Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 3643/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 136/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob die Beigeladene zu 1) (nachfolgend nur noch "die Beigeladene") in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2007 in ihrer Tätigkeit beim Beigeladenen zu 2) (nachfolgend nur noch "der Beigeladene") der Rentenversicherungspflicht unterlegen hat.
Der Beigeladene ist Arzt und betrieb eine eigene Praxis. Die Beigeladene war bei ihm seit 1986 als Arzthelferin tätig. Sie sind seit 1998 verheiratet. Seit dem 1. Januar 2001 ist die Beigelade-ne bei der Beklagten krankenversichert. Sie gewährte ihrem Ehemann mit Darlehensvertrag vom 1. Januar 2002 ein Darlehen für die Arztpraxis in Höhe von 150.000,00 EUR. Das Darlehen ist in monatlichen Raten von 1.500,00 EUR zurückzuzahlen und mit jährlich 6 % zu verzinsen. Als Sicherheit trat der Beigeladene seiner Ehefrau die Auszahlungsansprüche aus einer Lebensversicherung ab.
Am 12. Juli 2005 stellten die Beigeladenen bei der Beklagten einen Antrag auf Überprüfung der Sozialversicherungspflicht für die Beigeladene. Sie fügten dem Antrag einen ausgefüllten entsprechenden Feststellungsbogen bei. Darin gaben sie u. a. an, dass die Beigeladene als Arzthelferin mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden für den Beigeladenen tätig sei und hierfür ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 1.943,00 EUR brutto erhalte. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gebe es nicht. Sie sei nicht an Weisungen des Beigeladenen gebunden. Sie könne ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten. Sie wirke zudem aufgrund besonderer Fachkenntnisse bei der Führung des Betriebes mit. Ihre Tätigkeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebenein-ander zum Betriebsinhaber geprägt. An ihrer Stelle müsste eine andere Arbeitskraft eingestellt werden. Es gebe keine Vereinbarungen zu Urlaubsansprüchen und zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Zu letzterem sei es bislang noch nie gekommen. Das Entgelt, für das Lohnsteuer abgeführt werde, werde regelmäßig auf ein privates Konto der Beigeladenen überwiesen und im Unternehmen als Betriebsausgabe verbucht. Das Entgelt sei höher als üblich, da ihre Arbeit nicht mit der einer normalen angestellten Arzthelferin vergleichbar sei. Sonstige Bezüge wie Weihnachts- und Urlaubsgeld erhalte sie wie die anderen Angestellten des Beigeladenen auch. Die Beigeladene sei zudem Eigentümerin der Arztpraxis, welche sie an ihren Ehemann vermietet habe.
Die Beklagte stellte daraufhin zunächst mit Bescheid vom 10. September 2005 fest, dass die Beigeladene in ihrer Tätigkeit als Arzthelferin ab dem 1. September 1986 im Rahmen eines abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe.
Die Beigeladene erhob Widerspruch. Sie sei nicht in den Betrieb ihres Ehemannes eingegliedert, arbeite weisungsfrei und gleichberechtigt, habe diesem ein hohes Darlehen eingeräumt, welches ihrem Nettoentgelt entspreche.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2006 half die Beklagte dem Widerspruch der Sache nach ab, ohne allerdings zu den Kosten des Widerspruchsverfahrens Stellung zu nehmen. Sie beschied, dass der Bescheid vom 10. September 2005 für die Zeit vor dem 1. Januar 2001 nach § 40 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch nichtig sei, weil die Beigeladene erst ab Januar 2001 bei ihr versichert sei. Im Übrigen stellte sie fest, dass die Beigeladene seit 1. Januar 2001 in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Hierfür spreche insbesondere, dass die Tätigkeit nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt werde, dass die Beigeladene bei der Ausführung der Arbeiten nicht an Anweisungen gebunden sei, ihre Tätigkeit frei bestimme und bei der Führung des Betriebes mitwirke. Die Arbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinader zum Betriebsinhaber geprägt. Das Arbeitsentgelt entspreche nicht dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt. Zudem habe die Beigeladene ihrem Ehemann ein Darlehen in Höhe von 150.000,00 EUR gewährt. Sie sandte weiter am 28. Februar 2006 einen Antrag auf Erstattung von Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Oberbayern, welcher am 10. März 2006 bei der Klägerin einging. Diese bat die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juni 2006 um die Übersendung weiterer Unterlagen. Sie teilte ihr mit Schreiben vom 3. Juli 2006 mit, die Auffassung der Beklagten bezüglich einer selbstständigen Tätigkeit nicht zu teilen.
Mit Schreiben vom 8. November 2006 erwiderte die Beklagte, dass sie an ihrem Bescheid festhalte. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen die Entscheidung beim Sozialgericht Dresden binnen eines Monats Klage erhoben werden könne.
Am 29. Dezember 2006 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Die Beigeladene ist in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 30. September 2007 nur noch auf Basis auf einer geringfügigen Beschäftigung für ihren Ehemann tätig gewesen. Sie ist seit dem 1. Januar 2007 in einem Anstellungsverhältnis in einer anderen Praxis tätig.
Die Klägerin hat vorgebracht, für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen die Abführung von Lohnsteuer sowie die Verbuchung des Gehaltes als Betriebsausgabe. Die Beigeladene trage kein echtes Unternehmensrisiko. Vielmehr hafte allein der Beigeladene für die Verbindlichkeiten des Unternehmens. Die Beigeladene sei zudem in dem Betrieb ihres Ehemannes eingegliedert. Ohne sie hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen.
Die Beigeladenen haben die Klage bereits für unzulässig gehalten. Die Klage sei verfristet. Auch habe die Klägerin ihr Klagerecht verwirkt. Weder die Beklagte noch die Beigeladenen hätten nach über einem halben Jahr noch mit einer Klage rechnen müssen. Der steuerrechtlichen Behandlung des Beschäftigungsverhältnisses komme keine nennenswerte Indizwirkung zu. Die fehlende Eingliederung in den Betrieb und das Fehlen eines Weisungsrechts sprächen maßgeblich für Selbstständigkeit.
Mit Urteil vom 19. März 2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2006 aufgehoben, soweit darin die Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit seit dem 1. Januar 2001 festgestellt wurde. Es hat festgestellt, dass die Beigeladene im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2007 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen habe. Die Klage sei zulässig. Die Klägerin werde als Rentenversicherungsträger durch den Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle beschwert (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 – B 12 KR 2/99 R –). Die Klagefrist sei nicht nach § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) versäumt. Der Bescheid vom 3. Januar 2006 sei der Klägerin am 19. April 2006 ohne Rechts-behelfsbelehrung erteilt worden, sodass gemäß § 66 Abs. 2 SGG die Jahresfrist gegolten habe. Der Geltung der Jahresfrist stehe nicht entgegen, dass nach Ziffer 3 Abs. 3 der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR, der BfA und der BA vom 29. März 2003 im Rahmen von Beitragsbescheiden dem Fremdversicherungsträger grundsätzlich keine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt werden solle. Diese Regelung könne die Berufung auf die Geltung der Jahresfrist allenfalls dann als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, wenn die an der Verlautbarung beteiligten Versicherungsträger und Einzugstellen hierdurch nachweislich allein den Zweck verfolgt hätten, die Klagefrist für den (drittbelasteten) Fremdversicherungsträger zu Lasten des begünstigten Versicherten bzw. des Arbeitsgebers unter rechtsmiss-bräuchlicher Ausnutzung des § 66 Abs. 2 SGG zu verlängern und wenn im vorliegenden Fall die Rechtsbehelfsbelehrung gegenüber der Klägerin auch nur aus diesem Grund unter Berücksichtigung der Verlautbarung nicht erfolgt wäre. Ersteres sei bereits zweifelhaft. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin und die Beklagte im vorliegenden Fall in kollusivem Zusammenwirken zu Lasten der Beigeladenen die Jahresfrist herbeigeführt hätten. Die im Schrei-ben der Beklagten vom 8. November 2006 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung sei unrichtig, so dass auch insoweit die Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 SGG gegolten habe. Anstelle des nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG zuständigen Sozialgerichts Berlin sei nämlich ein anderes benannt worden. Dass die Klägerin gleichwohl beim zuständigen Sozialgericht Klage erhoben habe, sei insofern irrelevant. Es komme nicht darauf an, ob die unrichtige Belehrung für die Fristver-säumnis ursächlich sei. Die Klägerin habe ihr Klagerecht auch nicht verwirkt. Schon wegen § 66 Abs. 2 SGG komme eine solche vor Ablauf der Jahresfrist in der Regel nicht in Betracht. Hinzu kommen müssten jedoch ein Umstandsmoment, dass heißt, ein Verhalten der Klägerin, das aus Sicht der Beklagten bzw. der Beigeladenen ein berechtigtes Vertrauen darauf begründet habe, die Klägern wer-de von ihrem Klagerecht kein Gebrauch machen, das hier nicht ersichtlich sei. Die Klägerin habe vielmehr zeitnah nach Kenntniserlangung von dem Bescheid im April 2006 und nach Anforderung weiterer Unterlagen im Juni 2006 sich mit Schreiben vom 3. Juli 2006 an die Beklagte gewandt und ihre abweichende Rechtsauffassung mitgeteilt. Diese wiederum habe das Schreiben dem Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1) zur Stellungnahme übersandt, habe weitere Ermittlungen angestellt und der Klägerin mit Schreiben vom 8. November 2006 mitgeteilt, an ihrem Bescheid festhalten zu wollen. Die daraufhin erhobene Klage sei zeitnah am 29. Dezember 2006 erfolgt. Auch der Umstand, dass die Klägerin als Behörde die Klagefristen grundsätzlich kennen müsse, führe ohne weitere Umstände nicht bereits alleine zu einer Verwirkung.
Die Klage sei auch begründet. Es überwögen die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Auch wenn zwischen den Beigeladenen kein schriftlicher Arbeitsvertrag bestanden habe, habe tatsächlich ein Arbeitsverhältnis bestanden. Dafür spreche, dass die Beigeladene nicht am Unternehmen beteiligt gewesen sei, an diesem mangels Erfüllung der (Arzt-)zulassungsrechtlichen Voraussetzungen auch nicht habe können. Sie habe ein monatliches Festgehalt als Entgelt für eine einem normalen Vollzeitarbeitsverhältnis entsprechende Wochenarbeitszeit bezogen, welches als Betriebsausgabe verbucht und von dem Lohnsteuer entrichtet worden sei. Sie sei fest in die Betriebsorganisation der Praxis eingegliedert gewesen. Ein freies Mitarbeiterverhältnis sei somit auszuscheiden gewesen. Nach ihren eigenen Angaben habe sie darüber hinaus "wie die anderen Angestellten auch" sonstige Bezüge in Form von Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld erhalten. Das Darlehen in Höhe von 150.000,00 EUR sowie die Vermietung der Praxisräume stellten keine erheblichen Indizien im Rahmen der Gesamtabwägung dar. Das Darlehen werde annähernd marktüblich verzinst, zudem sei es durch Abtretung der Zahlungsansprüche aus einer Lebensversicherung gesichert gewesen. Die Beigeladene habe sich also nicht am Unternehmen beteiligt, sondern diesem tatsächlich ein Darlehen erteilt. Das-selbe gelte hinsichtlich der Vermietung der Praxisräume. Dass der Beigeladene schließlich das ihm zustehende Weisungsrecht nicht ausgeübt habe, stehe der Annahme eines abhängigen Be-schäftigungsverhältnisses jedenfalls wie hier solange nicht entgegen, solange die Mitunternehmereigenschaft nicht im Rechtsverkehr nach außen dokumentiert werde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beigeladenen zu deren Begründung sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen beruft.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2009 aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Der Senat hält sie einstimmig für unbegründet. Er hält auch eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 7. September 2009 hingewiesen worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, wie das SG im angefochtenen Urteil richtig und überzeugend ausgeführt hat. Auf die Ausführungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Das SG hat der Klage auch in der Sache zu Recht stattgegeben:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung vor-aus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die
Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 0/04 R - Juris). Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH-Geschäftsführer BSG, a.a.O.). Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 -). Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002 - 42). Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der
familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unterneh-menskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Allein-inhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 -7 Rar 25/86 BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975).
Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist das SG zutreffend von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausgegangen. Auf dessen Darlegungen wird wiederum nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Dass die Eheleute über die Jahre hin alle Praxisangelegenheiten einvernehmlich geregelt haben, ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht entscheidend. Ganz allgemein kann ein ständig bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.
Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ebenso bereits Urteil des Senats vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -): § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz ungeachtet dessen auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An einem solchen fehlt es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gibt oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage nur zur Aufhebung der eine Versiche-rungspflicht verneinenden Bescheide der Beklagten und nicht umgekehrt automatisch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen aus deren Sicht begünstigender Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -).
Die Kostenentscheidung richtet sich für das zweitinstanzliche Verfahren nach § 193 SGG. § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist in diesem Rechtszug nicht einschlägig, weil die Beigeladene zu 1) als Berufungsklägerin als Versicherte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehört. Die Entscheidung entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob die Beigeladene zu 1) (nachfolgend nur noch "die Beigeladene") in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2007 in ihrer Tätigkeit beim Beigeladenen zu 2) (nachfolgend nur noch "der Beigeladene") der Rentenversicherungspflicht unterlegen hat.
Der Beigeladene ist Arzt und betrieb eine eigene Praxis. Die Beigeladene war bei ihm seit 1986 als Arzthelferin tätig. Sie sind seit 1998 verheiratet. Seit dem 1. Januar 2001 ist die Beigelade-ne bei der Beklagten krankenversichert. Sie gewährte ihrem Ehemann mit Darlehensvertrag vom 1. Januar 2002 ein Darlehen für die Arztpraxis in Höhe von 150.000,00 EUR. Das Darlehen ist in monatlichen Raten von 1.500,00 EUR zurückzuzahlen und mit jährlich 6 % zu verzinsen. Als Sicherheit trat der Beigeladene seiner Ehefrau die Auszahlungsansprüche aus einer Lebensversicherung ab.
Am 12. Juli 2005 stellten die Beigeladenen bei der Beklagten einen Antrag auf Überprüfung der Sozialversicherungspflicht für die Beigeladene. Sie fügten dem Antrag einen ausgefüllten entsprechenden Feststellungsbogen bei. Darin gaben sie u. a. an, dass die Beigeladene als Arzthelferin mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden für den Beigeladenen tätig sei und hierfür ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 1.943,00 EUR brutto erhalte. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gebe es nicht. Sie sei nicht an Weisungen des Beigeladenen gebunden. Sie könne ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten. Sie wirke zudem aufgrund besonderer Fachkenntnisse bei der Führung des Betriebes mit. Ihre Tätigkeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebenein-ander zum Betriebsinhaber geprägt. An ihrer Stelle müsste eine andere Arbeitskraft eingestellt werden. Es gebe keine Vereinbarungen zu Urlaubsansprüchen und zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Zu letzterem sei es bislang noch nie gekommen. Das Entgelt, für das Lohnsteuer abgeführt werde, werde regelmäßig auf ein privates Konto der Beigeladenen überwiesen und im Unternehmen als Betriebsausgabe verbucht. Das Entgelt sei höher als üblich, da ihre Arbeit nicht mit der einer normalen angestellten Arzthelferin vergleichbar sei. Sonstige Bezüge wie Weihnachts- und Urlaubsgeld erhalte sie wie die anderen Angestellten des Beigeladenen auch. Die Beigeladene sei zudem Eigentümerin der Arztpraxis, welche sie an ihren Ehemann vermietet habe.
Die Beklagte stellte daraufhin zunächst mit Bescheid vom 10. September 2005 fest, dass die Beigeladene in ihrer Tätigkeit als Arzthelferin ab dem 1. September 1986 im Rahmen eines abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe.
Die Beigeladene erhob Widerspruch. Sie sei nicht in den Betrieb ihres Ehemannes eingegliedert, arbeite weisungsfrei und gleichberechtigt, habe diesem ein hohes Darlehen eingeräumt, welches ihrem Nettoentgelt entspreche.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2006 half die Beklagte dem Widerspruch der Sache nach ab, ohne allerdings zu den Kosten des Widerspruchsverfahrens Stellung zu nehmen. Sie beschied, dass der Bescheid vom 10. September 2005 für die Zeit vor dem 1. Januar 2001 nach § 40 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch nichtig sei, weil die Beigeladene erst ab Januar 2001 bei ihr versichert sei. Im Übrigen stellte sie fest, dass die Beigeladene seit 1. Januar 2001 in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Hierfür spreche insbesondere, dass die Tätigkeit nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt werde, dass die Beigeladene bei der Ausführung der Arbeiten nicht an Anweisungen gebunden sei, ihre Tätigkeit frei bestimme und bei der Führung des Betriebes mitwirke. Die Arbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinader zum Betriebsinhaber geprägt. Das Arbeitsentgelt entspreche nicht dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt. Zudem habe die Beigeladene ihrem Ehemann ein Darlehen in Höhe von 150.000,00 EUR gewährt. Sie sandte weiter am 28. Februar 2006 einen Antrag auf Erstattung von Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Oberbayern, welcher am 10. März 2006 bei der Klägerin einging. Diese bat die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juni 2006 um die Übersendung weiterer Unterlagen. Sie teilte ihr mit Schreiben vom 3. Juli 2006 mit, die Auffassung der Beklagten bezüglich einer selbstständigen Tätigkeit nicht zu teilen.
Mit Schreiben vom 8. November 2006 erwiderte die Beklagte, dass sie an ihrem Bescheid festhalte. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen die Entscheidung beim Sozialgericht Dresden binnen eines Monats Klage erhoben werden könne.
Am 29. Dezember 2006 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Die Beigeladene ist in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 30. September 2007 nur noch auf Basis auf einer geringfügigen Beschäftigung für ihren Ehemann tätig gewesen. Sie ist seit dem 1. Januar 2007 in einem Anstellungsverhältnis in einer anderen Praxis tätig.
Die Klägerin hat vorgebracht, für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen die Abführung von Lohnsteuer sowie die Verbuchung des Gehaltes als Betriebsausgabe. Die Beigeladene trage kein echtes Unternehmensrisiko. Vielmehr hafte allein der Beigeladene für die Verbindlichkeiten des Unternehmens. Die Beigeladene sei zudem in dem Betrieb ihres Ehemannes eingegliedert. Ohne sie hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen.
Die Beigeladenen haben die Klage bereits für unzulässig gehalten. Die Klage sei verfristet. Auch habe die Klägerin ihr Klagerecht verwirkt. Weder die Beklagte noch die Beigeladenen hätten nach über einem halben Jahr noch mit einer Klage rechnen müssen. Der steuerrechtlichen Behandlung des Beschäftigungsverhältnisses komme keine nennenswerte Indizwirkung zu. Die fehlende Eingliederung in den Betrieb und das Fehlen eines Weisungsrechts sprächen maßgeblich für Selbstständigkeit.
Mit Urteil vom 19. März 2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2006 aufgehoben, soweit darin die Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit seit dem 1. Januar 2001 festgestellt wurde. Es hat festgestellt, dass die Beigeladene im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2007 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen habe. Die Klage sei zulässig. Die Klägerin werde als Rentenversicherungsträger durch den Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle beschwert (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 – B 12 KR 2/99 R –). Die Klagefrist sei nicht nach § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) versäumt. Der Bescheid vom 3. Januar 2006 sei der Klägerin am 19. April 2006 ohne Rechts-behelfsbelehrung erteilt worden, sodass gemäß § 66 Abs. 2 SGG die Jahresfrist gegolten habe. Der Geltung der Jahresfrist stehe nicht entgegen, dass nach Ziffer 3 Abs. 3 der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR, der BfA und der BA vom 29. März 2003 im Rahmen von Beitragsbescheiden dem Fremdversicherungsträger grundsätzlich keine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt werden solle. Diese Regelung könne die Berufung auf die Geltung der Jahresfrist allenfalls dann als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, wenn die an der Verlautbarung beteiligten Versicherungsträger und Einzugstellen hierdurch nachweislich allein den Zweck verfolgt hätten, die Klagefrist für den (drittbelasteten) Fremdversicherungsträger zu Lasten des begünstigten Versicherten bzw. des Arbeitsgebers unter rechtsmiss-bräuchlicher Ausnutzung des § 66 Abs. 2 SGG zu verlängern und wenn im vorliegenden Fall die Rechtsbehelfsbelehrung gegenüber der Klägerin auch nur aus diesem Grund unter Berücksichtigung der Verlautbarung nicht erfolgt wäre. Ersteres sei bereits zweifelhaft. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin und die Beklagte im vorliegenden Fall in kollusivem Zusammenwirken zu Lasten der Beigeladenen die Jahresfrist herbeigeführt hätten. Die im Schrei-ben der Beklagten vom 8. November 2006 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung sei unrichtig, so dass auch insoweit die Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 SGG gegolten habe. Anstelle des nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG zuständigen Sozialgerichts Berlin sei nämlich ein anderes benannt worden. Dass die Klägerin gleichwohl beim zuständigen Sozialgericht Klage erhoben habe, sei insofern irrelevant. Es komme nicht darauf an, ob die unrichtige Belehrung für die Fristver-säumnis ursächlich sei. Die Klägerin habe ihr Klagerecht auch nicht verwirkt. Schon wegen § 66 Abs. 2 SGG komme eine solche vor Ablauf der Jahresfrist in der Regel nicht in Betracht. Hinzu kommen müssten jedoch ein Umstandsmoment, dass heißt, ein Verhalten der Klägerin, das aus Sicht der Beklagten bzw. der Beigeladenen ein berechtigtes Vertrauen darauf begründet habe, die Klägern wer-de von ihrem Klagerecht kein Gebrauch machen, das hier nicht ersichtlich sei. Die Klägerin habe vielmehr zeitnah nach Kenntniserlangung von dem Bescheid im April 2006 und nach Anforderung weiterer Unterlagen im Juni 2006 sich mit Schreiben vom 3. Juli 2006 an die Beklagte gewandt und ihre abweichende Rechtsauffassung mitgeteilt. Diese wiederum habe das Schreiben dem Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1) zur Stellungnahme übersandt, habe weitere Ermittlungen angestellt und der Klägerin mit Schreiben vom 8. November 2006 mitgeteilt, an ihrem Bescheid festhalten zu wollen. Die daraufhin erhobene Klage sei zeitnah am 29. Dezember 2006 erfolgt. Auch der Umstand, dass die Klägerin als Behörde die Klagefristen grundsätzlich kennen müsse, führe ohne weitere Umstände nicht bereits alleine zu einer Verwirkung.
Die Klage sei auch begründet. Es überwögen die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Auch wenn zwischen den Beigeladenen kein schriftlicher Arbeitsvertrag bestanden habe, habe tatsächlich ein Arbeitsverhältnis bestanden. Dafür spreche, dass die Beigeladene nicht am Unternehmen beteiligt gewesen sei, an diesem mangels Erfüllung der (Arzt-)zulassungsrechtlichen Voraussetzungen auch nicht habe können. Sie habe ein monatliches Festgehalt als Entgelt für eine einem normalen Vollzeitarbeitsverhältnis entsprechende Wochenarbeitszeit bezogen, welches als Betriebsausgabe verbucht und von dem Lohnsteuer entrichtet worden sei. Sie sei fest in die Betriebsorganisation der Praxis eingegliedert gewesen. Ein freies Mitarbeiterverhältnis sei somit auszuscheiden gewesen. Nach ihren eigenen Angaben habe sie darüber hinaus "wie die anderen Angestellten auch" sonstige Bezüge in Form von Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld erhalten. Das Darlehen in Höhe von 150.000,00 EUR sowie die Vermietung der Praxisräume stellten keine erheblichen Indizien im Rahmen der Gesamtabwägung dar. Das Darlehen werde annähernd marktüblich verzinst, zudem sei es durch Abtretung der Zahlungsansprüche aus einer Lebensversicherung gesichert gewesen. Die Beigeladene habe sich also nicht am Unternehmen beteiligt, sondern diesem tatsächlich ein Darlehen erteilt. Das-selbe gelte hinsichtlich der Vermietung der Praxisräume. Dass der Beigeladene schließlich das ihm zustehende Weisungsrecht nicht ausgeübt habe, stehe der Annahme eines abhängigen Be-schäftigungsverhältnisses jedenfalls wie hier solange nicht entgegen, solange die Mitunternehmereigenschaft nicht im Rechtsverkehr nach außen dokumentiert werde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beigeladenen zu deren Begründung sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen beruft.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2009 aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Der Senat hält sie einstimmig für unbegründet. Er hält auch eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 7. September 2009 hingewiesen worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, wie das SG im angefochtenen Urteil richtig und überzeugend ausgeführt hat. Auf die Ausführungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Das SG hat der Klage auch in der Sache zu Recht stattgegeben:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung vor-aus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die
Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 0/04 R - Juris). Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH-Geschäftsführer BSG, a.a.O.). Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 -). Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002 - 42). Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der
familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unterneh-menskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Allein-inhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 -7 Rar 25/86 BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975).
Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist das SG zutreffend von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausgegangen. Auf dessen Darlegungen wird wiederum nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Dass die Eheleute über die Jahre hin alle Praxisangelegenheiten einvernehmlich geregelt haben, ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht entscheidend. Ganz allgemein kann ein ständig bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.
Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ebenso bereits Urteil des Senats vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -): § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz ungeachtet dessen auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An einem solchen fehlt es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gibt oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage nur zur Aufhebung der eine Versiche-rungspflicht verneinenden Bescheide der Beklagten und nicht umgekehrt automatisch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen aus deren Sicht begünstigender Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -).
Die Kostenentscheidung richtet sich für das zweitinstanzliche Verfahren nach § 193 SGG. § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist in diesem Rechtszug nicht einschlägig, weil die Beigeladene zu 1) als Berufungsklägerin als Versicherte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehört. Die Entscheidung entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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