Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 840/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 758/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 8. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (EM) bzw. teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1956 geborene Kläger hat von 1971 bis 1973 den Beruf des Metallurgen für Formgebung erlernt. Er war u.a. als Betonarbeiter (Dachziegelherstellung), Isolierer (Heizungsbau) und zuletzt vom 10. Januar 1994 bis 31. Januar 2006 als Produktionshelfer bei der B H GmbH & Co. KG (Bedienung und Überwachung des Produktionsablaufs an Kalksteinpressen und Paketieranlagen) versicherungspflichtig beschäftigt. Im September 2003 wurde beim Kläger ein abgelaufener Herzvorderwandinfarkt festgestellt, im Anschluss Herzdiagnostik durchgeführt und im November 2003 ein 2-facher Bypass gesetzt.
Im Rahmen eines bei der Beklagten gestellten (erfolglosen) Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wurde der Kläger durch die Sozialmedizinerin Dr. H am 20. Dezember 2006 ärztlich untersucht. Im Gutachten vom 17. Januar 2007 diagnostizierte Dr. H als Hauptleiden eine koronare 2-Gefäßerkrankung, Zustand nach Vorderwandinfarkt 9/03, Zustand nach Koronarrevaskularisation 11/03, normale linksventrikuläre Pumpfunktion, kein Hinweis auf Koronarinsuffizienz. Als Nebenleiden wurden eine periphere arterielle Verschlusskrankheit im Stadium I bis II a der rechten und im Stadium II a der linken Beinarterie, ein Verschluss der linken Carotis interna ohne relevante Stenosierung sowie eine kombinierte Fettstoffwechselstörung festgestellt. Die Wegefähigkeit sei noch voll erhalten. Dem Versicherten seien leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig zumutbar. Ausgeschlossen seien längere Gehbelastungen, häufiges Klettern und Steigen, häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, Kälte-, Nässeexposition, des Weiteren Tätigkeiten in Nachtschicht und mit besonderem Zeitdruck. Im April 2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Rentenantrag, weil er wegen der Folgen des Herzinfarktes seine bisherige berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Die Beklagte zog neben dem angeführten Gutachten von Dr. H ein für die Agentur für Arbeit N von Dr. K erstelltes Gutachten von 8. September 2006 (Leistungsfähigkeit für täglich 3 bis unter 6 Stunden in geschlossenen, temperierten Räumen für eine leichte körperliche Tätigkeit in Tagesschicht, zur Zeit keine Leistungsfähigkeit für länger als sechs Monate) sowie einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. R vom 8. Juli 2007 bei (koronare Zweigefäßerkrankung, Zustand nach 2-fach Bypass, Zustand Vorderwandinfarkt 9/03, Mitralklappeninsuffizienz I. - II. Grades, Verschluss der A. carotis links, Fettstoffwechselstörung, leichte Alltagstätigkeiten sind problemlos, Dyspnoe bei stärkerer körperlicher Belastung). Mit Bescheid vom 12. Juli 2007 lehnte die Beklagte die beantragte Rentengewährung ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007 zurückgewiesen. Der Kläger könne zwar nicht mehr seinen Beruf als Anlagenfahrer ausüben. Er könne jedoch unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Fähigkeiten eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Metallkleber im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Es liege weder eine volle noch teilweise EM bzw. BU vor.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Nn einen Befundbericht von Dipl.-Med. R vom 8. Juli 2008 sowie Arbeitgeberauskünfte der B H GmbH & Co. KG vom 13. Februar 2007 und vom 30. Mai 2008 eingeholt. Das SG hat ferner eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den in der R K GmbH tätigen Facharzt für Innere Medizin Prof. Dr. Dr. S (Untersuchung am 19. November 2008) veranlasst. Im Sachverständigengutachten vom 4. Dezember 2008 hat dieser Gutachter folgende Diagnosen mitgeteilt: koronare Zweigefäßerkrankung mit normaler linksventrikulärer Funktion bei Zustand nach Vorderwandinfarkt und Zustand nach CABG (koronare Bypassoperation), Verschluss der linken A. carotis interna, Fettstoffwechselstörung, arterieller Hochdruck. Beschwerden für eine Claudicatio intermittens würden relativ typisch geschildert, jedoch könne eine höhergradige periphere arterielle Verschlusskrankheit nach Duplexsonographie und Knöcheldruckmessung ausgeschlossen werden. Dem Kläger sei eine tägliche, leichte bis mittelschwere Tätigkeit in Vollschicht zuzumuten. Heben und Tragen von Lasten müssten unterbleiben. Die Tätigkeit sollte ohne besonderen Zeitdruck erfolgen. Längere Gehbelastungen sollten nicht erfolgen. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten müssten unterbleiben. Insgesamt falle beim Kläger ein reaktiv depressives Syndrom auf. Es scheine durch den Verlust seines Arbeitsplatzes und die Pflege seiner Ehefrau physisch und psychisch überfordert zu sein.
Das SG N hat die auf "Gewährung einer Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU ab Antragstellung" gerichtete Klage mit Urteil vom 8. Mai 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, denn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Als bisheriger Beruf des Klägers sei die von 1994 bis Januar 2006 ausgeübte Tätigkeit als Produktionshelfer mit einer Anlernzeit von sechs Monaten zugrunde zu legen. Der Kläger sei in die Stufe der angelernten Arbeiter im unteren Bereich im Rahmen des Mehrstufenschemas einzugruppieren und somit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten sei dem Kläger eine regelmäßige, tägliche, vollschichtige Tätigkeit zumutbar. Die Herzerkrankung sowie die periphere arterielle Verschlusskrankheit führten nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit sei dem Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumutbar. Wegen Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe kein Rentenanspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU gemäß § 240 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Bei quantitativ nicht gemindertem Leistungsvermögen bestehe kein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter und trägt zur Begründung vor: Aufgrund seiner Herzerkrankung habe er keine Chance mehr eine Arbeit zu bekommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 8. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 12. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 zu verurteilen, ihm ab 1. April 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte der Beklagten, die Verwaltungsakte-Alg II (2 Bände) des Landkreises O und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Rente wegen voller EM oder auch nur wegen teilweiser EM bei BU.
Der Kläger hat aufgrund seines im April 2007 gestellten Rentenantrages für die Zeit ab 1. April 2007 (vgl. § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI -) keinen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) gegen die Beklagte. Er ist nicht voll erwerbsgemindert.
Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger war und ist in dem streitigen Zeitraum ab 1. April 2007 nicht voll erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Denn er verfügte und verfügt auch derzeit noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten, mit dem er regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass der Kläger über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus dem vorliegenden Gutachten des vom SG als Sachverständigen eingesetzten Prof. Dr. Dr. S. Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen des Klägers war und ist nach den von dem Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Der Kläger kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen seiner Leiden jedenfalls nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten sowie ohne besonderen Zeitdruck verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Ferner sollen längere Gehbelastungen nicht erfolgen. Der Sachverständige hat jedoch nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit dem im Rehaverfahren eingeholten Gutachten der Sozialmedizinerin Dr. H die Wegefähigkeit des Klägers bejaht. Er hat gestützt auf die von ihm mittels Duplexsonographie und Knöcheldruckmessung erhobenen objektiven Befunde festgestellt, dass es dem Kläger zuzumuten ist, täglich viermal mehr als 500 m (in jeweils weniger als 20 Minuten) zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Soweit Dr. K in seiner Leistungseinschätzung vom 8. September 2006 noch unter Annahme weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen davon ausgegangen war, der Kläger könne täglich nur noch weniger als sechs Stunden arbeiten, konnte dieses Leistungsbild in der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 19. November 2008 nicht (mehr) bestätigt werden. Sämtliche Gesundheitsstörungen der Klägers sind von Prof. Dr. Dr. S umfassend gewürdigt und die sich hieraus ergebenden objektivierbaren Leistungseinschränkungen nachvollziehbar und schlüssig aus den erhobenen Befunden hergeleitet worden. Wesentliche Verschlechterungen bzw. neue, bislang nicht berücksichtigte Leiden des Klägers sind nicht vorgebracht worden und auch im Übrigen nicht ersichtlich, so dass die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen nicht angezeigt war.
Bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 18. Februar 1998 -B 5/4 RA 58/97 R -veröffentlicht in juris). Die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht geeignet, das Feld leichter bis mittelschwerer Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Der Ausschluss von Arbeiten unter besonderem Zeitdruck und auf Leitern und Gerüsten zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR-3600 § 44 Nr. 8). Auch der Ausschluss des Hebens und Tragens von Lasten ist nicht geeignet, das Feld leichter körperlicher Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Insgesamt betreffen die bei dem Kläger von Prof.dr. Dr. S zuletzt festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen lediglich einen kleinen Teilbereich des weiten Feldes des allgemeinen Arbeitsmarkts, lassen aber eine Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt. So konnte und kann der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Sortier- und Verpackungstätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten sowie die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners ohne Schichtdienst vollwertig verrichten.
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens somit eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorlagen und auch nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich. Für den Kläger in Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob der Kläger einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten kann, was er in Abrede stellt, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer wie den Kläger derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM - wie der Gesetzgeber klargestellt hat - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei BU (§ 240 Abs. 2 SGB VI). Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, der "bisherige Beruf" der Versicherten (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 55, 61 mwN; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 34/03 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 1). Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z. B. BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 mwN). Nach diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf des Klägers der Beruf der Produktionshelfers der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Kläger vom 10. Januar 1994 bis 31. Januar 2006 bei der B H GmbH & Co KG und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt.
Fest steht, dass der Kläger diesem seinem bisherigen Beruf eines Produktionshelfers aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen kann. Dies ergibt sich daraus, dass nach der Arbeitsplatzbeschreibung in der Arbeitgeberauskunft vom 30. Mai 2008 diverse körperlich schwere Arbeiten - zum Teil unter Wärme- und Staubbelastung - aufgeführt werden, die der Kläger an seinem Arbeitsplatz (Pressenhaus und Mischerei) auszuführen hatte. Ferner ist der Arbeitgeberauskunft vom 13. Februar 2007 u.a. zu entnehmen, dass zur Tätigkeit am Arbeitsplatz des Klägers häufiges Heben und Tragen von Lasten bis zu 25 kg gehörte. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S vom 4. Dezember 2008 sind jedoch schwere Arbeiten zu vermeiden und hat das Heben und Tragen von Lasten generell zu unterbleiben.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU steht dem Versicherten aber nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit iS des § 240 Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer derartigen Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Danach sind unter Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3242) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 aufgehobenen Unterscheidung der Versicherten in Arbeiter und Angestellte (vgl. §§ 125, 126, 127 SGB VI) folgende Gruppen zu unterscheiden: Versicherte, deren hohe Qualifikation regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht, Versicherte in Berufen, die eine erfolgreich abgeschlossene Fachhochschulausbildung oder eine zumindest gleichwertige Ausbildung voraussetzen, Versicherte in Berufen, die neben einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den Besuch einer Fachschule voraussetzen, Versicherte mit einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, angelernte Versicherte (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) sowie ungelernte Versicherte (vgl. z.B. zum Mehrstufenschema für "Arbeiter": BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 138, 140; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1; zum allgemeinen Mehrstufenschema: BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R - juris).
Der Kläger ist im Rahmen des Mehrstufenschemas der zweiten Berufsgruppe mit dem Leitberuf der Versicherten mit einer Ausbildung in einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren zuzuordnen. Nach den Arbeitgeberauskünften vom 13. Februar 2007 und vom 30. Mai 2008 setzte die Tätigkeit als Produktionshelfer lediglich eine Anlernzeit von sechs Monaten voraus. Mangels tiefer gehender Kenntnisse der Maschinenfunktion verfügte der Kläger nicht über die praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters (vgl. Arbeitgeberauskunft vom 13. Februar 2007). Im Bereich der Angelernten ist zwar zwischen dem oberen und dem unteren Bereich zu differenzieren. Für Versicherte, die dem oberen Bereich der Angelernten angehören, ist die Verweisbarkeit auf die nächst niedrigere Gruppe im Rahmen des Mehrstufenschemas eingeschränkt, weil in Betracht zu ziehende Verweisungstätigkeiten konkret zu bezeichnen sind (st. Rspr. des BSG: vgl. z. B. SozR 2200 § 1246 Nr. 143). Der Kläger gehörte jedoch nur dem unteren Bereich der Gruppe der Angelernten an. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist erst ein Beruf, dessen Ausübung eine mindestens einjährige Ausbildung erfordert, dem oberen Anlernbereich zuzuordnen (vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Für die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Produktionshelfer war indes nur eine Anlernzeit von sechs Monaten erforderlich. Da Versicherte innerhalb des Mehrstufenschemas auf Tätigkeiten innerhalb der gleichen oder der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden können, kann der Kläger als dem unteren Bereich der Angelernten zuzurechnender Versicherter auf die Gruppe der Ungelernten und mithin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, für die sein Restleistungsvermögen noch ausreicht. Die insoweit in Betracht zu ziehenden Tätigkeitsfelder sind bereits beispielhaft benannt worden, so dass Ansprüche auf Rente wegen EM nicht bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (EM) bzw. teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1956 geborene Kläger hat von 1971 bis 1973 den Beruf des Metallurgen für Formgebung erlernt. Er war u.a. als Betonarbeiter (Dachziegelherstellung), Isolierer (Heizungsbau) und zuletzt vom 10. Januar 1994 bis 31. Januar 2006 als Produktionshelfer bei der B H GmbH & Co. KG (Bedienung und Überwachung des Produktionsablaufs an Kalksteinpressen und Paketieranlagen) versicherungspflichtig beschäftigt. Im September 2003 wurde beim Kläger ein abgelaufener Herzvorderwandinfarkt festgestellt, im Anschluss Herzdiagnostik durchgeführt und im November 2003 ein 2-facher Bypass gesetzt.
Im Rahmen eines bei der Beklagten gestellten (erfolglosen) Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wurde der Kläger durch die Sozialmedizinerin Dr. H am 20. Dezember 2006 ärztlich untersucht. Im Gutachten vom 17. Januar 2007 diagnostizierte Dr. H als Hauptleiden eine koronare 2-Gefäßerkrankung, Zustand nach Vorderwandinfarkt 9/03, Zustand nach Koronarrevaskularisation 11/03, normale linksventrikuläre Pumpfunktion, kein Hinweis auf Koronarinsuffizienz. Als Nebenleiden wurden eine periphere arterielle Verschlusskrankheit im Stadium I bis II a der rechten und im Stadium II a der linken Beinarterie, ein Verschluss der linken Carotis interna ohne relevante Stenosierung sowie eine kombinierte Fettstoffwechselstörung festgestellt. Die Wegefähigkeit sei noch voll erhalten. Dem Versicherten seien leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig zumutbar. Ausgeschlossen seien längere Gehbelastungen, häufiges Klettern und Steigen, häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, Kälte-, Nässeexposition, des Weiteren Tätigkeiten in Nachtschicht und mit besonderem Zeitdruck. Im April 2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Rentenantrag, weil er wegen der Folgen des Herzinfarktes seine bisherige berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Die Beklagte zog neben dem angeführten Gutachten von Dr. H ein für die Agentur für Arbeit N von Dr. K erstelltes Gutachten von 8. September 2006 (Leistungsfähigkeit für täglich 3 bis unter 6 Stunden in geschlossenen, temperierten Räumen für eine leichte körperliche Tätigkeit in Tagesschicht, zur Zeit keine Leistungsfähigkeit für länger als sechs Monate) sowie einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. R vom 8. Juli 2007 bei (koronare Zweigefäßerkrankung, Zustand nach 2-fach Bypass, Zustand Vorderwandinfarkt 9/03, Mitralklappeninsuffizienz I. - II. Grades, Verschluss der A. carotis links, Fettstoffwechselstörung, leichte Alltagstätigkeiten sind problemlos, Dyspnoe bei stärkerer körperlicher Belastung). Mit Bescheid vom 12. Juli 2007 lehnte die Beklagte die beantragte Rentengewährung ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007 zurückgewiesen. Der Kläger könne zwar nicht mehr seinen Beruf als Anlagenfahrer ausüben. Er könne jedoch unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Fähigkeiten eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Metallkleber im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Es liege weder eine volle noch teilweise EM bzw. BU vor.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Nn einen Befundbericht von Dipl.-Med. R vom 8. Juli 2008 sowie Arbeitgeberauskünfte der B H GmbH & Co. KG vom 13. Februar 2007 und vom 30. Mai 2008 eingeholt. Das SG hat ferner eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den in der R K GmbH tätigen Facharzt für Innere Medizin Prof. Dr. Dr. S (Untersuchung am 19. November 2008) veranlasst. Im Sachverständigengutachten vom 4. Dezember 2008 hat dieser Gutachter folgende Diagnosen mitgeteilt: koronare Zweigefäßerkrankung mit normaler linksventrikulärer Funktion bei Zustand nach Vorderwandinfarkt und Zustand nach CABG (koronare Bypassoperation), Verschluss der linken A. carotis interna, Fettstoffwechselstörung, arterieller Hochdruck. Beschwerden für eine Claudicatio intermittens würden relativ typisch geschildert, jedoch könne eine höhergradige periphere arterielle Verschlusskrankheit nach Duplexsonographie und Knöcheldruckmessung ausgeschlossen werden. Dem Kläger sei eine tägliche, leichte bis mittelschwere Tätigkeit in Vollschicht zuzumuten. Heben und Tragen von Lasten müssten unterbleiben. Die Tätigkeit sollte ohne besonderen Zeitdruck erfolgen. Längere Gehbelastungen sollten nicht erfolgen. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten müssten unterbleiben. Insgesamt falle beim Kläger ein reaktiv depressives Syndrom auf. Es scheine durch den Verlust seines Arbeitsplatzes und die Pflege seiner Ehefrau physisch und psychisch überfordert zu sein.
Das SG N hat die auf "Gewährung einer Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU ab Antragstellung" gerichtete Klage mit Urteil vom 8. Mai 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, denn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Als bisheriger Beruf des Klägers sei die von 1994 bis Januar 2006 ausgeübte Tätigkeit als Produktionshelfer mit einer Anlernzeit von sechs Monaten zugrunde zu legen. Der Kläger sei in die Stufe der angelernten Arbeiter im unteren Bereich im Rahmen des Mehrstufenschemas einzugruppieren und somit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten sei dem Kläger eine regelmäßige, tägliche, vollschichtige Tätigkeit zumutbar. Die Herzerkrankung sowie die periphere arterielle Verschlusskrankheit führten nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit sei dem Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumutbar. Wegen Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe kein Rentenanspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU gemäß § 240 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Bei quantitativ nicht gemindertem Leistungsvermögen bestehe kein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter und trägt zur Begründung vor: Aufgrund seiner Herzerkrankung habe er keine Chance mehr eine Arbeit zu bekommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 8. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 12. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2007 zu verurteilen, ihm ab 1. April 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte der Beklagten, die Verwaltungsakte-Alg II (2 Bände) des Landkreises O und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Rente wegen voller EM oder auch nur wegen teilweiser EM bei BU.
Der Kläger hat aufgrund seines im April 2007 gestellten Rentenantrages für die Zeit ab 1. April 2007 (vgl. § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI -) keinen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) gegen die Beklagte. Er ist nicht voll erwerbsgemindert.
Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger war und ist in dem streitigen Zeitraum ab 1. April 2007 nicht voll erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Denn er verfügte und verfügt auch derzeit noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten, mit dem er regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass der Kläger über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus dem vorliegenden Gutachten des vom SG als Sachverständigen eingesetzten Prof. Dr. Dr. S. Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen des Klägers war und ist nach den von dem Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Der Kläger kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen seiner Leiden jedenfalls nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten sowie ohne besonderen Zeitdruck verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Ferner sollen längere Gehbelastungen nicht erfolgen. Der Sachverständige hat jedoch nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit dem im Rehaverfahren eingeholten Gutachten der Sozialmedizinerin Dr. H die Wegefähigkeit des Klägers bejaht. Er hat gestützt auf die von ihm mittels Duplexsonographie und Knöcheldruckmessung erhobenen objektiven Befunde festgestellt, dass es dem Kläger zuzumuten ist, täglich viermal mehr als 500 m (in jeweils weniger als 20 Minuten) zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Soweit Dr. K in seiner Leistungseinschätzung vom 8. September 2006 noch unter Annahme weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen davon ausgegangen war, der Kläger könne täglich nur noch weniger als sechs Stunden arbeiten, konnte dieses Leistungsbild in der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 19. November 2008 nicht (mehr) bestätigt werden. Sämtliche Gesundheitsstörungen der Klägers sind von Prof. Dr. Dr. S umfassend gewürdigt und die sich hieraus ergebenden objektivierbaren Leistungseinschränkungen nachvollziehbar und schlüssig aus den erhobenen Befunden hergeleitet worden. Wesentliche Verschlechterungen bzw. neue, bislang nicht berücksichtigte Leiden des Klägers sind nicht vorgebracht worden und auch im Übrigen nicht ersichtlich, so dass die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen nicht angezeigt war.
Bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 18. Februar 1998 -B 5/4 RA 58/97 R -veröffentlicht in juris). Die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht geeignet, das Feld leichter bis mittelschwerer Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Der Ausschluss von Arbeiten unter besonderem Zeitdruck und auf Leitern und Gerüsten zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR-3600 § 44 Nr. 8). Auch der Ausschluss des Hebens und Tragens von Lasten ist nicht geeignet, das Feld leichter körperlicher Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Insgesamt betreffen die bei dem Kläger von Prof.dr. Dr. S zuletzt festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen lediglich einen kleinen Teilbereich des weiten Feldes des allgemeinen Arbeitsmarkts, lassen aber eine Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt. So konnte und kann der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Sortier- und Verpackungstätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten sowie die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners ohne Schichtdienst vollwertig verrichten.
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens somit eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorlagen und auch nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich. Für den Kläger in Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob der Kläger einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten kann, was er in Abrede stellt, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer wie den Kläger derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM - wie der Gesetzgeber klargestellt hat - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei BU (§ 240 Abs. 2 SGB VI). Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, der "bisherige Beruf" der Versicherten (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 55, 61 mwN; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 34/03 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 1). Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z. B. BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 mwN). Nach diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf des Klägers der Beruf der Produktionshelfers der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Kläger vom 10. Januar 1994 bis 31. Januar 2006 bei der B H GmbH & Co KG und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt.
Fest steht, dass der Kläger diesem seinem bisherigen Beruf eines Produktionshelfers aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen kann. Dies ergibt sich daraus, dass nach der Arbeitsplatzbeschreibung in der Arbeitgeberauskunft vom 30. Mai 2008 diverse körperlich schwere Arbeiten - zum Teil unter Wärme- und Staubbelastung - aufgeführt werden, die der Kläger an seinem Arbeitsplatz (Pressenhaus und Mischerei) auszuführen hatte. Ferner ist der Arbeitgeberauskunft vom 13. Februar 2007 u.a. zu entnehmen, dass zur Tätigkeit am Arbeitsplatz des Klägers häufiges Heben und Tragen von Lasten bis zu 25 kg gehörte. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S vom 4. Dezember 2008 sind jedoch schwere Arbeiten zu vermeiden und hat das Heben und Tragen von Lasten generell zu unterbleiben.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU steht dem Versicherten aber nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit iS des § 240 Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer derartigen Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Danach sind unter Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3242) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 aufgehobenen Unterscheidung der Versicherten in Arbeiter und Angestellte (vgl. §§ 125, 126, 127 SGB VI) folgende Gruppen zu unterscheiden: Versicherte, deren hohe Qualifikation regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht, Versicherte in Berufen, die eine erfolgreich abgeschlossene Fachhochschulausbildung oder eine zumindest gleichwertige Ausbildung voraussetzen, Versicherte in Berufen, die neben einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den Besuch einer Fachschule voraussetzen, Versicherte mit einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, angelernte Versicherte (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) sowie ungelernte Versicherte (vgl. z.B. zum Mehrstufenschema für "Arbeiter": BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 138, 140; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1; zum allgemeinen Mehrstufenschema: BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R - juris).
Der Kläger ist im Rahmen des Mehrstufenschemas der zweiten Berufsgruppe mit dem Leitberuf der Versicherten mit einer Ausbildung in einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren zuzuordnen. Nach den Arbeitgeberauskünften vom 13. Februar 2007 und vom 30. Mai 2008 setzte die Tätigkeit als Produktionshelfer lediglich eine Anlernzeit von sechs Monaten voraus. Mangels tiefer gehender Kenntnisse der Maschinenfunktion verfügte der Kläger nicht über die praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters (vgl. Arbeitgeberauskunft vom 13. Februar 2007). Im Bereich der Angelernten ist zwar zwischen dem oberen und dem unteren Bereich zu differenzieren. Für Versicherte, die dem oberen Bereich der Angelernten angehören, ist die Verweisbarkeit auf die nächst niedrigere Gruppe im Rahmen des Mehrstufenschemas eingeschränkt, weil in Betracht zu ziehende Verweisungstätigkeiten konkret zu bezeichnen sind (st. Rspr. des BSG: vgl. z. B. SozR 2200 § 1246 Nr. 143). Der Kläger gehörte jedoch nur dem unteren Bereich der Gruppe der Angelernten an. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist erst ein Beruf, dessen Ausübung eine mindestens einjährige Ausbildung erfordert, dem oberen Anlernbereich zuzuordnen (vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Für die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Produktionshelfer war indes nur eine Anlernzeit von sechs Monaten erforderlich. Da Versicherte innerhalb des Mehrstufenschemas auf Tätigkeiten innerhalb der gleichen oder der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden können, kann der Kläger als dem unteren Bereich der Angelernten zuzurechnender Versicherter auf die Gruppe der Ungelernten und mithin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, für die sein Restleistungsvermögen noch ausreicht. Die insoweit in Betracht zu ziehenden Tätigkeitsfelder sind bereits beispielhaft benannt worden, so dass Ansprüche auf Rente wegen EM nicht bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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