L 28 AS 1676/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 125 AS 28204/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 1676/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wohnung nicht erhaltenswert, da Kosten der Unterkunft für zwei Personen im Haushalt nicht angemessen
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. September 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die - ggf. darlehensweise - Übernahme von Mietschulden in Höhe von 2.599,73 EUR.

Der 1974 geborene Antragsteller zu 1) ist geschieden. Bis Ende 2004 lebte er von Arbeitslosenhilfe; seit April 2006 betreibt er einen Messe-, Bühnen-, Event- und Hausmeisterservice. Gemeinsam mit seiner 1998 geborenen Tochter, der Antragstellerin zu 2), bezieht er seit Januar 2005 (ergänzende) Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Zuletzt gewährte der Antragsgegner ihnen mit Bescheid vom 22. September 2009 vorläufig Leistungen bis Ende März 2010.

Nachdem die Antragsteller im Mai 2004 aus einer früheren Wohnung zwangsgeräumt worden waren, bezogen sie im Oktober 2004 unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift eine 54,24 m² große Drei-Zimmer-Wohnung. Die Wohnung ist an das Versorgungsnetz für Fernwärme und Warmwasser angeschlossen. Die Miete belief sich zu Beginn des Mietverhältnisses auf 394,80 EUR monatlich (Grundmiete 270,00 EUR, Betriebskostenvorauszahlung 91,52 EUR und Heizkostenvorschuss 33,28 EUR). Hiervon berücksichtigte der Antragsgegner bei der Leistungsbewilligung unter Abzug einer Pauschale für die Warmwasseraufbereitung 381,90 EUR. Nachdem Ende 2005 für die Betriebs- und Heizkosten Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 347,50 EUR und Ende 2006 in Höhe von insgesamt 1.101,41 EUR zu zahlen waren, stieg die Miete zum 1. Februar 2007 auf 495,76 EUR monatlich (Grundmiete 270,00 EUR, Betriebskostenvorauszahlung 147,72 EUR und Heizkostenvorschuss 78,04 EUR). Hiervon setzte der Antragsgegner bei der Leistungsberechnung ab Februar 2007 monatlich 485,31 EUR und - nach dem Zuzug der Freundin des Antragstellers zu 1) in den Haushalt - ab Juni 2007 480,10 EUR im Monat an. Ende 2007 machte die Vermieterin der Wohnung für das Abrechnungsjahr 2006 für Betriebs- und Heizkosten Nachforderungen in Höhe von insgesamt 1.497,60 EUR geltend und erhöhte die monatliche Miete zum 1. Dezember 2007 auf 621,14 EUR (Grundmiete 270,00 EUR, Betriebskostenvorauszah-lung 219,52 EUR und Heizkostenvorschuss 131,62 EUR). Von diesem Betrag berücksichtigte der Antragsgegner bei der Leistungsberechnung zunächst 605,47 EUR. Dass sich daran durch den Auszug der Freundin des Antragstellers zu 1) im Januar 2008 etwas geändert hätte, ist nicht ersichtlich.

Auch für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2007 reichten die geleisteten Vorauszahlungen für die Deckung der tatsächlich anfallenden Betriebs- und Heizkosten nicht aus. Vielmehr forderte die Vermieterin im Herbst 2008 hierfür einen Betrag von insgesamt 460,52 EUR nach und erhöhte die Miete ab dem 1. Dezember 2008 auf nunmehr 663,35 EUR monatlich (Grundmiete 270,00 EUR, Betriebskostenvorauszahlung 243,01 EUR und Heiz-kostenvorschuss 150,34 EUR). Der Antragsgegner berücksichtigte hiervon zunächst 652,72 EUR, im vorläufigen Bewilligungsbescheid vom September 2009 noch 651,81 EUR.

Im April 2009 beantragte der Antragsteller zu 1) beim Antragsgegner die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 3.060,25 EUR. Unter dem 29. April 2009 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos und begründete dies mit Mietaußenständen in Höhe von 2.599,73 EUR.

Nachdem der Antragsgegner die Antragsteller mit Schreiben vom 5. Mai 2009 darauf hinge-wiesen hatte, dass ihre aktuelle Miete die für einen Zweipersonenhaushalt als angemessen erachteten 444,00 EUR übersteige, und im Juni beim Sozialamt das Problem der Mietschulden mit dem Antragsteller zu 1) erläutert worden war, erklärte der Antragsgegner mit Bescheid vom 08. Juli 2009, dass er dem Antrag auf Übernahme der Mietschulden nicht entsprechen könne. Zur Begründung führte er aus, dass ein Interesse am Erhalt des Wohnraumes nicht erkennbar sei. Der Antragsteller habe Termine beim Sozialamt/Wohnraumsicherung ohne Angabe von Gründen nicht wahrgenommen bzw. die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt. Die beantragte Leistung werde daher nach § 66 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) wegen fehlender Mitwirkung versagt. Hiergegen legte der Antragsteller am 26. August 2009 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 08. September 2009 als unzulässig, da verfristet, verwarf.

Am 31. Juli 2009 legte die Vermieterin der von den Antragstellern genutzten Wohnung unter Hinweis auf Mietaußenstände in Höhe von 2.750,69 EUR Räumungsklage ein, die dem Antragsteller zu 1) nach eigenen Angaben am 18. August 2009 zugestellt wurde. Mit vom 24. August 2009 datierenden Schreiben beantragte er beim Antragsgegner zum einen erneut die Übernahme von Mietschulden, zum anderen die Übernahme von Renovierungskosten für seine
Wohnung.

Am 17. September 2009 erklärte der Antragsteller mit als "Widerspruch" bezeichnetem Schreiben, einer Ablehnung der Mietschuldenübernahme von vornherein zu widersprechen. Neuer Wohnraum sei nur im Falle der - bei ihm nicht gegebenen - Mietschuldenfreiheit anzu-mieten. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2009 verwarf der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. September 2009 als unzulässig.

Bereits am 27. August 2009 hatten die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin um einstweili-gen Rechtsschutz nachgesucht und die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Mietrückstände in Höhe von 2.599,73 EUR - hilfsweise als Darlehen - beantragt.

Mit Beschluss vom 4. September 2009 hat das Sozialgericht Berlin den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht vorlägen. Die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Eine nach § 22 Abs. 5 SGB II grundsätzlich mögliche Übernahme von Mietschulden komme hier nicht in Betracht, da die Wohnung von den Mietkosten her nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sei. Die Bruttokaltmiete betrage aktuell 513,01 EUR. Angemessen für einen Zweipersonenhaushalt sei jedoch lediglich eine Bruttokaltmiete in Höhe von 370,20 EUR. Dies folge daraus, dass in B für zwei Personen eine Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von höchstens 60 m² zu einer Kaltmiete von 4,76 EUR/m² zzgl. kalten Betriebskosten in Höhe von 1,41 EUR/m² angemessen sei. Zusätzlich seien Heizkosten in Höhe von monatlich 0,99 EUR/m² zu beachten, woraus sich eine angemessene Bruttowarmmiete von 429,60 EUR errechne. Auch seien zu den angegebenen Wer-ten nach einer Internet-Recherche freie Wohnungen vorhanden.

Gegen diesen ihnen am 09. September 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. Oktober 2009 eingelegte Beschwerde der Antragsteller. Sie behaupten, weitergehende Recherchen belegten, dass eine Wohnungsanmietung nur ohne Mietschulden, zum Teil nur gegen Zahlung einer Kaution bzw. den Kauf von Anteilen sowie möglichst ohne Schufa-Eintrag möglich sei.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin ist gemäß § 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht es abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern (darlehensweise) 2.599,73 EUR zur Begleichung ihrer Mietschulden zu gewähren.

Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dies ist den Antragstellern nicht gelungen. Es fehlt jedenfalls an einem Anordnungsanspruch.

Der Senat hält es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner in der Hauptsache verpflichtet werden wird, die von dem Antragsteller geltend gemachten Mietschulden in Höhe von 2.599,73 EUR (darlehensweise) zu übernehmen, und dies unabhängig davon, ob einem dahingehenden Anspruch nicht möglicherweise bereits eine bestandskräftige Leistungsablehnung entgegensteht.

Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt nur § 22 Abs. 5 SGB II (in der Fassung des Artikels 1 Nr. 6c des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006, BGBl. I S. 558) in Betracht. Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, können danach auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1). Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II eröffnet dem Leistungsträger mithin Ermessen, das im Falle bereits drohender Wohnungslosigkeit eingeschränkt ist. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Satz 2 vor, ist die Übernahme von Schulden der Regelfall; der Träger der Grundsicherung kann nur in atypischen Einzelfällen von Leistungen (nach § 22 Abs. 5 Satz 4 SGB II zumeist in Form eines Darlehens) zur Mietschuldentilgung absehen. Auch wenn vorliegend angesichts der anhängigen bzw. anhängig gewesenen Räumungsklage Wohnungslosigkeit einzutreten droht, liegen die Voraussetzungen für die Übernahme der Mietschulden nicht vor.

Dabei kann dahinstehen, ob im Falle einer (darlehensweisen) Gewährung der ausdrücklich begehrten 2.599,73 EUR eine Räumung der Wohnung überhaupt noch abgewendet werden könnte. Denn jedenfalls ist die Wohnung, für die die Antragsteller die Übernahme der Mietschulden begehren, nicht erhaltenswert, da die für sie anfallenden Kosten nicht angemessen sind. Denn so wie sich aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ergibt, dass ein langfristiger Erhalt unangemessen teurer Wohnungen nicht erwünscht ist, gilt gleichermaßen für die Übernahme von Mietschulden, dass die Hilfegewährung zur Sicherung der Unterkunft auf den längerfristigen Erhalt einer angemessenen Unterkunft ausgerichtet sein muss (vgl. z.B. Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. März 2007 - L 28 B 269/07 AS ER - dokumentiert unter sozialgerichtsbarkeit.de). Wie bereits das Sozialgericht Berlin geht jedoch auch der Senat davon aus, dass die bei den Antragstellern tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu tragenden angemessenen Kosten der Unterkunft für einen Zweipersonen-haushalt deutlich übersteigen, auch wenn er die angemessenen Kosten leicht abweichend vom Sozialgericht Berlin bestimmt.

Zur Bestimmung der maßgeblichen Vergleichsmiete für Berlin kommt es nach der Rechtsprechung des Senats nicht auf die Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes B vom 10. Februar 2009 an. Maßgeblich für die Bestimmung der Angemessenheit ist vielmehr nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat sich
anschließt, die so genannte Produkttheorie. Danach ist zunächst die maßgebliche Wohnungsgröße zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, muss angemessen sein und es müssen tatsächlich Wohnungen, die den genannten Kriterien entsprechen, auf dem Markt anzumieten sein (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, juris, Rn. 17 ff.). Entscheidend ist dabei im Wesentlichen die Angemessenheit der Bruttokaltmiete, d.h. der Mietkosten ohne Heizkosten (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, Rn. 18 ff.).

Der Senat hält in B für einen Zweipersonenhaushalt Wohnraum von bis zu 60 m² für angemessen. Er orientiert sich damit an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der bei der Festsetzung der angemessenen Wohnungsgröße auf die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße, die sich grundsätzlich aus § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG, BGBl. I S. 2376) vom 13. September 2001 i.V.m. mit den Richtlinien der einzelnen Bundesländer ergibt, abzustellen ist (vgl. BSG, grundlegendes Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - juris, Rn. 19; vgl. auch BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, Rn. 15 ff.). Da in Berlin entsprechende Richtlinien nicht ergangen sind, sind zu seiner Überzeugung weiterhin die im Land Berlin (ehemals) geltenden Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau
(Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 - WFB 1990 -) vom 16. Juli 1990 (Amtsblatt 1990, 1379 ff.) in der Fassung der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 (VVÄndWFB 1990; Amtsblatt 1993, 98 f.) - dort Ziffer 13 - und ergänzend die zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) i.V.m. § 27 Abs. 1 bis 5 WoFG erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 (Mitteilung Nr. 8/2004) - dort Ziffer 8 Abs. 1 Satz 3 - entscheidend (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 7. Mai 2009 - L 28 AS 848/08 - juris, Rn. 29-39; vom 10. September 2009 - L 28 AS 2189/08 - noch nicht veröffentlicht, sowie vom 21. Oktober 2009 - L 28 AS 847/08 - noch nicht veröffentlicht). Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass in B die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach der Raumzahl bestimmt wird und eine Wohnung als angemessen anzusehen ist, wenn auf jeden Haushaltsangehörigen ein Wohnraum entfällt (vgl. Abs. 1 der Ziffer 8 der Mitteilungen 8/2004 "WBS und maßgebliche Wohnungsgröße - § 27 Abs. 4 WoFG -). Den Wohnungsbauförderungsbestimmungen zufolge werden schließlich Bauvorhaben gefördert, wenn bei 2-Zimmer-Wohnungen eine Wohnungsgröße von 60 m² nicht überschritten wird.

Soweit teilweise nicht die vorbenannten Bestimmungen, sondern die Richtlinien über die Förderung von eigengenutztem Wohnungseigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25. Mai 1999 - Eigentumsförderungssätze 1999 - als maßgeblich betrachtet werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2008 - L 5 AS 1649/07 - juris, Rn. 25, Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom 17. September 2008 - L 34 B 1650/08 AS ER - juris, 1. Orientierungssatz und Rn. 7, sowie vom 16. April 2008 - L 29 B 2215/07 AS ER -, juris, Rn. 6), folgt der Senat dem grundsätzlich nicht. Indes ist dies bei einem Zweipersonenhaushalt irrelevant, da auch die Eigentumsförderungssätze 1999 unter II. 4 (3) für zwei Personen Wohnflächen (nur) von 60 m² als förderungsfähig ansehen.

Zur Ermittlung der für eine Wohnung in B in entsprechender Größe zu zahlenden Nettokaltmiete orientiert der Senat sich am BMietspiegel, für den nach § 558 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches die gesetzliche Vermutung gilt, dass die angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (so auch schon Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 9. No-vember 2007 - L 28 AS 1059/07 - juris, Rn. 29 sowie vom 16. Oktober 2008 - L 5 AS 1649/07 - juris, Rn. 26). Maßgeblich ist insoweit vorliegend der B Mietspiegel 2009 vom 3. Juni 2009 (ABl. Nr. 27 / 24.06.2009).

Der maßgebliche Preis pro Quadratmeter Wohnfläche ist für Zweipersonenhaushalte, d.h. nach obigen Ausführungen für Wohnungen mit einer Fläche von bis zu 60 m² Größe, der Zeile G des Mietspiegels zu entnehmen. In dieser sind Wohnungen in einfacher Wohnlage mit einer Wohnfläche von 60 m² bis unter 90 m² erfasst. Der Senat verkennt dabei nicht, dass für zwei Personen häufig Wohnungen mit einer Größe von weniger als 60 m² Größe angemietet werden und der Preis pro Quadratmeter für diese in der Zeile D (Wohnfläche 40 m² bis unter 60 m², einfache Wohnlage) des Mietspiegels erfassten Wohnungen zumeist leicht höher ist. Da es sich jedoch bei dem in die Berechnung einfließenden, den Wohnstandard abbildenden Quadratmeterpreis einer Wohnung ebenso wie bei der Wohnfläche lediglich um einen Faktor des Produkts "angemessene Unterkunftskosten" handelt, werden etwaige höhere Quadratmeterpreise für kleinere Wohnungen durch deren geringere Wohnfläche ausgeglichen.

Zur Festsetzung des maßgeblichen Quadratmeterpreises ist schließlich zur Überzeugung des Senats ein Gesamtmittelwert aus sämtlichen der in der Zeile G enthaltenen Mittelwerte zu bilden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 16. Oktober 2008 - L 5 AS 1649/07 - juris, Rn. 26, vom 7. Mai 2009 - L 28 AS 848/08 - juris, Rn. 43 sowie vom 10. September 2009 - L 28 AS 2189/08 - und 21. Oktober 2009 - L 28 AS 847/08 - (beide noch nicht veröffentlicht) sowie Beschlüsse vom 16. April 2008 - L 29 B 2215/07 AS ER - juris, Rn. 7 und vom 17. September 2008 - L 34 B 1650/08 AS ER - juris, Rn. 8; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2009 - L 32 AS 923/07 - juris, Rn. 20, wonach es nicht auf den Mittelwert, sondern unter Berücksichtigung nur der mit Sammelheizung und Bad ausgestatteten Wohnungen innerhalb der als maßgeblich erachteten Zeile auf die Spalte mit dem günstigsten Spannenhöchstbetrag ankommt.). Es errechnet sich danach unter Einbeziehung sämtlicher Mittelwerte der Zeile G ein Gesamtmittelwert nach dem Mietspiegel 2009 von 4,64 EUR/m² = [(3,29 + 4,60 + 3,17 + 4,95 + 4,55 + 4,18 + 4,10 + 5,38 + 6,37 + 4,36 + 6,13) EUR/m²: 11]. Daraus ergibt sich schließlich eine angemessene Nettokaltmiete in Höhe von 278,40 EUR = (60 m² x 4,64 EUR/m²).

Hinzu kommen kalte Betriebskosten, zu deren Bestimmung auf den vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten Betriebskostenspiegel zurückzu-greifen ist (LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 16.10.2008 - L 5 AS 1649/07 - juris, Rn. 27, vom 7. Mai 2009 - L 28 AS 848/08 - juris, Rn. 47-53; vom 10.09.2009 - L 28 AS 2189/08 - noch nicht veröffentlicht, sowie vom 21. Oktober 2009 - L 28 AS 847/08 - noch nicht veröffentlicht, sowie Beschlüsse vom 17. September 2008 - L 34 B 1650/08 AS ER - juris, Rn. 9, vom 16. April 2008 - L 29 B 2215/07 AS ER - juris, Rn. 8-9, vom 29. Juli 2008 - L 14 B 248/08 AS ER - juris, Rn. 4 und vom 14. Juni 2007 - L 10 B 391/07 AS ER -, juris, Rn. 7; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2009 - L 32 AS 923/07 - juris Rn. 22 - 23, wonach nicht die Betriebskostenspiegel des Mieterbundes, sondern die Betriebskostenübersichten, die in die jeweiligen Mietspiegel Eingang gefunden haben, als maßgeblich angesehen werden, dort dann aber nicht auf den Mittelwert, sondern den ebenfalls angegebenen 4/5 Spannen-Oberwert abgestellt wird). Der Mieterbund hat für die kalten Betriebskosten (Wasser, Müllbe-seitigung, Grundsteuer, Hauswart, Gartenpflege etc.) einen Betrag von durchschnittlich 1,79 EUR/m² in der Abrechnungsperiode 2007 (Datenerfassung 2008/2009) ermittelt. Mangels aktuellerer Beträge sieht der Senat diesen Wert weiterhin als maßgeblich an.

Unter Ansatz der so ermittelten Werte, d.h. einer Nettokaltmiete von 4,64 EUR/m² sowie der kal-ten Betriebskosten in Höhe von insgesamt 1,79 EUR/m², ergibt sich eine angemessene Bruttokaltmiete von 385,80 EUR = [60 m² x (4,64 EUR/m² + 1,79 EUR/m²)]. Die seit dem 01. Dezember 2008 zu zahlende Bruttokaltmiete der Antragsteller in Höhe von 513,01 EUR (270,00 EUR Grundmiete zzgl. 243,01 EUR Betriebskostenvorauszahlung) übersteigt diesen Betrag jedoch um 127,21 EUR monatlich und damit um mehr als 30 %. Dies hängt maßgeblich damit zusammen, dass für die Wohnung der Antragsteller Betriebskosten anfallen, die mit 4,48 EUR/m² das durchschnittliche Maß um etwa 150 % übersteigen.

So überhöht die kalten Betriebskosten sind, was bereits zur Unangemessenheit der Unter-kunftskosten führt, so überhöht sind auch die Heizkosten der Antragsteller, die ebenfalls gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unter dem Leistungsvorbehalt der "Angemessenheit" stehen. Eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen ist vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, ergeben sich nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts insbesondere daraus, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes ist es für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung möglich, die "Kommunalen Heizspiegel", hilfsweise den "Bundesweiten Heizspiegel" heranzuziehen (BSG, 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - Rn. 21). Aus dem "Bundesweiten Heizspiegel" ergeben sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen vier Kategorien unterscheiden. Der maßgebliche Grenzwert ist das Produkt aus dem Wert, der bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage die höchsten Heizkosten enthält (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs. 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) bzw § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz a.F. (Wo-BindG) ergibt. Soweit die konkret anfallenden Heizkosten den auf dieser Datengrundlage zu ermittelnden Grenzwert überschreiten, besteht Anlass für die Annahme, dass diese Kosten unangemessen hoch im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind, da die gewählte Grenze bereits unwirtschaftliches und tendenziell unökologisches Heizverhalten berücksichtigt. Darüber hinausgehende Heizkosten entstehen dann offensichtlich aus einem Verbrauch, der dem allgemeinen Heizverhalten in der Bevölkerung nicht mehr entspricht.

Den Heizkostenabrechnungen der Antragsteller ist zu entnehmen, dass die Heizanlage eine Gesamtgebäudefläche von weit mehr als 1.000 m² beheizt. Für Gebäude mit entsprechender Fläche, die an das Fernwärmenetz angeschlossen sind, sind nach dem bundesweiten Heizspiegel 2007 Heizkosten in EUR pro m² und Jahr von 13,20 EUR, nach dem bundesweiten Heizspiegel 2009 solche von 15,90 EUR/m²/Jahr als Grenze maßgeblich. Unter Berücksichtigung einer nach obigen Ausführungen als angemessen angesehenen Wohnfläche von 60 m² errechnen sich danach angemessene Heizkosten in Höhe von 792,00 EUR (Heizspiegel 2007) bzw. 954,00 EUR jährlich (Heizspiegel 2009). Die Antragsteller hatten indes nach der Abrechnung aus dem Jahr 2008 für den Abrechnungszeitraum 01. Januar bis 31. Dezember 2007 für ihre noch nicht einmal 60 m², sondern nur gut 54 m² große Wohnung Heizkosten in Höhe von 1.416,75 EUR zu tragen. Aktuell haben sie gar monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 150,34 EUR zu leisten, was einem Jahresbetrag von 1.804,08 EUR und damit fast dem Doppelten der angemessenen Kosten entspricht. Diese extrem hohen Heizkosten müssen nicht zwingend auf ein unwirtschaftliches Verhalten der Antragsteller zurückzuführen sein, sondern können durch Faktoren bedingt sein, die ihrem Einfluss weitgehend entzogen sind (insbesondere unterdurchschnittlicher Energiestandard des Wohnraums). Gerade wenn letzteres aber der Fall wäre, belegte dies noch einmal eindringlich, dass die Wohnung nicht erhaltenswert ist.

Dass zu der vom Senat als angemessen erachteten Bruttokaltmiete in Höhe von 385,80 EUR kein Wohnraum anzumieten wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil hat eine Recherche auf der Immobilienplattform www.immobilienscout24.de am 06. November 2009 gezeigt, dass im Umkreis von 5 km um die aktuell von den Antragstellern bewohnte Wohnung 76 Angebote über Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen mit einer Größe von 50 bis 60 m² und einer Brutto-kaltmiete in Höhe von maximal 385,80 EUR vorliegen. Davon, dass es den Antragstellern vor diesem Hintergrund mit Unterstützung des Antragsgegners nicht möglich sein sollte, entsprechenden Wohnraum anzumieten, kann nicht ausgegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved