Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 AL 4549/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 330/08 AL PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Mai 2008 aufgehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin J W-K, B Str., B, beigeordnet, Raten aus dem Einkommen oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu entrichten. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Fehlens einer hinreichenden Erfolgsaussicht in der Sache abgelehnt.
Der – bedürftigen – Klägerin war nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – iVm § 114 der Zivilprozessordnung – ZPO – Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die in § 114 ZPO vorgesehene Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung in das Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern, das den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen will. Ebenso wenig, wie das Gericht die Erfolgsaussicht aufgrund einer nur oberflächlichen Prüfung verneinen darf, ist der Streitstoff abschließend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu würdigen. Andererseits gebietet das verfassungsrechtliche Gebot, einem Unbemittelten durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Zugang zum Gericht zu ermöglichen, nur, ihn einem Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Prozesskostenhilfe muss nicht bewilligt werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist. Dies gilt auch, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als "schwierig" erscheint (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u.a. -, BVerfGE 81, 347 [357 f.]).
Nach diesen Maßstäben war der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Klage richtet sich ausweislich des derzeit gestellten Prozessantrages gegen den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2007, mit dem Arbeitslosengeld vom 29. August 2007 bis zum 20. November 2007 versagt und zur Begründung – "falls keine Leistung zusteht" – "Sperrzeit 12 Wochen bei Arbeitsaufgabe § 144 (1) S. 2 Nr. 1 SGB III (29.08.2007 – 20.11.2007)" angeführt worden ist. Darüber hinaus wird der Klägerin für den Zeitraum vom 21. November 2007 bis 20. August 2008 Arbeitslosengeld in Höhe von 35,25 EUR täglich bewilligt, wobei im hieran anschließenden Fließtext ausgeführt wurde, "Sie erhalten die Zahlung vorläufig auf der Grundlage des § 328 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch " (Bescheid vom 26. Oktober 2007).
Bei dieser Sachlage bestehen schon begründete Zweifel, die die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen, ob die Beklagte nicht bereits einerseits abschließend über die Verhängung einer Sperrzeit für den Zeitraum vom 29. August 2007 bis zum 20. November 2007 entschieden hat ohne den Sachverhalt abschließend aufgeklärt zu haben, wenn ihr auch zuzugeben ist, das die in Erwähnung einer Sperrzeit unter der Überschrift "Ggf. Begründung, wenn keine Leistung zusteht" erfolgt ist, was gegen eine entsprechende Verfügung spricht. Andererseits hat sie Leistungen ab 21. November 2007 nur "vorläufig" zur Zahlung vorgesehen, wobei sich hier die Frage aufdrängt, warum dies nur als vorläufig ab dem vorgenannten Zeitpunkt bestimmt worden ist, denn jedenfalls von diesem an ist eine Sperrzeit nicht näher in Betracht zu ziehen. Letztlich kann diese Frage zur vorläufigen Zahlung offen bleiben, denn streitgegenständlich mit der Klage ist indessen ausweislich des (derzeit) gestellten Prozessantrages allein die Gewährung von Leistungen vom 29. August 2007 bis zum 20. November 2007.
Der Widerspruchsbescheid vom 07. Dezember 2007 führt als Widerspruchsgrund ("wegen") "des Eintritts einer vorläufigen Sperrzeit vom 29. 08. 2007 bis zum 20. 11. 2007" auf, was darauf schließen lässt, die Beklagte habe mit dem angefochtenen Bescheid ausschließlich "eine vorläufige Sperrzeit" im vorgenannten Zeitraum verhängt, das sich so dem Wortlaut des Bescheides (s.o.) nicht hinreichend deutlich entnehmen lässt, wenn diesbezüglich "nur" von einer "vorläufigen Zahlung" die Rede (gewesen) ist.
Es bestehen aber auch erhebliche Bedenken, ob für den Erlass einer "vorläufigen Sperrzeitentscheidung" eine tragfähige Rechtsgrundlage besteht, wenn dies der Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten gewesen sein soll. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Sozialgesetzbuchs, Drittes Buch - SGB III, auf den sich die Beklagte und das Sozialgericht beziehen, erlaubt nach auch den Senat überzeugender Auffassung nur die vorläufige Erbringung von Geldleistungen, nicht aber deren vorläufige Versagung (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 20. Mai 2008 – L 12 BV 28/07 AL - ; Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 328 Rdnr. 4 "keine vorläufige Ablehnung"; ). Eine negative bzw. belastende Entscheidung, zu der die Feststellung der Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit und die darauf gestützte Ablehnung von Leistungen zählen würden, kann dann nicht im Wege einer vorläufigen Entscheidung ergehen. Hiervon dürfte die Beklagte aber Gebrauch gemacht haben, wird den Erwägungen im Widerspruchsbescheid gefolgt. Die angefochtene Entscheidung dürfte sich dann – unter Zugrundelegung der geschilderten Rechtsauffassung – schon wegen ihrer Vorläufigkeit als rechtswidrig erweisen.
Nach alledem musste die Beschwerde Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Fehlens einer hinreichenden Erfolgsaussicht in der Sache abgelehnt.
Der – bedürftigen – Klägerin war nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – iVm § 114 der Zivilprozessordnung – ZPO – Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die in § 114 ZPO vorgesehene Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung in das Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern, das den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen will. Ebenso wenig, wie das Gericht die Erfolgsaussicht aufgrund einer nur oberflächlichen Prüfung verneinen darf, ist der Streitstoff abschließend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu würdigen. Andererseits gebietet das verfassungsrechtliche Gebot, einem Unbemittelten durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Zugang zum Gericht zu ermöglichen, nur, ihn einem Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Prozesskostenhilfe muss nicht bewilligt werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist. Dies gilt auch, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als "schwierig" erscheint (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u.a. -, BVerfGE 81, 347 [357 f.]).
Nach diesen Maßstäben war der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Klage richtet sich ausweislich des derzeit gestellten Prozessantrages gegen den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2007, mit dem Arbeitslosengeld vom 29. August 2007 bis zum 20. November 2007 versagt und zur Begründung – "falls keine Leistung zusteht" – "Sperrzeit 12 Wochen bei Arbeitsaufgabe § 144 (1) S. 2 Nr. 1 SGB III (29.08.2007 – 20.11.2007)" angeführt worden ist. Darüber hinaus wird der Klägerin für den Zeitraum vom 21. November 2007 bis 20. August 2008 Arbeitslosengeld in Höhe von 35,25 EUR täglich bewilligt, wobei im hieran anschließenden Fließtext ausgeführt wurde, "Sie erhalten die Zahlung vorläufig auf der Grundlage des § 328 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch " (Bescheid vom 26. Oktober 2007).
Bei dieser Sachlage bestehen schon begründete Zweifel, die die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen, ob die Beklagte nicht bereits einerseits abschließend über die Verhängung einer Sperrzeit für den Zeitraum vom 29. August 2007 bis zum 20. November 2007 entschieden hat ohne den Sachverhalt abschließend aufgeklärt zu haben, wenn ihr auch zuzugeben ist, das die in Erwähnung einer Sperrzeit unter der Überschrift "Ggf. Begründung, wenn keine Leistung zusteht" erfolgt ist, was gegen eine entsprechende Verfügung spricht. Andererseits hat sie Leistungen ab 21. November 2007 nur "vorläufig" zur Zahlung vorgesehen, wobei sich hier die Frage aufdrängt, warum dies nur als vorläufig ab dem vorgenannten Zeitpunkt bestimmt worden ist, denn jedenfalls von diesem an ist eine Sperrzeit nicht näher in Betracht zu ziehen. Letztlich kann diese Frage zur vorläufigen Zahlung offen bleiben, denn streitgegenständlich mit der Klage ist indessen ausweislich des (derzeit) gestellten Prozessantrages allein die Gewährung von Leistungen vom 29. August 2007 bis zum 20. November 2007.
Der Widerspruchsbescheid vom 07. Dezember 2007 führt als Widerspruchsgrund ("wegen") "des Eintritts einer vorläufigen Sperrzeit vom 29. 08. 2007 bis zum 20. 11. 2007" auf, was darauf schließen lässt, die Beklagte habe mit dem angefochtenen Bescheid ausschließlich "eine vorläufige Sperrzeit" im vorgenannten Zeitraum verhängt, das sich so dem Wortlaut des Bescheides (s.o.) nicht hinreichend deutlich entnehmen lässt, wenn diesbezüglich "nur" von einer "vorläufigen Zahlung" die Rede (gewesen) ist.
Es bestehen aber auch erhebliche Bedenken, ob für den Erlass einer "vorläufigen Sperrzeitentscheidung" eine tragfähige Rechtsgrundlage besteht, wenn dies der Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten gewesen sein soll. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Sozialgesetzbuchs, Drittes Buch - SGB III, auf den sich die Beklagte und das Sozialgericht beziehen, erlaubt nach auch den Senat überzeugender Auffassung nur die vorläufige Erbringung von Geldleistungen, nicht aber deren vorläufige Versagung (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 20. Mai 2008 – L 12 BV 28/07 AL - ; Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 328 Rdnr. 4 "keine vorläufige Ablehnung"; ). Eine negative bzw. belastende Entscheidung, zu der die Feststellung der Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit und die darauf gestützte Ablehnung von Leistungen zählen würden, kann dann nicht im Wege einer vorläufigen Entscheidung ergehen. Hiervon dürfte die Beklagte aber Gebrauch gemacht haben, wird den Erwägungen im Widerspruchsbescheid gefolgt. Die angefochtene Entscheidung dürfte sich dann – unter Zugrundelegung der geschilderten Rechtsauffassung – schon wegen ihrer Vorläufigkeit als rechtswidrig erweisen.
Nach alledem musste die Beschwerde Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved