Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 26 R 3716/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1082/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM).
Die 1956 in S geborene Klägerin, für die ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt ist, erlernte in Serbien in einem 11-monatigen Kurs den Beruf der Näherin. Von ca. 1973 bis 1979 lebte sie in Frankreich, wo sie als Näherin im Geschäft ihres ersten Ehemannes arbeitete. Seit 1981 lebt die Klägerin in Deutschland und war bis 1987 als Raumpflegerin und Haushaltshilfe tätig, anschließend war sie als Hausfrau mit der Erziehung und Pflege ihrer vier Kinder beschäftigt. Von 1997 bis ca. November 2001 arbeitete sie - mit Unterbrechungen - als Reinigungskraft, zuletzt in Teilzeit. In den folgenden Jahren bezog die Klägerin Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld und –hilfe bzw. vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2007 Arbeitslosengeld II. In der Zeit von Februar 2006 bis Januar 2007 übte die Klägerin nochmals (arbeitstäglich von 09.00 bis 15.00) eine Tätigkeit im Rahmen eines "1-Euro-Jobs" aus, in der sie teilweise Dolmetscherdienste leistete, überwiegend jedoch in der Nähstube der Einrichtung beschäftigt war. Für die Zeit ab Juni 2007 sind im Versicherungsverlauf keinerlei rentenrechtliche Zeiten mehr vorgemerkt.
Am 07. Juli 2004 beantragte die Klägerin EM-Rente wegen Rückenschmerzen, Depressionen und Angsterkrankung. Die Beklagte zog den Bericht der B Klinik vom 30. August 1999 über die vom 15. Juni 1999 bis zum 19. Juli 1999 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen: Somatisierte Depression, Hypothyreose, lumbales Schmerzsyndrom bei Prolaps L5/S1, Cervikobrachial-Syndrom, Adipositas), aus der Klägerin mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten entlassen worden war, ein im Auftrag des Arbeitsamtes erstelltes Gutachten von Dr. W vom 30. Mai 2002 (drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen) und den Bericht der Fachklinik W GmbH, Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie vom 24. März 2003 über die medizinische Rehabilitation vom 04. Februar bis zum 18. März 2003 (Diagnosen: Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, somatoforme autonome Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems, kombinierte Persönlichkeitsstörung, Adipositas per magna), in dem der Klägerin eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen bescheinigt wurde, bei. Des Weiteren wertete die Beklagte den von der Klägerin vorgelegten Befundbericht (BB) des behandelnden Internisten Dr. G vom 25. Mai 2004 nebst Arztbericht der internistisch-kardiologischen Praxisgemeinschaft Dres. med. E u. a. vom 13. November 2003 (keine therapiebedüftigen Herzrhythmusstörungen, kein Hinweis auf kardiale Grunderkrankung) und den Bericht des Gemeinschaftskrankenhauses H vom 15. Januar 2004 über die stationäre Behandlung wegen Herzrasens vom 08. bis zum 15. Januar 2004 (kein krankhafter Befund) aus. Anschließend begutachtete die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie - Dr. S im Auftrage der Beklagten die Klägerin. In ihrem Gutachten vom 10./12. September 2004 stellte Frau Dr. S die Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer rezidivierenden Anpassungsstörung bei familiären und sozialen Konfliktsituationen, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, einer Adipositas per magna. Es zeigten sich rezidivierende vegetative Dysfunktionen, Ein- und Durchschlafstörungen sowie psychogene Essstörungen (Überessen), jedoch kein Anhalt für eine schwerwiegende depressive Symptomatik. Eine Verschlechterung des psychopathologischen Befunds im Vergleich zur stationären Reha-Mahnahme von 2003 ergebe sich nicht. Die Klägerin sei vollschichtig für leichte körperliche Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen leistungsfähig. Nach Auswertung des Gutachtens durch den prüfärztlichen Dienst (Dr. S-B lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 18. November 2004 ab. Ihren hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin unter Hinweis auf eine schwere Depression und eine chronische Schmerzkrankheit auf dem Boden dramatischer Gewalterfahrung in Jugend und Ehe sowie auf das im arbeitsamtsärztlichen Gutachten aus dem Jahre 2002 angenommene untervollschichtige Leistungsvermögen. Beigefügt waren u. a. eine ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie B-P vom 18. Januar 2005 sowie ein Kurzbericht über eine stationäre Behandlung vom 14. bis zum 25. Februar 2005 im H-Klinikum Ev B – Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie -. Nach Einholung eines BB von der behandelnden Psychiaterin Dr. B-P vom 08. Juni 2005 und einer beratungsärztlichen Stellungnahme (Dr. R-W wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01. Juli 2005 zurück.
Zur Begründung ihrer dagegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin Atteste/Stellungnahmen der sie behandelnden Psychiaterin B-P vom 19. Juli 2006 und 30. Januar 2007 (Diagnosen: chronische Anpassungsstörung, depressive Verstimmung, somatoforme Schmerzstörung, posttraumatische Belastungsstörung; Behandlung mit supportiven Gesprächen und Citalopram 20 mg 1-0-0) sowie einen Arztbrief der Klinik für Innere Medizin Kardiologie/Intensivmedizin im V-Klinikum N vom 09. November 2006 (stationäre Behandlung vom 06. bis zum 10. November 2006 wegen extrakardialen Thoraxschmerzes, Ausschluss eines akuten Myokardinfarkts) vorgelegt. Sie sei aus orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gründen nicht mehr in Lage, auch nur leichte Arbeiten regelmäßig drei Stunden täglich zu verrichten. Sämtliche Therapien seien gescheitert. Das SG hat zunächst BB der behandelnden Psychiaterin B-P vom 26. Januar 2006 und des Internisten Dr. G vom 21. Februar 2006 mit neurologischem Untersuchungsbefund der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 25. April 2005 (kein Wurzelkompressionsyndrom, kein manifestes neurologisches Defizit) und einen Bericht der Klinik für Neurologie im V-Klinikum N vom 25. Januar 2005 (stationäre konservative Behandlung vom 17. bis zum 25. Januar 2005 wegen Lumboischialgie; in Röntgenbild und MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) kein Nachweis von Bandscheiben (BS)-prolaps bzw. -protrusionen, lediglich diskrete degenerative Veränderungen; Röntgenübersichts-Aufnahme des Beckens ohne pathologischen Befund) beigezogen. Anschließend hat im Auftrag des SG die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie – Psychotherapie - Dr. S am 07. Dezember 2006 ein nervenärztliches Gutachten erstattet, in dem sie zu folgenden Diagnosen gekommen ist: - Chronifizierte Anpassungsstörung (F43.2.) - Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4.) - Somatoforme autonome Funktionsstörung des kardio-vaskulären Systems (F45.30) - Degenerativ bedingte WS- und Gelenkbeschwerden b. Z. n. BS-Vorfall L5/S1 rechts 1998 ohne persistierendes neurologisches Defizit - Adipositas per magna.
Die Klägerin könne trotz dieser Leiden noch regelmäßig sechs Stunden und mehr körperlich leichte Arbeiten im Freien oder in geschlossenen Räumen unter Vermeidung extremer klimatischer Bedingungen, im Wechsel der Haltungsarten unter Vermeidung von einseitigen körperlichen Belastungen, Arbeiten unter Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus, in Wechsel- oder Nachtschicht, an laufenden Maschinen oder auf Leitern und Gerüsten erbringen. Das Heben und Tragen von Lasten sei bis zu drei Kilogramm möglich. Tätigkeiten, die die Fingergeschicklichkeit voraussetzten, könnten geleistet werden. Die Merk- und Lernfähigkeit, das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit seien geringgradig beeinträchtigt. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit hinsichtlich von Tätigkeiten einfacher Art auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht beeinträchtigt. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen.
Durch Urteil vom 15. Mai 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen des gerichtlichen wie auch des Verwaltungsverfahrens bestünden bei der Klägerin zwar Beeinträchtigungen des Gelenk- und Skelettapparates und auch der Psyche, jedoch hätten diese noch nicht ein Ausmaß erreicht, dass ihre Erwerbsfähigkeit infrage gestellt werden könne. Der psychopathologische Befund der Sachverständigen Dr. S habe einen lebhaften Antrieb, einen überwiegend modulierten Affekt, ein inhaltlich ungestörtes Denken und eine leicht reduzierte Merkfähigkeit ohne gravierende Befunde beschrieben. Die Sachverständige stimme damit im Wesentlichen mit den Beurteilungen in den Vorgutachten sowie dem Heilverfahrens -Entlassungsbericht überein, so dass der abweichenden Einschätzung der behandelnden Ärztin zum Leistungsvermögen der Klägerin auch im Hinblick auf das ihre Objektivität möglicherweise beeinflussende Näheverhältnis zu ihrer Patientin kein höherer Beweiswert beizumessen gewesen sei.
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin unter Bezugnahme auf Stellungnahmen ihrer behandelnden Psychiaterin B-P vom 30. Januar 2007 und vom 13. Februar 2008 geltend gemacht, aufgrund der vielfältigen von der Sachverständigen Dr. S festgestellten Einschränkungen müsse zumindest von einem Summierungsfall ausgegangen werden. Zudem leide sie an einem Fibromyalgie -Syndrom, wie dem Arztbrief des H-Klinikums E v B vom 07. Januar 2008 zu entnehmen sei. Die Klägerin hat ein weiteres Attest der behandelnden Orthopäden Drs. R und R vom 18. Dezember 2008 vorgelegt.
Der Senat hat zunächst ein medizinisches Sachverständigengutachten von der Fachärztin für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin/Psychotherapie Dr. D vom 01. Dezember 2007 eingeholt, aus dem sich folgende Diagnosen ergeben:
- Depressive Phasen seit der Jugend - Anhaltende somatoforme Schmerzstörung - Posttraumatische Belastungsstörung - Anpassungsstörung - Belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden - Ausgeprägtes Übergewicht - Hypothyreose Hashimoto, medikamentös behandelt - Chronische rezidivierende Lumboischialgie - Rezidivierende Cervicobrachialgien - Gelegentliche Enddarmbeschwerden nach Hämorrhoidenoperation.
Die Klägerin könne trotz dieser Leiden noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten im Freien wie in geschlossenen Räumen, jedoch ohne Exposition von Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit oder Zugluft, überwiegend im Sitzen, zeitweilig im Stehen oder Sitzen mit der Möglichkeit, die Haltung zu wechseln, verrichten. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen, ein festgelegter Arbeitsrhythmus sowie Arbeiten unter Zeitdruck, in Wechsel- oder Nachtschicht, auf Gerüsten oder Leitern. Heben und Tragen von leichten Lasten sei möglich. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule (WS), der Arme und Beine sei reduziert, jedoch sei eine normale Fingerfertigkeit gegeben. Im Hinblick auf eine mögliche leichte Reduzierung des Gedächtnisses sowie der Konzentrationsfähigkeit könnten nur noch einfache geistige Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Hör- und Sehvermögen, die Reaktionsfähigkeit, Lese- und Schreibgewandtheit, Auffassungsgabe, Entschluss-, Verantwortungs-, Kontakt-, Anpassungs-, Umstellungs-, Lern- und Merkfähigkeit ausgeführt werden. Die Wegefähigkeit sei gegeben.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein weiteres Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T vom 20. Oktober 2008 eingeholt, der folgende Diagnosen gestellt hat: - Anhaltende somatoforme Schmerzstörung - Anpassungsstörung und kombinierte Persönlichkeitsstörung (histrionisch, abhängig, emotional-instabil).
Die Klägerin könne noch leichte körperliche sowie einfache geistige Arbeiten mit den bereits von den Vorgutachtern genannten qualitativen Einschränkungen, die seit Antragstellung bestünden, verrichten. Die Leistungsfähigkeit sei jedoch auf unter 6 Stunden täglich gesunken. Die Anpassungsstörung und die anhaltende somatoforme Schmerzstörung zeigten ein schweres Ausmaß und hätten seit mehreren Jahren einen progredienten Verlauf. Die Persönlichkeitsstörung habe sich seit der Jugend entwickelt und sei therapeutisch nicht mehr beeinflussbar. Die Klägerin sei von einem organmedizinischen Störungsmodell ihrer Krankheiten überzeugt, wobei ihr die Einsicht in psychodynamische Zusammenhänge nicht gelinge und keine Veränderungsbereitschaft bestehe. Im Weiteren stelle die aktuelle, sehr belastende Lebens- und Familiensituation einen schwerwiegenden, andauernden Faktor für das Krankheitsgeschehen dar. Entgegen der Diagnose einer schweren somatoformen Schmerzstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung durch die behandelnde Psychiaterin B-P zeigten sich bei der aktuellen Exploration keine typischen Merkmale für eine posttraumatische Belastungsstörung, allerdings existierten hier deutliche Überschneidungen zu einer Anpassungsstörung. Die behandelnde Psychiaterin habe in einem Telefongespräch angegeben, dass sich die psychiatrische Symptomatik in den letzten zwei Jahren eher verschlechtert habe, eine kontinuierliche Therapie sei wegen der geringen Behandlungstreue schwierig. Nach seiner Einschätzung habe Frau B-P den Schweregrad der psychiatrischen Störung überbetont und die noch verbleibenden Ressourcen zu gering eingeschätzt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 hat die Klägerin hyperventiliert, so dass ein Notarzt herbeigerufen werden musste (s. Notarzteinsatzprotokoll: Zustand nach Synkope bei Stresszustand). Der Prozessbevollmächtigte hat einen Erste-Hilfe-Bericht der V Klinik am U vom 15. März 2008 vorgelegt (Diagnose: akute Belastungsreaktion F43.8 nach Aufregung über eines ihrer Kinder) und erklärt, dass derartige Zustände nach Angaben der Klägerin in der letzten Zeit mehrmalig aufgetreten seien, was eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zeige. Der Anfall wie auch die weiteren Anfälle verdeutlichten die Schwere der psychischen Erkrankungen der Klägerin, so wie sie von Dr. T der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit zugrunde gelegt worden sei. Der ebenfalls anwesende Sohn der Klägerin hat erklärt, dass die Klägerin seines Wissens nach in den letzten zehn Tagen drei Mal so einen Anfall gehabt habe. Ob sie danach beim Arzt gewesen sei, wisse er nicht, sie habe wohl Tabletten zur Beruhigung der Nerven genommen.
Der Senat hat entsprechend dem Antrag der Klägerin weitere Ermittlungen durchgeführt und zunächst aktuelle BB der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie B vom 05. März 2009 (Chronische rezidivierende depressive Gedanken, Somatisierungsstörung, Angststörung, Cephalgien, Erschöpfungssyndrom, Erregungszustände, zurzeit Belastungsstörung), des Facharztes für Innere Medizin D L vom 03. April 2009 (Fibröse Anal(ring)-stenose) sowie der Fachärztin für Allgemeinmedizin B vom 18. Mai 2009 (Diabetes mellitus, Struma, chronisches BWS-Syndrom, Cephalgien, Hyperlipidämie, Adipositas, Hypothyreose, Verdacht auf Somatisierungsstörungen) und vom 07. Juni 2009 (Dorsalgie, Depressionen, Diabetes mellitus, Vertigo, Adipositas, labiler Hypertonus, multiple Gelenkschmerzen, chronische Gastritis, Angstzustände) eingeholt.
Anschließend hat der Senat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J A mit der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 24. August 2009 ist der Sachverständige zu den Diagnosen einer Somatisierungsstörung (ICD-10: 45.0), einer Lumboischialgie ohne nervale Beteiligung und einer hochgradigen Adipositas gekommen. Sowohl der psychopathologische als auch der neurologische Befund seien im Wesentlichen unauffällig, sehe man von der erheblichen Aggravation in Form von theatralisch überzeichnend vorgetragenen ausufernden Beschwerden, die kaum ein Organsystem oder Körperteil ausließen, ab. Zweifellos bestünden die genannten, aber nicht schwergradigen körperlichen Störungen, jedoch könnten deren Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit keine rentenrelevante signifikante Beeinträchtigung der Funktions- und Partizipationsfähigkeit begründen. Trotz Beschwerden durch degenerative Veränderungen im Bereich von HWS und LWS sei sowohl in der Vergangenheit als auch derzeit kein pathologischer neurologischer Befund erhoben worden. Nicht vereinbar mit dem ausufernden Beschwerdevortrag sei der Umstand, dass keine psychiatrische Pharmako-/Psychotherapie erfolge. Die Klägerin konsultiere zwar eine Nervenärztin, jedoch nur in etwa 4-wöchigem Rhythmus. Medikamente würden weder eingenommen, noch würden sie verordnet. Rehabilitationsmaßnahmen würden abgelehnt. Es werde nicht verkannt, dass die Klägerin zahlreiche Belastungssituationen erlebt habe, wie die Probleme mit den inzwischen erwachsenen Kinder, die herumhingen und keine Ausbildung machten, und ihre eigenen Gewalt- und Missbrauchserfahrungen mit den früheren Ehemännern sowie die Probleme in der dritten Ehe. Gleichwohl sei die Klägerin im familiären Bereich aktiv, habe sich inzwischen mit Hilfe der Familie so eingerichtet, dass sie ihr Leben, zwar nicht frei von Frustration und sporadischen Verstimmungen, aber ohne belangvolle Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit führen könne. Die Klägerin könne trotz der festgestellten seelischen Störung noch vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den aus den Vorgutachten ersichtlichen Einschränkungen verrichten. Das Hör- und Sehvermögen, das Reaktionsvermögen, die Lese- und Schreibgewandtheit, die Lern- und Merkfähigkeit, die Konzentration und Auffassung seien nicht eingeschränkt, die Fähigkeit zu komplexen Urteilsbildungen, strategischem Denken und Handeln und Flexibilität seien begrenzt. Die Klägerin sei wegefähig.
Die Klägerin hat gegen das Gutachten von Dr. A eingewandt, dass es nicht den Leitlinien der ärztlichen Begutachtung in der Psychosomatik und psychotherapeutischen Medizin (Sozialrechtsfragen, Schneider/Henningsen/Rüger, Sozialmedizinische Begutachtung in Psychosomatik und Psychotherapie, Verlag Hans Huber 2001, Seiten 273 ff.) entspreche. Da sie an einer Somatisierungsstörung leide und sich subjektiv für voll erwerbsgemindert halte, wäre eine "Persönlichkeitsdiagnostik" unabhängig vom Vorliegen einer eventuellen Persönlichkeitsstörung unentbehrlich gewesen. Hierfür hätte sich die OPD (operationalisierte psychodynamische Diagnostik) angeboten. Der Gutachter Dr. A habe aber nur klinisch begutachtet, ohne auf ihre subjektive Erwerbsminderung einzugehen. Der Sachverständige Dr. A hat in einer ergänzenden psychiatrischen Stellungnahme vom 21. September 2009 ausgeführt, dass Tests zu Erfassung der Persönlichkeit zwar ihren Nutzen für die Feinheiten der Differenzialdiagnose hätten, jedoch zur Erfassung von Funktions- bzw. Partizipationsdefiziten im Rahmen von Begutachtungen nicht validiert und deswegen unbrauchbar seien. Aggravatorische Phänomene würden von Tests dieser Art nicht erfasst, sie seien also nicht valider, als das auf einen differenzierten psychopathologischen Befund gestützte Urteil des Untersuchers. Die Klägerin hat ergänzend ein Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. R für das Versorgungsamt vom 24. September 2009, eine ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie B vom 06. Oktober 2009 zum Gutachten von Dr. A, ein Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin B vom 19. Oktober 2009, einen Bericht der Heilpraktikerin G S vom 15. Oktober 2009 für das Schwerbehinderten-Verfahren sowie einen Bericht über eine stationäre Behandlung vom 30. Oktober bis zum 02. November 2009 des V Klinikum am U (Diagnosen: paroxysmales Vorhofflimmern, arterieller Hypertonus, Adipositas, Diabetes mellitus, Hypothyreose; deutliche Besserung unter Therapie mit Betablocker) vorgelegt. Dr. A hat hierzu in einer ergänzenden Stellungnahme vom 17. November 2009 ausgeführt, dass die in den vorgelegten medizinischen Unterlagen behaupteten Einschränkungen und Beschwerden weder neu noch rentenrelevant seien und im Wesentlichen auf dem subjektiven Beschwerdevortrag beruhten, nicht jedoch anhand objektivierbarer Befunde begründet würden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Mai 2007 sowie den Bescheid vom 18. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. Juli 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Klägerin nach wie vor auch unter Berücksichtigung des psychiatrischen Gutachtens von Dr. A für vollschichtig leistungsfähig und tritt der Beurteilung des Sachverständigen Dr. T unter Bezugnahme auf die beratungsärztliche Stellungnahme der Nervenärztin Dr. K vom 04. November 2008 entgegen. Der Sachverständige Dr. A gehe in allen Punkten nachvollziehbar auf die ihm vorgelegten Unterlagen ein, inhaltlich könne auch aus sozialmedizinischer Sicht seiner Stellungnahme nichts hinzugefügt werden (prüfärztliche Stellungnahmen des Nervenarztes/Sozialmedizin Dr. L vom 30. Oktober 2009 und 09. Dezember 2009).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Rentenanspruch richtet sich nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach Auswertung der im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten auf allgemeinmedizinischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie - Dr. S vom 10./12. September 2004, die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie – Psychotherapie - Dr. S vom 07. Dezember 2006, die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin/Psychotherapie Dr. D vom 01. Dezember 2007 und den Arzt für Psychiatrie und Neurologie – Psychotherapie - Dr. A vom 24. August 2009 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 21. September 2009 und 17. November 2009 ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin nicht erwerbsgemindert ist.
Auf internistisch-allgemeinmedizinischem Gebiet bestehen nach den gutachterlichen Feststellungen von Dr. D ein ausgeprägtes Übergewicht, gelegentliche Enddarmbeschwerden nach Hämorrhoidenoperation, eine Hypothyreose Hashimoto und ein latentes metabolisches Syndrom mit latentem Diabetes mellitus und latentem Hypertonus. Das Schilddrüsenleiden ist medikamentös kompensierbar und der latente Diabetes wie auch der Hypertonus sind bisher nicht medikamentös behandlungsbedürftig. Eine Herzerkrankung oder Herzrythmusstörungen konnten bis Oktober 2009 nicht objektiviert werden, eine darauf hinweisende Therapie war nicht verordnet worden (vgl. Arztbericht der internistisch-kardiologischen Praxisgemeinschaft Dres. med. E u. a. vom 13. November 2003; Berichte des Gemeinschaftskrankenhauses H vom 15. Januar 2004 über eine stationäre Behandlung vom 08. bis zum 15. Januar 2004 und der Klinik für Innere Medizin Kardiologie/ Intensivmedizin im V-Klinikum N vom 09. November 2006über eine stationäre Behandlung vom 06. bis zum 10. November 2006). Auch der behandelnde Internist Dr. G (BB vom 21. Februar 2006) vermochte Zeichen einer kardialen Dekompensation nicht festzustellen. Ebenso wenig berichteten die Allgemeinmedizinerin B (BB vom 18. Mai 2009 und 07. Juni 2009, Attest vom 19. Oktober 2009) und der Internist L (BB vom 03. April 2009) über manifeste Herz- Kreislauferkrankungen. Erstmals im Rahmen der stationären Behandlung vom 30. Oktober bis zum 02. November 2009 im V Klinikum am U(vgl. Bericht vom 30. Oktober 2009) wurde ein paroxysmales Vorhofflimmern festgestellt. Da jedoch unter einer medikamentösen Therapie sofort eine deutliche Besserung eintrat, handelte es sich allenfalls um einen vorübergehenden behandlungsbedürftigen und – fähigen Zustand. Auf orthopädischem Gebiet bestehen im Wesentlichen ein Zustand nach im Jahr 1998 bei einem Verhebetrauma erlittenen BS-Vorfall L5/S1 mit Wurzelkontakt ohne neurologische Ausfälle (Bericht des E Krankenhauses vom 08. Oktober 1998, für den MDK erstelltes Gutachten des Dr. G vom 15. Dezember 1998), chronisch rezidivierende Lumboischialgien und Cervicobrachialgien sowie belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden (Gutachten von Dr. D vom 01. Dezember 2007, Atteste der behandelnden Orthopäden Drs. R und R vom 18. Dezember 2008, Bericht der Klinik für Neurologie im V-Klinikum N vom 25. Januar 2005über eine stationäre Behandlung vom 17. bis zum 25. Januar 2005). Wesentliche qualitative Einschränkungen, die die Anforderungen an eine leichte körperliche Arbeit übersteigen, resultieren aus diesen Krankheiten jedoch nicht, wie Dr. D zutreffend ausgeführt hat. Die nach dem orthopädischen Befund erkennbaren Funktionseinschränkungen am Stütz- und Bewegungsapparat sind als eher mäßiggradig einzuschätzen. Sie sind also nicht so schwerwiegend, als ihnen nicht eine zumindest leichte Arbeit überwiegend im Sitzen, zeitweilig im Stehen oder Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels, ohne schweres Heben und Tragen und unter Ausschluss von Arbeiten mit einseitigen körperlichen Belastungen, festgelegtem Arbeitsrhythmus, unter Zeitdruck, in Nachtschicht (wegen der beklagten Schlafstörungen), auf Gerüsten oder Leitern gerecht würde. Eine normale Fingerfertigkeit ist gegeben. Der wegen des Übergewichts und der degenerativen Verschleißerscheinungen reduzierten Belastbarkeit der WS und der Beine trägt die Beschränkung auf leichte Arbeiten, d. h. auf Arbeiten, die mit einem regelmäßigen Heben und Tragen von Lasten mit einem Gewicht von unter 10 kg verbunden sind, hinreichend Rechnung. Gründe, die eine Einschränkung der Wegefähigkeit oder eine unübliche Pausenregelung erforderlich machen würden, sind nicht erkennbar.
Die Schlussfolgerung der Sachverständigen Dr. D, die Klägerin könne bei Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, ist deshalb nicht zu beanstanden. Hierbei kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass Dr. D – und später in weit größerem Umfang auch Dr. A bei der Klägerin ein deutliches Ausweich- und Aggravationsverhalten mit Beklagen vielfältigster Beschwerden und eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Beschwerdeschilderung, den radiologisch dokumentierten Befunden und den objektivierbaren Funktionseinschränkungen festgestellt hat. Insbesondere sind schwerwiegende Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates nicht belegt. So ergab das während eines stationären Aufenthalts der Klägerin vom 17. bis zum 25. Januar 2005 (konservative Behandlung der Lumboischialgie) in der Klinik für Neurologie im V-Klinikum N gefertigte MRT der LWS keinen Nachweis eines BS-Prolapses bzw. von BS-Protrusionen, sondern lediglich sehr diskrete degenerative Veränderungen. Weder der neurologische Untersuchungsbefund der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 25. April 2005 noch die bei den Begutachtungen durch die gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch, Dr. Dund Dr. A erhobenen Befunde oder der Untersuchungsbefund des H-Klinikums E v B vom 07. Januar 2008 lassen Anzeichen für ein Wurzelkompressionsyndrom oder ein manifestes neurologisches Defizit erkennen. Der behandelnde Internist Dr. Gbeschreibt in seinem BB vom 21. Februar 2006 ebenfalls nur eine Skoliose und Hyperlordose der LWS mit mäßiger Funktionseinschränkung, eine verspannte Nacken-, Schulter-, Rückenmuskulatur sowie eine Arthrose der Kniegelenke ohne Funktionseinschränkung.
Die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen bedingen bis auf eine Beschränkung auf einfache geistige Arbeiten keine weitergehenden qualitativen oder quantitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens der Klägerin. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Gutachten der Ärzte für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie - Dr. S(Gutachten vom 10./12. September 2004), Dr. S (Gutachten vom 07. Dezember 2006) und Dr. A (Gutachten vom 24. August 2009 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 21. September 2009 und 17. November 2009). Keiner der Sachverständigen/Gutachter hat bei der Klägerin einen pathologischen neurologischen Befund erheben können. Auf psychiatrischem Gebiet hat Dr. A eine Somatisierungsstörung (ICD-10: 45.0) festgestellt und ist insoweit von den Diagnosen von Dr. S (anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende Anpassungsstörung bei familiären und sozialen Konfliktsituationen, kombinierte Persönlichkeitsstörung) und von Dr. S (chronifizierte Anpassungsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, somatoforme autonome Funktionsstörung des kardio-vaskulären Systems) abgewichen. Der Sachverständige hat dies jedoch nachvollziehbar damit begründet, dass er zwar andere diagnostische Begriffe gebrauche, aber der Befunderhebung und der Leistungsbeurteilung der Gutachterin Dr. S zustimme. Die von allen Sachverständigen erhobenen Befunde lassen sich auch in Übereinstimmung bringen. Dr. S hat dargelegt, dass die Klägerin unter rezidivierenden vegetativen Dysfunktionen, Ein- und Durchschlafstörungen sowie psychogenen Essstörungen in Form von Überessen leide, und mit ausgeprägt histrionischen Persönlichkeitszügen und einer sehr lebhaften, dramatisierenden Beschwerdedarstellung imponiere. Eine schwerwiegende depressive Symptomatik liege jedoch nicht vor, ebenso wenig ergebe sich eine Verschlechterung des psychopathologischen Befunds im Vergleich zur stationären Reha-Maßnahme von 2003. Die Gutachterin Dr. S hat bei einer hyperexpressiv ausgeprägten Persönlichkeitsstruktur der Klägerin ein stärker im somatischen als im psychischen Bereich ausgeprägtes Krankheitsgefühl festgestellt; der Klägerin gelinge es entsprechend dem Krankheitsbild der somatoformen Störungen nicht, ihre körperlich empfundenen Beschwerden einer psychiatrischen Erkrankung zuzuordnen. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. D hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Klägerin auf die Mitteilung ihrer vielfältigen Schmerzzustände in unterschiedlichen Körperregionen und mit verschiedenem Charakter konzentriert sei. Trotz der zweifellos bei der Klägerin bestehenden körperlichen Störungen stünden im Vordergrund die theatralisch, mit sehr langsamen Bewegungen und häufigem Stöhnen vorgetragenen, ausufernden und nicht ausreichend auf körperliche Erkrankungen zurückzuführenden Beschwerden, die kaum ein Organsystem oder Körperteil ausließen und die bereits zu häufigen Arztwechseln geführt hätten. Die in dieser Form von allen Gutachtern beobachteten Störungen hat der Sachverständige Dr. A zutreffend als Somatisierungsstörung (ICD-10: F45.0) zusammengefasst. Soweit Dr. D darüber hinausgehend depressiven Phasen (Schwermütigkeit) seit Jugend und eine posttraumatische Belastungs- und Anpassungsstörung festgestellt hat, fehlt es der – wohl von der behandelnden Psychiaterin B übernommenen – Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung an einer Begründung. Auch lässt der von der Sachverständigen Dr. D erhobene psychische Befund nicht die Symptome einer manifesten depressiven Erkrankung erkennen. So hat sie ausgeführt, die Klägerin sei voll orientiert, ihr Verhalten situationsadäquat, der Antrieb normal, sie spreche offen, mit Nachdruck und unterstützender Gestik, Grundstimmung und Affekt seien normal, wenn auch gelegentlich etwas theatralisch, sie sei gut schwingungsfähig. Ohne Zweifel hat die Klägerin einschneidende negative Erlebnisse berichtet, indem sie bereits durch ihren Vater, später durch ihre Ehemänner die Erfahrung von Gewalt, Missbrauch und Betrug gemacht habe und in andauernden familiären Schwierigkeiten lebe, verursacht durch die drei, inzwischen erwachsenen Kinder, die keinen Schulabschluss und keine Berufsausbildung gemacht hätten und ohne Perspektive seien. Gleichwohl ist die Klägerin – wie sich auch aus ihren Schilderungen bei der Untersuchung durch Dr. A ergibt - im familiären Bereich durchaus aktiv und hat sich so eingerichtet, dass sie ihren Alltag und die anstehenden Arbeiten mit Hilfe ihrer Kinder bewältigt und bei ihnen jedenfalls partiell Unterstützung und Anerkennung findet. So hat die Klägerin angegeben, gemeinsam mit den Kindern zu frühstücken, auch koche sie gern und die Familie esse gemeinsam gegen 15:00 Uhr. Im Übrigen werde telefoniert, ein wenig spazieren gegangen. Es bestehe ein Kreis guter Bekannter und Freundschaften, die gepflegt würden. Gegen Mitternacht gehe sie zu Bett, vorher werde ferngesehen, gelegentlich komme jemand zu Besuch. In der Regel verbringe sie jährlich mindestens drei Wochen in der Heimat. Schließlich lassen sich auch die von der Klägerin in Anspruch genommenen Behandlungen nicht mit der von Dr. D erhobenen Diagnose einer Depression in Übereinstimmung bringen. Die Klägerin sucht ihre Nervenärztin in nur etwa 4-wöchigem Rhythmus auf, Medikamente (z. Bsp. Antidepressiva in einer therapeutisch wirksamen Dosis) werden weder eingenommen noch verordnet, Rehabilitationsmaßnahmen werden abgelehnt.
Der Senat vermag auch nicht dem Einwand der Klägerin gegen das Gutachten von Dr. A, es entspreche nicht den Leitlinien der ärztlichen Begutachtung in der Psychosomatik und psychotherapeutischen Medizin, zu folgen. Die von der Klägerin vermissten Testverfahren zur "Persönlichkeitsdiagnostik" sind – wie der Senat bereits in vorhergehenden Verfahren (Urteile vom 18. November 2009, L 3 R 207/07, vom 30. November 2006, L 3 RJ 40/04, und vom 27. Juli 2007, L 3 RJ 101/04, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de) unter Berufung auf Sachverständige entschieden hat -, nur bedingt zur Ermittlung von Leistungseinschränkungen im Rentenverfahren geeignet, da diese psychometrischen Testverfahren maßgeblich von der Mitarbeit der Rentenantragsteller abhängig sind. So sind derartige Testverfahren für intelligente Versuchspersonen in ihrer Zielrichtung gut erfassbar und ermöglichen eine dem eigenen Ziel entsprechende Beantwortung der Fragen. Gerade für Bezugspersonen mit Tendenz zur Aggravation von Beschwerden, wie es bei der Klägerin der Fall ist, sind diese Tests daher in ihrer Validität stark eingeschränkt, so dass maßgeblich die Beobachtung und der klinische Befund sind (vgl. auch die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften für die Begutachtung von Schmerzen – AWMF–Leitlinien Register Nr. 030/102 - und für die Begutachtung in der Psychosomatik und Psychotherapeutischen Medizin - AWMF–Leitlinien Register Nr. 051/022 -; jeweils abrufbar unter http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/). Nach alledem ist den Sachverständigen Dr. S, Dr. S und Dr. A dahingehend zu folgen, dass die zweifellos bestehenden körperlichen Störungen bei psychopathologisch und neurologisch im Wesentlichen unauffälligem Befund kein rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen zu begründen vermögen. Die Klägerin kann trotz der seelischen Störung noch vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den bereits aufgeführten Einschränkungen verrichten. Die Klägerin ist in ihrem Hör- und Sehvermögen, Reaktionsvermögen, der Lese- und Schreibgewandtheit, der Lern- und Merkfähigkeit, der Konzentration und Auffassung nicht eingeschränkt soweit es die Ausübung einfacher geistiger Tätigkeiten betrifft. Sowohl die Feststellung von Dr. A, dass die Fähigkeit der Klägerin zu komplexen Urteilsbildungen, strategischem Denken und Handeln und Flexibilität begrenzt sei, als auch die Ausführungen der Sachverständigen Dr. S und Dr. D zu den kognitiven Fähigkeiten der Klägerin betreffen nur Tätigkeiten mit höheren geistigen Anforderungen, als die dem Ausbildungsniveau der Klägerin entsprechenden und zumutbaren Tätigkeiten. Auch ist sie wegefähig. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Feststellung der Gutachterin Dr. S hinzuweisen, dass die zahlreichen aufgezählten Beschwerden die Klägerin nicht an der Teilnahme an der "1-Euro-Job"-Maßnahme, für die sie zweimal täglich ca. eine ¾ Stunde Fahrweg bewältigt und deren Ende im Dezember 2006 sie bedauert hat, gehindert haben.
Die Klägerin kann ihre Berufung auch nicht erfolgreich auf das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. T vom 20. Oktober 2008 stützen. Für die abschließende Einschätzung des Sachverständigen, die Klägerin sei für leichte körperliche sowie einfache geistige Arbeiten mit den bereits genannten qualitativen Einschränkungen nur noch für unter sechs Stunden leistungsfähig, fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung. So hat Dr. T im Vergleich zu den Vorgutachtern Dr. S und Dr. S ausdrücklich keinen neuen psychischen Befund erhoben. Obwohl Dr. T in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern die Neigung der Klägerin zur Verdeutlichung ihrer vielfältigen körperlichen Beschwerden und der als unbefriedigend erlebten familiären und sozialen Situation beschrieben hat, die auf eine histrionische (hysterische) Persönlichkeitsstruktur zurückzuführen sei, hat er seine Leistungsbeurteilung jedoch in erster Linie auf den subjektiven Beschwerdevortrag der Klägerin, der etliche Seiten seines Gutachtens in Anspruch nimmt, gestützt. Eine kritische Hinterfragung unter Einbeziehung einer ausführlichen Erhebung zu den Alltagsaktivitäten und den sozialen Kontakten fehlt. Dem ausufernden Beschwerdevorbringen setzt Dr. T nur einen äußerst knappen, allgemein gehaltenen Befund nebst wörtlicher Wiedergabe der Definitionen aus dem ICD-10 bezüglich der von ihm diagnostizierten Störungen (anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Anpassungsstörung, kombinierte Persönlichkeits-Störung) entgegen, wobei er jeweils ohne weitere Begründung anmerkt, dass die genannten Kriterien auf die Klägerin zuträfen und deren Gesundheitsstörungen ein schweres Ausmaß zeigten. Aggravatorische Faktoren werden zwar festgestellt ("Verdeutlichungstendenzen"), fließen jedoch nicht in die Leistungsbewertung ein. Diese erscheint auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Dr. T gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass er die Einschätzung der behandelnden Nervenärztin B vom Vorliegen einer schweren somatoformen Schmerzstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung für nicht begründet halte und dass die Ärztin die noch verbleibenden Ressourcen zu gering einschätze. Ebenso wenig leuchtet ein, dass der Sachverständige die quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung zurück bezogen hat, obwohl im Hinblick auf seine telefonische Rückfrage bei Frau B die Annahme eines untervollschichtigen Leistungsvermögens allenfalls in den letzten zwei Jahren vor seiner Begutachtung in Betracht gekommen wäre.
Ebenso wenig vermögen die von der Klägerin vorgelegte ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie B vom 06. Oktober 2009 zum Gutachten von Dr. A, das Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin B vom 19. Oktober 2009 sowie der Bericht der Heilpraktikerin G S vom 15. Oktober 2009 für das Schwerbehinderten-Verfahren ihrer Berufung zum Erfolg zu verhelfen. So beruhen, wie Dr. A in einer ergänzenden Stellungnahme vom 17. November 2009 nachvollziehbar ausgeführt hat, die in den vorgelegten medizinischen Unterlagen bestätigten Einschränkungen oder die sogar angenommene völlige Aufhebung der Erwerbsfähigkeit im Wesentlichen auf dem subjektiven Beschwerdevortrag bzw. auf mehr oder minder plausiblen Hypothesen zur Entstehungsweise, sie sind jedoch nicht näher begründet. Die behandelnde Nervenärztin B attestiert seit Jahren schwierige Lebensverhältnisse, Traumatisierungen in der Vergangenheit etc. und stützt ihre Leistungsbeurteilung auf die Problem- bzw. Beschwerdeschilderung, ohne objektivierende psychopathologische Befunde mitzuteilen und ihre Diagnosen anhand international gültiger Diagnosekriterien zu untermauern. Die Allgemeinmedizinerin B behauptet ohne weitere Begründung eine Symptomverschlechterung. Die Heilpraktikerin S schließlich hat keine Beurteilungskriterien der wissenschaftlichen Medizin angewendet und würfelt Diagnosebegriffe, Syndrome sowie Einzelsymptome zusammen, so dass man den Eindruck hat, dass es kein Symptom und keine Störung gebe, die die Klägerin nicht habe. Soweit schließlich der Orthopäde Dr. R in einem Bericht an das Versorgungsamt vom 24. September 2009 die Liste der Diagnosen um das Fibromyalgie-Syndrom erweitert und ein therapieresistentes komplexes Schmerzsyndrom angegeben hat, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Sachverständigen ein Fibromyalgie-Syndrom nicht feststellen konnten. Vielmehr sind die daraus folgenden Symptome von der Somatisierungsstörung erfasst und werden bei den qualitativen Leistungseinschränkungen berücksichtigt. Im Übrigen fehlt es an der Angabe von Befunden und konkreten Funktionseinschränkungen, die über die bereits berücksichtigen hinausgehen würden. Eine Therapieresistenz des Schmerzsyndroms kann mangels Vorliegen eines dokumentierten adäquaten Therapieversuchs nicht nachvollzogen werden. Die Klägerin hat sich bisher weder einer adäquaten (multimodalen) Schmerztherapie noch einer Gewichtsreduktion unterzogen oder die angegebene psychische (depressive) Komponente mit einer entsprechenden Medikamentation behandeln lassen.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die es auch bei Versicherten, die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sind und noch körperlich leichte Arbeiten von mindestens sechsstündiger Dauer arbeitstäglich mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen verrichten können, erforderlich machen würde, (zumindest) eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen, ist im Fall der Klägerin nicht anzunehmen. Eine derartige Summierung setzt voraus, dass die durch die Gesundheitsstörungen (Krankheiten oder Behinderungen) hervorgerufenen Beeinträchtigungen aufgrund ihrer Art oder ihres Schweregrades ungewöhnliche oder spezifische Auswirkungen auf das Leistungsvermögen haben. Zur Überzeugung des Senats liegen bei der Klägerin jedoch keine entsprechenden qualitativen Leistungseinschränkungen vor. Bei der Klägerin sind einige organisch bedingte Beeinträchtigungen vorhanden, die – wie auch das Schmerzsyndrom – in Form der Beschränkung auf leichte körperliche Arbeiten mit weiteren Einschränkungen schon umfassend berücksichtigt worden sind. Den aus den psychischen Leiden folgenden Beeinträchtigungen wird durch die Beschränkung auf einfache geistige Arbeiten, die in der Regel nicht mit besonderen Anforderungen an die Konzentrations- und Merkfähigkeit verbunden sind, wie auch durch den Ausschluss von Nachtschicht Rechnung getragen. Da die Kontaktfähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt ist, sie vielmehr, wie aus dem Sachverständigengutachten von Dr. S deutlich geworden ist, "unter Menschen auflebt", könnte sie noch einfache Pförtnertätigkeiten (Tagespforte, Personalpforte) verrichten. Bei uneingeschränkter Fingerbeweglichkeit kommen zudem einfache Sortier- und Montagetätigkeiten für Kleinteile (geringes Gewicht) in Betracht. Da mithin ein so genannter Summierungsfall nicht vorliegt, bedarf es auch nicht einer weitergehenden Benennung von Tätigkeiten, die die Klägerin noch ausüben kann.
Nach alledem liegt bei der Klägerin weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG:
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM).
Die 1956 in S geborene Klägerin, für die ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt ist, erlernte in Serbien in einem 11-monatigen Kurs den Beruf der Näherin. Von ca. 1973 bis 1979 lebte sie in Frankreich, wo sie als Näherin im Geschäft ihres ersten Ehemannes arbeitete. Seit 1981 lebt die Klägerin in Deutschland und war bis 1987 als Raumpflegerin und Haushaltshilfe tätig, anschließend war sie als Hausfrau mit der Erziehung und Pflege ihrer vier Kinder beschäftigt. Von 1997 bis ca. November 2001 arbeitete sie - mit Unterbrechungen - als Reinigungskraft, zuletzt in Teilzeit. In den folgenden Jahren bezog die Klägerin Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld und –hilfe bzw. vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2007 Arbeitslosengeld II. In der Zeit von Februar 2006 bis Januar 2007 übte die Klägerin nochmals (arbeitstäglich von 09.00 bis 15.00) eine Tätigkeit im Rahmen eines "1-Euro-Jobs" aus, in der sie teilweise Dolmetscherdienste leistete, überwiegend jedoch in der Nähstube der Einrichtung beschäftigt war. Für die Zeit ab Juni 2007 sind im Versicherungsverlauf keinerlei rentenrechtliche Zeiten mehr vorgemerkt.
Am 07. Juli 2004 beantragte die Klägerin EM-Rente wegen Rückenschmerzen, Depressionen und Angsterkrankung. Die Beklagte zog den Bericht der B Klinik vom 30. August 1999 über die vom 15. Juni 1999 bis zum 19. Juli 1999 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen: Somatisierte Depression, Hypothyreose, lumbales Schmerzsyndrom bei Prolaps L5/S1, Cervikobrachial-Syndrom, Adipositas), aus der Klägerin mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten entlassen worden war, ein im Auftrag des Arbeitsamtes erstelltes Gutachten von Dr. W vom 30. Mai 2002 (drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen) und den Bericht der Fachklinik W GmbH, Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie vom 24. März 2003 über die medizinische Rehabilitation vom 04. Februar bis zum 18. März 2003 (Diagnosen: Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, somatoforme autonome Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems, kombinierte Persönlichkeitsstörung, Adipositas per magna), in dem der Klägerin eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen bescheinigt wurde, bei. Des Weiteren wertete die Beklagte den von der Klägerin vorgelegten Befundbericht (BB) des behandelnden Internisten Dr. G vom 25. Mai 2004 nebst Arztbericht der internistisch-kardiologischen Praxisgemeinschaft Dres. med. E u. a. vom 13. November 2003 (keine therapiebedüftigen Herzrhythmusstörungen, kein Hinweis auf kardiale Grunderkrankung) und den Bericht des Gemeinschaftskrankenhauses H vom 15. Januar 2004 über die stationäre Behandlung wegen Herzrasens vom 08. bis zum 15. Januar 2004 (kein krankhafter Befund) aus. Anschließend begutachtete die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie - Dr. S im Auftrage der Beklagten die Klägerin. In ihrem Gutachten vom 10./12. September 2004 stellte Frau Dr. S die Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer rezidivierenden Anpassungsstörung bei familiären und sozialen Konfliktsituationen, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, einer Adipositas per magna. Es zeigten sich rezidivierende vegetative Dysfunktionen, Ein- und Durchschlafstörungen sowie psychogene Essstörungen (Überessen), jedoch kein Anhalt für eine schwerwiegende depressive Symptomatik. Eine Verschlechterung des psychopathologischen Befunds im Vergleich zur stationären Reha-Mahnahme von 2003 ergebe sich nicht. Die Klägerin sei vollschichtig für leichte körperliche Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen leistungsfähig. Nach Auswertung des Gutachtens durch den prüfärztlichen Dienst (Dr. S-B lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 18. November 2004 ab. Ihren hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin unter Hinweis auf eine schwere Depression und eine chronische Schmerzkrankheit auf dem Boden dramatischer Gewalterfahrung in Jugend und Ehe sowie auf das im arbeitsamtsärztlichen Gutachten aus dem Jahre 2002 angenommene untervollschichtige Leistungsvermögen. Beigefügt waren u. a. eine ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie B-P vom 18. Januar 2005 sowie ein Kurzbericht über eine stationäre Behandlung vom 14. bis zum 25. Februar 2005 im H-Klinikum Ev B – Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie -. Nach Einholung eines BB von der behandelnden Psychiaterin Dr. B-P vom 08. Juni 2005 und einer beratungsärztlichen Stellungnahme (Dr. R-W wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01. Juli 2005 zurück.
Zur Begründung ihrer dagegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin Atteste/Stellungnahmen der sie behandelnden Psychiaterin B-P vom 19. Juli 2006 und 30. Januar 2007 (Diagnosen: chronische Anpassungsstörung, depressive Verstimmung, somatoforme Schmerzstörung, posttraumatische Belastungsstörung; Behandlung mit supportiven Gesprächen und Citalopram 20 mg 1-0-0) sowie einen Arztbrief der Klinik für Innere Medizin Kardiologie/Intensivmedizin im V-Klinikum N vom 09. November 2006 (stationäre Behandlung vom 06. bis zum 10. November 2006 wegen extrakardialen Thoraxschmerzes, Ausschluss eines akuten Myokardinfarkts) vorgelegt. Sie sei aus orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gründen nicht mehr in Lage, auch nur leichte Arbeiten regelmäßig drei Stunden täglich zu verrichten. Sämtliche Therapien seien gescheitert. Das SG hat zunächst BB der behandelnden Psychiaterin B-P vom 26. Januar 2006 und des Internisten Dr. G vom 21. Februar 2006 mit neurologischem Untersuchungsbefund der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 25. April 2005 (kein Wurzelkompressionsyndrom, kein manifestes neurologisches Defizit) und einen Bericht der Klinik für Neurologie im V-Klinikum N vom 25. Januar 2005 (stationäre konservative Behandlung vom 17. bis zum 25. Januar 2005 wegen Lumboischialgie; in Röntgenbild und MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) kein Nachweis von Bandscheiben (BS)-prolaps bzw. -protrusionen, lediglich diskrete degenerative Veränderungen; Röntgenübersichts-Aufnahme des Beckens ohne pathologischen Befund) beigezogen. Anschließend hat im Auftrag des SG die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie – Psychotherapie - Dr. S am 07. Dezember 2006 ein nervenärztliches Gutachten erstattet, in dem sie zu folgenden Diagnosen gekommen ist: - Chronifizierte Anpassungsstörung (F43.2.) - Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4.) - Somatoforme autonome Funktionsstörung des kardio-vaskulären Systems (F45.30) - Degenerativ bedingte WS- und Gelenkbeschwerden b. Z. n. BS-Vorfall L5/S1 rechts 1998 ohne persistierendes neurologisches Defizit - Adipositas per magna.
Die Klägerin könne trotz dieser Leiden noch regelmäßig sechs Stunden und mehr körperlich leichte Arbeiten im Freien oder in geschlossenen Räumen unter Vermeidung extremer klimatischer Bedingungen, im Wechsel der Haltungsarten unter Vermeidung von einseitigen körperlichen Belastungen, Arbeiten unter Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus, in Wechsel- oder Nachtschicht, an laufenden Maschinen oder auf Leitern und Gerüsten erbringen. Das Heben und Tragen von Lasten sei bis zu drei Kilogramm möglich. Tätigkeiten, die die Fingergeschicklichkeit voraussetzten, könnten geleistet werden. Die Merk- und Lernfähigkeit, das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit seien geringgradig beeinträchtigt. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit hinsichtlich von Tätigkeiten einfacher Art auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht beeinträchtigt. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen.
Durch Urteil vom 15. Mai 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen des gerichtlichen wie auch des Verwaltungsverfahrens bestünden bei der Klägerin zwar Beeinträchtigungen des Gelenk- und Skelettapparates und auch der Psyche, jedoch hätten diese noch nicht ein Ausmaß erreicht, dass ihre Erwerbsfähigkeit infrage gestellt werden könne. Der psychopathologische Befund der Sachverständigen Dr. S habe einen lebhaften Antrieb, einen überwiegend modulierten Affekt, ein inhaltlich ungestörtes Denken und eine leicht reduzierte Merkfähigkeit ohne gravierende Befunde beschrieben. Die Sachverständige stimme damit im Wesentlichen mit den Beurteilungen in den Vorgutachten sowie dem Heilverfahrens -Entlassungsbericht überein, so dass der abweichenden Einschätzung der behandelnden Ärztin zum Leistungsvermögen der Klägerin auch im Hinblick auf das ihre Objektivität möglicherweise beeinflussende Näheverhältnis zu ihrer Patientin kein höherer Beweiswert beizumessen gewesen sei.
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin unter Bezugnahme auf Stellungnahmen ihrer behandelnden Psychiaterin B-P vom 30. Januar 2007 und vom 13. Februar 2008 geltend gemacht, aufgrund der vielfältigen von der Sachverständigen Dr. S festgestellten Einschränkungen müsse zumindest von einem Summierungsfall ausgegangen werden. Zudem leide sie an einem Fibromyalgie -Syndrom, wie dem Arztbrief des H-Klinikums E v B vom 07. Januar 2008 zu entnehmen sei. Die Klägerin hat ein weiteres Attest der behandelnden Orthopäden Drs. R und R vom 18. Dezember 2008 vorgelegt.
Der Senat hat zunächst ein medizinisches Sachverständigengutachten von der Fachärztin für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin/Psychotherapie Dr. D vom 01. Dezember 2007 eingeholt, aus dem sich folgende Diagnosen ergeben:
- Depressive Phasen seit der Jugend - Anhaltende somatoforme Schmerzstörung - Posttraumatische Belastungsstörung - Anpassungsstörung - Belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden - Ausgeprägtes Übergewicht - Hypothyreose Hashimoto, medikamentös behandelt - Chronische rezidivierende Lumboischialgie - Rezidivierende Cervicobrachialgien - Gelegentliche Enddarmbeschwerden nach Hämorrhoidenoperation.
Die Klägerin könne trotz dieser Leiden noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten im Freien wie in geschlossenen Räumen, jedoch ohne Exposition von Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit oder Zugluft, überwiegend im Sitzen, zeitweilig im Stehen oder Sitzen mit der Möglichkeit, die Haltung zu wechseln, verrichten. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen, ein festgelegter Arbeitsrhythmus sowie Arbeiten unter Zeitdruck, in Wechsel- oder Nachtschicht, auf Gerüsten oder Leitern. Heben und Tragen von leichten Lasten sei möglich. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule (WS), der Arme und Beine sei reduziert, jedoch sei eine normale Fingerfertigkeit gegeben. Im Hinblick auf eine mögliche leichte Reduzierung des Gedächtnisses sowie der Konzentrationsfähigkeit könnten nur noch einfache geistige Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Hör- und Sehvermögen, die Reaktionsfähigkeit, Lese- und Schreibgewandtheit, Auffassungsgabe, Entschluss-, Verantwortungs-, Kontakt-, Anpassungs-, Umstellungs-, Lern- und Merkfähigkeit ausgeführt werden. Die Wegefähigkeit sei gegeben.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein weiteres Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T vom 20. Oktober 2008 eingeholt, der folgende Diagnosen gestellt hat: - Anhaltende somatoforme Schmerzstörung - Anpassungsstörung und kombinierte Persönlichkeitsstörung (histrionisch, abhängig, emotional-instabil).
Die Klägerin könne noch leichte körperliche sowie einfache geistige Arbeiten mit den bereits von den Vorgutachtern genannten qualitativen Einschränkungen, die seit Antragstellung bestünden, verrichten. Die Leistungsfähigkeit sei jedoch auf unter 6 Stunden täglich gesunken. Die Anpassungsstörung und die anhaltende somatoforme Schmerzstörung zeigten ein schweres Ausmaß und hätten seit mehreren Jahren einen progredienten Verlauf. Die Persönlichkeitsstörung habe sich seit der Jugend entwickelt und sei therapeutisch nicht mehr beeinflussbar. Die Klägerin sei von einem organmedizinischen Störungsmodell ihrer Krankheiten überzeugt, wobei ihr die Einsicht in psychodynamische Zusammenhänge nicht gelinge und keine Veränderungsbereitschaft bestehe. Im Weiteren stelle die aktuelle, sehr belastende Lebens- und Familiensituation einen schwerwiegenden, andauernden Faktor für das Krankheitsgeschehen dar. Entgegen der Diagnose einer schweren somatoformen Schmerzstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung durch die behandelnde Psychiaterin B-P zeigten sich bei der aktuellen Exploration keine typischen Merkmale für eine posttraumatische Belastungsstörung, allerdings existierten hier deutliche Überschneidungen zu einer Anpassungsstörung. Die behandelnde Psychiaterin habe in einem Telefongespräch angegeben, dass sich die psychiatrische Symptomatik in den letzten zwei Jahren eher verschlechtert habe, eine kontinuierliche Therapie sei wegen der geringen Behandlungstreue schwierig. Nach seiner Einschätzung habe Frau B-P den Schweregrad der psychiatrischen Störung überbetont und die noch verbleibenden Ressourcen zu gering eingeschätzt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 hat die Klägerin hyperventiliert, so dass ein Notarzt herbeigerufen werden musste (s. Notarzteinsatzprotokoll: Zustand nach Synkope bei Stresszustand). Der Prozessbevollmächtigte hat einen Erste-Hilfe-Bericht der V Klinik am U vom 15. März 2008 vorgelegt (Diagnose: akute Belastungsreaktion F43.8 nach Aufregung über eines ihrer Kinder) und erklärt, dass derartige Zustände nach Angaben der Klägerin in der letzten Zeit mehrmalig aufgetreten seien, was eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zeige. Der Anfall wie auch die weiteren Anfälle verdeutlichten die Schwere der psychischen Erkrankungen der Klägerin, so wie sie von Dr. T der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit zugrunde gelegt worden sei. Der ebenfalls anwesende Sohn der Klägerin hat erklärt, dass die Klägerin seines Wissens nach in den letzten zehn Tagen drei Mal so einen Anfall gehabt habe. Ob sie danach beim Arzt gewesen sei, wisse er nicht, sie habe wohl Tabletten zur Beruhigung der Nerven genommen.
Der Senat hat entsprechend dem Antrag der Klägerin weitere Ermittlungen durchgeführt und zunächst aktuelle BB der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie B vom 05. März 2009 (Chronische rezidivierende depressive Gedanken, Somatisierungsstörung, Angststörung, Cephalgien, Erschöpfungssyndrom, Erregungszustände, zurzeit Belastungsstörung), des Facharztes für Innere Medizin D L vom 03. April 2009 (Fibröse Anal(ring)-stenose) sowie der Fachärztin für Allgemeinmedizin B vom 18. Mai 2009 (Diabetes mellitus, Struma, chronisches BWS-Syndrom, Cephalgien, Hyperlipidämie, Adipositas, Hypothyreose, Verdacht auf Somatisierungsstörungen) und vom 07. Juni 2009 (Dorsalgie, Depressionen, Diabetes mellitus, Vertigo, Adipositas, labiler Hypertonus, multiple Gelenkschmerzen, chronische Gastritis, Angstzustände) eingeholt.
Anschließend hat der Senat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J A mit der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 24. August 2009 ist der Sachverständige zu den Diagnosen einer Somatisierungsstörung (ICD-10: 45.0), einer Lumboischialgie ohne nervale Beteiligung und einer hochgradigen Adipositas gekommen. Sowohl der psychopathologische als auch der neurologische Befund seien im Wesentlichen unauffällig, sehe man von der erheblichen Aggravation in Form von theatralisch überzeichnend vorgetragenen ausufernden Beschwerden, die kaum ein Organsystem oder Körperteil ausließen, ab. Zweifellos bestünden die genannten, aber nicht schwergradigen körperlichen Störungen, jedoch könnten deren Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit keine rentenrelevante signifikante Beeinträchtigung der Funktions- und Partizipationsfähigkeit begründen. Trotz Beschwerden durch degenerative Veränderungen im Bereich von HWS und LWS sei sowohl in der Vergangenheit als auch derzeit kein pathologischer neurologischer Befund erhoben worden. Nicht vereinbar mit dem ausufernden Beschwerdevortrag sei der Umstand, dass keine psychiatrische Pharmako-/Psychotherapie erfolge. Die Klägerin konsultiere zwar eine Nervenärztin, jedoch nur in etwa 4-wöchigem Rhythmus. Medikamente würden weder eingenommen, noch würden sie verordnet. Rehabilitationsmaßnahmen würden abgelehnt. Es werde nicht verkannt, dass die Klägerin zahlreiche Belastungssituationen erlebt habe, wie die Probleme mit den inzwischen erwachsenen Kinder, die herumhingen und keine Ausbildung machten, und ihre eigenen Gewalt- und Missbrauchserfahrungen mit den früheren Ehemännern sowie die Probleme in der dritten Ehe. Gleichwohl sei die Klägerin im familiären Bereich aktiv, habe sich inzwischen mit Hilfe der Familie so eingerichtet, dass sie ihr Leben, zwar nicht frei von Frustration und sporadischen Verstimmungen, aber ohne belangvolle Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit führen könne. Die Klägerin könne trotz der festgestellten seelischen Störung noch vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den aus den Vorgutachten ersichtlichen Einschränkungen verrichten. Das Hör- und Sehvermögen, das Reaktionsvermögen, die Lese- und Schreibgewandtheit, die Lern- und Merkfähigkeit, die Konzentration und Auffassung seien nicht eingeschränkt, die Fähigkeit zu komplexen Urteilsbildungen, strategischem Denken und Handeln und Flexibilität seien begrenzt. Die Klägerin sei wegefähig.
Die Klägerin hat gegen das Gutachten von Dr. A eingewandt, dass es nicht den Leitlinien der ärztlichen Begutachtung in der Psychosomatik und psychotherapeutischen Medizin (Sozialrechtsfragen, Schneider/Henningsen/Rüger, Sozialmedizinische Begutachtung in Psychosomatik und Psychotherapie, Verlag Hans Huber 2001, Seiten 273 ff.) entspreche. Da sie an einer Somatisierungsstörung leide und sich subjektiv für voll erwerbsgemindert halte, wäre eine "Persönlichkeitsdiagnostik" unabhängig vom Vorliegen einer eventuellen Persönlichkeitsstörung unentbehrlich gewesen. Hierfür hätte sich die OPD (operationalisierte psychodynamische Diagnostik) angeboten. Der Gutachter Dr. A habe aber nur klinisch begutachtet, ohne auf ihre subjektive Erwerbsminderung einzugehen. Der Sachverständige Dr. A hat in einer ergänzenden psychiatrischen Stellungnahme vom 21. September 2009 ausgeführt, dass Tests zu Erfassung der Persönlichkeit zwar ihren Nutzen für die Feinheiten der Differenzialdiagnose hätten, jedoch zur Erfassung von Funktions- bzw. Partizipationsdefiziten im Rahmen von Begutachtungen nicht validiert und deswegen unbrauchbar seien. Aggravatorische Phänomene würden von Tests dieser Art nicht erfasst, sie seien also nicht valider, als das auf einen differenzierten psychopathologischen Befund gestützte Urteil des Untersuchers. Die Klägerin hat ergänzend ein Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. R für das Versorgungsamt vom 24. September 2009, eine ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie B vom 06. Oktober 2009 zum Gutachten von Dr. A, ein Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin B vom 19. Oktober 2009, einen Bericht der Heilpraktikerin G S vom 15. Oktober 2009 für das Schwerbehinderten-Verfahren sowie einen Bericht über eine stationäre Behandlung vom 30. Oktober bis zum 02. November 2009 des V Klinikum am U (Diagnosen: paroxysmales Vorhofflimmern, arterieller Hypertonus, Adipositas, Diabetes mellitus, Hypothyreose; deutliche Besserung unter Therapie mit Betablocker) vorgelegt. Dr. A hat hierzu in einer ergänzenden Stellungnahme vom 17. November 2009 ausgeführt, dass die in den vorgelegten medizinischen Unterlagen behaupteten Einschränkungen und Beschwerden weder neu noch rentenrelevant seien und im Wesentlichen auf dem subjektiven Beschwerdevortrag beruhten, nicht jedoch anhand objektivierbarer Befunde begründet würden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Mai 2007 sowie den Bescheid vom 18. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. Juli 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Klägerin nach wie vor auch unter Berücksichtigung des psychiatrischen Gutachtens von Dr. A für vollschichtig leistungsfähig und tritt der Beurteilung des Sachverständigen Dr. T unter Bezugnahme auf die beratungsärztliche Stellungnahme der Nervenärztin Dr. K vom 04. November 2008 entgegen. Der Sachverständige Dr. A gehe in allen Punkten nachvollziehbar auf die ihm vorgelegten Unterlagen ein, inhaltlich könne auch aus sozialmedizinischer Sicht seiner Stellungnahme nichts hinzugefügt werden (prüfärztliche Stellungnahmen des Nervenarztes/Sozialmedizin Dr. L vom 30. Oktober 2009 und 09. Dezember 2009).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Rentenanspruch richtet sich nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach Auswertung der im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten auf allgemeinmedizinischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie - Dr. S vom 10./12. September 2004, die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie – Psychotherapie - Dr. S vom 07. Dezember 2006, die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin/Psychotherapie Dr. D vom 01. Dezember 2007 und den Arzt für Psychiatrie und Neurologie – Psychotherapie - Dr. A vom 24. August 2009 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 21. September 2009 und 17. November 2009 ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin nicht erwerbsgemindert ist.
Auf internistisch-allgemeinmedizinischem Gebiet bestehen nach den gutachterlichen Feststellungen von Dr. D ein ausgeprägtes Übergewicht, gelegentliche Enddarmbeschwerden nach Hämorrhoidenoperation, eine Hypothyreose Hashimoto und ein latentes metabolisches Syndrom mit latentem Diabetes mellitus und latentem Hypertonus. Das Schilddrüsenleiden ist medikamentös kompensierbar und der latente Diabetes wie auch der Hypertonus sind bisher nicht medikamentös behandlungsbedürftig. Eine Herzerkrankung oder Herzrythmusstörungen konnten bis Oktober 2009 nicht objektiviert werden, eine darauf hinweisende Therapie war nicht verordnet worden (vgl. Arztbericht der internistisch-kardiologischen Praxisgemeinschaft Dres. med. E u. a. vom 13. November 2003; Berichte des Gemeinschaftskrankenhauses H vom 15. Januar 2004 über eine stationäre Behandlung vom 08. bis zum 15. Januar 2004 und der Klinik für Innere Medizin Kardiologie/ Intensivmedizin im V-Klinikum N vom 09. November 2006über eine stationäre Behandlung vom 06. bis zum 10. November 2006). Auch der behandelnde Internist Dr. G (BB vom 21. Februar 2006) vermochte Zeichen einer kardialen Dekompensation nicht festzustellen. Ebenso wenig berichteten die Allgemeinmedizinerin B (BB vom 18. Mai 2009 und 07. Juni 2009, Attest vom 19. Oktober 2009) und der Internist L (BB vom 03. April 2009) über manifeste Herz- Kreislauferkrankungen. Erstmals im Rahmen der stationären Behandlung vom 30. Oktober bis zum 02. November 2009 im V Klinikum am U(vgl. Bericht vom 30. Oktober 2009) wurde ein paroxysmales Vorhofflimmern festgestellt. Da jedoch unter einer medikamentösen Therapie sofort eine deutliche Besserung eintrat, handelte es sich allenfalls um einen vorübergehenden behandlungsbedürftigen und – fähigen Zustand. Auf orthopädischem Gebiet bestehen im Wesentlichen ein Zustand nach im Jahr 1998 bei einem Verhebetrauma erlittenen BS-Vorfall L5/S1 mit Wurzelkontakt ohne neurologische Ausfälle (Bericht des E Krankenhauses vom 08. Oktober 1998, für den MDK erstelltes Gutachten des Dr. G vom 15. Dezember 1998), chronisch rezidivierende Lumboischialgien und Cervicobrachialgien sowie belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden (Gutachten von Dr. D vom 01. Dezember 2007, Atteste der behandelnden Orthopäden Drs. R und R vom 18. Dezember 2008, Bericht der Klinik für Neurologie im V-Klinikum N vom 25. Januar 2005über eine stationäre Behandlung vom 17. bis zum 25. Januar 2005). Wesentliche qualitative Einschränkungen, die die Anforderungen an eine leichte körperliche Arbeit übersteigen, resultieren aus diesen Krankheiten jedoch nicht, wie Dr. D zutreffend ausgeführt hat. Die nach dem orthopädischen Befund erkennbaren Funktionseinschränkungen am Stütz- und Bewegungsapparat sind als eher mäßiggradig einzuschätzen. Sie sind also nicht so schwerwiegend, als ihnen nicht eine zumindest leichte Arbeit überwiegend im Sitzen, zeitweilig im Stehen oder Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels, ohne schweres Heben und Tragen und unter Ausschluss von Arbeiten mit einseitigen körperlichen Belastungen, festgelegtem Arbeitsrhythmus, unter Zeitdruck, in Nachtschicht (wegen der beklagten Schlafstörungen), auf Gerüsten oder Leitern gerecht würde. Eine normale Fingerfertigkeit ist gegeben. Der wegen des Übergewichts und der degenerativen Verschleißerscheinungen reduzierten Belastbarkeit der WS und der Beine trägt die Beschränkung auf leichte Arbeiten, d. h. auf Arbeiten, die mit einem regelmäßigen Heben und Tragen von Lasten mit einem Gewicht von unter 10 kg verbunden sind, hinreichend Rechnung. Gründe, die eine Einschränkung der Wegefähigkeit oder eine unübliche Pausenregelung erforderlich machen würden, sind nicht erkennbar.
Die Schlussfolgerung der Sachverständigen Dr. D, die Klägerin könne bei Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, ist deshalb nicht zu beanstanden. Hierbei kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass Dr. D – und später in weit größerem Umfang auch Dr. A bei der Klägerin ein deutliches Ausweich- und Aggravationsverhalten mit Beklagen vielfältigster Beschwerden und eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Beschwerdeschilderung, den radiologisch dokumentierten Befunden und den objektivierbaren Funktionseinschränkungen festgestellt hat. Insbesondere sind schwerwiegende Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates nicht belegt. So ergab das während eines stationären Aufenthalts der Klägerin vom 17. bis zum 25. Januar 2005 (konservative Behandlung der Lumboischialgie) in der Klinik für Neurologie im V-Klinikum N gefertigte MRT der LWS keinen Nachweis eines BS-Prolapses bzw. von BS-Protrusionen, sondern lediglich sehr diskrete degenerative Veränderungen. Weder der neurologische Untersuchungsbefund der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 25. April 2005 noch die bei den Begutachtungen durch die gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch, Dr. Dund Dr. A erhobenen Befunde oder der Untersuchungsbefund des H-Klinikums E v B vom 07. Januar 2008 lassen Anzeichen für ein Wurzelkompressionsyndrom oder ein manifestes neurologisches Defizit erkennen. Der behandelnde Internist Dr. Gbeschreibt in seinem BB vom 21. Februar 2006 ebenfalls nur eine Skoliose und Hyperlordose der LWS mit mäßiger Funktionseinschränkung, eine verspannte Nacken-, Schulter-, Rückenmuskulatur sowie eine Arthrose der Kniegelenke ohne Funktionseinschränkung.
Die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen bedingen bis auf eine Beschränkung auf einfache geistige Arbeiten keine weitergehenden qualitativen oder quantitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens der Klägerin. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Gutachten der Ärzte für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie - Dr. S(Gutachten vom 10./12. September 2004), Dr. S (Gutachten vom 07. Dezember 2006) und Dr. A (Gutachten vom 24. August 2009 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 21. September 2009 und 17. November 2009). Keiner der Sachverständigen/Gutachter hat bei der Klägerin einen pathologischen neurologischen Befund erheben können. Auf psychiatrischem Gebiet hat Dr. A eine Somatisierungsstörung (ICD-10: 45.0) festgestellt und ist insoweit von den Diagnosen von Dr. S (anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende Anpassungsstörung bei familiären und sozialen Konfliktsituationen, kombinierte Persönlichkeitsstörung) und von Dr. S (chronifizierte Anpassungsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, somatoforme autonome Funktionsstörung des kardio-vaskulären Systems) abgewichen. Der Sachverständige hat dies jedoch nachvollziehbar damit begründet, dass er zwar andere diagnostische Begriffe gebrauche, aber der Befunderhebung und der Leistungsbeurteilung der Gutachterin Dr. S zustimme. Die von allen Sachverständigen erhobenen Befunde lassen sich auch in Übereinstimmung bringen. Dr. S hat dargelegt, dass die Klägerin unter rezidivierenden vegetativen Dysfunktionen, Ein- und Durchschlafstörungen sowie psychogenen Essstörungen in Form von Überessen leide, und mit ausgeprägt histrionischen Persönlichkeitszügen und einer sehr lebhaften, dramatisierenden Beschwerdedarstellung imponiere. Eine schwerwiegende depressive Symptomatik liege jedoch nicht vor, ebenso wenig ergebe sich eine Verschlechterung des psychopathologischen Befunds im Vergleich zur stationären Reha-Maßnahme von 2003. Die Gutachterin Dr. S hat bei einer hyperexpressiv ausgeprägten Persönlichkeitsstruktur der Klägerin ein stärker im somatischen als im psychischen Bereich ausgeprägtes Krankheitsgefühl festgestellt; der Klägerin gelinge es entsprechend dem Krankheitsbild der somatoformen Störungen nicht, ihre körperlich empfundenen Beschwerden einer psychiatrischen Erkrankung zuzuordnen. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. D hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Klägerin auf die Mitteilung ihrer vielfältigen Schmerzzustände in unterschiedlichen Körperregionen und mit verschiedenem Charakter konzentriert sei. Trotz der zweifellos bei der Klägerin bestehenden körperlichen Störungen stünden im Vordergrund die theatralisch, mit sehr langsamen Bewegungen und häufigem Stöhnen vorgetragenen, ausufernden und nicht ausreichend auf körperliche Erkrankungen zurückzuführenden Beschwerden, die kaum ein Organsystem oder Körperteil ausließen und die bereits zu häufigen Arztwechseln geführt hätten. Die in dieser Form von allen Gutachtern beobachteten Störungen hat der Sachverständige Dr. A zutreffend als Somatisierungsstörung (ICD-10: F45.0) zusammengefasst. Soweit Dr. D darüber hinausgehend depressiven Phasen (Schwermütigkeit) seit Jugend und eine posttraumatische Belastungs- und Anpassungsstörung festgestellt hat, fehlt es der – wohl von der behandelnden Psychiaterin B übernommenen – Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung an einer Begründung. Auch lässt der von der Sachverständigen Dr. D erhobene psychische Befund nicht die Symptome einer manifesten depressiven Erkrankung erkennen. So hat sie ausgeführt, die Klägerin sei voll orientiert, ihr Verhalten situationsadäquat, der Antrieb normal, sie spreche offen, mit Nachdruck und unterstützender Gestik, Grundstimmung und Affekt seien normal, wenn auch gelegentlich etwas theatralisch, sie sei gut schwingungsfähig. Ohne Zweifel hat die Klägerin einschneidende negative Erlebnisse berichtet, indem sie bereits durch ihren Vater, später durch ihre Ehemänner die Erfahrung von Gewalt, Missbrauch und Betrug gemacht habe und in andauernden familiären Schwierigkeiten lebe, verursacht durch die drei, inzwischen erwachsenen Kinder, die keinen Schulabschluss und keine Berufsausbildung gemacht hätten und ohne Perspektive seien. Gleichwohl ist die Klägerin – wie sich auch aus ihren Schilderungen bei der Untersuchung durch Dr. A ergibt - im familiären Bereich durchaus aktiv und hat sich so eingerichtet, dass sie ihren Alltag und die anstehenden Arbeiten mit Hilfe ihrer Kinder bewältigt und bei ihnen jedenfalls partiell Unterstützung und Anerkennung findet. So hat die Klägerin angegeben, gemeinsam mit den Kindern zu frühstücken, auch koche sie gern und die Familie esse gemeinsam gegen 15:00 Uhr. Im Übrigen werde telefoniert, ein wenig spazieren gegangen. Es bestehe ein Kreis guter Bekannter und Freundschaften, die gepflegt würden. Gegen Mitternacht gehe sie zu Bett, vorher werde ferngesehen, gelegentlich komme jemand zu Besuch. In der Regel verbringe sie jährlich mindestens drei Wochen in der Heimat. Schließlich lassen sich auch die von der Klägerin in Anspruch genommenen Behandlungen nicht mit der von Dr. D erhobenen Diagnose einer Depression in Übereinstimmung bringen. Die Klägerin sucht ihre Nervenärztin in nur etwa 4-wöchigem Rhythmus auf, Medikamente (z. Bsp. Antidepressiva in einer therapeutisch wirksamen Dosis) werden weder eingenommen noch verordnet, Rehabilitationsmaßnahmen werden abgelehnt.
Der Senat vermag auch nicht dem Einwand der Klägerin gegen das Gutachten von Dr. A, es entspreche nicht den Leitlinien der ärztlichen Begutachtung in der Psychosomatik und psychotherapeutischen Medizin, zu folgen. Die von der Klägerin vermissten Testverfahren zur "Persönlichkeitsdiagnostik" sind – wie der Senat bereits in vorhergehenden Verfahren (Urteile vom 18. November 2009, L 3 R 207/07, vom 30. November 2006, L 3 RJ 40/04, und vom 27. Juli 2007, L 3 RJ 101/04, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de) unter Berufung auf Sachverständige entschieden hat -, nur bedingt zur Ermittlung von Leistungseinschränkungen im Rentenverfahren geeignet, da diese psychometrischen Testverfahren maßgeblich von der Mitarbeit der Rentenantragsteller abhängig sind. So sind derartige Testverfahren für intelligente Versuchspersonen in ihrer Zielrichtung gut erfassbar und ermöglichen eine dem eigenen Ziel entsprechende Beantwortung der Fragen. Gerade für Bezugspersonen mit Tendenz zur Aggravation von Beschwerden, wie es bei der Klägerin der Fall ist, sind diese Tests daher in ihrer Validität stark eingeschränkt, so dass maßgeblich die Beobachtung und der klinische Befund sind (vgl. auch die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften für die Begutachtung von Schmerzen – AWMF–Leitlinien Register Nr. 030/102 - und für die Begutachtung in der Psychosomatik und Psychotherapeutischen Medizin - AWMF–Leitlinien Register Nr. 051/022 -; jeweils abrufbar unter http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/). Nach alledem ist den Sachverständigen Dr. S, Dr. S und Dr. A dahingehend zu folgen, dass die zweifellos bestehenden körperlichen Störungen bei psychopathologisch und neurologisch im Wesentlichen unauffälligem Befund kein rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen zu begründen vermögen. Die Klägerin kann trotz der seelischen Störung noch vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den bereits aufgeführten Einschränkungen verrichten. Die Klägerin ist in ihrem Hör- und Sehvermögen, Reaktionsvermögen, der Lese- und Schreibgewandtheit, der Lern- und Merkfähigkeit, der Konzentration und Auffassung nicht eingeschränkt soweit es die Ausübung einfacher geistiger Tätigkeiten betrifft. Sowohl die Feststellung von Dr. A, dass die Fähigkeit der Klägerin zu komplexen Urteilsbildungen, strategischem Denken und Handeln und Flexibilität begrenzt sei, als auch die Ausführungen der Sachverständigen Dr. S und Dr. D zu den kognitiven Fähigkeiten der Klägerin betreffen nur Tätigkeiten mit höheren geistigen Anforderungen, als die dem Ausbildungsniveau der Klägerin entsprechenden und zumutbaren Tätigkeiten. Auch ist sie wegefähig. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Feststellung der Gutachterin Dr. S hinzuweisen, dass die zahlreichen aufgezählten Beschwerden die Klägerin nicht an der Teilnahme an der "1-Euro-Job"-Maßnahme, für die sie zweimal täglich ca. eine ¾ Stunde Fahrweg bewältigt und deren Ende im Dezember 2006 sie bedauert hat, gehindert haben.
Die Klägerin kann ihre Berufung auch nicht erfolgreich auf das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. T vom 20. Oktober 2008 stützen. Für die abschließende Einschätzung des Sachverständigen, die Klägerin sei für leichte körperliche sowie einfache geistige Arbeiten mit den bereits genannten qualitativen Einschränkungen nur noch für unter sechs Stunden leistungsfähig, fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung. So hat Dr. T im Vergleich zu den Vorgutachtern Dr. S und Dr. S ausdrücklich keinen neuen psychischen Befund erhoben. Obwohl Dr. T in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern die Neigung der Klägerin zur Verdeutlichung ihrer vielfältigen körperlichen Beschwerden und der als unbefriedigend erlebten familiären und sozialen Situation beschrieben hat, die auf eine histrionische (hysterische) Persönlichkeitsstruktur zurückzuführen sei, hat er seine Leistungsbeurteilung jedoch in erster Linie auf den subjektiven Beschwerdevortrag der Klägerin, der etliche Seiten seines Gutachtens in Anspruch nimmt, gestützt. Eine kritische Hinterfragung unter Einbeziehung einer ausführlichen Erhebung zu den Alltagsaktivitäten und den sozialen Kontakten fehlt. Dem ausufernden Beschwerdevorbringen setzt Dr. T nur einen äußerst knappen, allgemein gehaltenen Befund nebst wörtlicher Wiedergabe der Definitionen aus dem ICD-10 bezüglich der von ihm diagnostizierten Störungen (anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Anpassungsstörung, kombinierte Persönlichkeits-Störung) entgegen, wobei er jeweils ohne weitere Begründung anmerkt, dass die genannten Kriterien auf die Klägerin zuträfen und deren Gesundheitsstörungen ein schweres Ausmaß zeigten. Aggravatorische Faktoren werden zwar festgestellt ("Verdeutlichungstendenzen"), fließen jedoch nicht in die Leistungsbewertung ein. Diese erscheint auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Dr. T gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass er die Einschätzung der behandelnden Nervenärztin B vom Vorliegen einer schweren somatoformen Schmerzstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung für nicht begründet halte und dass die Ärztin die noch verbleibenden Ressourcen zu gering einschätze. Ebenso wenig leuchtet ein, dass der Sachverständige die quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung zurück bezogen hat, obwohl im Hinblick auf seine telefonische Rückfrage bei Frau B die Annahme eines untervollschichtigen Leistungsvermögens allenfalls in den letzten zwei Jahren vor seiner Begutachtung in Betracht gekommen wäre.
Ebenso wenig vermögen die von der Klägerin vorgelegte ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie B vom 06. Oktober 2009 zum Gutachten von Dr. A, das Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin B vom 19. Oktober 2009 sowie der Bericht der Heilpraktikerin G S vom 15. Oktober 2009 für das Schwerbehinderten-Verfahren ihrer Berufung zum Erfolg zu verhelfen. So beruhen, wie Dr. A in einer ergänzenden Stellungnahme vom 17. November 2009 nachvollziehbar ausgeführt hat, die in den vorgelegten medizinischen Unterlagen bestätigten Einschränkungen oder die sogar angenommene völlige Aufhebung der Erwerbsfähigkeit im Wesentlichen auf dem subjektiven Beschwerdevortrag bzw. auf mehr oder minder plausiblen Hypothesen zur Entstehungsweise, sie sind jedoch nicht näher begründet. Die behandelnde Nervenärztin B attestiert seit Jahren schwierige Lebensverhältnisse, Traumatisierungen in der Vergangenheit etc. und stützt ihre Leistungsbeurteilung auf die Problem- bzw. Beschwerdeschilderung, ohne objektivierende psychopathologische Befunde mitzuteilen und ihre Diagnosen anhand international gültiger Diagnosekriterien zu untermauern. Die Allgemeinmedizinerin B behauptet ohne weitere Begründung eine Symptomverschlechterung. Die Heilpraktikerin S schließlich hat keine Beurteilungskriterien der wissenschaftlichen Medizin angewendet und würfelt Diagnosebegriffe, Syndrome sowie Einzelsymptome zusammen, so dass man den Eindruck hat, dass es kein Symptom und keine Störung gebe, die die Klägerin nicht habe. Soweit schließlich der Orthopäde Dr. R in einem Bericht an das Versorgungsamt vom 24. September 2009 die Liste der Diagnosen um das Fibromyalgie-Syndrom erweitert und ein therapieresistentes komplexes Schmerzsyndrom angegeben hat, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Sachverständigen ein Fibromyalgie-Syndrom nicht feststellen konnten. Vielmehr sind die daraus folgenden Symptome von der Somatisierungsstörung erfasst und werden bei den qualitativen Leistungseinschränkungen berücksichtigt. Im Übrigen fehlt es an der Angabe von Befunden und konkreten Funktionseinschränkungen, die über die bereits berücksichtigen hinausgehen würden. Eine Therapieresistenz des Schmerzsyndroms kann mangels Vorliegen eines dokumentierten adäquaten Therapieversuchs nicht nachvollzogen werden. Die Klägerin hat sich bisher weder einer adäquaten (multimodalen) Schmerztherapie noch einer Gewichtsreduktion unterzogen oder die angegebene psychische (depressive) Komponente mit einer entsprechenden Medikamentation behandeln lassen.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die es auch bei Versicherten, die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sind und noch körperlich leichte Arbeiten von mindestens sechsstündiger Dauer arbeitstäglich mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen verrichten können, erforderlich machen würde, (zumindest) eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen, ist im Fall der Klägerin nicht anzunehmen. Eine derartige Summierung setzt voraus, dass die durch die Gesundheitsstörungen (Krankheiten oder Behinderungen) hervorgerufenen Beeinträchtigungen aufgrund ihrer Art oder ihres Schweregrades ungewöhnliche oder spezifische Auswirkungen auf das Leistungsvermögen haben. Zur Überzeugung des Senats liegen bei der Klägerin jedoch keine entsprechenden qualitativen Leistungseinschränkungen vor. Bei der Klägerin sind einige organisch bedingte Beeinträchtigungen vorhanden, die – wie auch das Schmerzsyndrom – in Form der Beschränkung auf leichte körperliche Arbeiten mit weiteren Einschränkungen schon umfassend berücksichtigt worden sind. Den aus den psychischen Leiden folgenden Beeinträchtigungen wird durch die Beschränkung auf einfache geistige Arbeiten, die in der Regel nicht mit besonderen Anforderungen an die Konzentrations- und Merkfähigkeit verbunden sind, wie auch durch den Ausschluss von Nachtschicht Rechnung getragen. Da die Kontaktfähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt ist, sie vielmehr, wie aus dem Sachverständigengutachten von Dr. S deutlich geworden ist, "unter Menschen auflebt", könnte sie noch einfache Pförtnertätigkeiten (Tagespforte, Personalpforte) verrichten. Bei uneingeschränkter Fingerbeweglichkeit kommen zudem einfache Sortier- und Montagetätigkeiten für Kleinteile (geringes Gewicht) in Betracht. Da mithin ein so genannter Summierungsfall nicht vorliegt, bedarf es auch nicht einer weitergehenden Benennung von Tätigkeiten, die die Klägerin noch ausüben kann.
Nach alledem liegt bei der Klägerin weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG:
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved