Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 5 RA 3729/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 1230/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer großen Witwenrente unter Berücksichtigung von Zeiten, die ihr verstorbener Ehemann bei der deutschen Wehrmacht bzw. der SS abgelegt habe, als Beitragszeit beziehungsweise Ersatzzeit.
Die 1935 geborene Klägerin, die inzwischen österreichische Staatsangehörige ist und in Wien lebt, ist die Witwe des 1925 geborenen und 2001 verstorbenen A B, der bosnischer Staatsangehöriger war.
Am 14. Januar 1994 stellte der Ehemann der Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Zahlung einer "Militärpension". Er gab an, er habe Militärdienst bei der deutschen Armee, Division Handschar, SS-Truppe des 27. Regiments, in der Zeit von September 1943 bis Mai 1945 geleistet. Er sei im September 1943 zur Ausbildung nach N/Deutschland gekommen, wo er vier Monate ausgebildet und danach auf den Kriegsschauplatz nach Bosnien zurückgeschickt worden sei. Im Juli 1944 habe er bei S eine Verletzung erlitten. Nachdem die Wunden ausgeheilt gewesen seien, sei er zurück zur Einheit geschickt worden. Aufgrund der erlittenen Verletzungen sei er zum Invaliden geworden. Er habe dann einen Dienst als Kurier im Stab des Dritten Bataillons ausgeübt, und zwar bis zum 15. Mai 1945.
Mit Bescheid vom 7. März 1994 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Altersrente mit der Begründung ab, die Wartezeit sei nicht erfüllt. Die Zeit von September 1943 bis Mai 1945 könne nicht als Ersatzzeit berücksichtigt werden, weil der Ehemann der Klägerin nach Aktenlage nicht mindestens einen Beitrag zur deutschen Rentenversicherung entrichtet habe und somit nicht zum Personenkreis der Versicherten im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gehöre. Gegen diesen Bescheid hatte der Ehemann der Klägerin keinen Rechtsbehelf eingelegt.
Mit Eingang am 15. September 2003 bei der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern-Oberpfalz stellte die Klägerin einen Antrag auf Zahlung einer Witwenrente. Ihr Ehemann habe ca. fünf Jahre bei der Deutschen Wehrmacht bis Kriegsende gedient. Er sei auch in Bosnien und Herzegowina beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 27. November 2003 hat die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente mit der Begründung abgelehnt, die allgemeine Wartezeit sei nicht erfüllt. Die Zeit von September 1943 bis Mai 1945 könne nicht als Ersatzzeit berücksichtigt werden, da der Ehemann der Klägerin nicht mindestens einen Beitrag zur deutschen Rentenversicherung entrichtet habe.
Zur Begründung ihres am 23. Dezember 2003 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruches trug die Klägerin vor, der Militärdienst in der Deutschen Wehrmacht solle als Ersatzzeit beziehungsweise Beitragszeit berücksichtigt werden, weil die deutsche Wehrmacht als Arbeitgeber die Beiträge in die deutsche Rentenversicherung hätte einzahlen sollen. Die allgemeine Wartezeit sei aufgrund des zwischenstaatlichen Abkommens erfüllt, da der Versicherte die Beiträge durch seine unselbstständige Tätigkeit in Bosnien und Herzegowina eingezahlt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2004 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen im Bescheid vom 27. November 2003. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien für die Zeit des Militärdienstes keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet worden.
Mit der am 28. Juni 2004 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Ihres Erachtens habe während des Militärdienstes Pflichtversicherung bestanden und diese Zeiten sollten als Ersatz- beziehungsweise versicherungspflichtige Zeiten angerechnet werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. November 2006 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Es ist der Begründung im Widerspruchsbescheid gefolgt und hat gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer Darstellung der Entscheidungsgründe im Einzelnen abgesehen. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu Recht dargelegt habe, dass der Militärdienst des Versicherten keine Beitragszeit, sondern als militärischer Dienst gemäß § 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) Ersatzzeittatbestand gewesen sei. Eine Berücksichtigung als Ersatzzeit sei jedoch ausgeschlossen, da der Ehemann der Klägerin mangels eigener Beitragszahlung zur deutschen Rentenversicherung nicht Versicherter im Sinne des SGB VI gewesen sei. Der erforderliche Versichertenstatus könne auch nicht durch Beitragszahlungen in anderen Ländern erworben werden.
Gegen den ihr am 27. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 31. Januar 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Zeiten des militärischen Dienstes sollten mit der Beitragszahlung zur deutschen Rentenversicherung gleichgestellt werden. Die Todesursache des Versicherten sei auf die Kriegsverletzungen zurückzuführen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr große Witwenrente ab dem 1. September 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides.
Die Beklagte hat auf Aufforderung des Senats zu der Frage der Versicherungspflicht für Angehörige der SS, hier der Waffen-Gebirgs-Division der SS "Handschar", mit Schriftsatz vom 15. Mai 2009 Stellung genommen. Nach Auskunft des Militärarchivs in Freiburg vom 11. April 2009 sei davon auszugehen, dass auch die nicht-deutschstämmigen Angehörigen der Handschar-Division wie deutsche SS-Angehörige behandelt worden seien und ihre Besoldung daher nach deutschem Recht erfolgt sei. Auch bei Besoldung nach deutschem Recht hätte der Versicherte keine Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung erworben, da im strittigen Zeitraum Dienstleistende nicht der Versicherungspflicht unterlegen hätten. Mangels Versicherungspflicht habe auch keine Beitragspflicht bestanden, weshalb weder Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten gewesen noch solche tatsächlich gezahlt worden seien. Beitragszeiten nach § 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI lägen daher nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 15. Mai 2009 einschließlich der Stellungnahme ihrer Grundsatzabteilung vom 12. Mai 2009 und die beigefügten Unterlagen verwiesen (Bl. 63 bis 239 GA).
Der Senat hat eine Anfrage an die "Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht" gestellt. Diese hat mit Schreiben vom 22. September 2009 bestätigt, dass ein A B (allerdings mit bezüglich des Monats abweichendem Geburtsdatum) am 7. August 1944 bei der 9. Kompanie SS-Gebirgs-Jäger-Regiment 27 gemeldet war. Weitere Aufzeichnungen, insbesondere über das Einberufungsdatum zur Waffen-SS, über die Dauer des Dienstes und über entrichtete Rentenversicherungsbeiträge liegen der Deutschen Dienststelle nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten den verstorbenen Ehemann der Klägerin bzw. die Klägerin betreffend (Aktenzeichen) haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) der Klägerin ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, weil sie wiederkehrende bzw. laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung einer großen Witwenrente gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002, BGBl I S. 754. Diese Vorschrift lautet:
Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
1. ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2. das 45. Lebensjahr vollendet haben oder
3. erwerbsgemindert sind.
Die Klägerin ist zwar Witwe, hat das 45. Lebensjahr vollendet und hat nach dem Tod ihres Ehegatten nicht wieder geheiratet, ihr verstorbener Ehemann hatte jedoch nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt. Diese beträgt gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI fünf Jahre. Diese Zeit erfüllte der Ehemann der Klägerin nicht, da für ihn keine Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anzurechnen sind. Dies bedeutet, dass selbst dann, wenn das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl 1969 II, S. 1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl 1975 II, S. 390) - DJ SVA - aufgrund der Vereinbarung zwischen der Republik Bosnien und Herzegowina und der Bundesrepublik Deutschland (Bekanntmachung vom 16. November 1992 - BGBl II, S. 1196) weiter gilt (Vgl. hierzu den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts zum Bundesverfassungsgericht, Az. B 13 RJ 17/05 R vom 23. Mai 2006, dokumentiert in Juris, zu der Frage, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist, wonach zweiseitige Verträge bei Staatennachfolge - hier: Jugoslawien - im Verhältnis zu den Folgestaaten zunächst fort gelten. Dieser Vorlagebeschluss wurde vom Bundessozialgericht mit Beschluss vom 26. Juni 2008 - B 13 R 63/08 R - wegen Erledigung der Hauptsache aufgehoben, was zur Beendigung auch des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht führte, ohne dass die Rechtsfrage geklärt wurde.), keine anrechenbaren Versicherungszeiten vorliegen, da die in Bosnien zurückgelegten Beitragszeiten nur dann berücksichtigt werden können, wenn auch in Deutschland eine Versicherung bestand, d.h. mindestens ein Beitrag zur deutschen Rentenversicherung gezahlt wurde. Dies ergibt sich aus Art. 25 Abs. 1 DJ SVA, wonach die in Bosnien zurückgelegten Versicherungszeiten für den Erwerb des Leistungsanspruchs nur dann zusammengerechnet werden, wenn im anderen Vertragsstaat (hier Deutschland) anrechnungsfähige Versicherungszeiten vorliegen. Dies ist jedoch nicht der Fall, da der Versicherte keine Beitragszeiten (§ 55 Abs. 1 SGB VI bzw. hier § 247 Abs. 3 SGB VI) zurückgelegt hat, die nach deutschem Recht zu berücksichtigen wären und auch keine Ersatzzeiten angerechnet bekommen kann, weil nicht mindestens ein Beitrag zur deutschen Rentenversicherung gezahlt worden ist.
Gemäß § 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten auch Zeiten, für die nach den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind.
Nachweise über die Zahlung von Pflichtbeiträgen liegen für den Ehemann der Klägerin nicht vor. Die Beklagte, die regelmäßig bei Eingang eines Rentenantrages nach Versicherungsunterlagen in ihrem Archiv sucht (so genannte Suchstufe 1) hat keine Unterlagen, insbesondere Versicherungskarten, für den Ehemann der Klägerin aufgefunden. Auch bei der Deutschen Dienststelle, die die Dienstzeit des Ehemannes der Klägerin bei der Waffen SS bestätigt hat, befinden sich keine Unterlagen über eine Beitragszahlung zur Rentenversicherung. Die Klägerin hat entsprechende Unterlagen beziehungsweise Nachweise, insbesondere eine Versicherungskarte, auch nicht vorgelegt.
Die Klägerin hat die Zahlung von Beiträgen für ihren Ehemann auch nicht gemäß § 286a Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002, BGBl I S. 754, glaubhaft gemacht. Diese Vorschrift lautet:
Fehlen für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 die Versicherungsunterlagen, die von einem Träger der Rentenversicherung aufzubewahren gewesen sind, und wären diese in einem vernichteten oder nicht erreichbaren Teil des Karten- oder Kontenarchivs aufzubewahren gewesen oder ist glaubhaft gemacht, dass die Versicherungskarten bei dem Arbeitgeber oder Versicherten oder nach den Umständen des Falles auf dem Wege zum Träger der Rentenversicherung verloren gegangen, unbrauchbar geworden oder zerstört worden sind, sind die Zeiten der Beschäftigung oder Tätigkeit als Beitragszeit anzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Versicherte eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat und dass dafür Beiträge gezahlt worden sind.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Die Entrichtung von Beiträgen für die Zeit des Versicherten bei der Waffen-Gebirgs-Division der SS "Handschar" ist schon deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil Versicherungspflicht hierfür nicht bestand.
Die 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS Handschar (kroat. Nr. 1) wurde am 1. März 1943 als kroatische-SS-Freiwilligen-Division aus muslimischen kroatischen Freiwilligen aus Bosnien gegründet, die dem kroatischen Staat ablehnend gegenüber gestanden hatten. Die Soldaten der Waffen-SS unterstanden zwar im Einsatz taktisch dem Oberkommando des Heeres [der Wehrmacht] und diesem nachgeordnet den jeweiligen Kommandobehörden, blieben jedoch grundsätzlich Angehörige der SS (vgl. die Auskunft des Archivdirektors des Bundesarchivs – Militärarchiv -, Herrn Dr. M vom 11. April 2009 unter Hinweis auf Tessin, Georg, Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939 bis 1945, Dritter Band: Die Landstreitkräfte 6 -14, 2. Aufl., Osnabrück 1974, S. 282 bis 284). Im Krieg wurde den Angehörigen der Waffen-SS Versorgung und Naturalleistungen nach Maßgabe des Gesetzes über die Besoldung, Verpflegung, Unterbringung, Bekleidung und Heilfürsorge der Angehörigen der Wehrmacht bei besonderem Einsatz (Einsatz-Wehrmachtgebührnisgesetz - EWGG -) vom 28. August 1939, RGBl I S. 1531) gewährt (vgl. Rudolf Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd. VI, 19. Dezember 1941 bis 9. Mai 1945, S. 164). Alle diesem Gesetz entgegenstehenden Bestimmungen traten mit dem 1. September 1939 außer Kraft. (Absolon, a.a.O.). Für die Angehörigen der Wehrmacht bestand während des Krieges keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Gemäß § 1 der "Verordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten sowie die knappschaftliche Pensionsversicherung während des besonderen Einsatzes der Wehrmacht" vom 13. Oktober 1939 (RGBl. Teil I S. 2030) - im Folgenden: VO vom 13. Oktober 1939 - waren sämtliche Bezüge, die Angehörige der Wehrmacht während des damaligen besonderen Einsatzes der Wehrmacht [des Krieges] erhielten, nicht Entgelt im Sinne des § 160 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Für sie waren daher gemäß Satz 2 des § 1 VO vom 13. Oktober 1939 keine Beiträge zu entrichten. Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand gemäß § 1226 Satz 2 RVO in der damals geltenden Fassung bzw. § 1 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) jedoch nur für Personen, die gegen Entgelt (§ 160) beschäftigt wurden.
Da eine Versicherungspflicht damit nicht bestand, kommt auch eine Anerkennung als glaubhaft gemachte Beitragszeit gemäß § 286a SGB VI nicht in Betracht.
Auch eine Berücksichtigung der von dem Versicherten bei der 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS Handschar zurückgelegten Zeit als Ersatzzeit gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI kommt nicht in Betracht, da der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht "Versicherter" im Sinne dieser Vorschrift war. Diese lautet:
Ersatzzeiten sind Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr
1. militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes aufgrund gesetzlicher Dienstpflicht oder Wehrpflicht oder während eines Krieges geleistet haben oder aufgrund dieses Dienstes kriegsgefangen gewesen sind oder deutschen Minenräumdienst nach dem 8. Mai 1945 geleistet haben oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, ( )
Der Einsatz des Ehemannes der Klägerin bei der Waffen-Gebirgs-Division der SS dürfte zwar dem Grunde nach den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfüllt haben, da es sich dabei um einen militärähnlichen Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Buchst. b des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) gehandelt haben dürfte, weil aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht freiwillig oder unfreiwillig Dienst geleistet wurde. Gleichwohl kommt eine Rentengewährung nicht in Betracht, da eine Ersatzzeit nur dann für eine Rentenzahlung zu Grunde gelegt werden kann, wenn ein "Versicherter" sie zurückgelegt hat. Die Tatbestandsvoraussetzung "Versicherter" ist nur dann erfüllt, wenn mindestens ein wirksamer Beitrag (Pflichtbeitrag oder freiwilliger Beitrag) zur deutschen Rentenversicherung gezahlt worden ist. Allein durch Zurücklegung einer Ersatzzeit wird der Betreffende nicht zum Versicherten; denn Ersatzzeiten begründen kein Versicherungsverhältnis (vgl. Kasseler Kommentar- Niesel, § 250 SGB VI Rn. 10 m.w.N.).
Beiträge zur deutschen Rentenversicherung hat der Ehemann der Klägerin nicht gezahlt. Auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten (Beitragszeiten oder Ersatzzeiten) liegen damit nicht vor, so dass die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren für die Klägerin nicht erfüllt ist und eine große Witwenrente nicht gewährt werden kann.
Soweit die Klagebegründung dahingehend zu verstehen ist, dass die Klägerin aus Billigkeitserwägungen die Zahlung einer Rente für erforderlich hält, da ihr Ehemann im Dienst der SS Gesundheitsverletzungen erlitten habe und diese auch die Todesursache gewesen seien, so gibt es für einen solchen Anspruch keine Rechtsgrundlage. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden nur dann gewährt, wenn Beiträge gezahlt wurden beziehungsweise als gezahlt gelten. Schadensersatz- oder Wiedergutmachungszahlungen sind daraus nicht möglich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch von einer Entscheidung eines Obergerichts abgewichen wird (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer großen Witwenrente unter Berücksichtigung von Zeiten, die ihr verstorbener Ehemann bei der deutschen Wehrmacht bzw. der SS abgelegt habe, als Beitragszeit beziehungsweise Ersatzzeit.
Die 1935 geborene Klägerin, die inzwischen österreichische Staatsangehörige ist und in Wien lebt, ist die Witwe des 1925 geborenen und 2001 verstorbenen A B, der bosnischer Staatsangehöriger war.
Am 14. Januar 1994 stellte der Ehemann der Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Zahlung einer "Militärpension". Er gab an, er habe Militärdienst bei der deutschen Armee, Division Handschar, SS-Truppe des 27. Regiments, in der Zeit von September 1943 bis Mai 1945 geleistet. Er sei im September 1943 zur Ausbildung nach N/Deutschland gekommen, wo er vier Monate ausgebildet und danach auf den Kriegsschauplatz nach Bosnien zurückgeschickt worden sei. Im Juli 1944 habe er bei S eine Verletzung erlitten. Nachdem die Wunden ausgeheilt gewesen seien, sei er zurück zur Einheit geschickt worden. Aufgrund der erlittenen Verletzungen sei er zum Invaliden geworden. Er habe dann einen Dienst als Kurier im Stab des Dritten Bataillons ausgeübt, und zwar bis zum 15. Mai 1945.
Mit Bescheid vom 7. März 1994 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Altersrente mit der Begründung ab, die Wartezeit sei nicht erfüllt. Die Zeit von September 1943 bis Mai 1945 könne nicht als Ersatzzeit berücksichtigt werden, weil der Ehemann der Klägerin nach Aktenlage nicht mindestens einen Beitrag zur deutschen Rentenversicherung entrichtet habe und somit nicht zum Personenkreis der Versicherten im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gehöre. Gegen diesen Bescheid hatte der Ehemann der Klägerin keinen Rechtsbehelf eingelegt.
Mit Eingang am 15. September 2003 bei der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern-Oberpfalz stellte die Klägerin einen Antrag auf Zahlung einer Witwenrente. Ihr Ehemann habe ca. fünf Jahre bei der Deutschen Wehrmacht bis Kriegsende gedient. Er sei auch in Bosnien und Herzegowina beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 27. November 2003 hat die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente mit der Begründung abgelehnt, die allgemeine Wartezeit sei nicht erfüllt. Die Zeit von September 1943 bis Mai 1945 könne nicht als Ersatzzeit berücksichtigt werden, da der Ehemann der Klägerin nicht mindestens einen Beitrag zur deutschen Rentenversicherung entrichtet habe.
Zur Begründung ihres am 23. Dezember 2003 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruches trug die Klägerin vor, der Militärdienst in der Deutschen Wehrmacht solle als Ersatzzeit beziehungsweise Beitragszeit berücksichtigt werden, weil die deutsche Wehrmacht als Arbeitgeber die Beiträge in die deutsche Rentenversicherung hätte einzahlen sollen. Die allgemeine Wartezeit sei aufgrund des zwischenstaatlichen Abkommens erfüllt, da der Versicherte die Beiträge durch seine unselbstständige Tätigkeit in Bosnien und Herzegowina eingezahlt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2004 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen im Bescheid vom 27. November 2003. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien für die Zeit des Militärdienstes keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet worden.
Mit der am 28. Juni 2004 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Ihres Erachtens habe während des Militärdienstes Pflichtversicherung bestanden und diese Zeiten sollten als Ersatz- beziehungsweise versicherungspflichtige Zeiten angerechnet werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. November 2006 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Es ist der Begründung im Widerspruchsbescheid gefolgt und hat gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer Darstellung der Entscheidungsgründe im Einzelnen abgesehen. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu Recht dargelegt habe, dass der Militärdienst des Versicherten keine Beitragszeit, sondern als militärischer Dienst gemäß § 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) Ersatzzeittatbestand gewesen sei. Eine Berücksichtigung als Ersatzzeit sei jedoch ausgeschlossen, da der Ehemann der Klägerin mangels eigener Beitragszahlung zur deutschen Rentenversicherung nicht Versicherter im Sinne des SGB VI gewesen sei. Der erforderliche Versichertenstatus könne auch nicht durch Beitragszahlungen in anderen Ländern erworben werden.
Gegen den ihr am 27. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 31. Januar 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Zeiten des militärischen Dienstes sollten mit der Beitragszahlung zur deutschen Rentenversicherung gleichgestellt werden. Die Todesursache des Versicherten sei auf die Kriegsverletzungen zurückzuführen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr große Witwenrente ab dem 1. September 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides.
Die Beklagte hat auf Aufforderung des Senats zu der Frage der Versicherungspflicht für Angehörige der SS, hier der Waffen-Gebirgs-Division der SS "Handschar", mit Schriftsatz vom 15. Mai 2009 Stellung genommen. Nach Auskunft des Militärarchivs in Freiburg vom 11. April 2009 sei davon auszugehen, dass auch die nicht-deutschstämmigen Angehörigen der Handschar-Division wie deutsche SS-Angehörige behandelt worden seien und ihre Besoldung daher nach deutschem Recht erfolgt sei. Auch bei Besoldung nach deutschem Recht hätte der Versicherte keine Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung erworben, da im strittigen Zeitraum Dienstleistende nicht der Versicherungspflicht unterlegen hätten. Mangels Versicherungspflicht habe auch keine Beitragspflicht bestanden, weshalb weder Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten gewesen noch solche tatsächlich gezahlt worden seien. Beitragszeiten nach § 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI lägen daher nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 15. Mai 2009 einschließlich der Stellungnahme ihrer Grundsatzabteilung vom 12. Mai 2009 und die beigefügten Unterlagen verwiesen (Bl. 63 bis 239 GA).
Der Senat hat eine Anfrage an die "Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht" gestellt. Diese hat mit Schreiben vom 22. September 2009 bestätigt, dass ein A B (allerdings mit bezüglich des Monats abweichendem Geburtsdatum) am 7. August 1944 bei der 9. Kompanie SS-Gebirgs-Jäger-Regiment 27 gemeldet war. Weitere Aufzeichnungen, insbesondere über das Einberufungsdatum zur Waffen-SS, über die Dauer des Dienstes und über entrichtete Rentenversicherungsbeiträge liegen der Deutschen Dienststelle nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten den verstorbenen Ehemann der Klägerin bzw. die Klägerin betreffend (Aktenzeichen) haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) der Klägerin ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, weil sie wiederkehrende bzw. laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung einer großen Witwenrente gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002, BGBl I S. 754. Diese Vorschrift lautet:
Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
1. ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2. das 45. Lebensjahr vollendet haben oder
3. erwerbsgemindert sind.
Die Klägerin ist zwar Witwe, hat das 45. Lebensjahr vollendet und hat nach dem Tod ihres Ehegatten nicht wieder geheiratet, ihr verstorbener Ehemann hatte jedoch nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt. Diese beträgt gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI fünf Jahre. Diese Zeit erfüllte der Ehemann der Klägerin nicht, da für ihn keine Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anzurechnen sind. Dies bedeutet, dass selbst dann, wenn das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl 1969 II, S. 1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl 1975 II, S. 390) - DJ SVA - aufgrund der Vereinbarung zwischen der Republik Bosnien und Herzegowina und der Bundesrepublik Deutschland (Bekanntmachung vom 16. November 1992 - BGBl II, S. 1196) weiter gilt (Vgl. hierzu den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts zum Bundesverfassungsgericht, Az. B 13 RJ 17/05 R vom 23. Mai 2006, dokumentiert in Juris, zu der Frage, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist, wonach zweiseitige Verträge bei Staatennachfolge - hier: Jugoslawien - im Verhältnis zu den Folgestaaten zunächst fort gelten. Dieser Vorlagebeschluss wurde vom Bundessozialgericht mit Beschluss vom 26. Juni 2008 - B 13 R 63/08 R - wegen Erledigung der Hauptsache aufgehoben, was zur Beendigung auch des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht führte, ohne dass die Rechtsfrage geklärt wurde.), keine anrechenbaren Versicherungszeiten vorliegen, da die in Bosnien zurückgelegten Beitragszeiten nur dann berücksichtigt werden können, wenn auch in Deutschland eine Versicherung bestand, d.h. mindestens ein Beitrag zur deutschen Rentenversicherung gezahlt wurde. Dies ergibt sich aus Art. 25 Abs. 1 DJ SVA, wonach die in Bosnien zurückgelegten Versicherungszeiten für den Erwerb des Leistungsanspruchs nur dann zusammengerechnet werden, wenn im anderen Vertragsstaat (hier Deutschland) anrechnungsfähige Versicherungszeiten vorliegen. Dies ist jedoch nicht der Fall, da der Versicherte keine Beitragszeiten (§ 55 Abs. 1 SGB VI bzw. hier § 247 Abs. 3 SGB VI) zurückgelegt hat, die nach deutschem Recht zu berücksichtigen wären und auch keine Ersatzzeiten angerechnet bekommen kann, weil nicht mindestens ein Beitrag zur deutschen Rentenversicherung gezahlt worden ist.
Gemäß § 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten auch Zeiten, für die nach den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind.
Nachweise über die Zahlung von Pflichtbeiträgen liegen für den Ehemann der Klägerin nicht vor. Die Beklagte, die regelmäßig bei Eingang eines Rentenantrages nach Versicherungsunterlagen in ihrem Archiv sucht (so genannte Suchstufe 1) hat keine Unterlagen, insbesondere Versicherungskarten, für den Ehemann der Klägerin aufgefunden. Auch bei der Deutschen Dienststelle, die die Dienstzeit des Ehemannes der Klägerin bei der Waffen SS bestätigt hat, befinden sich keine Unterlagen über eine Beitragszahlung zur Rentenversicherung. Die Klägerin hat entsprechende Unterlagen beziehungsweise Nachweise, insbesondere eine Versicherungskarte, auch nicht vorgelegt.
Die Klägerin hat die Zahlung von Beiträgen für ihren Ehemann auch nicht gemäß § 286a Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002, BGBl I S. 754, glaubhaft gemacht. Diese Vorschrift lautet:
Fehlen für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 die Versicherungsunterlagen, die von einem Träger der Rentenversicherung aufzubewahren gewesen sind, und wären diese in einem vernichteten oder nicht erreichbaren Teil des Karten- oder Kontenarchivs aufzubewahren gewesen oder ist glaubhaft gemacht, dass die Versicherungskarten bei dem Arbeitgeber oder Versicherten oder nach den Umständen des Falles auf dem Wege zum Träger der Rentenversicherung verloren gegangen, unbrauchbar geworden oder zerstört worden sind, sind die Zeiten der Beschäftigung oder Tätigkeit als Beitragszeit anzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Versicherte eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat und dass dafür Beiträge gezahlt worden sind.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Die Entrichtung von Beiträgen für die Zeit des Versicherten bei der Waffen-Gebirgs-Division der SS "Handschar" ist schon deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil Versicherungspflicht hierfür nicht bestand.
Die 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS Handschar (kroat. Nr. 1) wurde am 1. März 1943 als kroatische-SS-Freiwilligen-Division aus muslimischen kroatischen Freiwilligen aus Bosnien gegründet, die dem kroatischen Staat ablehnend gegenüber gestanden hatten. Die Soldaten der Waffen-SS unterstanden zwar im Einsatz taktisch dem Oberkommando des Heeres [der Wehrmacht] und diesem nachgeordnet den jeweiligen Kommandobehörden, blieben jedoch grundsätzlich Angehörige der SS (vgl. die Auskunft des Archivdirektors des Bundesarchivs – Militärarchiv -, Herrn Dr. M vom 11. April 2009 unter Hinweis auf Tessin, Georg, Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939 bis 1945, Dritter Band: Die Landstreitkräfte 6 -14, 2. Aufl., Osnabrück 1974, S. 282 bis 284). Im Krieg wurde den Angehörigen der Waffen-SS Versorgung und Naturalleistungen nach Maßgabe des Gesetzes über die Besoldung, Verpflegung, Unterbringung, Bekleidung und Heilfürsorge der Angehörigen der Wehrmacht bei besonderem Einsatz (Einsatz-Wehrmachtgebührnisgesetz - EWGG -) vom 28. August 1939, RGBl I S. 1531) gewährt (vgl. Rudolf Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd. VI, 19. Dezember 1941 bis 9. Mai 1945, S. 164). Alle diesem Gesetz entgegenstehenden Bestimmungen traten mit dem 1. September 1939 außer Kraft. (Absolon, a.a.O.). Für die Angehörigen der Wehrmacht bestand während des Krieges keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Gemäß § 1 der "Verordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten sowie die knappschaftliche Pensionsversicherung während des besonderen Einsatzes der Wehrmacht" vom 13. Oktober 1939 (RGBl. Teil I S. 2030) - im Folgenden: VO vom 13. Oktober 1939 - waren sämtliche Bezüge, die Angehörige der Wehrmacht während des damaligen besonderen Einsatzes der Wehrmacht [des Krieges] erhielten, nicht Entgelt im Sinne des § 160 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Für sie waren daher gemäß Satz 2 des § 1 VO vom 13. Oktober 1939 keine Beiträge zu entrichten. Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand gemäß § 1226 Satz 2 RVO in der damals geltenden Fassung bzw. § 1 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) jedoch nur für Personen, die gegen Entgelt (§ 160) beschäftigt wurden.
Da eine Versicherungspflicht damit nicht bestand, kommt auch eine Anerkennung als glaubhaft gemachte Beitragszeit gemäß § 286a SGB VI nicht in Betracht.
Auch eine Berücksichtigung der von dem Versicherten bei der 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS Handschar zurückgelegten Zeit als Ersatzzeit gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI kommt nicht in Betracht, da der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht "Versicherter" im Sinne dieser Vorschrift war. Diese lautet:
Ersatzzeiten sind Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr
1. militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes aufgrund gesetzlicher Dienstpflicht oder Wehrpflicht oder während eines Krieges geleistet haben oder aufgrund dieses Dienstes kriegsgefangen gewesen sind oder deutschen Minenräumdienst nach dem 8. Mai 1945 geleistet haben oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, ( )
Der Einsatz des Ehemannes der Klägerin bei der Waffen-Gebirgs-Division der SS dürfte zwar dem Grunde nach den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfüllt haben, da es sich dabei um einen militärähnlichen Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Buchst. b des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) gehandelt haben dürfte, weil aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht freiwillig oder unfreiwillig Dienst geleistet wurde. Gleichwohl kommt eine Rentengewährung nicht in Betracht, da eine Ersatzzeit nur dann für eine Rentenzahlung zu Grunde gelegt werden kann, wenn ein "Versicherter" sie zurückgelegt hat. Die Tatbestandsvoraussetzung "Versicherter" ist nur dann erfüllt, wenn mindestens ein wirksamer Beitrag (Pflichtbeitrag oder freiwilliger Beitrag) zur deutschen Rentenversicherung gezahlt worden ist. Allein durch Zurücklegung einer Ersatzzeit wird der Betreffende nicht zum Versicherten; denn Ersatzzeiten begründen kein Versicherungsverhältnis (vgl. Kasseler Kommentar- Niesel, § 250 SGB VI Rn. 10 m.w.N.).
Beiträge zur deutschen Rentenversicherung hat der Ehemann der Klägerin nicht gezahlt. Auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten (Beitragszeiten oder Ersatzzeiten) liegen damit nicht vor, so dass die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren für die Klägerin nicht erfüllt ist und eine große Witwenrente nicht gewährt werden kann.
Soweit die Klagebegründung dahingehend zu verstehen ist, dass die Klägerin aus Billigkeitserwägungen die Zahlung einer Rente für erforderlich hält, da ihr Ehemann im Dienst der SS Gesundheitsverletzungen erlitten habe und diese auch die Todesursache gewesen seien, so gibt es für einen solchen Anspruch keine Rechtsgrundlage. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden nur dann gewährt, wenn Beiträge gezahlt wurden beziehungsweise als gezahlt gelten. Schadensersatz- oder Wiedergutmachungszahlungen sind daraus nicht möglich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch von einer Entscheidung eines Obergerichts abgewichen wird (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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