte im Sinne des Gesetzes berufsunfähig ist. Dies ist der Fall, wenn die Erwerbsfähigkeit des betroffenen Versicherten wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des betroffenen Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Kann der Versicherte – ohne dass es insoweit auf die jeweilige Arbeitsmarktlage ankäme – eine zumutbare Tätigkeit noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben, kommt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht.

Die vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Denn wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Kläger noch dazu in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich eine Tätigkeit auszuüben, die das Vorliegen von Berufsunfähigkeit ausschließt und damit nicht nur einem Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, sondern zugleich einem Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung entgegensteht. Hierbei folgt der Senat dem Sozialgericht zunächst darin, dass bisheriger Beruf des Klägers der eines Mechanikers und Monteurs ist, weil der Kläger seit seinem Ausscheiden aus diesem Beruf im Jahre 1982 keine andere versicherungspflichtige Beschäftigung mehr ausgeübt hat. Des Weiteren stimmt der Senat dem Sozialgericht auch darin zu, dass der Kläger diesen Beruf wegen der damit verbundenen Zwangshaltungen bzw. des damit verbundenen überwiegenden Stehens aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, es ihm jedoch in sozialer Hinsicht zuzumuten ist, Bürotätigkeiten in einem Speditionsunternehmen zu verrichten. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die aus seiner Sicht zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Derartige – ihm in sozialer Hinsicht zumutbare – Bürotätigkeiten kann der Kläger auch in gesundheitlicher Hinsicht noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben, was sich – ebenso wie für das Sozialgericht – auch für den Senat im Wesentlichen aus dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. B ergibt. Nach diesem Gutachten, das mit den von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten im Einklang steht, ist der Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Leiden noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Leistungseinschränkungen sind danach lediglich in qualitativer Hinsicht zu beachten. Sie wirken sich dahingehend aus, dass der Kläger nur noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten kann, die zudem nicht mit Zugluft oder Staub, einseitigen körperlichen Belastungen oder dem Heben und Tragen großer Lasten verbunden sein dürfen. Zu vermeiden sind ferner Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten unter Zeitdruck und in Nachtschicht sowie solche Arbeiten, die eine besondere Fingergeschicklichkeit der linken Seite oder eine besondere Belastbarkeit der Wirbelsäule voraussetzen. Im Übrigen beschränken die festgestellten Leiden den Kläger in der Ausübung von schwierigen geistigen Arbeiten. In kognitiver Hinsicht wirken sich die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nur auf die Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, nicht jedoch auf die sonstigen kognitiven Fähigkeiten des Klägers aus. Insbesondere sind das Reaktionsvermögen, die Auffassungsgabe, die Lern- und Merkfähigkeit, das Gedächtnis, die Konzentrationsfähigkeit sowie die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit nicht beeinträchtigt; Arbeiten mit Publikumsverkehr sind dem Kläger möglich. Mit diesem lediglich in qualitativer Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen kann der Kläger die oben genannten Bürotätigkeiten verrichten. Denn sie gehören zu den körperlich und geistig leichten bis mittelschweren Arbeiten, bei denen Tätigkeiten, die dem Kläger nicht mehr zuzumuten sind, nicht anfallen.

Dass der gerichtliche Sachverständige Dr. B das Leistungsvermögen des Klägers unzutreffend eingeschätzt haben könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Ebenso wie bereits das Sozialgericht hält auch er das Gutachten dieses Sachverständigen für schlüssig und nachvollziehbar. Denn es beruht nicht nur auf einer eingehenden Befragung und körperlichen Untersuchung des Klägers an zwei aufeinander folgenden Tagen, sondern enthält – aufbauend auf einer ordnungsgemäßen Befunderhebung – auch eine kritische Würdigung der bis dahin zu den Akten genommenen medizinischen Unterlagen. Widersprüche zwischen den mitgeteilten Befunden und den gezogenen Schlussfolgerungen lassen sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht feststellen. Denn der Sachverständige ist zwar zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger auf nervenärztlichem Fachgebiet neben rezidivierenden Kopfschmerzen und Sensibilitätsstörungen nach Meningitis vor allem an einer Persönlichkeitsstörung vom sensitiv-querulatorischen Typ leide, die sich in verschiedenen Fehlregulationen äußere. Der Sachverständige hat jedoch in ausreichendem Maße deutlich gemacht, dass diese Fehlregulationen weitgehend nur solche Lebenssituationen des Klägers betreffen, die mit seinem Leistungsvermögen nicht in Zusammenhang stehen. Bereits vor diesem Hintergrund erscheint es nicht widersprüchlich, dass der Sachverständige die kognitiven Fähigkeiten des Klägers im Wesentlichen für erhalten erachtet hat, im Übrigen jedoch zu der Auffassung gelangt ist, dass der Kläger auch bei zumutbarer Willensanspannung nicht in der Lage sei, die bei ihm vorliegenden Fehlregulationen völlig zu überwinden. Dies gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er den Kläger trotz seiner ausschweifenden, zum Teil umständlichen und zum Teil fantastisch anmutenden Berichte in der konkreten Untersuchungssituation als wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert beschrieben und die bei dem Kläger vorliegenden Fehlregulationen bei konsequenter Behandlung durchaus für besserungsfähig gehalten hat.

Das im Auftrag des JobCenters erstellte Gutachten des Arztes Dr. E vermag an dem vorstehenden Ergebnis nichts zu ändern. Denn dieses Gutachten baut im Wesentlichen auf den Befunden auf, die bereits in dem Gutachten von Dr. B sowie den von der Beklagten eingeholten Gutachten gewürdigt worden sind, und lässt eine kritische Auseinandersetzung mit der in diesen Gutachten vorgenommenen Einschätzung des Leistungsvermögens vermissen.

Schließlich führt auch das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Facharztes für Innere Medizin/Kardiologie und Angiologie Dr. S zu keinem anderen Ergebnis. Denn wie die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes zutreffend ausgeführt hat, hat Dr. S in diesem Gutachten neue Diagnosen nicht manifest erhoben und ist überdies aus kardiologisch-internistischer Sicht sogar zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger unter medikamentöser Therapie acht Stunden täglich einsatzfähig sei. Soweit er am Ende seiner Ausführungen gleichwohl die Auffassung vertreten hat, dass der Kläger weder quantitativ noch qualitativ ausreichend belastbar sei, überzeugt diese Einschätzung nicht. Denn sie beruht auf der Annahme, dass der Kläger angesichts der bei ihm im Übrigen vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht in der Lage sei, die erforderliche kardiale und psychiatrische Therapie adäquat umzusetzen. Dass diese – von dem Sachverständigen nicht näher begründete – Annahme zutreffend sein könnte, lässt sich jedoch nach dem insoweit einschlägigen Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B nicht feststellen. Mit Blick auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. B, die durch die Darlegungen des Sachverständigen Dr. S nicht erschüttert worden sind, hält der Senat den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht für ausreichend geklärt und weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Derartige Ermittlungen sind im Übrigen auch vom Kläger nicht beantragt worden. Soweit die Beklagte hilfsweise beantragt hat, den Sachverständigen Dr. B zur Stellungnahme zu dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S aufzufordern, konnte dieser Antrag unberücksichtigt bleiben, weil die Beklagte bereits mit ihrem Hauptantrag, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, durchgedrungen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Sache selbst.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved