Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 11 P 25/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 132/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Oktober 2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Pflegegeld bei Pflegestufe II ab 11. Februar 2007.
Die Beklagte bewilligte der 1916 geborenen Klägerin im Jahre 1999 Pflegegeld bei Pflegestufe I. Im Februar 2007 beantragte die Klägerin wegen Verschlimmerung ihrer Leiden die Zuerkennung einer höheren Pflegestufe. Sie reichte das durch ihre drei Kinder im Zeitraum vom 17. bis 26. Februar 2007 geführte Pflegetagebuch ein. Die Beklagte veranlasste ein MDK-Gutachten (Pflegefachkraft R, Gutachten vom 01.03.2007), in welchem die MDK-Gutachterin einen Bedarf im Bereich der Grundpflege von 71 Minuten täglich (Körperpflege 48 Minuten, Ernährung 10 Minuten, Mobilität 13 Minuten) und für hauswirtschaftliche Verrichtungen von 45 Minuten annahm. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. März 2007 ab. Nach dem Gutachten seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegestufe II nicht erfüllt. In ihrem Widerspruch verwies die Klägerin auf das Pflegetagebuch und ihr Schreiben an die Gutachterin. Nach einer erneuten Stellungnahme der Gutachterin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2007 zurück. Der für die Pflegestufe II erforderliche Zeitaufwand für die tägliche Grundpflege werde im Falle der Klägerin nicht erreicht, weil nach dem Gutachten dafür nur 71 Minuten zu berücksichtigen seien.
Ihre Klage begründete die Klägerin damit, dass ausweislich des ausführlich geführten Pflegetagebuchs für die Körperpflege täglich 83 Minuten, für die Ernährung 65 Minuten und für die Mobilität 40 Minuten sowie für die hauswirtschaftliche Verrichtungen 196 Minuten anfallen würden. Das Sozialgericht hat den Befundbericht der Hausärztin Dr. E vom 5. November 2007 eingeholt. Es hat die Klage mit Urteil vom 29. Oktober 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin trotz der Altersgebrechlichkeit noch viele Verrichtungen selbst erledigen könne und Hilfe nur in Teilbereichen benötige. Damit würden auch die Angaben der Hausärztin übereinstimmen. Die Klägerin sei völlig selbstständig in den Bereichen Zahnpflege, Kämmen, Toilettennutzung und Ernährung, weil ein mundgerechtes Zubereiten der Nahrung entfalle. Bei der Nahrungsaufnahme sei lediglich eine Beaufsichtigung erforderlich.
Ihre Berufung stützt die Klägerin darauf, dass der von ihr vorgetragene Sachverhalt durch das Urteil nicht berücksichtigt worden sei. Der Aufwand für die Pflege sei sehr hoch. Dies ergebe sich aus dem Pflegetagebuch. Gegen die Äußerungen der Sachverständigen und der Hausärztin würden insoweit Bedenken bestehen, als jeweils nicht alle Pflegetätigkeiten vollständig erfasst worden seien. Richtigerweise würde sich der tatsächliche Pflegebedarf derart ergeben, dass die von den Sachverständigen und der Hausärztin jeweils für die einzelnen Verrichtungen geäußerten höchsten Werte zu berücksichtigen seien. Daraus errechne sich ein Hilfebedarf für die Grundpflege von 120 Minuten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Oktober 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Pflegegeld bei Pflegestufe II ab 11. Februar 2007 zu zahlen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat das Gutachten von Dr. B vom 14. Mai 2009 eingeholt. Die Sachverständige nimmt einen Pflegebedarf von 66 Minuten für die Grundpflege (Körperpflege 40 Minuten, Ernährung 6 Minuten, Mobilität 20 Minuten) und für hauswirtschaftliche Verrichtungen von 60 Minuten an. In den letzten drei Jahren habe es keine erheblichen Änderungen gegeben.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 14. Dezember 2009 die Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung beantragt.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll des Erörterungstermins und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Senat kann nicht davon ausgehen, dass die Versicherte im Zeitraum seit 11. Februar 2007 die Voraussetzungen der §§ 14, 15, 37 SGB XI für einen Anspruch auf Pflegegeld bei Pflegestufe II erfüllt.
Voraussetzung ist nach § 37 Abs 1 Nr 2 SGB XI u a, dass der Anspruchsteller pflegebedürftig ist und ihm mindestens die Pflegestufe II zuzuordnen ist. Nach § 14 Abs 1 SGB XI sind pflegebedürftig i S des SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen, die in Abs 4 der Vorschrift ausdrücklich aufgeführt sind und in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Grundpflege) sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufgeteilt werden (BSG, Urteil vom 29.04.1999, B 3 P 13/98 R, JURIS-RdNr 10). Voraussetzung für einen Anspruch auf Pflegegeld bei Pflegestufe II ist, dass der Pflegebedürftige in der Grundpflege mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden (§ 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB XI). Dabei ist unabhängig vom tatsächlich erbrachten Pflegeaufwand zu berücksichtigen, inwieweit die vorhandenen Ressourcen der Pflegebedürftigen einen höheren Pflegeaufwand nicht erforderlich machen. Insoweit gilt, dass nach § 2 Abs 1 Satz 2 SGB XI die Pflegeleistungen darauf auszurichten sind, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen zu erhalten. Auch § 6 Abs 2 SGB XI verweist auf die Notwendigkeit der aktiven Mitarbeit der Pflegebedürftigen. Außerdem wird für die Pflegestufe II vorausgesetzt, dass der Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, täglich im Wochendurchschnitt drei Stunden beträgt; wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssen (§ 15 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB XI).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass diese Voraussetzungen seit Antragstellung erfüllt sind. 120 Minuten der Grundpflege werden für die Klägerin nicht erreicht. Das Sozialgericht hat die ihm vorliegende Beweislage richtig gewürdigt. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils vom 29. Oktober 2008 wird nach § 153 Abs 2 SGG Bezug genommen.
Das Vorbringen der Klägerin und das vom Senat eingeholte Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Sie erbringen auch in Zusammenschau mit den bereits dem Sozialgericht vorliegenden Beweismitteln keinen Vollbeweis der Anspruchsvoraussetzungen.
Im Bereich der Körperpflege sieht die gerichtliche Sachverständige einen Pflegeaufwand von insgesamt 40 Minuten. Sie hat dabei täglich zwei Wäschen mit insgesamt 25 Minuten, 3 Minuten Duschen (einmal wöchentlich anstelle einer Wäsche) und jeweils 4 Minuten für die Zahnpflege, Kämmen und Ausscheidung berücksichtigt. Die MDK-Gutachterin hatte einen Bedarf von insgesamt 48 Minuten angenommen, wobei sie jeweils zwei Minuten mehr für die Zahnpflege und das Kämmen und 4 Minuten mehr für die Ausscheidungen (insbesondere Richten der Kleidung) angesetzt hat. Dabei erscheint insbesondere ein zweimalig tägliches Reinigen der Zahnprothesen mit einem Einzelumfang von 3 Minuten sicherlich zu hoch gegriffen. Die Hausärztin hat keinen Pflegebedarf für die Zahnreinigung angenommen. Sie weicht von den Werten der beiden Gutachterinnen dahingehend ab, dass sie täglich 40 Minuten für das Waschen und Duschen, bei einer täglichen Dusche annimmt. Dies erscheint auch angesichts der Angaben im Pflegetagebuch überhöht (dort werden 36 Minuten im Tagesdurchschnitt mitgeteilt). Die Klägerin bedarf beim Waschen unterstützender Hilfe und kann sich insbesondere Gesicht und Hände selbst waschen. Unter diesen Umständen ist die Einschätzung der beiden Gutachterinnen mit gleichen Zeitwerten für das Waschen und Duschen von 28 Minuten für den Senat nachvollziehbar.
Die gerichtliche Sachverständige hat mitgeteilt, dass die Klägerin die Toilette selbständig aufsuche, sich selbständig säubere und die Kleidung richte. Dies hat auch die Hausärztin bestätigt. Ein größerer Aufwand als der von der gerichtlichen Sachverständigen mit 4 Minuten (insbesondere Leerung des Toilettenstuhls) ist für diesen Bereich daher nicht anzusetzen. Unter Berücksichtigung eines weiteren Aufwandes von 4 Minuten für die Reinigung der Prothesen, 6 Minuten Kämmen und 4 Minuten Toilette ergibt sich im Bereich der Körperpflege bei durchaus großzügiger Betrachtung (Kämmen) ein Gesamtaufwand von 42 Minuten. Selbst wenn man die 36 Minuten des Pflegetagebuches für Waschen und Duschen berücksichtigen würde, ließen sich insgesamt nur 50 Minuten für die Körperpflege rechtfertigen, statt der von der Klägerin behaupteten 60 Minuten.
Für die Ernährung hat die gerichtliche Sachverständige Hilfeleistungen in einem Umfang von 6 Minuten als Teilhilfen beim mundgerechten Zubereiten angenommen. Die MDK-Gutachterin ist von 10 Minuten ausgegangen. Die Hausärztin hatte keinen Zeitbedarf in diesem Bereich gesehen. Unter diesen Umständen erscheint die Annahme der gerichtlichen Sachverständigen hinreichend nachvollziehbar. Die Zubereitung des Essens und das Einkaufen der Speisen und Zutaten zählen zum Bereich der hauswirtschaftlichen Verrichtungen.
Im Bereich der Mobilität hat die gerichtliche Sachverständige darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbständig aus dem Bett aufstehen und sich wieder hinlegen kann. Dies sei auch nachts mehrfach zur Blasenentleerung erforderlich. Die selbständige Nutzung des Toilettenstuhls durch die Klägerin nachts bestätigt die Ausführungen der Sachverständigen. Soweit die Hausärztin einen täglichen Pflegeaufwand für das Aufstehen und Hinlegen von 20 Minuten annimmt, erscheint dieser Wert nicht ansatzweise nachvollziehbar. Die MDK-Gutachterin hat hier einen Aufwand von 2 Minuten pro Tag angenommen - ein Wert, welcher auch im Anbetracht der von der Hausärztin als Grund für ihre Pflegebeurteilung festgestellten Schwindelzustände eher plausibel erscheint. Die MDK-Gutachterin gelangt im Bereich Mobilität insgesamt zu einem Umfang von 13 Minuten, die gerichtliche Sachverständige von 20 Minuten, vor allem unter Berücksichtigung der erforderlichen Hilfen beim An- und Auskleiden. Innerhalb der Wohnung kann die Klägerin nach den Angaben der beiden Gutachterinnen selbständig gehen und stehen. Dies bestätigt auch die Hausärztin. Der von der Hausärztin angenommene Bedarf von täglich 10 Minuten erscheint daher auch nicht nachvollziehbar. Insgesamt erscheint dem Senat die Einschätzung zum Mobilitätsaufwand von insgesamt 20 Minuten durch die gerichtliche Sachverständige angemessen.
Daraus ergibt sich für die Grundpflege ein Pflegeaufwand von 42 Minuten Körperpflege, 6 Minuten Ernährung und 20 Minuten Mobilität, insgesamt von 68 Minuten. In diesem Bereich lagen auch die Bewertungen durch die beiden Gutachterinnen. Selbst die Hausärztin geht nur insgesamt von einem Pflegebedarf von nur 80 Minuten aus. Unter keiner Betrachtung ergibt sich ein Aufwand von 120 Minuten Grundpflege. Selbst wenn die Kinder der Klägerin täglich einen Pflegeaufwand von weiteren etwa 50 Minuten betreiben würden, wäre dieser von der Pflegegeldleistung der Beklagten bei Pflegestufe I umfasst. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Pflege die vorhandenen Ressourcen der pflegebedürftigen Klägerin nutzen soll. Die "Rosinenmethode" der Vertreter der Klägerin, von jeder Gutachterin/Ärztin für die einzelnen Verrichtungen jeweils unkritisch den günstigsten Wert ungeachtet der Erforderlichkeit der einzelnen Verrichtung und der eigenen Ressourcen der Klägerin anzusetzen, bietet keine Grundlage für eine sachgerechte Entscheidung über die Leistungen der Versichertengemeinschaft der Pflegeversicherten.
Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen bestehen nicht. Die gerichtliche Sachverständige hat mitgeteilt, dass sich der gesundheitliche Zustand der Klägerin in letzter Zeit nicht wesentlich verändert habe. Konkrete Anhaltspunkte für dauerhafte Verschlechterungen im Gesundheitszustand der Klägerin wurden auch nicht anlässlich des Erörterungstermins am 14. Dezember 2009 angegeben. Der Klägerin bleibt es unbenommen, bei einer wesentlichen Verschlechterung einen neuen Antrag zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Pflegegeld bei Pflegestufe II ab 11. Februar 2007.
Die Beklagte bewilligte der 1916 geborenen Klägerin im Jahre 1999 Pflegegeld bei Pflegestufe I. Im Februar 2007 beantragte die Klägerin wegen Verschlimmerung ihrer Leiden die Zuerkennung einer höheren Pflegestufe. Sie reichte das durch ihre drei Kinder im Zeitraum vom 17. bis 26. Februar 2007 geführte Pflegetagebuch ein. Die Beklagte veranlasste ein MDK-Gutachten (Pflegefachkraft R, Gutachten vom 01.03.2007), in welchem die MDK-Gutachterin einen Bedarf im Bereich der Grundpflege von 71 Minuten täglich (Körperpflege 48 Minuten, Ernährung 10 Minuten, Mobilität 13 Minuten) und für hauswirtschaftliche Verrichtungen von 45 Minuten annahm. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. März 2007 ab. Nach dem Gutachten seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegestufe II nicht erfüllt. In ihrem Widerspruch verwies die Klägerin auf das Pflegetagebuch und ihr Schreiben an die Gutachterin. Nach einer erneuten Stellungnahme der Gutachterin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2007 zurück. Der für die Pflegestufe II erforderliche Zeitaufwand für die tägliche Grundpflege werde im Falle der Klägerin nicht erreicht, weil nach dem Gutachten dafür nur 71 Minuten zu berücksichtigen seien.
Ihre Klage begründete die Klägerin damit, dass ausweislich des ausführlich geführten Pflegetagebuchs für die Körperpflege täglich 83 Minuten, für die Ernährung 65 Minuten und für die Mobilität 40 Minuten sowie für die hauswirtschaftliche Verrichtungen 196 Minuten anfallen würden. Das Sozialgericht hat den Befundbericht der Hausärztin Dr. E vom 5. November 2007 eingeholt. Es hat die Klage mit Urteil vom 29. Oktober 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin trotz der Altersgebrechlichkeit noch viele Verrichtungen selbst erledigen könne und Hilfe nur in Teilbereichen benötige. Damit würden auch die Angaben der Hausärztin übereinstimmen. Die Klägerin sei völlig selbstständig in den Bereichen Zahnpflege, Kämmen, Toilettennutzung und Ernährung, weil ein mundgerechtes Zubereiten der Nahrung entfalle. Bei der Nahrungsaufnahme sei lediglich eine Beaufsichtigung erforderlich.
Ihre Berufung stützt die Klägerin darauf, dass der von ihr vorgetragene Sachverhalt durch das Urteil nicht berücksichtigt worden sei. Der Aufwand für die Pflege sei sehr hoch. Dies ergebe sich aus dem Pflegetagebuch. Gegen die Äußerungen der Sachverständigen und der Hausärztin würden insoweit Bedenken bestehen, als jeweils nicht alle Pflegetätigkeiten vollständig erfasst worden seien. Richtigerweise würde sich der tatsächliche Pflegebedarf derart ergeben, dass die von den Sachverständigen und der Hausärztin jeweils für die einzelnen Verrichtungen geäußerten höchsten Werte zu berücksichtigen seien. Daraus errechne sich ein Hilfebedarf für die Grundpflege von 120 Minuten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Oktober 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Pflegegeld bei Pflegestufe II ab 11. Februar 2007 zu zahlen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat das Gutachten von Dr. B vom 14. Mai 2009 eingeholt. Die Sachverständige nimmt einen Pflegebedarf von 66 Minuten für die Grundpflege (Körperpflege 40 Minuten, Ernährung 6 Minuten, Mobilität 20 Minuten) und für hauswirtschaftliche Verrichtungen von 60 Minuten an. In den letzten drei Jahren habe es keine erheblichen Änderungen gegeben.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 14. Dezember 2009 die Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung beantragt.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll des Erörterungstermins und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Senat kann nicht davon ausgehen, dass die Versicherte im Zeitraum seit 11. Februar 2007 die Voraussetzungen der §§ 14, 15, 37 SGB XI für einen Anspruch auf Pflegegeld bei Pflegestufe II erfüllt.
Voraussetzung ist nach § 37 Abs 1 Nr 2 SGB XI u a, dass der Anspruchsteller pflegebedürftig ist und ihm mindestens die Pflegestufe II zuzuordnen ist. Nach § 14 Abs 1 SGB XI sind pflegebedürftig i S des SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen, die in Abs 4 der Vorschrift ausdrücklich aufgeführt sind und in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Grundpflege) sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufgeteilt werden (BSG, Urteil vom 29.04.1999, B 3 P 13/98 R, JURIS-RdNr 10). Voraussetzung für einen Anspruch auf Pflegegeld bei Pflegestufe II ist, dass der Pflegebedürftige in der Grundpflege mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden (§ 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB XI). Dabei ist unabhängig vom tatsächlich erbrachten Pflegeaufwand zu berücksichtigen, inwieweit die vorhandenen Ressourcen der Pflegebedürftigen einen höheren Pflegeaufwand nicht erforderlich machen. Insoweit gilt, dass nach § 2 Abs 1 Satz 2 SGB XI die Pflegeleistungen darauf auszurichten sind, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen zu erhalten. Auch § 6 Abs 2 SGB XI verweist auf die Notwendigkeit der aktiven Mitarbeit der Pflegebedürftigen. Außerdem wird für die Pflegestufe II vorausgesetzt, dass der Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, täglich im Wochendurchschnitt drei Stunden beträgt; wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssen (§ 15 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB XI).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass diese Voraussetzungen seit Antragstellung erfüllt sind. 120 Minuten der Grundpflege werden für die Klägerin nicht erreicht. Das Sozialgericht hat die ihm vorliegende Beweislage richtig gewürdigt. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils vom 29. Oktober 2008 wird nach § 153 Abs 2 SGG Bezug genommen.
Das Vorbringen der Klägerin und das vom Senat eingeholte Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Sie erbringen auch in Zusammenschau mit den bereits dem Sozialgericht vorliegenden Beweismitteln keinen Vollbeweis der Anspruchsvoraussetzungen.
Im Bereich der Körperpflege sieht die gerichtliche Sachverständige einen Pflegeaufwand von insgesamt 40 Minuten. Sie hat dabei täglich zwei Wäschen mit insgesamt 25 Minuten, 3 Minuten Duschen (einmal wöchentlich anstelle einer Wäsche) und jeweils 4 Minuten für die Zahnpflege, Kämmen und Ausscheidung berücksichtigt. Die MDK-Gutachterin hatte einen Bedarf von insgesamt 48 Minuten angenommen, wobei sie jeweils zwei Minuten mehr für die Zahnpflege und das Kämmen und 4 Minuten mehr für die Ausscheidungen (insbesondere Richten der Kleidung) angesetzt hat. Dabei erscheint insbesondere ein zweimalig tägliches Reinigen der Zahnprothesen mit einem Einzelumfang von 3 Minuten sicherlich zu hoch gegriffen. Die Hausärztin hat keinen Pflegebedarf für die Zahnreinigung angenommen. Sie weicht von den Werten der beiden Gutachterinnen dahingehend ab, dass sie täglich 40 Minuten für das Waschen und Duschen, bei einer täglichen Dusche annimmt. Dies erscheint auch angesichts der Angaben im Pflegetagebuch überhöht (dort werden 36 Minuten im Tagesdurchschnitt mitgeteilt). Die Klägerin bedarf beim Waschen unterstützender Hilfe und kann sich insbesondere Gesicht und Hände selbst waschen. Unter diesen Umständen ist die Einschätzung der beiden Gutachterinnen mit gleichen Zeitwerten für das Waschen und Duschen von 28 Minuten für den Senat nachvollziehbar.
Die gerichtliche Sachverständige hat mitgeteilt, dass die Klägerin die Toilette selbständig aufsuche, sich selbständig säubere und die Kleidung richte. Dies hat auch die Hausärztin bestätigt. Ein größerer Aufwand als der von der gerichtlichen Sachverständigen mit 4 Minuten (insbesondere Leerung des Toilettenstuhls) ist für diesen Bereich daher nicht anzusetzen. Unter Berücksichtigung eines weiteren Aufwandes von 4 Minuten für die Reinigung der Prothesen, 6 Minuten Kämmen und 4 Minuten Toilette ergibt sich im Bereich der Körperpflege bei durchaus großzügiger Betrachtung (Kämmen) ein Gesamtaufwand von 42 Minuten. Selbst wenn man die 36 Minuten des Pflegetagebuches für Waschen und Duschen berücksichtigen würde, ließen sich insgesamt nur 50 Minuten für die Körperpflege rechtfertigen, statt der von der Klägerin behaupteten 60 Minuten.
Für die Ernährung hat die gerichtliche Sachverständige Hilfeleistungen in einem Umfang von 6 Minuten als Teilhilfen beim mundgerechten Zubereiten angenommen. Die MDK-Gutachterin ist von 10 Minuten ausgegangen. Die Hausärztin hatte keinen Zeitbedarf in diesem Bereich gesehen. Unter diesen Umständen erscheint die Annahme der gerichtlichen Sachverständigen hinreichend nachvollziehbar. Die Zubereitung des Essens und das Einkaufen der Speisen und Zutaten zählen zum Bereich der hauswirtschaftlichen Verrichtungen.
Im Bereich der Mobilität hat die gerichtliche Sachverständige darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbständig aus dem Bett aufstehen und sich wieder hinlegen kann. Dies sei auch nachts mehrfach zur Blasenentleerung erforderlich. Die selbständige Nutzung des Toilettenstuhls durch die Klägerin nachts bestätigt die Ausführungen der Sachverständigen. Soweit die Hausärztin einen täglichen Pflegeaufwand für das Aufstehen und Hinlegen von 20 Minuten annimmt, erscheint dieser Wert nicht ansatzweise nachvollziehbar. Die MDK-Gutachterin hat hier einen Aufwand von 2 Minuten pro Tag angenommen - ein Wert, welcher auch im Anbetracht der von der Hausärztin als Grund für ihre Pflegebeurteilung festgestellten Schwindelzustände eher plausibel erscheint. Die MDK-Gutachterin gelangt im Bereich Mobilität insgesamt zu einem Umfang von 13 Minuten, die gerichtliche Sachverständige von 20 Minuten, vor allem unter Berücksichtigung der erforderlichen Hilfen beim An- und Auskleiden. Innerhalb der Wohnung kann die Klägerin nach den Angaben der beiden Gutachterinnen selbständig gehen und stehen. Dies bestätigt auch die Hausärztin. Der von der Hausärztin angenommene Bedarf von täglich 10 Minuten erscheint daher auch nicht nachvollziehbar. Insgesamt erscheint dem Senat die Einschätzung zum Mobilitätsaufwand von insgesamt 20 Minuten durch die gerichtliche Sachverständige angemessen.
Daraus ergibt sich für die Grundpflege ein Pflegeaufwand von 42 Minuten Körperpflege, 6 Minuten Ernährung und 20 Minuten Mobilität, insgesamt von 68 Minuten. In diesem Bereich lagen auch die Bewertungen durch die beiden Gutachterinnen. Selbst die Hausärztin geht nur insgesamt von einem Pflegebedarf von nur 80 Minuten aus. Unter keiner Betrachtung ergibt sich ein Aufwand von 120 Minuten Grundpflege. Selbst wenn die Kinder der Klägerin täglich einen Pflegeaufwand von weiteren etwa 50 Minuten betreiben würden, wäre dieser von der Pflegegeldleistung der Beklagten bei Pflegestufe I umfasst. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Pflege die vorhandenen Ressourcen der pflegebedürftigen Klägerin nutzen soll. Die "Rosinenmethode" der Vertreter der Klägerin, von jeder Gutachterin/Ärztin für die einzelnen Verrichtungen jeweils unkritisch den günstigsten Wert ungeachtet der Erforderlichkeit der einzelnen Verrichtung und der eigenen Ressourcen der Klägerin anzusetzen, bietet keine Grundlage für eine sachgerechte Entscheidung über die Leistungen der Versichertengemeinschaft der Pflegeversicherten.
Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen bestehen nicht. Die gerichtliche Sachverständige hat mitgeteilt, dass sich der gesundheitliche Zustand der Klägerin in letzter Zeit nicht wesentlich verändert habe. Konkrete Anhaltspunkte für dauerhafte Verschlechterungen im Gesundheitszustand der Klägerin wurden auch nicht anlässlich des Erörterungstermins am 14. Dezember 2009 angegeben. Der Klägerin bleibt es unbenommen, bei einer wesentlichen Verschlechterung einen neuen Antrag zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs 2 SGG nicht vorliegt.
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