Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
34
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 124 AS 36421/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 2082/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die nach § 172 Abs. 1 und § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2009 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Anspruchsgrundlage für die von ihm begehrten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach erhalten Leistungen nach diesem Buch zwischen 15 und 65 Jahre alte erwerbsfähige Personen, die hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Ausgenommen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies ist bei dem Antragsteller, der britischer Staatsangehöriger ist, der Fall. Sein Aufenthaltsrecht ergibt sich allein aus dem - von ihm in einem Schreiben an den Antragsgegner vom 10. Mai 2007 eingeräumten - Zweck der Arbeitssuche gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alternative des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986) in der Fassung vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970). Danach sind freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten wollen. Der 38jährige Antragsteller, von dessen Erwerbsfähigkeit mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auszugehen ist, ist nach seinem Vortrag am 1. Dezember 2006 in die Bundesrepublik eingereist. Er verfügt über eine Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU), die zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt.
Ein Aufenthaltsrecht aus sonstigen Gründen kommt nicht in Betracht. Denn der Antragsteller war nach seinem Vortrag bisher in Deutschland weder beschäftigt noch ist er einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen. Auch aus dem Gemeinschaftsrecht folgt kein über den Zweck der Arbeitssuche hinausgehendes Aufenthaltsrecht.
Artikel 6 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mietgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158/77; sog. Unionsbürgerrichtlinie) sieht ein (bis auf Passförmlichkeiten) voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern nur für einen Zeitraum von drei Monaten vor; dieser Zeitraum ist hier abgelaufen. Artikel 7 der Unionsbürgerrichtlinie gewährt ein Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate nur, wenn der Unionsbürger Arbeitnehmer oder Selbständiger ist (Absatz 1 Buchstabe a), er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen (Buchstabe b), oder eine näher bezeichnete Ausbildung absolviert wird (Buchstabe c). Keine der genannten Voraussetzungen liegt hier vor.
Auch aus Art. 18 Abs. 1 des EG-Vertrages folgt kein weitergehendes Aufenthaltsrecht. Hiernach hat jeder Unionsbürger grundsätzlich das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Diese Vorschrift stellt jedoch das Aufenthaltsrecht ausdrücklich unter den Vorbehalt der im EG-Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen. In der Rechtssache Trojani hat der Europäische Gerichtshof (Urteil des EuGH vom 7. September 2004, C-456/02, Juris, Tz. 33) ausdrücklich festgestellt, dass zu den Beschränkungen und Bedingungen des Rechts des Unionsbürgers aus Art. 18 EG auch der Art. 1 der (seinerzeit geltenden) Richtlinie 90/364/EWG gehöre. Danach können die Mitgliedstaaten von Angehörigen eines Mitgliedstaats, die das Recht zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet wahrnehmen wollen, verlangen, dass sie für sich und ihre Familienangehörigen über eine Krankenversicherung, die im Aufnahmestaat alle Risiken abdeckt, sowie über ausreichende Existenzmittel verfügen, durch die sichergestellt ist, dass sie während ihres Aufenthaltes nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen. Mangels ausreichender Existenzmittel bestehe daher ein Recht eines Unionsbürgers, der sich in einer Situation wie der des dortigen Klägers befindet, aus Art. 18 EG auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, nicht (Urteil des EuGH vom 7. September 2004, a.a.O., Tz. 36). Nichts anderes gilt für Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b der Unionsbürgerrichtlinie (mit der die zuvor genannte Richtlinie 90/364 insgesamt aufgehoben worden ist), der der Sache nach der Regelung in Art. 1 der Richtlinie 90/364 entspricht. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Unionsbürgerrichtlinie eine abschließende sekundärrechtliche Regelung über das Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern darstellt und Art. 18 EG daneben von vornherein nicht mehr anwendbar ist.
Ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, ist umstritten (vgl. die zahlreichen Nachweise bei Hailbronner, Ansprüche nicht erwerbstätiger Unionsbürger auf gleichen Zugang zu sozialen Leistungen, ZFSH/SGB 2009, 195, 200). Nach Auffassung des Senats ist der Ausschlusstatbestand jedoch gemeinschaftsrechts-konform, sofern er, wie hier, solche Leistungen nach dem SGB II betrifft, die nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, sondern den Lebensunterhalt sichern sollen. Denn Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie erlaubt es einem Mitgliedstaat ausdrücklich, andere Personen als Arbeitnehmer oder Selbständige, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Absatz 4 Buchstabe b der Richtlinie – diese Regelung betrifft Unionsbürger, die in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen – von einem Anspruch auf "Sozialhilfe" auszunehmen (siehe auch die 21. Begründungserwägung der Richtlinie). Sozialhilfeleistungen im Sinne der Vorschrift sind, wie sich auch aus dem Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie ergibt, alle finanziellen Mittel, die der Existenzsicherung dienen. Nicht dazu zählen finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, Rs. C-22/08 und C-23/08, www.curia.eu, Tz. 45).
Die hier streitige Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II ist - wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat - keine Leistung, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll, sondern eine Sozialhilfeleistung im Sinne der Richtlinie (Beschluss des OVG Bremen vom 15. November 2007 – S 2 B 426/07 – , zitiert nach Juris; Hailbronner, a.a.O., S. 201). Sie dient der Sicherung des Lebensunterhalts Hilfebedürftiger, wie sich schon der Überschrift und dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen lässt. Dies bestätigt auch die in § 1 Abs. 2 SGB II vorgenommene Unterscheidung der Leistungsarten nach Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit (Nummer 1) und solchen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Nummer 2). Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach für Erwerbsfähige zwar der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe durch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II ersetzt, der Leistungsanspruch insofern allerdings mit dem steuerfinanzierten System der Sozialhilfe zusammengeführt wurde. Auch nach dem Ergebnis der Leistung (vgl. zu diesem Kriterium Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, a.a.O., Tz. 42) bezweckt diese nicht, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, sondern die Existenzsicherung. Denn die Regelleistung betrifft, wie sämtliche Leistungen des 1. Unterabschnittes des 2. Abschnittes des 3. Kapitels des SGB II, allein Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, nämlich die in § 20 Abs. 1 SGB II aufgezählten Regelbeispiele – Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens, Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben – einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. § 19 Satz 1 SGB II). Die Regelleistung enthält keine Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die im Wesentlichen im 1. Abschnitt des 3. Kapitels des SGB II geregelt sind, und sie ist auch keine Entgeltersatzleistung.
Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie ist mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit Art. 39 Abs. 2 EG vereinbar (vgl. Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, a.a.O., Tz. 46). Nach Art. 39 Abs. 2 EG haben Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, die in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung suchen, Anspruch auf die in der Bestimmung vorgesehene Gleichbehandlung. Hierunter fällt auch die Gleichbehandlung in Bezug auf finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Solche Leistungen erfasst aber Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie nicht, weil zur "Sozialhilfe" im Sinne der Richtlinie gerade nicht, wie oben ausgeführt, finanzielle Mittel zählen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen.
Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie ist auch mit Art. 12 EG vereinbar, jedenfalls für den Fall (wie hier), dass der Unionsbürger sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleiten kann und weder eine Aufenthaltserlaubnis (nach nationalem Recht) noch ein Daueraufenthaltsrecht besitzt. Nach Art. 12 Unterabsatz 1 EG ist unbeschadet besonderer Bestimmungen des EG-Vertrages in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich ein nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger bei Leistungen der Sozialhilfe aber (nur) in den Fällen auf Art. 12 EG berufen, in denen er sich im Aufnahmestaat "für eine bestimmte Dauer rechtmäßig aufgehalten hat oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt" (Urteil des EuGH vom 7. September 2004, a.a.O., Tz. 43). Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache Trojani ausgeführt, dass eine Berufung auf Art. 12 EG zwecks Beanspruchung von Sozialhilfe erst dann in Betracht kommt, "sobald" der Unionsbürger, der sich in einer Situation wie der des dortigen Klägers befindet, eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor und besteht im Übrigen grundsätzlich nicht in den von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfassten Fällen. Ergibt sich nämlich das Recht zum Aufenthalt allein aus dem Zweck der Arbeitssuche, kann kein Fall gegeben sein, in dem der Unionsbürger eine (nationale) Aufenthaltserlaubnis oder ein Daueraufenthaltsrecht (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU) hat. Der Europäische Gerichtshof hat es mit Blick auf Art. 12 EG auch nicht beanstandet, dass Unionsbürger von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen werden, die Drittstaatsangehörigen etwa nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden (Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, a.a.O., Tz. 51 ff.).
Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht der Wirksamkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch nicht das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (-EFA- BGBl. 1956, Teil II, S. 564) entgegen. Das EFA ist durch Zustimmungsgesetz in innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten des Einzelnen begründendes Recht transformiert worden, weil der Zweck des Vertrages, den Angehörigen der Vertragsstaaten auf den Gebieten der sozialen und der Gesundheitsfürsorge Gleichbehandlung mit den Inländern einzuräumen, nur erreicht werden kann, wenn diese die Gleichbehandlung mit den Inländern nach Maßgabe der im Anhang I des Abkommens genannten nationalen Gesetze unmittelbar geltend machen können. In Art. 1 EFA hat sich jeder der Vertragsschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf welches dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.
Der Vertragstext des EFA mit seinen Anlagen enthält zwar keine dem § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechenden ausdrücklichen Einschränkungen oder Vorbehalte. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass den vertragsschließenden Staaten Ausschlussregelungen, die wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen verhindern sollen, untersagt wären. Hierfür wäre nur dann Raum, wenn eine entsprechende ausdrückliche Regelung im EFA selbst enthalten wäre (Beschluss des OVG Berlin vom 22. April 2003 – 6 S 9.03 -, zitiert nach Juris, m. w. Nachw.). Dies ist aber nicht der Fall. Der Wortlaut des EFA steht damit der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht entgegen.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch mit Sinn und Zweck des EFA vereinbar. Das EFA will, Fälle der Durchreise und des nur vorübergehenden Aufenthalts vernachlässigt, vielmehr nur den Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten Inländergleichbehandlung garantieren, die sich zur Zeit des Eintritts der Hilfebedürftigkeit bereits in dem um Hilfe ersuchten Staat erlaubt aufhalten. Ziel des Abkommens ist es nicht, demjenigen, der bereits bedürftig ist, die Möglichkeit einzuräumen, sich unter den Vertragsstaaten das Land auszusuchen, in dem er öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen möchte, also eine Wanderung aus einem Sozialsystem in ein anderes zuzulassen. Ziel des Abkommens war damit in erster Linie die Gleichbehandlung von Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten, die zum Zeitpunkt der Hilfebedürftigkeit schon ihren gewöhnlichen Aufenthalt hier hatten (OVG Berlin, a.a.O., m. w. Nachw.)
An diesen Maßstäben gemessen, gehört der Antragsteller nicht zum Personenkreis, der vom Schutzbereich des Abkommens erfasst wird. Denn er ist in der Absicht eingereist, hier Sozialleistungen zu erlangen. Der Senat sieht dieses Erfordernis auch dann als erfüllt an, wenn der Wille, Sozialhilfe zu erlangen, nicht der einzige Einreisegrund ist. Das Erfordernis ist vielmehr auch dann erfüllt, wenn bei unterschiedlichen Einreisemotiven der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung war. Die Möglichkeit, auf Sozialleistungen angewiesen zu sein, muss für den Einreiseentschluss des Ausländers, sei es allein, sei es neben anderen Gründen, in besonderer Weise bedeutsam und nicht nur anderen Einreisezwecken untergeordnet gewesen sein.
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn der Antragsteller ist jedenfalls auch mit der Absicht in die Bundesrepublik eingereist, hier von Sozialleistungen zu leben. Er ist nach Aktenlage am 1. Dezember 2006 in der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Über Vermögen und Einkommen, mit dem er längere Zeit seinen Lebensunterhalt hätte finanzieren können, verfügte er offensichtlich nicht. Denn bereits im März 2007 hat er einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II gestellt. Im Rahmen dieses Verfahrens hat er am 10. Mai 2007 die folgende Erklärung abgegeben: "Sehr geehrte Damen und Herren, Bisher habe ich von Erspartem gelebt, welches jetzt aufgebraucht ist. Nach Deutschland bin ich gekommen, da ich hier bessere berufliche Chancen sehe. Ich habe in Deutschland noch nie gearbeitet. Mit freundlichen Grüßen M S". Diese Erklärung ist eindeutig und lässt hinsichtlich des Grundes der Einreise nach Deutschland keine Interpretation zu. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat der Antragsteller diese Erklärung allerdings geändert und vorgetragen, dass er nach Deutschland gekommen sei, "weil er eine feste Partnerin gehabt (habe), mit der er auch Kinder haben wollte. Leider (sei) diese Beziehung nach mehrjährigem Bestand auseinander gegangen. Er (sei) deshalb nicht allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland".
Dieser Vortrag vermag seiner Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag vor dem Hintergrund seiner Erklärung vom 10. Mai 2007 nicht glaubwürdig ist, hat er in dem Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 12. März 2007, also nur rund drei Monate nach seiner Einreise nach Deutschland, angegeben, dass er allein stehend sei. Die Frage, ob er mit einer Partnerin zusammenlebe, hat er nicht bejaht.
Im Übrigen belegt der bereits kurz nach seiner Einreise nach Deutschland gestellte Grundsicherungsantrag, dass der Antragsteller, der nach eigenen Angaben über den "Bachelor of Arts with Honours Abschluss in modernen Sprachen von der University of Westminster London" verfügt und im Anschluss als "arbeitsloser selbständiger Fotograf" tätig gewesen sein will, nicht darauf vertrauen durfte und nicht darauf vertraut hat, seinen notwendigen Lebensunterhalt in Deutschland kurzfristig aus eigenem Einkommen zu sichern. Der Antragsteller mag im Dezember 2006 nicht allein in der Absicht in die Bundesrepublik eingereist sein, hier seinen Lebensunterhalt aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten. Er muss sich jedoch zumindest bewusst gewesen sein, für die nächste Zeit hilfebedürftig und auf öffentliche Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes angewiesen zu sein, sofern sich die Erwartung, eine Arbeit zu finden, mit welcher er seinen Lebensunterhalt vollständig bestreiten kann, nicht erfüllen sollte. Da er über keinerlei Rücklagen verfügte, musste ihm bereits bei seiner Einreise in die Bundesrepublik klar gewesen sein, dass er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seinen Lebensunterhalt nicht selbst würde bestreiten können.
Unabhängig von Vorstehendem hat der Antragsteller auch nicht – im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung – das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Art. 19 Absatz 4 des Grundgesetzes darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im – grundsätzlich vorrangigen – Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 - und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – zitiert jeweils nach Juris). Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er, wie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II gefordert, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausgeschöpft hat und insbesondere in seinem Heimatstaat keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung hat. Er hat nicht hinreichend plausibel dargetan, aus welchen Gründen sonstige staatliche Hilfen zur Existenzsicherung in Groß-Britannien nicht bestehen oder jedenfalls für ihn nicht erreichbar sein sollen. Dafür, dass ihm auch eine vorläufige Rückkehr nach Groß-Britannien nicht zumutbar wäre, fehlt es an aussagekräftigen Anhaltspunkten.
Da das Begehren des Antragstellers nach alledem keine Aussicht auf Erfolg bietet, hat das Sozialgericht auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt (§ 73a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO). Entsprechendes gilt für den von dem Antragsteller gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die nach § 172 Abs. 1 und § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2009 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Anspruchsgrundlage für die von ihm begehrten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach erhalten Leistungen nach diesem Buch zwischen 15 und 65 Jahre alte erwerbsfähige Personen, die hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Ausgenommen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies ist bei dem Antragsteller, der britischer Staatsangehöriger ist, der Fall. Sein Aufenthaltsrecht ergibt sich allein aus dem - von ihm in einem Schreiben an den Antragsgegner vom 10. Mai 2007 eingeräumten - Zweck der Arbeitssuche gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alternative des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986) in der Fassung vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970). Danach sind freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten wollen. Der 38jährige Antragsteller, von dessen Erwerbsfähigkeit mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auszugehen ist, ist nach seinem Vortrag am 1. Dezember 2006 in die Bundesrepublik eingereist. Er verfügt über eine Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU), die zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt.
Ein Aufenthaltsrecht aus sonstigen Gründen kommt nicht in Betracht. Denn der Antragsteller war nach seinem Vortrag bisher in Deutschland weder beschäftigt noch ist er einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen. Auch aus dem Gemeinschaftsrecht folgt kein über den Zweck der Arbeitssuche hinausgehendes Aufenthaltsrecht.
Artikel 6 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mietgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158/77; sog. Unionsbürgerrichtlinie) sieht ein (bis auf Passförmlichkeiten) voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern nur für einen Zeitraum von drei Monaten vor; dieser Zeitraum ist hier abgelaufen. Artikel 7 der Unionsbürgerrichtlinie gewährt ein Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate nur, wenn der Unionsbürger Arbeitnehmer oder Selbständiger ist (Absatz 1 Buchstabe a), er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen (Buchstabe b), oder eine näher bezeichnete Ausbildung absolviert wird (Buchstabe c). Keine der genannten Voraussetzungen liegt hier vor.
Auch aus Art. 18 Abs. 1 des EG-Vertrages folgt kein weitergehendes Aufenthaltsrecht. Hiernach hat jeder Unionsbürger grundsätzlich das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Diese Vorschrift stellt jedoch das Aufenthaltsrecht ausdrücklich unter den Vorbehalt der im EG-Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen. In der Rechtssache Trojani hat der Europäische Gerichtshof (Urteil des EuGH vom 7. September 2004, C-456/02, Juris, Tz. 33) ausdrücklich festgestellt, dass zu den Beschränkungen und Bedingungen des Rechts des Unionsbürgers aus Art. 18 EG auch der Art. 1 der (seinerzeit geltenden) Richtlinie 90/364/EWG gehöre. Danach können die Mitgliedstaaten von Angehörigen eines Mitgliedstaats, die das Recht zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet wahrnehmen wollen, verlangen, dass sie für sich und ihre Familienangehörigen über eine Krankenversicherung, die im Aufnahmestaat alle Risiken abdeckt, sowie über ausreichende Existenzmittel verfügen, durch die sichergestellt ist, dass sie während ihres Aufenthaltes nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen. Mangels ausreichender Existenzmittel bestehe daher ein Recht eines Unionsbürgers, der sich in einer Situation wie der des dortigen Klägers befindet, aus Art. 18 EG auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, nicht (Urteil des EuGH vom 7. September 2004, a.a.O., Tz. 36). Nichts anderes gilt für Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b der Unionsbürgerrichtlinie (mit der die zuvor genannte Richtlinie 90/364 insgesamt aufgehoben worden ist), der der Sache nach der Regelung in Art. 1 der Richtlinie 90/364 entspricht. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Unionsbürgerrichtlinie eine abschließende sekundärrechtliche Regelung über das Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern darstellt und Art. 18 EG daneben von vornherein nicht mehr anwendbar ist.
Ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, ist umstritten (vgl. die zahlreichen Nachweise bei Hailbronner, Ansprüche nicht erwerbstätiger Unionsbürger auf gleichen Zugang zu sozialen Leistungen, ZFSH/SGB 2009, 195, 200). Nach Auffassung des Senats ist der Ausschlusstatbestand jedoch gemeinschaftsrechts-konform, sofern er, wie hier, solche Leistungen nach dem SGB II betrifft, die nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, sondern den Lebensunterhalt sichern sollen. Denn Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie erlaubt es einem Mitgliedstaat ausdrücklich, andere Personen als Arbeitnehmer oder Selbständige, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Absatz 4 Buchstabe b der Richtlinie – diese Regelung betrifft Unionsbürger, die in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen – von einem Anspruch auf "Sozialhilfe" auszunehmen (siehe auch die 21. Begründungserwägung der Richtlinie). Sozialhilfeleistungen im Sinne der Vorschrift sind, wie sich auch aus dem Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie ergibt, alle finanziellen Mittel, die der Existenzsicherung dienen. Nicht dazu zählen finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, Rs. C-22/08 und C-23/08, www.curia.eu, Tz. 45).
Die hier streitige Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II ist - wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat - keine Leistung, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll, sondern eine Sozialhilfeleistung im Sinne der Richtlinie (Beschluss des OVG Bremen vom 15. November 2007 – S 2 B 426/07 – , zitiert nach Juris; Hailbronner, a.a.O., S. 201). Sie dient der Sicherung des Lebensunterhalts Hilfebedürftiger, wie sich schon der Überschrift und dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen lässt. Dies bestätigt auch die in § 1 Abs. 2 SGB II vorgenommene Unterscheidung der Leistungsarten nach Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit (Nummer 1) und solchen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Nummer 2). Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach für Erwerbsfähige zwar der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe durch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II ersetzt, der Leistungsanspruch insofern allerdings mit dem steuerfinanzierten System der Sozialhilfe zusammengeführt wurde. Auch nach dem Ergebnis der Leistung (vgl. zu diesem Kriterium Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, a.a.O., Tz. 42) bezweckt diese nicht, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, sondern die Existenzsicherung. Denn die Regelleistung betrifft, wie sämtliche Leistungen des 1. Unterabschnittes des 2. Abschnittes des 3. Kapitels des SGB II, allein Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, nämlich die in § 20 Abs. 1 SGB II aufgezählten Regelbeispiele – Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens, Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben – einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. § 19 Satz 1 SGB II). Die Regelleistung enthält keine Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die im Wesentlichen im 1. Abschnitt des 3. Kapitels des SGB II geregelt sind, und sie ist auch keine Entgeltersatzleistung.
Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie ist mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit Art. 39 Abs. 2 EG vereinbar (vgl. Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, a.a.O., Tz. 46). Nach Art. 39 Abs. 2 EG haben Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, die in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung suchen, Anspruch auf die in der Bestimmung vorgesehene Gleichbehandlung. Hierunter fällt auch die Gleichbehandlung in Bezug auf finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Solche Leistungen erfasst aber Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie nicht, weil zur "Sozialhilfe" im Sinne der Richtlinie gerade nicht, wie oben ausgeführt, finanzielle Mittel zählen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen.
Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie ist auch mit Art. 12 EG vereinbar, jedenfalls für den Fall (wie hier), dass der Unionsbürger sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche herleiten kann und weder eine Aufenthaltserlaubnis (nach nationalem Recht) noch ein Daueraufenthaltsrecht besitzt. Nach Art. 12 Unterabsatz 1 EG ist unbeschadet besonderer Bestimmungen des EG-Vertrages in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich ein nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger bei Leistungen der Sozialhilfe aber (nur) in den Fällen auf Art. 12 EG berufen, in denen er sich im Aufnahmestaat "für eine bestimmte Dauer rechtmäßig aufgehalten hat oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt" (Urteil des EuGH vom 7. September 2004, a.a.O., Tz. 43). Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache Trojani ausgeführt, dass eine Berufung auf Art. 12 EG zwecks Beanspruchung von Sozialhilfe erst dann in Betracht kommt, "sobald" der Unionsbürger, der sich in einer Situation wie der des dortigen Klägers befindet, eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor und besteht im Übrigen grundsätzlich nicht in den von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfassten Fällen. Ergibt sich nämlich das Recht zum Aufenthalt allein aus dem Zweck der Arbeitssuche, kann kein Fall gegeben sein, in dem der Unionsbürger eine (nationale) Aufenthaltserlaubnis oder ein Daueraufenthaltsrecht (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU) hat. Der Europäische Gerichtshof hat es mit Blick auf Art. 12 EG auch nicht beanstandet, dass Unionsbürger von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen werden, die Drittstaatsangehörigen etwa nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden (Urteil des EuGH vom 4. Juni 2009, a.a.O., Tz. 51 ff.).
Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht der Wirksamkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch nicht das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (-EFA- BGBl. 1956, Teil II, S. 564) entgegen. Das EFA ist durch Zustimmungsgesetz in innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten des Einzelnen begründendes Recht transformiert worden, weil der Zweck des Vertrages, den Angehörigen der Vertragsstaaten auf den Gebieten der sozialen und der Gesundheitsfürsorge Gleichbehandlung mit den Inländern einzuräumen, nur erreicht werden kann, wenn diese die Gleichbehandlung mit den Inländern nach Maßgabe der im Anhang I des Abkommens genannten nationalen Gesetze unmittelbar geltend machen können. In Art. 1 EFA hat sich jeder der Vertragsschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf welches dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.
Der Vertragstext des EFA mit seinen Anlagen enthält zwar keine dem § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechenden ausdrücklichen Einschränkungen oder Vorbehalte. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass den vertragsschließenden Staaten Ausschlussregelungen, die wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen verhindern sollen, untersagt wären. Hierfür wäre nur dann Raum, wenn eine entsprechende ausdrückliche Regelung im EFA selbst enthalten wäre (Beschluss des OVG Berlin vom 22. April 2003 – 6 S 9.03 -, zitiert nach Juris, m. w. Nachw.). Dies ist aber nicht der Fall. Der Wortlaut des EFA steht damit der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht entgegen.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch mit Sinn und Zweck des EFA vereinbar. Das EFA will, Fälle der Durchreise und des nur vorübergehenden Aufenthalts vernachlässigt, vielmehr nur den Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten Inländergleichbehandlung garantieren, die sich zur Zeit des Eintritts der Hilfebedürftigkeit bereits in dem um Hilfe ersuchten Staat erlaubt aufhalten. Ziel des Abkommens ist es nicht, demjenigen, der bereits bedürftig ist, die Möglichkeit einzuräumen, sich unter den Vertragsstaaten das Land auszusuchen, in dem er öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen möchte, also eine Wanderung aus einem Sozialsystem in ein anderes zuzulassen. Ziel des Abkommens war damit in erster Linie die Gleichbehandlung von Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten, die zum Zeitpunkt der Hilfebedürftigkeit schon ihren gewöhnlichen Aufenthalt hier hatten (OVG Berlin, a.a.O., m. w. Nachw.)
An diesen Maßstäben gemessen, gehört der Antragsteller nicht zum Personenkreis, der vom Schutzbereich des Abkommens erfasst wird. Denn er ist in der Absicht eingereist, hier Sozialleistungen zu erlangen. Der Senat sieht dieses Erfordernis auch dann als erfüllt an, wenn der Wille, Sozialhilfe zu erlangen, nicht der einzige Einreisegrund ist. Das Erfordernis ist vielmehr auch dann erfüllt, wenn bei unterschiedlichen Einreisemotiven der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung war. Die Möglichkeit, auf Sozialleistungen angewiesen zu sein, muss für den Einreiseentschluss des Ausländers, sei es allein, sei es neben anderen Gründen, in besonderer Weise bedeutsam und nicht nur anderen Einreisezwecken untergeordnet gewesen sein.
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn der Antragsteller ist jedenfalls auch mit der Absicht in die Bundesrepublik eingereist, hier von Sozialleistungen zu leben. Er ist nach Aktenlage am 1. Dezember 2006 in der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Über Vermögen und Einkommen, mit dem er längere Zeit seinen Lebensunterhalt hätte finanzieren können, verfügte er offensichtlich nicht. Denn bereits im März 2007 hat er einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II gestellt. Im Rahmen dieses Verfahrens hat er am 10. Mai 2007 die folgende Erklärung abgegeben: "Sehr geehrte Damen und Herren, Bisher habe ich von Erspartem gelebt, welches jetzt aufgebraucht ist. Nach Deutschland bin ich gekommen, da ich hier bessere berufliche Chancen sehe. Ich habe in Deutschland noch nie gearbeitet. Mit freundlichen Grüßen M S". Diese Erklärung ist eindeutig und lässt hinsichtlich des Grundes der Einreise nach Deutschland keine Interpretation zu. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat der Antragsteller diese Erklärung allerdings geändert und vorgetragen, dass er nach Deutschland gekommen sei, "weil er eine feste Partnerin gehabt (habe), mit der er auch Kinder haben wollte. Leider (sei) diese Beziehung nach mehrjährigem Bestand auseinander gegangen. Er (sei) deshalb nicht allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland".
Dieser Vortrag vermag seiner Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag vor dem Hintergrund seiner Erklärung vom 10. Mai 2007 nicht glaubwürdig ist, hat er in dem Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 12. März 2007, also nur rund drei Monate nach seiner Einreise nach Deutschland, angegeben, dass er allein stehend sei. Die Frage, ob er mit einer Partnerin zusammenlebe, hat er nicht bejaht.
Im Übrigen belegt der bereits kurz nach seiner Einreise nach Deutschland gestellte Grundsicherungsantrag, dass der Antragsteller, der nach eigenen Angaben über den "Bachelor of Arts with Honours Abschluss in modernen Sprachen von der University of Westminster London" verfügt und im Anschluss als "arbeitsloser selbständiger Fotograf" tätig gewesen sein will, nicht darauf vertrauen durfte und nicht darauf vertraut hat, seinen notwendigen Lebensunterhalt in Deutschland kurzfristig aus eigenem Einkommen zu sichern. Der Antragsteller mag im Dezember 2006 nicht allein in der Absicht in die Bundesrepublik eingereist sein, hier seinen Lebensunterhalt aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten. Er muss sich jedoch zumindest bewusst gewesen sein, für die nächste Zeit hilfebedürftig und auf öffentliche Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes angewiesen zu sein, sofern sich die Erwartung, eine Arbeit zu finden, mit welcher er seinen Lebensunterhalt vollständig bestreiten kann, nicht erfüllen sollte. Da er über keinerlei Rücklagen verfügte, musste ihm bereits bei seiner Einreise in die Bundesrepublik klar gewesen sein, dass er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seinen Lebensunterhalt nicht selbst würde bestreiten können.
Unabhängig von Vorstehendem hat der Antragsteller auch nicht – im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung – das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Art. 19 Absatz 4 des Grundgesetzes darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im – grundsätzlich vorrangigen – Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 - und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – zitiert jeweils nach Juris). Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er, wie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II gefordert, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausgeschöpft hat und insbesondere in seinem Heimatstaat keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung hat. Er hat nicht hinreichend plausibel dargetan, aus welchen Gründen sonstige staatliche Hilfen zur Existenzsicherung in Groß-Britannien nicht bestehen oder jedenfalls für ihn nicht erreichbar sein sollen. Dafür, dass ihm auch eine vorläufige Rückkehr nach Groß-Britannien nicht zumutbar wäre, fehlt es an aussagekräftigen Anhaltspunkten.
Da das Begehren des Antragstellers nach alledem keine Aussicht auf Erfolg bietet, hat das Sozialgericht auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt (§ 73a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO). Entsprechendes gilt für den von dem Antragsteller gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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